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  #31  
Alt 18.06.2006, 11:18
hexe6 hexe6 ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo an alle,

ich habe mein Papa am13.06.06 also letzte Woche verloren. Ich bin 26 und er war 50. Irgendwie realisiere ich nicht so richtig das er nie wieder kommen wird, das ich nie wieder mit ihm lachen kann. Er wollte auch noch Opa werden und hatte noch so viel vor. Leider war der Krebs doch zu stark. Mein Papa war mein Vorbild, mein Halt und mein bester. Und jetzt? Ich wohne zwar nicht zu Hause, aber ich war jeden Tag da und habe ihn besucht. Einmal die Woche war er im Krankenhaus zur Chemo. Irgendwie habe ich das Gefühl wenn ich jetzt hin fahre, er ist halt heute nicht da, aber er kommt wieder heim,dieses Gefühl er wäre nur kurz im KH. Ich kann meine Trauer nicht so recht zeigen, es ist als wäre alles beim Alten. Aber in mir ist das totale Chaos. Ich hoffe das es irgendwann besser wird.

Yvonne
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  #32  
Alt 20.06.2006, 13:47
Benutzerbild von Esther1979
Esther1979 Esther1979 ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo!
Ich habe meine Mama am 08,05,2005 verloren,da stand ich kurz
vor meinem 26.Geburtstag.Es war die Hölle für mich.Auch heute will
ich es nicht war haben das sie nicht mehr bei mir ist meine Mutscki.Ich habe immer gedacht das wir diesen Scheiß Krebs in den Griff bekommen baen das war
wohl nichts.Am Muttertag letzten Jahres ist sie dann an diesem verdammten Lungenkrebs verstorben.Sie fehlt mir so undendlich
Lieben Gruß
Esther
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  #33  
Alt 20.06.2006, 14:31
1982 1982 ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Ihr Lieben,

ich finde es gut das Ihr Euch auf diesem Weg austauscht .
Man findet sich in den Zeilen der anderen oft wieder oder kann sich zurück entsinnen wie es einem kurz danach ging oder wie es vielleicht in ein paar Jahren aussehen kann.

Meine Mum ist vor fast 1 jahr mit 42J viel zu früh gegangen .

Hab es immernoch nicht kapiert. Vorgestern hab ich einen Schlafanzug von Ihr angezogen. Ihr Geruch ist noch da , weil ich Ihre Sachen in einen seperaten Schrank getan habe. Immer wenn ich Sie extrem vermisse, geh ich an den Schrank und " halte meine Nase rein ." Ihr Geruch umarmt mich dann.

Hab Angst vor dem Tag wo der Geruch verblasst.

Ich drück Euch alle ganz doll
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  #34  
Alt 20.06.2006, 19:17
argy argy ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo ihr alle,

ich bin 25 und "9 Monate danach".

jetzt ist es fast ein Jahr her dass die ganze Geschichte mit meinem Vater anfing, und ich kann nicht mal das schöne Wetter genießen, denn ich muss dauernd daran denken wie letztes Jahr im Juli mein Leben zu einem Trümmerhaufen wurde. An seinem 56. Geburtstag ging es meinem Vater das erste Mal richtig schlecht, er hatte Sprach- und Orientierungsstörungen. Zwei Tage später wussten wir dann, dass es ein Hirntumor war. Zuerst hieß es noch, es sei "nur" ein Hirntumor und keine Metastase, doch nach der OP wussten wir dann, dass es eine Metastase von einem schlimmen Lungenkrebs war. Dieser war nicht operabel und die Ärzte sprachen von höchstens vier Jahren, was meine Ma mir allerdings erst nach seinem Tod erzählte. Er bekam jedenfalls noch zwei Monate lang Bestrahlung, was er halbwegs gut vertrug, auch wenn ihm die erzwungene Ruhe sehr zu schaffen machte und am Familienfrieden nagte. Ein paar Tage bevor dann die erste Chemo geplant war, hatte er einen totalen Zusammenbruch mit Orientierungslosigkeit etc., kam ins Krankenhaus, am selben Abend noch auf die Intensivstation und fiel ins Koma, aus dem er nicht mehr aufwachte. Eine Woche später starb er, meine Mutter war bei ihm, ich konnte es nicht ertragen und war mit meiner besten Freundin unterwegs, die extra ihren Urlaub abgesagt hatte um bei mir zu sein. Bis zur Beerdigung dauerte es noch über eine Woche, es war total schrecklich zu wissen, dass er irgendwo in einem dunklen Kühlraum liegt und noch keinen Ort hat, wo er bleiben kann. Bei der Beerdigung haben so ziemlich alle Leute geheult, nur ich nicht. Danach bin ich mit meiner Freundin einkaufen gefahren um mich abzulenken und kam mir vor wie das Allerletzte.

Am Anfang dachte ich noch, ich könnte das alles ganz gut verarbeiten, doch momentan, über ein halbes Jahr danach, glaube ich daran zu zerbrechen. Ich habe wahnsinnige Angst vor dem Verlassenwerden, streite mich nur noch mit meinem Freund weil mich alles ankotzt und ich einfach keine Kraft mehr habe und keinen Sinn mehr sehe. Meine Mutter war in Kur und meistert ihr Leben inzwischen recht gut, immerhin muss ich mir keine Sorgen mehr um sie machen. Das war auch nicht immer so. Aber ich kriege mein eigenes kleines Leben nicht mehr auf die Kette, klar, nach außen funktioniere ich, gehe brav arbeiten und reiße mir dort den Allerwertesten auf als wäre ich topfit, gehe auch hin und wieder aus und versuche so zu tun als wäre ich gut drauf. Aber nach innen fühle ich mich völlig fremd, habe keinen Bezug mehr zu meinem früheren Ich, werde von Emotionen und Frustanfällen überrannt.

Schlimm genug dass mein Vater sterben musste, warum geht jetzt auch noch mein restliches Leben vor die Hunde ?

Entschuldigt den langen Vortrag.

Liebe Grüße
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  #35  
Alt 21.06.2006, 10:20
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teufelchen_26 teufelchen_26 ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

hallo argy..

erstmal es tut mir leid dass du deinen vater auch so früh verlieren musstest. ich bin 27 und 5,5 monate danach. ich komme auch nicht so gut klar mit dem tod meiner mama... ich gehe diese woche noch zum psychologen und versuche mir eine gesprächstherapy verschreiben zu lassen... hast du da auch mal drüber nachgedacht? ich glaube dass dir das echt bei der bewältigung der trauer ein wenig helfen kann... bei mir ist es jetzt auch fast 1/2 jahr her... und ich beginne langsam erst zu begreifen.. sie kommt nicht wieder.. das schmerzt... aber wir müssen trotzdem weiter leben... dein paps hätte es sicher nicht gewollt dass du den kopf in den sand steckst..

fühl dich mal ganz fest gedrückt
liebe grüße
nadine
__________________
Niemand den man wirklich liebt ist jemals tot
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  #36  
Alt 21.06.2006, 10:21
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teufelchen_26 teufelchen_26 ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

@ jessie

wie gehts dir denn so?

hab dich schon ein wenig vermisst

ganz liebe grüße
nadine
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Niemand den man wirklich liebt ist jemals tot
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  #37  
Alt 21.06.2006, 11:40
angelika angelika ist offline
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Beitrag AW: An alle jungen Hinterbliebenen

hallo ihr.

habe mich jetzt durch eure schicksale gekämpft und ich muss sagen respekt. ich bewundere euch, wie einige von euch ihren mut wieder gefunden haben. – ich habe das gefühl ich hätte den sinn des lebens verloren…

mein geliebter daddy ist am 22.10.2005 mit gerade 53 an lungenkrebs verstorben. da war ich 21. ich war in dieser schrecklichen nacht bei ihm. und als er starb, starb ein sehr großes stück von mir . mein leben hat sich um 360° gedreht. ich habe das gefühl (schon von beginn der krankheit an), dass ich viel reifer bin. erwachsen? ich rege mich überhaupt nicht mehr über belanglose schei.. auf. ich bin die ruhe in person. mein leben ist emotionslos. trostlos. habe mich sehr zurückgezogen. am anfang ist es mir nicht aufgefallen aber jetzt nach und nach kommt es raus. ich will lieber zu hause bleiben. alleine. wieso verstehen das soviele menschen nicht? ständig höre ich nur: „du kommst ja gar nicht mehr zu uns“ „du meldest dich nicht“

ist es bei euch auch so? es fällt einem alles so schwer.. mein daddy war der liebste mensch für mich. keiner hat mir je dieses gefühl gegeben, so geliebt zu werden. ich war immer seine prinzessin. mein daddy ja ich vermisse ihn so doll.

was mir auch aufgefallen ist: ich bin schreibfaul geworfen

lieben gruss

angelika

daddy i love you *17.09.1952 +22.10.2005
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  #38  
Alt 26.06.2006, 22:23
Oki Oki ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo zusammen,

lese hier eure Schicksale und finde mich in so vielem von euch geschriebenem wieder.

Wen meine Geschichte interessiert, kann sie hier nachlesen; an dieser Stelle möchte ich nur gerne noch einige Gedanken loswerden:

Obwohl alles noch so frisch ist, gibt mir alleine der Gedanke viel Kraft, dass meine Mutter auch während ihrer Krankheit noch so viel Mut und Lebensfreude ausgestrahlt hat. Gestern z.B. hat die Pflegerin der Sozialstation angerufen, mit der meine Mom am besten konnte. Und von ihr zu hören, dass sie von der Freundlichkeit, mit der sie von meiner Mutter immer begrüsst wurde, von der Energie, die sie gezeigt hat, eine Menge für ihre zukünftige Arbeit mit ihren Patienten mitnehmen wird, war wirklich wunderschön und hat uns gezeigt, dass nicht alles umsonst war.
Und ich für meinen Teil kann behaupten, dass ich mir geschworen habe, in meiner Arbeit im Rettungsdienst noch mehr für die Patienten, mit denen ich zu tun habe, da zu sein, als mir bisher bewusst, ja manchmal auch lieb war.

Was ich damit sagen will, ist nur, dass es, denke ich, eine sehr wertvolle Erfahrung sein kann, wenn man alles das, was man an dem Menschen, den man verloren hat, so sehr geschätzt hat, in irgendeiner Weise weiterleben kann. Auf diese Weise kann zumindest ich persönlich dem Ganzen einen gewissen Sinn geben, und ich würde mich für jeden von euch freuen, der auf ähnliche Art und Weise aus seiner Trauer herausfinden kann.

Herzliche Grüsse,

Oki
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  #39  
Alt 04.07.2006, 21:18
biancaneve biancaneve ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Liebe Alle,

auch ich möchte mich Eurer Runde anschließen - leider, denn meine Mutter hat am 5. April 2006 den Kampf gegen den Brustkrebs verloren. Ich selbst bin 28 und nun plötzlich mit so vielen Dingen konfrontiert: plötzlich jene Person zu sein, die die verbliebene Familie (Vater, Großmutter, Lebensgefährte) zusammenhält, die sich den Erwartungen der restlichen Familie zu stellen hat. Noch dazu weiß ich bis heute nicht, ob meine Mutter nicht noch leben könnte, denn nach dem, was ich als medizinischer Laie beurteilen kann, wurden doch einige Entscheidungen getroffen, die ich bis heute nicht verstehe.

Liebe Grüße aus Wien,
Alexandra
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  #40  
Alt 04.07.2006, 21:52
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Katti Katti ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo liebe Alexandra, erstmal möchte ich Dir mein herzlichtes Beileid aussprechen!!!! Mir ist das gleiche passiert. Meine Mum ist am 4.Februar an Brustkrebs verstorben, nur eine Woche nach der Diagnose! Sie war grad mal 60. Es gab vorher nie einen Befund. Meine Geschichte findest Du hier. http://www.krebs-kompass.org/Forum/s...ad.php?t=16882
Es ist schwer zu verstehen. Ich habe hier viel Trost und liebe Worte gefunden!!
Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit!!
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  #41  
Alt 04.07.2006, 22:55
biancaneve biancaneve ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Liebe Katti,

hab vielen Dank für Deine Antwort. Es war für mich irgendwie beruhigend zu sehen, dass Du sehr ähnliche Gedanken hattest wie ich.
Bei uns ist alles so schnell gegangen, und wir wurden auch von den Ärzten reichlich allein gelassen. Ich musste im Lauf des März selbst feststellen, dass die Hoffnungen immer mehr davonschwimmen. Eigentlich schien alles schon gut - nach ihrer Ersterkrankung 2003 schien alles wieder in geregelten Bahnen zu verlaufen, als 2005 vergrößerte Lymphknoten entdeckt wurden. Nach Operation und Strahlentherapie (keine Chemo wie 2003, kein Herceptin, obwohl alle Faktoren dafür vorgelegen waren) ging es ihr unheimlich schnell wieder gut. Ende Jänner dann wurden erhöhte Leberwerte festgestellt - jedoch sagte man ihr im Krankenhaus, sie solle doch in drei Monaten mit einem Befund vom Leber-Ultraschall wiederkommen. Da es ihr jedoch zunehmend schlechter ging, wurden Ultraschall und CT doch schon Mitte März gemacht. Diagnose Leber- und Knochenmetastasen. Eine Woche verging, ehe sich das Krankenhaus zu einem Termin herabließ und sich nun endlich für Herceptin entschied. Schlußendlich kamen noch Taxol und Zometa dazu - obwohl für Taxol bereits eine Kontraindikation wegen der bereits schweren Leberschädigung bestand. Bei der Dosierung der Chemo verließ man sich auf Gewichtsangaben, die nicht mehr stimmen konnten. Sie war dann noch drei Tage zu Hause, ehe wir sie wieder ins Krankenhaus bringen mussten. Am Tag darauf hätte ich beruflich ans andere Ende von Österreich fahren müssen. Ich wollte die Reise bereits absagen, als jedoch die Nachricht kam, dass jeglicher Besuch aufgrund der Ansteckungsgefahr viel zu gefährlich und somit ab sofort verboten sei. Ich solle ruhig fahren, man werde mich verständigen, sofern sich ihr Zustand verändere. Im nachhinein mache ich mir die schlimmsten Vorwürfe, auf diesen Rat der behandelnden Ärzte zu hören - nur was hätte ich tun können... Am 5. April versuchte mein Vater, sie auf ihrem Handy anzurufen, sie nimmt es jedoch nicht, was bis zuletzt absolut ungewöhnlich für sie war. Er rief daraufhin auf der Station an, aber dort hieß es, man könne ihm nichts sagen, es wäre aber gut, wenn er kommen könne. Vor Ort wurde ihm dann mitgeteilt, dass bei eventuell auftretenden Herz-Kreislauf-Problemen keine Reanimation mehr vorgenommen werde... Eine halbe Stunde später saß ich im tiefsten Tirol in meinem Auto und war auf dem Weg zum Flughafen Innsbruck. Kaum in Wien gelandet, sah ich schon den Anruf auf meinem Handy... sie war in der gleichen Minute gestorben, in der mein Flugzeug in Innsbruck abgehoben war.

Das war jetzt eine lange Nachricht, aber es war mir wichtig (und ich glaube, es auch zum ersten Mal geschafft zu haben), mir einmal alles "von der Seele" zu schreiben.

Liebe Grüße und gute Nacht,
Alexandra
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  #42  
Alt 10.07.2006, 21:16
Sternschnuppe Sternschnuppe ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Du !
ich bin 26 Jahre und habe im Mai meinen Dad mit 56 Jahren für immer verloren. Wie ich mit meiner Trauer umgehen soll, weiß ich nicht. Der Schmerz scheint mir die Kehler zuzudrücken und am liebsten wäre ich bei meinem Dad. Natürlich weiß ich das dies nicht geht, vorallem da ich meine Mam unterstützen muß. Ich versuche mein Leben einigermaßen zu reglen aber meistens drückt mich der Schmerz zu Boden. Ich weiß eben auch nicht wie ich meiner Mam helfen kann, da ich leider nicht oft bei Ihr sein kann, da ich nicht mehr zu Hause wohne. Das ganze Leben steht Kopf.
Es tut mir sehr leid für Dichm, daß Du auch schon diese schlimme Erfahrung machen musstest. Wie bekommst Du es den in den Griff ?
gruß Sternschnuppe
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  #43  
Alt 17.09.2006, 22:13
biancaneve biancaneve ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Sternschnuppe,

"in den Griff bekommen" ist wohl noch etwas zu viel gesagt, aber ich schaffe es doch, dass es mir schrittweise besser geht. Schlimm war für mich das erste Mal, als ich am Flughafen an jener Stelle wieder vorbeigekommen bin, an der ich an jenem 5. April - am Boden sitzend, alle Sachen rund um mich verstreut - erst den Anruf mit der Todesnachricht entgegennehmen und danach meinen Lebensgefährten informieren musste.

So blöd das klingt, aber uns allen hat es gut getan, uns kopfüber in die Arbeit zu stürzen. Die "schwarzen Löcher" werden seltener, sind aber immer noch tief, allmählich weichen sie den Gedanken, was sie wohl in dieser oder jener Situation getan oder zu dieser oder jener Sache gesagt hätte.

Wann diese Phase einsetzt, wie lang sie dauert - das ist bei jedem Menschen verschieden. Ich bin froh, auf meine verbliebene Familie zählen zu können.

Ich wünsche Dir alles Gute!

Liebe Grüße
Alexandra
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  #44  
Alt 17.09.2006, 22:15
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Katti Katti ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Alexandra, Du sprichst mir aus der Seele!!
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  #45  
Alt 18.09.2006, 01:06
wolfgang_ wolfgang_ ist offline
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Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Ihr Lieben,

ich bin erst heute auf diese Seite und dieses Forum hier gestoßen und habe gerade fast den ganzen Thread durchgelesen. Es fiel mir nicht leicht, weil es viele Erinnerungen in mir wach rief. Meine Mutter ist vor 3 Jahren an Krebs gestorben, erst war es Brustkrebs, dann geheilt, dann 1 Jahr später die Lymphdrüsen und die haben die Metastasen dann durch den Körper gepumpt. Am Ende war es Lungenkrebs. Sie starb wenige Tage vor ihrem 49. Geburtstag.

Ich möchte Euch mitteilen, dass ich jede einzelne Geschichte von Euch aufmerksam gelesen habe und mich wahnsinnig verbunden mit Euch fühle, obwohl wir uns gar nicht kennen. Heute bin ich 22, meine Mutter starb mitten in meinen Abiturprüfungen und es hat mich damals unbeschreiblich zurückgeworfen und auch geprägt. Wie sehr sie mir im "normalen Alltagsleben" fehlt, habe ich erst Monate oder vielleicht sogar Jahre später begriffen. Oft fällt es mir heute noch auf. Immer wieder aufs Neue. Ich weiß, es ist ein schlechter Trost, wenn ich sage, dass es mich auch noch heute, drei jahre danach, manches mal sehr dreckig hinunter zieht. Aber vielleicht hilft es Euch, wenn ich Euch versichere, dass dieses Ganze immer seltener vorkommt. Dass man es wirklich kann - sich an die neue unfassbare Situation gewöhnen. Wenn auch niemals ganz.

Für jeden gibt es Schlüsselmomente. Momente der Erinnerung. Z.B. dieser Tage schließe ich mein Studium ab. Nächste Woche erhalte ich mein Diplomzeugnis. Es sind genau diese Momente, in denen ich denke, wie stolz sie heute auf mich wäre - bzw. auf mich IST! Und das sind so gedanken, die einen (zumindest mich) wahnsinnig einknicken lassen und traurig machen.

Ich schreibe das alles hier aber aus dem grund, weil ich Euch Mut machen möchte. In meinem Fall liegt es 3 Jahre zurück, dass meine Mutter starb. Wenn ich heute in ruhigen, einsamen Momenten an den Augenblick denke, als mich mein Vater weinend geweckt hat, um die Nachricht zu übermitteln, dann breche ich oft in Tränen aus. Jedenfalls entdecke ich dann oft an mir selbst, wie "frisch" noch sämtliche Erinnerungen an damals sind.
Auf der anderen Seite habe ich mich in den 3 Jahren sehr weiterentwickelt, gerade wegen Studium und so, es hat sich sehr viel verändert in meinem Leben und auch in dem meiner Brüder und meines Vaters. Ich würde von mir sagen, im ganzen Leben um ein Vielfaches selbstständiger geworden zu sein und versuche oft, einfach die positiven Dinge aus dem Ereignis von damals zu sehen. Auch wenn mir gute Freunde manchmal sagen, ich hätte die Sache bislang nur "verdrängt" statt "verarbeitet".

Naja. 3 Jahre sind eigentlich nicht lang. Aber so gesehen ist es eine Ewigkeit her. Und dann gibt es sie doch wieder. Die Situationen, in der ich ihr gerne Dinge erzählen würde, in der ich mir wünschte, Mama wäre noch da. Mit ihrer unbeschreiblich-einfühlsamen, einzigartigen Art. Mama eben. Die furchtbaren Erinnerungs-Momente: Die elendigen Tage im Mai, an denen es keine Radio-Werbung gibt, in der nicht über "MUTTERTAG" gesprochen wird. Die Heiligabende im verkleinerten Familienkreis, die nicht und auch nie mehr das sind wie früher. Die Momente des Alltagsfrusts, wenn einem die Ansprechpartnerin bei Problemen fehlt. Die Momente sind furchtbar und in meinen Augen auch kaum mit irgendwelchen seelischen Schmerzen zu vergleichen, die ich jemals irgendwie erfahren habe.

Aber ich möchte Euch Mut machen. Wenn Ihr Eure Mama oder Euren Papa an Krebs verloren habt, Ihr dürft Euch nicht alleine fühlen! Ich weiß sehr genau, wie es ist. Wie es ist, wenn die Wut in einem ausbricht, kurz nach der Fassungslosigkeit. Irgendwann der Hass, der Hass auf Krebs, der Hass auf die Ungerechtigkeit. Die nicht aufhören wollende "Warum?"-Frage. Und die ewige Unzufriedenheit mit sich selbst. Das nicht-mehr-glücklich-sein-können. Unkonzentriertheit. Ich kenne das alles! Ihr dürft den Kopf nicht hängen lassen, ja?! Es ist so verdammt schwierig und tut so verdammt weh. Ja verdammt, auch Jahre später noch. Aber denkt daran: Hätte es Eure verstorbene Mutter oder Euer verstorbener Vater gerne, dass Ihr jetzt traurig wärd? Würde sie es gut finden, dass ich jetzt wieder weinend am Computer sitze? Hätte sie gern, dass ihr wegen ihr traurig seid? NEIN!!!!!!!!!!

Bitte fühlt Euch nicht alleine. Kontaktiert Eure Freunde. Denn genau das hat mir persönlich wahnsinnig geholfen und es gibt heute noch Tage, an denen es mir wahnsinnig hilft. Auch wenn es mir wehtut, dass jetzt - 3 Jahre danach - viele Leute nicht mehr darüber sprechen (wollen). Denken sie wirklich, für mich wäre wieder alles "ok"? Die Sache wäre "abgehakt"? Niemals wird es das sein, nie!
Kontaktiert Eure Freunde! Sie werden Euch zuhören und ich versichere Euch, nichts - NICHTS - hilft ehrlicher und besser, als sich die Scheiße von der Seele reden zu können. Auch wenn man dabei heulen muss. Auch wenn man dabei 3 Gläser Rotwein leert. Es hilft.

Bitte fühlt Euch nicht allein, Ihr habt es nicht verdient, ja? Das meine ich ernst, auch wenn wir uns nicht kennen. Ihr dürft mich gerne anschreiben, ich freue mich über Kontakt und bin gerne zur Hilfe, für ein offenes Ohr oder zum Erfahrungsaustausch bereit. Fühle mich sehr fest mit Euch verbunden!

Viele Grüße
Wolfgang
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