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  #1  
Alt 18.12.2005, 00:01
peggysue peggysue ist offline
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Standard ohne Abschied gegangen

Jetzt habe ich schon mehrere Wochen in diesem Forum mitgelesen und auch auf viele Fragen antworten gefunden. Jetzt wird es auch für mich immer schwerer damit allein auszukommen und hoffe auf Eure Hilfe und Unterstützung!
Mein Mann ist am 8.11. an Magen- Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. Am Anfang habe ich hier noch geschrieben,ich kann nicht trauern Jetzt kommt die Trauer und leider auch die Wut. Warum konnten wir nicht gemeinsam seinen letzten Weg gehen,über alles nochmal reden. Vieles blieb unausgesprochen. Mein Mann war leider ein sehr verschlossener Mensch.Auch nach 30jähriger Ehe wußte ich nicht sehr viel von ihm,von früher ,aus seiner Kindheit. Auch während seiner Krankheit war er sehr verschlossen und willensstark.Er wußte das für Ihn keine Hoffnung bestand,trotzdem wollte er so weiterleben als ob nichts wäre.Das hat er auch von mir und seinen Kindern erwartet.Er wollte nie eine Schwäche zeigen.Vor niemanden!Seine letzten 2 Wochen habe ich ihn hier zu Hause gepflegt und immer gehofft das wir uns gaanz Nahe wieder kommen. Aber nichts,ja er war dankbar ohne viele Worte und das hat mich für vieles entschädigt.Für mich hat es sehr viel bedeutet ihm durch meine Fürsorge etwas von dem zurück zu geben,was er für mich und die Kinder die ganzen Jahre getan hat. Seine Familie ging Ihm über alles.
Sein Sterben war schlimm,er wollte noch so gern leben.Er war ja erst 56 Jahre.
Aber sein ganzer Wille hat nicht dafür gereicht. Und meiner auch nicht.
Und jetztfrage ich mich ,habe ich alles getan? Warum konnte ich ihn nicht zum reden bringen? Noch traue ich mich nicht alle Fragen an mich heran zu lassen.
Ich habe Angst vor den Gefühlen ,die ich viele Jahre unterdrücken mußte.
Manchmal denke ich, ich bin ein gefühlloses Monster. Aber meine Kinder und Familie weiß es besser. Warum ist es nur so schwer, sich damit abzufinden ,das er meine HILFE nicht wollte. Seine letzten Worte waren"hol den Arzt,ich brauche ein Aufbaumittel damit ich wieder auf die Beine komme"
Erst als er im Koma lag konnte ich Ihm für alles danken was er für uns getan hat
Es ist wohl alles ein bisschen durcheinander geschrieben,aber ich weiß nicht wo ich anfangen soll,es liegt mir so viel auf der Seele.

Danke peggysue
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  #2  
Alt 18.12.2005, 07:26
leonore leonore ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

liebe peggysue, lass dich erstmal ganz fest in den arm nehmen. ich fühle mit dir und kann nachvollziehen, dass du jetzt wütend und auch verdammt traurig bist. dein mann hat sicherlich dir nicht wehtun wollen, wenn er keine hilfe wollte. du hast alles für ihn getan was möglich war und soweit er es zugelassen hat. ich denke er hat dich und die kinder so geliebt und wollte nicht, dass seine krankheit zur belastung für euch wird. sei ganz lieb gegrüßt leonore
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  #3  
Alt 18.12.2005, 09:41
Simönchen Simönchen ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe Peggysue,
eine unglaublich schwere Situation in der du steckst. Scheinbar hast du nicht mehr die Möglichkeit Dinge zu klären über die nie gesprochen wurde. Mir geht es da ähnlich. Alle "formalen" Dinge konnte ich mit meiner Mutter(sie ist mit 58 Jahren am 23.11. an BSDK gestorben) noch klären wie Ablauf der Beerdigung usw. Allerdings gab es zwischen uns auch Dinge die einfach "offen" blieben. Ein paar Tage vor der Beerdigung wurde mir klar das ich diese Dinge niemals klären kann. All die Verletzungen und schlimmen Momente die ich durch die Alkoholabhängigkeit meiner Eltern erfahren mußte lagen wie offene Baustellen auf meiner Seele. Ich habe aber eine Möglichkeit gefunden mich zu befreien indem ich alle meine Gedanken in einem Brief festgehalten habe und diesen mit ins Grab gegeben habe.

Jeder Mensch hat seine eigene Art mit so einer schweren Krankheit umzugehen. Dein Mann hat die Verdrängung gewählt warscheinlich war dies die einfachste Variante für Ihn. Meine Mutter hat niemals geweint, auch ich war wenn sie dabei war sehr tapfer und mich läßt das Gefühl nicht los das wir uns Gegenseitig um unsere Gefühle betrogen haben. Vielleicht wollte sie mir aus Liebe ihre Tränen nicht zeigen. Vielleicht war ihr nicht bewußt das sie sterben wird ?
Wir Angehörigen verlangen von uns selbst einfach übermenschliches. Wir kämpfen wie die Löwen und wenn wir den Kampf verloren haben machen wir uns auch noch Vorwürfe."Was wird von mir erwartet?", "Was hätte ich besser machen können?" Eigentlich alles Quatsch.... denn wir haben gemacht was in unserer Macht stand und wir dürfen nicht vergessen das das Abschied nehmen von einem geliebten Menschen das Schwerste ist was es gibt.

Während der Pflege meiner Mutter war ich auch sehr "professionell": Da ich lange in der Altenpflege gearbeitet habe wußte ich auf was es ankommt. Als Schutz sah ich meine Mama oftmals nur als Patientin. Ich konnte nicht glauben dass dieser Mensch meine Mutter war wie ich sie kannte sie hatte 55kg abgenommen in dieser Zeit. In den letzten 2 Wochen nahm sie nichts mehr wahr und erkannte nur in wenigen Momenten wer um Sie war.
Um meine Gefühle zu ordnen und Unterstützung in der Trauer zu bekommen habe ich mir einen Therapheuten gesucht. Vielleicht könnte dies auch eine kleine Hilfe für dich sein liebe Peggysue?

Fühl dich von uns allen ganz ganz kräftig gedrückt

Liebe Grüße Simone
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  #4  
Alt 18.12.2005, 17:39
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Hallo Peggysue,


mein Vater ist letztes Jahr an Darmkrebs gestorben. Er wollte weder mit mir noch mit seiner zweiten Frau (also nicht meine Mutter) über den Tod sprechen. Alles was die möglicherweise tödlichen Konsequenzen der Krankheit anging, war für ihn Tabu, und damit auch für uns. Ich habe nie den Mut aufgebracht das Thema von mir aus anzusprechen. Soweit es ging, habe ich es wohl auch selbst verdrängt. Wir haben zwar über die Behandlungen usw. gesprochen, aber nie über das mögliche "was ist wenn".....

Im Nachhinein habe ich oft gedacht: worüber haben wir alles nicht gesprochen, was hätte man noch alles klären können / MÜSSEN.... und es stand einiges da, was man noch hätte besprechen können (was die letzten ca. 20 Jahre und unsere ganze Familie anging, da war einiges schief gelaufen), und was bestimmt auch gut gewesen wäre (zumindest für mich, jetzt, da ich ja noch da bin).....

Aber mein Vater hat jeden Konflikt oder jedes schwierige Thema gemieden. Die erste Zeit nach seinem Tod habe ich mich sehr gequält mit all dem "warum habe ich nicht.... warum haben wir nicht... man hätte doch.... wenn wenn wenn, hätte hätte hätte....". es hat ziemlich gedauert, bis ich einigermassen akzeptieren konnte dass es nun mal so war wie es war. Vielleicht hätte ich, wenn ich mehr Mut (???) gehabt hätte, mal was von mir aus ansprechen können. Wenigstens VERSUCHEN können, bestimmte Dinge noch zu klären. Es war sehr schwer, mir selbst zuzugestehen dass es nun mal nicht so war. Und zu akzeptieren, dass mein Vater nun mal so war... mir scheint ziemlich sicher, dass er nicht erleichtert auf meinen Vorstoss eingegangen wäre, im Gegenteil bin ich sicher dass ich ihn damit bedrängt hätte. Er war sein ganzes Leben lang ein Verdränger..... In unserer Familie wurden nie die grossen Emotionen gezeigt, wurden nie Probleme thematisiert.

Ich glaube aber auch, dass man lernen kann, die bisher verdrängten Dinge, die unerledigten Dinge für sich selbst noch zu klären und zu erledigen. Dieser eine Mensch ist jetzt zwar nicht mehr da, und natürlich ist es unglaublich schwer sich neben der "normalen" Trauer auch noch mit diesen Gefühlen von Versäumnissen herumzuschlagen. Aber man kann auch einen Weg finden, das zu verarbeiten. Ich hatte zum Glück auch einen Therapeuten der mir dabei geholfen hat. Natürlich ist es auch manchmal noch schwer, diese Gedanken kommen bei mir auch hin und wieder noch auf. Aber inzwischen kann ich es akzeptieren, wie es gewesen ist.

Im übrigen glaube ich nicht, dass ihr seinen letzten Weg nicht gemeinsam gegangen seid. Natürlich kann man immer noch etwas finden was noch getan oder gesagt werden könnte. Aber wir leben hier keine idealen Vorstellungen, sondern eine Wirklichkeit die einem manchmal alle Kräfte raubt, und man schleppt sich von Tag zu Tag. Und manchmal ist man eben auch nur in seinen eigenen Grenzen gefangen. Ich denke, dein Mann wollte es nun mal so, und für ihn ist es vermutlich so richtig gewesen (ohne Aussprachen...). Das ist jetzt zwar schwer für Dich, aber ich denke es ist doch ganz wichtig dass Du Dir sagst, Du hast es für IHN richtig gemacht. Da Du jetzt zurück bleibst, hast Du nun die Aufgabe damit weiter zu leben, wie es war. Und Du musst nun Deinen Weg finden, Deinen Frieden damit zu machen.

Ich habe es übrigens auch erst geschafft meinem Vater im Koma zu sagen, dass ich ihn lieb habe. Er lag zuletzt über 9 Wochen auf der Intensiv, manchmal mag er wacher gewesen sein, sicher waren wir aber fast nie ob er wirklich wusste was passierte. Ich muss allerdings auch sagen dass es mir leichter fiel es ihm zu sagen wenn er anscheinend schlief (????) als wenn er die Augen offen hatte. So war es eben.....

Alles Gute
Kerstin
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  #5  
Alt 18.12.2005, 21:59
Line Line ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe peggysue,

mein Mann ist am 7.11.05 mit 55 J. an Rippenfellkrebs gestorben. Auch ich konnte nicht richtig Abschied nehmen, da es ihm innerhalb von 3 Tagen plötzlich schlechter ging. Die letzten beiden Tage hat er nur geschlafen. Ich habe Schuldgefühle, weil ich mit ihm nie übers Sterben reden wollte. Ich habe gedacht, dass wir noch mehr Zeit haben. Am Schluss war nur der Gedanke, dass ich jetzt Schuld bin, wenn er nicht vom Leben loslassen kann, weil er mich nicht allein lassen will.
Ich glaube, die Trauer fängt jetzt erst richtig an, nachdem alles vorbei ist, die Trauerfeier und Urnenbestattung.

Liebe Grüße
Line
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  #6  
Alt 18.12.2005, 23:22
peggysue peggysue ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe Kerstin,Simone,Leonore,
vielen Dank für Eure lieben Zeilen und Wünsche. Damit habe ich dann doch nicht gerechnet.Jede von Euch hat vieles von dem geschrieben was mir auch auf der Seele liegt.Jede hat in irgendeiner Weise das Gleiche durchgemacht oder empfunden, was ich jetzt durchmache. Am Dienstag habe ich einen Therapeutentermin.Ich muß mich wirklich überwinden dahin zu gehen.Am liebsten würde ich ihn absagen.Aber nein, ich weiß,ich muß das durchziehen.!Und dann noch vor Weihnachten!Ich habe Angst ,ob ich überhaupt was sage?
Ich hatte beim Lesen im Forum oft das Gefühl,das es nur gute Ehen gab,.meine war nicht so.Mein Mann war früher auch Alkoholiker. Ob er ganz trocken war,glaube ich nicht. Aber auch darüber konnten wir nie reden.selbst die AA Therapheuten haben mir damals gesagt,das sie nicht an ihn rankommen. Ich habe die ganzen Jahre wie auf dem Pulverfass gelebt.Hat er oder hat er nicht?
Trotzdem, gesorgt hat er immer gut für uns,das muß wohl seine Art gewesen sein,seine Liebe auszudrücken . Aber es war nicht genug !
Jetzt die letzten Jahre war er viel krank,Schlaganfälle,Bauchspeicheldrüsenop und noch so einiges.Nie hat er mir gesagt das er mich liebt ,braucht und akzeptiert.Und ich habe versucht ihm alles recht zu machen. warum ?
Die letzten Jahre waren vom verstehen her besser,man paßte sich an.Ich habe immer geahnt das er mal nicht alt wird.Er wollte nie danach leben.
Aber jetzt wundere ich mich doch ,wie sehr es mir weh tut und er mir fehlt,das wir uns auch ohne viele Worte oft verstanden haben.
Jetzt beim schreiben wird mir auch vieles klarer. aber ich muß erst lernen meine Gedanken zuzulassen,. Vieles ist auch jetzt leichter zu schreiben,weil ich hier doch anonym bin.Für manche Gedanken schäme ich mich doch. Aber ich trauere wohl nur anders.
Jeder hier kämpft sich durch seine Gefühle und ich hoffe das ich irgendwann alles so akzeptieren kann wie es nun einmal war. Ich werde Eure Zeilen noch oft durchlesen und daraus lernen und hoffentlich Kraft schöpfen.
Vielen Dank für Eure guten Wünsche Petra
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  #7  
Alt 18.12.2005, 23:42
peggysue peggysue ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

lLiebe Line,
es tut mir so leid für Dich,bitte mache dir keine Vorwürfe, das Du nicht loslassen wolltest,über die Beerdigung sprechen konntest.Glaube mir, Dein Mann wußte bestimmt das er sterben wird und du alles in seinem Sinne für ihn tun würdest.Auch mir ist erst jetzt die Erkenntnis gekommen, das man sich auch ohne viele Worte verstehen kann.Dein Herz wird dir schon das richtige sagen!Es stimmt ,nach der Trauerfeier und bei mir nach der Urnenbeisetzung drei Wochen später wurde es mir erst richtig bewußt,daß mein Mann nun nicht mehr wiederkommt.Ich finde auch, das es nochmals ein schwerer ,endgültiger Abschied ist.Laß die Trauer zu,ohne wenn und aber !

Sei ganz lieb gedrückt von Petra (Peggysue)
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  #8  
Alt 19.12.2005, 11:28
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Hallo Peggysue,

habe leider nicht viel Zeit, möchte dir aber anbieten Erfahrungen auszutauschen, da das Thema Alkoholiker und Krebs noch ein anderes Kapitel ist, welches in "gesunden" Familien oft nicht nachzuvollziehen ist.

Ich habe einige alkoholkranke Menschen in meiner Familie (z.T. gehabt) und kann mir ungefähr vorstellen was jetzt in dir los ist. Wenn du magst kannst du mir ja auch priv. schreiben.

Liebe Grüße Petra_S
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  #9  
Alt 19.12.2005, 11:29
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Hallo Petra,

ich finde es gut, dass Du den Schritt tust und Dir einen Thera suchst. Ich kann gut verstehen dass es Dir schwerfällt dort hinzugehen. Aber ich habe damit gute Erfahrungen gemacht.

Es ist nicht gesagt, dass der/die erste Thera Dir auf Anhieb zusagt, das heisst dann aber nicht dass THERAPIE nicht das richtige für Dich ist.

Man bekommt von irgendwo her eine Empfehlung/Telefonnummer und geht dann da hin... ich selbst habe 2-3 Anläufe gemacht bevor ich den richtigen gefunden hat. Der "Richtige" heisst für mich, dass ich ihn/sie auf Anhieb schon mal nicht unsympathisch finde. Natürlich ist das erstmal ein fremder Mensch, aber wenn die Chemie soweit stimmt dass man sich vorstellen kann dort weiter hinzugehen, dann ist es schon mal ein guter Anfang. Erwarte nicht zuviel von Dir selbst dort. Du wirst bald selbst erfahren, dass man beim Thera alles kann: reden, heulen, wütend sein, trauern, auch schweigen wenn es nicht anders geht. Natürlich ist einem dort auch manchmal was peinlich.... aber wenn sich ein Vertrauen entwickelt, kann man sich mit der Zeit dort immer besser öffnen. Für den Anfang reicht es sicher, wenn Du erstmal so ungefähr Deine Situation schilderst.... ans "Eingemachte" geht es dann mit der Zeit. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man Schritt für Schritt begleitet wird, man muss da nichts "leisten".

Ich wünsche Dir einen guten Anfang bei dem Therapeuten. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich kenne keine befreiendere Erfahrung als dort zu reden und sich sicher zu fühlen und das Gefühl zu haben, dass da jemand das mitträgt was ich mit mir herum schleppe.........

Natürlich braucht das seine Zeit, aber wenn der Thera gut ist und wie gesagt die Chemie stimmt, dann wird es Dir ganz sicher helfen. Bei mir war es ja auch nicht "nur" die Trauer um meinen Vater, denn ich war ja schon vorher in der Therapie, aus anderen Gründen. Ich habe mich auch für so vieles geschämt, und dort auch gelernt mich selbst besser zu akzeptieren, Gefühle zuzulassen anstatt sie wegzudrücken, usw. Du wirst davon sicher auch profitieren.

Wenn Du Angst hast dort nichts sagen zu können, schreib auf was Dich bewegt, im Notfall kannst Du das dem Thera auch in die Hand drücken. Natürlich geht man da hin um zu reden, aber manches bringt man eben nicht heraus, ich musste meinem Thera auch manchmal Briefe schreiben weil ich mich zu sehr schämte es auszusprechen. Manchmal hatte ich das aufgeschriebene auch nur als "Notnagel" in der Tasche dabei, das gab mir die Sicherheit dass ich es zur Not auch schriftlich regeln könnte..... natürlich wird dann das Gespräch darüber folgen, aber es war dann immer sehr behutsam und Schritt für Schritt.

Nur Mut, es ist deren Job uns zu helfen.....

Kerstin
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  #10  
Alt 19.12.2005, 23:02
peggysue peggysue ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

liebe PetraS,Liebe Kerstin,
es ist schön zu wissen,daß es Menschen gibt,die mich verstehen.Heute war wieder so ein .........Tag, war in der Stadt Weihnachteinkäufe machen für meine erwachsenen,noch daheim wohnenden Kinder und Schwiegermutter (87 j ).War mir überhaupt nicht danach,war einige Male kurz vorm heulen als ich so allein da rumlief.Warum eigentlich,hab ich doch sonst auch allein gemacht?Diese vielen Menschen ,diese Geräusche war mir alles zuviel.Dann sind meine Gedanken ständig bei morgen. Aber die Idee mit dem Zettel finde ich super,mache ich ja auch oft, wenn ich zu fremden Ärzten muß.
Ich glaube,das Thema Alkohol wird auch heute noch in unserer Gesellschaft unter den Tisch gekehrt.Nach außen hin wird immer schön getan und nicht darüber geredet.Es gehört wohl auch zum guten Ton immer dabei zu sein.Wieviel hat diese K R A N K E I T schon angerichtet und kaputt gemacht. Auch bei meiner Familie.
Mein Mann ist ja auch nicht zum Therap. gegangen,AA abgebrochen. Ich war einige Male davor,habe dann aber nie den Mut aufgebracht. Und jetzt kommt alles so langsam hoch.Ich bin so ,ich weiß nicht was alles..... Aber warum habe ich das alles mitgemacht? Ich habe ihn wohl mehr geliebt ,als ich wußte,als mir klar war. Auch wenn die letzten Monate und Wochen schwer waren und viel Kraft gekostet haben,ich war glücklich das er mich brauchte. Nur seine Schmerzen konnte ich ihm nicht nehmen. Aber er hat mich immer bei sich haben wollen,selbst im Koma wurde er unruhig wenn ich seine Hand mal für einen Augenblick losließ. Ich merke schon,meine Gedanken drehen sich immer im Kreis,sorry. Ich werde wohl am besten mal ein Tagbuch schreiben,damit ich alles loswerde und vielleicht auch morgen einen Anfang machen. Ich werde dann mal berichten wie es beim Thera war.
Machts gut bis dann Petra
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  #11  
Alt 20.12.2005, 05:50
Simönchen Simönchen ist offline
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Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe Petra,
ich wollte dir nur noch schnell eine Info.
Eine Alkoholkrankheit ist immer eine Krankeit die die ganze Familie betrifft.
Die Familienangehörigen sind eigentlich alle Co-Abhängig je nachdem wie eng Sie mit dem Abhängigen zusammengelebt haben. Fast jeder AA-Stelle sind auch die Alanon-Familiengruppen angeschlossen. Dort treffen sich Kinder/Ehepartner/Lebensgefährten von Alkoholkranken. Seit dem Tod meiner Mutter war ich auf keinem Meeting mehr.. allerdings taten die Treffen bisher sehr gut. Denn die Leute dort wissen wovon Sie reden. Vielleicht magst du dir das ja selbst mal anschauen oder deinen Kindern die Möglichkeit dazu geben wenn die Zeit reif ist.


Ja diese besch... Weihnachtszeit. Erst gestern saß ich in der S-Bahn und fing einfach an zu heulen... auf der einen Seite peinlich auf der anderen Seite war es mir aber auch egal was die Leute denken. Ich hab keine Lust mehr gute Laune vorzuspielen. Ich sehe auch nicht zu funktionieren nur weil es mein Umfeld erwartet. Die Mutter meines Freundes freut sich schon dass wir zu Weihnachten zu Ihr kommen hoffentlich freut Sie sich zu früh denn heile Welt da hab ich wirklich keine Lust drauf. Ich hoffe Ihr findet für Euch die richtige Art Weihnachten zu feiern.

Ich drücke dir ganz ganz fest die Daumen für heute und hoffe das der Thera der Richtige für dich ist. Bitte mute dir nicht zuviel zu. Denn ziemlich versteckt hinter der starken Petra die sich immer kümmert sitzt eine Petra die das Recht dazu hat schwach zu sein und traurig.

Liebe Grüße
Simone
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  #12  
Alt 21.12.2005, 22:31
peggysue peggysue ist offline
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Gestern hatte ich nun meinen Termin beim Therapeuten.Es war für den Anfang schon mal ganz gut.Meinen Zettel in der Hand ,mit schlotternden Knien saß ich da und wartete. Gottseidank war mir der Typ sympatisch. Aber der Anfang war sehr schwer. Aber dadurch das er ersteinmal von sich erzählt hat,konnte ich mich etwas fassen. Mein erster Satz war,ich kann noch nicht richtig trauern!
Antwort: Das kommt schon noch! Warum ,weshalb.usw. Alles in allem hat er mir viele Denkanstöße gegeben,einige Sachen zusammengefaßt und auf den Punkt gebracht. Es wundert mich nur immer wieder,das es heißt, ich soll nach vorn sehen.Bin ich denn so in der Vergangenheit? Ich will mich an die schönen Zeiten mit meinem Mann erinnern!Warum kommen jetzt die schwierigen Zeiten hoch?
Es war doch gerade in den letzten Monaten auch ein schönes Gefühl, das er mich gebraucht hat ,auch wenn er es mir nie gesagt hat.
Ja,für ihn war es sicherlich besser das er so gegangen ist, wie er immer gelebt hat.Ganz für sich allein! Ich weiß, ich klinge wütend und verletzt,traurig und ratlos. Ich habe ihn doch die ganzen Jahre so gekannt,warum macht das jetzt so einen Unterschied?
Jetzt habe ich einen Teil des geschriebenen wieder gelöscht.Gerade ging mir nämlich durch den Kopf,ob es nicht auch so sein kann, das er meine Gefühle mitgenommen hat?Gelöscht hat? Dadurch das er sich nicht von mir verabschiedet hat?
Es gehen mir sehr viele Gedanken durch den Kopf und ich komme kaum zur Ruhe.Werde mir Eure Beiträge wieder durchlesen und daraus Kraft und Hoffnung schöpfen.
Liebe Grüße Petra
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  #13  
Alt 22.12.2005, 09:47
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Petra_S Petra_S ist offline
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Hallo liebe Petra!

"...es war doch immer so,...warum macht es jetzt so einen Unterschied...?" - bei mir waren manche Gefühle verdeckt, mit "wichtigen und nützlichen Arbeiten" überspielt usw. Aber als mein Mann dann gehen musste, ist das passiert, was ich die ganze Zeit versucht habe hoch zu halten, was mir sicher ein Teil Kraft gab: die HOFFNUNG, dass wir noch mal berssere Zeiten haben werden ist mit ihm gestorben und dann kam die ganze Wut und Trauer über dieses sch... ungerechte Leben, die Wut warum wir manchmal die Zeit nicht besser für uns nutzen konnten, obwohl wir unserer Liebe schon sehr bewußt waren, durch die durchlebte Alk-sucht...

Mit diesem "nach - vorn - schauen" habe ich auch so meine Probleme, ich habe für mich beschlossen, ICH bestimme wie lange ich mir mein Leben im Rückblick ansehe! ICH muss damit leben, es waren MEINE Erlebnisse für welche ich vielleicht erst jetzt Zeit habe, sie mir genau anzusehen. Es gibt sicher Menschen, die besser klar kommen, wenn sie alles hinter sich lassen und nach vor sehen. Mich macht es immer wütend, wenn jemand "weiß" was für mich gut ist. Zu 50% mag die Erfahrung durch andere in ähnlicher Situation ja gegeben sein, aber zu 50% besteht die Chance, dass es für mich so nicht richtig ist, weil ich (mit allen Erfahrungen, Eigenshaften und Lenswegen) zum ersten Mal auf der Welt bin und keiner mein Leben und die daraus resultierenden Erkenntnisse haben kann. Ich bin deswegen so bockig, weil es einige Ereignisse in unserem Leben gegeben hat, von denen viele "wußten" > DAS WIRD NIE WAS! < und die Wahrheit ist genau diese Dinge sind WAS GEWORDEN und zählen zum Besten in meinem Leben! Hör`in dich rein und glaub an dich - sicher gibt es die Gefahr, dass man in dem depressiven Sumpf stecken bleibt, aber es gibt zu 50% auch die Chance, das einem nach einer ungewiss langen Zeit des Rückblickes "der Film, zum 100sten mal gesehen langweilig wird"! Bitte schreib`hier, wenn es dir gut tut, wir alle leben davon, zu sehen, dass wir nicht allein sind mit unserem täglichen Kampf weiter zu machen. Manche schaffen es schienbar "besser, leichter" - aber kein Mensch kann beurteilen welche Mechanismen (Schutz-, Verdrängungs- usw.) uns leiten, jeder muss seinen eigenen Weg finden, manche führen auch durch tiefe, dunkle Täler - doch kein anderer kann meinen Weg gehen.

Ich wünsche dir für die nächsten Tage viel Kraft, lass`all deine schmerzenden Gefühle zu, wenn sie da sind werden sie auch ihren Ursprung haben...In Gedanken bei dir - lieb Grüße Petra_S
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  #14  
Alt 22.12.2005, 12:14
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Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Hallo Petra (Peggysue),

ich bin mir ganz sicher, dass mein Thera dazu gesagt hätte: nach vorn schauen heisst nicht, dass Du das was gewesen ist, hinter Dir lassen sollst im Sinne von "vergessen" und "nu denk mal endlich an was anderes".

Ich denke, es soll nur bedeuten, dass man sich klar macht dass man nicht in der Vergangenheit leben kann oder sollte und darüber den Blick auf das "morgen" vergisst. Trotzdem kommt es denke ich darauf an, WIE dieser Blick auf das Gewesene stattfindet. Verweilst Du darin dauerhaft, oder betrachtest Du es nur? Meiner Ansicht nach ist es ganz wichtig, NATÜRLICH das Vergangene in seine Überlegungen hinsichtlich der Gegenwart und Zukunft einzubeziehen, sonst würde sich ja nie etwas ändern.

Ich bin am Anfang der Trauer um meinen Vater auch sehr in der Vergangenheit stecken geblieben, habe ihn irgendwie darin gesucht. Ich denke auch, dass das OK ist und man den Blick wieder (stärker) nach vorn richtet, wenn man soweit ist.

Inzwischen blicke ich eindeutig nach vorn, aber die Rückschau hat insgesamt in meinem Leben jetzt einen wichtigeren Stellenwert als früher.... Das heisst ja aber nicht, dass ich in der Vergangenheit lebe. Aber ich betrachte das was war, und versuche herauszufinden was das für mein weiteres Leben bedeutet, werde ich mich z.B. anderen Menschen gegenüber anders verhalten als früher? Beispiel: wenn ich etwas gegenüber meinem Vater sehr bereue, dann bringt es nichts wenn ich immer darum hadere was war... aber vielleicht kann ich es bei anderen in Zukunft besser machen. Das mit meinem Vater tut dann natürlich trotzdem noch weh, aber ich lerne eben auch manche Dinge zu zu akzeptieren wie sie nun mal gewesen sind.

Ich denke, wenn ein Thera sagt "nach vorn kucken" dann meint der garantiert nicht sowas wie "nu mal Kopf hoch und fröhlich voran" (auf sowas reagiere ich auch allergisch, von wohlmeinenden Zeitgenossen gleichgültig daher gesprochen....).

Mein Thera hat mir beigebracht, die Dinge nicht immer so schwarz oder weiss zu betrachten, wie ich es mein ganzes Leben lang gemacht habe. Er sprach immer davon, dass Dinge mal in den Vordergrund und mal in den Hintergrund treten. Das beinhaltet ja schon, dass etwas nicht verschwinden muss (z.B. das Morgen oder das Gewesene) nur weil es zeitweise in den Hintergrund tritt. Ich finde es reicht, wenn man das im Auge behält und ansonsten auf sich selbst hört und ab und zu den (ja sehr neutralen) Thera als Hilfe hat zu kucken, ob man noch so halbwegs auf dem richtigen Weg ist, manchmal verkeilt man sich ja wirklich in eine Sache, und man muss auch wieder loslassen können.... aber eben alles zu seiner Zeit.

Kerstin
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  #15  
Alt 22.12.2005, 22:00
peggysue peggysue ist offline
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Liebe Petra S. liebe Kerstin,

genau, die Hoffnung habe ich auch immer gehabt,es wird wieder,es wird besser.Darum habe ich jetzt wohl auch diese Leere in mir,es fehlt etwas ganz wichtiges.Hoffnung auf eine bessere Zukunft !
Aber Eure Zeilen machen mir Mut,Ihr habt Euch ja auch wieder nach vorn gekämpft. Ich werde das auch schaffen!
Ja, der Thera wird es wohl so gemeint haben, wenn ich darüber nachdenke wie er sich ausgedrückt hat.
Tagsüber ist man ja sowieso gezwungen vorwärts zu schauen,wenn man dazu noch jede Menge Verpflichtungen hat ,bleibt einem nichts anderes übrig.Ich funktioniere gut! Aber abends und nachts.
Wenn ich mir meine Sätze hier anschaue, fällt mir auf .das ich sehr viel in der ich Form schreibe. Dabei komme ich doch ins grübeln,wieso eigentlich ICH.Es hieß doch eigentlich immer Du mußt,oder W I R !!!!!
Jetzt soll ich lernen,I C H will, I C H kann , I C H werde es lernen!!!Aber noch ist es zu früh und ich habe sonst dabei ein schlechtes Gewissen.

Vielen Dank für Eure guten Wünsche zu Weihnachten! Euch wünsche ich auch von ganzem Herzen besinnliche gute Weihnachtstage.Wir werden in Gedanken alle bei unseren Lieben sein und hoffen das es Ihnen jetzt besser geht.
Ich danke allen für die vielen lieben Zeilen und den wunderbaren Zuspruch.

Bis bald Eure Petra
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