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  #16  
Alt 01.08.2003, 08:56
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo, liebe Jutta2,

da ich selber Krebsbetroffene bin (und auch schon Angehörige war), möchte ich Dir auch noch ein paar Worte dazu sagen, zu all Deinen Fragen.

Manchmal steht man da, als Angehöriger, völlig ratlos und hilflos, und vor lauter Angst davor, wie man jetzt damit umgehen soll, und wegen der dauernden Frage, ob man auch alles "richtig" macht, fühlt man sich fast wie gelähmt. Man dreht sich im Kreis, der eigene Kopf dreht sich im Kreis. Hin und hergerissen fühlt man sich im Wunsch, da zu sein für den kranken Menschen, etwas für ihn zu tun, und gleichzeitig der eigenen Angst davor. Nicht nur das Leben des kranken Menschen hat sich plötzlich verändert, auch das Leben und der Alltag der Angehörigen.
Das ist oftmals so einschneidend im Leben, dass mancher eben schon ein bisschen Zeit braucht, sich ein wenig daran zu gewöhnen und die Situation zu akzeptieren. Egal ob Betroffener oder Angehöriger.

Als ich damals im Krankenhaus war, spürte ich sehr gut, wer hier jetzt aus reiner Besorgnis bei mir war, oder wer es einfach aus einem Pflichtgefühl heraus tat.
So ist aber jeder Mensch auch verschieden, und jene, die anfänglich aus Pflichtgefühl bei mir waren, haben vielleicht etwas später gelernt, dass es gar keine Pflicht für sie ist, sondern bloss jenes, was SIE selber in dieser Situation ebenfalls gerne gehabt hätten: Blosses DA-Sein der Lieben.
Aber es gibt bei mir auch jene Leute, für die ist es heute, nach zwei Jahren, noch immer eine "Pflicht", und wenn sie mit diesem Pflichtgefühl zu mir kommen, so enden solche Besuche nie sehr schön. Denn aus dem scheinbar unerträglichen Pflichtgefühl heraus, wollen diese Menschen die Situation (meine und ihre) so schnell wie möglich "ändern", sie wollen, dass es endlich aufhört, dieses Leid. Also beginnen sie damit, mir Krebsbetroffene zu sagen, was ich zu tun habe, raten mir mit diesem und jenem, und damit werde ich dann ziemlich bedrängt. Wenn ich an dieser Stelle meinen eigenen Kopf habe, meine eigenen Entscheidungen, so werden diese "Pflichtmenschen" oft sehr wütend, und rauschen beleidigt davon.
Es ist genau an diesem Punkt ein guter Grund für sie, abzurauschen. Denn sie haben genügend Argumente dafür, wie unerträglich ICH sein soll.

Umgekehrt: Jene Menschen, die aus Besorgnis bei mir sind (oder aus Liebe), sehen ihr DA-Sein für mich nicht als "Pflicht", sondern als reine Selbstverständlichkeit. Sie überlegen sich am Anfang nicht lange, was und wie sie etwas tun sollen, sie handeln einfach irgendwie, lassen die Dinge auf sich zukommen.
Natürlich werden auch sie von Ängsten geplagt, sie haben es auch nicht einfacher. Aber ihre innere Selbstverständlichkeit zur Liebe, lässt sie weniger vor der Situation "erstarren".

Was ist denn das DA-Sein für den Krebsbetroffenen? Es ist gar nicht so viel, liebe Jutta. Das DA-Sein ist nicht NUR Besuche machen. Das DA-Sein ist manchmal auch bloss ein Telefongespräch oder ein lieber Brief. Das DA-Sein verlangt nicht unbedingt absolute Regelmässigkeit.
Das DA-Sein ist bloss Menschlichkeit. Es ist Liebe. Das Gefühl zu geben, dass man DA ist, wenn der andere ihn braucht. Das DA-Sein sind manchmal die lustigen Momente oder Tage, aber auch die traurigen Momente oder Tage. Manchmal ist das DA-Sein eine schöne Ablenkung, manchmal ist es halt nötig, dass man über die Krankheit spricht. Das DA-Sein heisst auch mal, die Hand des kranken Menschen zu halten. Das DA-Sein ist auch das Zuhören. Das DA-Sein heisst auch, dem anderen das Gefühl zu geben, dass man DA ist, auch wenn man körperlich nicht anwesend ist.
Und das DA-Sein beinhaltet eben auch, dass man miteinander spricht, dass man Fragen stellt, wie man helfen kann.

Mache Dir nicht zu viele Gedanken, liebe Jutta. Wenn Dir vor Angst, das richtige zu sagen, die Worte fehlen, so sprich es aus, und stelle Deiner Mutter Fragen, was Du für sie tun kannst.
Du wirst sehen, sie wird Dir dabei helfen können.

Geh hin zu ihr, wenn Du kannst. Sie wird sich sehr darüber freuen.

Liebe Grüsse von
der "krassen" Brigitte
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  #17  
Alt 01.08.2003, 09:24
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Standard Ich trau mich mal...

Ach ja, liebe Jutta2, da fällt mir noch was ein ...

Fragst Du bei Deinem Besuch Deine Mutter, was Du für sie tun kannst, wie Du ihr helfen kannst, so ist es möglich, dass sie sagen wird:
"Mir kann keiner helfen."
Damit meint sie jedoch ihre Krankheit.
Fügt sie jedoch noch hinzu:
"Aber ich freue mich, dass Du gekommen bist."
So meint sie damit Dein DA-Sein.

Gell? Lass Dich nicht irritieren. Wir Krebsbetroffenen haben manchmal eine ganz "eigene" Sicht.
Aber Du kannst sie auch fragen, womit Du ihr helfen kannst. Bücher bringen, etwas für sie erledigen, etwas für sie recherchieren, ein Gespräch für sie zu führen ... usw.
Sie wird es Dir bestimmt sagen können.

Nochmals liebe Grüsse von
der "krassen" Brigitte
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  #18  
Alt 01.08.2003, 09:57
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Standard Ich trau mich mal...

Liebe "krasse Brigitte", lieber Wolf, liebe Tanja, liebe Bettina ...,

wißt Ihr, mein Vater hat meinen Bruder in der Mittagspause aufgesucht und ihm im Geschäft gesagt, daß unsere Mutter Krebskrank ist und an diesem Tag ins Krankenhaus eingeliefert wurde.

Mein Bruder rief mich an und am gleichen Tag bin ich nach Köln gefahren. Und bin erstmal ein paar Tage bei meiner Ma geblieben.

Es hat nichts mit "Pflicht" zu tun. Im Gegenteil. Ich bin gerne dort und versuche ihr zu helfen wie ich kann. Und sei es nur durch Anwesenheit. Ich verstehe was ihr meint mit DA-Sein.

Wir telefonieren jeden Tag miteinander und wenn es manchmal nur 5 min sind um zu fragen, wie der Tag war.
Es ist nur so komisch. Jedesmal bedankt Sie sich am Ende des Telefonats, für das Gespräch. Es klingt eher auf ihrer Seite wie eine "Pflicht". Schwierig zu erklären. Wobei ich mir sicher bin, daß sie sich über die Telefonate und den Besuch freut.

Ich habe das große Glück, zwei wunderbare Geschwister zu haben. Meine Schwester kommt aus Bremen und hat zur Zeit Urlaub, so daß sie auch in der Zeit nach der Chemo für eine Woche bei meiner Ma zu Hause sein kann.

Mein Brüderchen ist auch fast jeden Tag im Krankenhaus und kümmert sich um alles. Ich mache alles möglich, was ich von hier aus tun kann per Telefon. Ich schreibe ihr...

Es war für Tanja bestimmt schwer zu begreifen, daß man, jetzt wo man die Zeit noch hat überlegt, besucht man sie oder nicht.

Aber es liegen genau 400 km zwischen uns. Das soll nicht heißen, das es unüberwindbare Entfernungen sind. .... Ist es wirklich so verwerflich zu sagen, o.k. ich komme "erst" in zwei Wochen wieder ?

Lieber Wolf,

du hast mir Mut gemacht zu Wissen, daß meine Ma. alles genau "registriert" und sich auch an Kleinigkeiten freut. Wir haben leider keine Kinder, so daß meinen Eltern diese Freude nicht gegeben sind.

Tja, und auch das Thema Kätzchen ist gestern vom Arzt verboten worden.

So bleiben mir erstmal nur die Telefonate.

Liebe Grüsse
Jutta
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  #19  
Alt 01.08.2003, 11:41
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Guten Morgen ihr Lieben,
hab hier wohl was ins rollen gebracht und freu mich, dass ihr sooo darauf reagiert.
Ausschlag gebend waren für mich Sätze wie: fahre nicht hin, weil ich muß damit erstmal klar kommen und Kraft...
So oder ähnlich war der Wortlaut. Mein erster Gedanke: wie gut, dass der Betroffene das Schalentier(!) sofort akzeptiert und das nicht verarbeiten muß. Und das der Betroffene auch so gar keine Kraft braucht...Dieses ICH, ICH hat mich gestört.
Kann man das nicht gemeinsam verarbeiten??? Sich gegenseitig Kraft geben?
In manchen Situationen sollte man sich selbst ein wenig in den Hintergrund stellen können.
Zwischen meiner Ma und mir gab es auch Situationen wie: am Tel.:
Mama, ich komm dann gleich. Sie: Nee, Maus, brauchst du aber nicht, hast doch so viel zu tun im Büro etc...Ich: Mama, ich möchte aber kommen. Sie: Schön, bis gleich..
Ich hätte natürlich auch auf ihre erste Antwort reagieren können. Betroffene denken vielleicht, dass sie eine Last sind? Man sollte ihnen diesen Zahn ziehen.
Natürlich hat der Angehörige seine Ängste, Sorgen, wirre Gedanken- aber ich denke sie sollten hinter den Ängsten etc des Betroffenen stehen. Ich denke, hoffe, glaube ich war immer für meine Ma DA, meine Sorgen hab ich hier im KK gelassen oder bei einer Freundin. Aber ich war für sie DA, habe mit ihr geweint.
In dieser Zeit war ich für niemanden da, wenn Menschen kamen, die ihren seelischen Müll bei mir abladen wollten, habe ich sehr deutlich gesagt, dass ich dafür z. Z. keinen Kopf habe.
Vielleicht egoistisch, aber wahr.
Diese Zeit war "schön", sehr intensiv....das Problem ist, dass diese Zeit vorbei ist. Sie wird nie wieder kommen....was ist dann wichtiger???
Liebe Grüße
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  #20  
Alt 01.08.2003, 12:40
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo, Ihr Lieben, ich trau mich jetzt auch mal. Lese schon einige Monate ziemlich still mit. Bin eigentlich Hinterbliebene, habe beide Elternteile durch Krebs verloren, meine Mama erst im letzten Jahr.
Was die Frage der Besuche und des "Kümmerns" angeht, hab ich mich in dieser sehr, sehr schweren, aber auch sehr intensiven und teilweise sogar schönen Zeit ganz auf mein Bauchgefühl verlassen. Es war organisatorisch zeitweilig unglaublich schwer, das durchzuhalten - ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Teeny-Mädels und auch noch ganztags berufstätig -, aber dank der Tatsache, dass einer meiner beiden Brüder, dessen Frau und ich zum Schluß ein total eingespieltes Team waren, ist es uns tatsächlich gelungen, unsere Mama so intensiv zu begleiten, wie wir uns das gewünscht haben.
Das war genau so, wie Brigitte - hallo, Känguruh, wunderbar auf den Punkt gebracht! - es geschildert hat - keine Pflicht, sondern eine Selbstverständlichkeit. Mama brauchte uns und unsere Fürsorge und wir brauchten sie und ihre Gegenwart.
Das mit dem Bedanken und "das ist doch nicht nötig" kenne ich auch von meiner Mama. Ich glaube, dass das stellenweise, zumindest in der Phase, in der sie so gar nichts mehr selbst machen konnte, auch damit zusammenhing, dass wir Dinge für sie gemacht haben, von denen keine Mutter sich wünscht, dass ihre Kinder sie für sie erledigen müssen.
Letztendlich war sie aber, glaub ich, sehr froh, nicht allein auf diesem Weg zu sein.
Klar, es geht unglaublich an die Grenzen der eigenen Kräfte.Ich weiß auch nicht, wie lange wir das in der Art und Weise, wie wir es gemacht haben, noch durchgehalten hätten. Letztendlich bin ich aber sehr, sehr froh, diese Zeit mit ihr noch gehabt zu haben. Wie Tanja schon sagt - diese Zeit ist jetzt vorbei.
Liebe Grüße, Frauenzimmer
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  #21  
Alt 01.08.2003, 17:47
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Hallo liebe Jutta2,
nein, es ist nicht verwerflich zu sagen "ok, ich komme erst in ca. zwei Wochen wieder." Denn Dein Privatleben muss ja auch irgendwie organisiert sein, oder auch Du brauchst mal eine Pause.

Es war nur Dein Satz: "... wenn ich so ganz ehrlich zu mir bin, dann entdecke ich eine Stimme die sagt: Nein fahr nicht hin, es kommen noch schlimmere Zeiten, in denen Du sicher rund um die Uhr da sein wirst...".
Mit diesem Satz denkst Du jedoch "in Zeiten". Dabei kannst Du gar nicht wissen, ob diese "schlimmeren Zeiten" auch wirklich kommen. So "verschiebst" Du nämlich auch Dein DA-Sein jedesmal auf später.
Doch wenn die "schlimmeren Zeiten" kommen sollten, dann können diese nämlich auch schon MORGEN kommen.
Das ist auch genau jenes, was Tanja meinte. Oder vielleicht noch mit meinen Worten hier ausgedrückt: Geniesse Deine liebe Mutter, so oft Du kannst. Denn Du weisst nicht, was schon morgen sein wird.

Es macht Dir aber bestimmt niemand ein Vorwurf, liebe Jutta, wenn Du nicht täglich bei ihr sein kannst. Wie Du selbst ja sagst, so bist Du DA für sie auch mit Telefonaten oder Du schreibst ihr. Und andere Familienmitglieder sind ebenfalls bei ihr. - Das ist sehr viel DA-Sein für Deine Mutter. - Wäge einfach ab für Dich selbst (Dein Bauch sagt's Dir), wann und wie Du bei Deiner Mutter sein willst. Vielleicht wirst Du Dich auch mit einem anderen Angehörigen "ablösen" wollen, (als gutes Team), das ist auch sehr schön.

Tja, und dieses "Danke" sagen. - Weisst Du, es ist wunderbar und sehr schön, zu sehen, wie Menschen sich um Dich kümmern können, wenn Du krank bist. Während Du selbst völlig hilflos und geschockt bist, Dich diese Situation oftmals ganz auf das Angewiesensein von lieben Menschen zwingt, obwohl Du es eigentlich gar nicht so willst, ja nie wolltest, ... steckt Dir gerne mal die Dankbarkeit so in der Kehle, dass Du sie tausendmal sagen könntest! Das ist keine "Pflicht" zum Danke sagen, es ist ein Danke-Sagen aus Verzweiflung, aus wirklich tiefer Dankbarkeit.
Zudem: Gibt es noch ein anderes Wort für "Danke"?
Ach ja, freu Dich darüber, liebe Jutta. Denn jedes "Danke" ist ja ein Zeichen für etwas Gutes und Schönes, das Du getan hast.

Ganz liebe Grüsse an alle hier
von der "krassen" Brigitte
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  #22  
Alt 04.08.2003, 17:28
Tanja H. Tanja H. ist offline
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Liebe Brigitte,
das hast du wuuunderschön erklärt. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzu zu fügen.

Liebe Grüße Tanja
P.S. Warum ist es so still hier geworden???
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  #23  
Alt 05.08.2003, 08:13
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Liebe Brigitte,

bei meinem Telefonat mit meiner Ma am Freitag sagte sie wieder: Danke für Deinen Anruf. Auf meinen Hinweis, ich rufe sie doch gerne an und sie müsse doch nicht jedesmal Danke sagen, sage sie mir: Aber ich freue mich doch so über Eure Anrufe.

Ich musste in diesem Moment so sehr an Deine Worte denken und war richtig beschämt. Manchmal braucht man vielleicht doch erst den Hinweis von "Aussenstehenden" um ab und zu die Dinge in einem anderen Licht zu betrachten.

Liebe Grüsse Jutta
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  #24  
Alt 05.08.2003, 09:50
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Hallöchen Ihr,

hi, liebe Jutta2. Du brauchst nicht beschämt zu sein, es ist okay. Manchmal braucht man ein bisschen ein "Feedback" von Aussen, das geht mir auch hin und wieder so. Da ist man dann vor lauter Verzweiflung wie "blockiert" im Kopf, dabei übersieht man gerne mal das "Einfache", welches meistens am nahesten liegt.

Aber sag mal, habe ich das richtig gelesen? Die Ärzte haben Deiner Mutter das Thema "Katzen" verboten? - Wie das?

Liebe Grüsse soweit
von der "krassen" Brigitte
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  #25  
Alt 05.08.2003, 10:58
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Hallo Brigitte,

ja, das ist leider so mit den Katzen. Meine Mutter hat wohl aus Angst heraus den Arzt gefragt, ob er Bedenken geben Katzen haben würde. Worauf er dann sagte, nach der Chemo sei das wohl nicht so gut. Vielleicht später. Wann auch immer später sein soll.

Meine Eltern hatten sich riesig auf die kleinen Biester gefreut und waren furchtbar enttäuscht.

Meine grössere Sorge ist eigentlich, daß ich das Gefühl habe, es gibt keinen richtigen Ansprechpartner im Krankenhaus. Die Ärzte wechseln ständig und keiner fühlt sich irgendwie richtig verantwortlich. Man hätte es vom Artzt ja auch anders "verpacken" können. Viel schlimmer fande ich aber folgenden "Zwischenfall": Vor der Chemo bat meine Mutter den Artz um eine Misteltherapie. So recht wollte er nicht ran, versprach aber, sich darum zu kümmern und es am nächsten morgen zu veranlassen. Meine Ma hat am nächsten Morgen auch eine Spritze bekommen, aber keine Mistelspritze. Nach einem weiteren Tag fragte sie, ob sie die Spritze jetzt bekommen habe, worauf der Arzt nur sagt: Sie haben etwas zur Stabilisierung bekommen. Auf weiter Nachfrage sagte er dann, es sei eine Beruhigungsspritze gewesen. Toll. Kein weitere Erklärung des Arztes. Soviel zum Thema Misteltherapie.

Vielleicht geht es aber allen anderen "Angehörigen" ähnlich. Aber wenn ich sonst die Beiträge lese, gibt es auch ganz andere Ärzte und Betreuung.

Sie ist jetzt die erste Woche nach der 1. Chemo zu Hause und schläft fast ausschließlich. Heute muss sie zu ersten Nachuntersuchung. Sie geht zu ihrem Lungenfacharzt weil sie zu ihm vertrauen hat. Mein großes Problem ist, daß ich so gar kein richties Vertrauen in die Ärzte habe. Keiner ist da, der auch mal eine ergänzende Therapie oder psychologische Betreuung vorschlägt. Man beschränkt sich so sehr auf das Wesentliche.

Habe auch durch das Forum schon x-Spezialadressen in Köln in Erfahrung gebracht und mit meine Eltern draüber gesprochen. Aber es will so niemand etwas davon wissen. Selbst eine zweite Arztmeinung wollte meine Ma nicht einholen.

Ich habe das Gefühl, so richtig wissen will sie das alles nicht. Sie weiß, daß sie Lungenkrebs hat und daß sie eine Chemo machen muß. Welcher Art der Krebs ist, und welche Tumorgrösse, wollte sie gar nicht wissen. Sie wollte vom Artzt nur wissen, wie lange sie noch zu leben habe. Darauf bekam sie aber nur eine ausweichende Antwort.

Ich habe so dieses schreckliche Gefühl, daß wir nicht genug tun. Ich habe schon Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe in Köln aufgenommen. Die Dame hat meine Mutter auch besucht im Krankenhaus. Auf meine Nachfrage, ob meine Ma sich mit ihr nocheinmal verabredet hat, sagte sie nur: Wenn sie will, wird sie schon mal wiederkommen.

Versteht Ihr, ich habe das Gefühl, daß sie nicht kämpft. Sie sagt zwar, sie will wieder für uns gesund werden, aber so richtig glauben kann ich das nicht.

Da ihr mir Mut gemacht habt und immer sagtet, daß es nicht um meine Gefühle, sondern um meine Ma geht, habe ich sie nicht weiter bedrängt und lasse sie in dem Glauben, daß sie bestmöglich versorgt wird. Vielleicht ist das ja auch so und ich bin nur so skeptisch ?

Bin so unsicher, ob ich das Thema noch einmal ansprechen soll ?

Fragen über Fragen.

Ganz liebe Grüsse
Jutta
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  #26  
Alt 05.08.2003, 11:55
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Hallöchen liebe Jutta2,

naja, ein bisschen skeptisch sein ist immer gut, das machst Du schon richtig.

Jetzt hat Deine Mutter natürlich schon sehr Angst, und vielleicht will sie gar nichts genaueres über ihre Krankheit wissen, weil ihr das noch mehr Angst macht. Das kann sich aber auch wieder ändern, das gehört ein bisschen zum "verarbeiten".
Kann auch sein, dass sie vom "Typ" her die Dinge gerne ein bisschen verdrängt, Du kennst da Deine Mutter bestimmt besser.
Doch wenn Du solche "Dinge" von ihr hörst, wie z.B. wo sie eigentlich GEWILLT war, eine Misteltherapie zu bekommen, und die Ärzte "übergehen" das oder informieren sie nicht richtig darüber, so kannst Du da vielleicht schon ein bisschen einschreiten. Sag Deiner Mutter ruhig, wenn sie etwas WILL, dann solle sie darauf bestehen, und die Ärzte sollen sie darüber genau informieren. - Nämlich genau bei jenen Dingen, die ein Patient WILL, er sie aber nicht bekommt, fangen dann die FRAGEN von alleine an. Weisst Du, wie ich meine? Hier kannst Du ihr helfen, sich schrittweise damit auseinander zu setzen. Will sie also die Mistel, dann soll sie sie bekommen. Notfalls schimpfe Du beim Arzt ein bisschen, ja?

Wie steht's mit dem Lungenfacharzt, zu dem sie Vertrauen hat? Kann er ihr ein bisschen mit ergänzenden Therapien helfen, oder dass sie psychologische Betreuung bekommt? Vielleicht kann auch ER ein bisschen mit ihr reden und ihr Mut machen?
Vielleicht kannst auch Du oder jemand von der Familie ein bisschen mit ihren Ärzten sprechen? Dass es bei den Ärzten "nur" ums Wesentliche geht, also hauptsächlich ums Körperliche, kommt sehr oft vor. Der Mensch dahinter, mit seinen Gefühlen und Ängsten wird schnell mal vergessen. Das kommt sogar in den besten Kliniken vor. Aber da sich Deine Mutter ja wohl fühlen sollte, bei pflegenden Menschen und Ärzten, ist das eben doch ganz wichtig.
Darüber kann man mit den Ärzten bestimmt reden. Du kannst ihnen ruhig sagen: "Hören sie, wenn meine Mutter dies oder jenes will, wie z.B. die Mistel, dann versuchen sie es zumindest, anstatt sie anzulügen. Es ist würdelos, wenn sie meiner Mutter den Umgang mit kleinen Katzen verbieten wollen, und gleichzeitig verweigern sie ihr eine von ihr gewünschte Behandlung!"
Einfach Klartext, hm-hm. Ärzte mögen das nicht so sehr, aber zwischendurch tut ihnen das gut. Zudem wäre eine genaue "Aufklärung" angebracht, WARUM Katzen nicht gut tun würden, und WARUM die Mistel nichts für sie wäre. Aber so "Wischi-Waschi"-Handlungen hat Deine Mutter ganz sicher nicht verdient.

Hab ich Deinen Kampfgeist ein bisschen angeregt? Grins! Gut!
Du, oder jemand aus der Familie kann also für sie kämpfen, ohne sie gross zu belasten. So schrittweise wenigstens. Sie selber braucht wahrscheinlich noch etwas Zeit.

Hey, ich grüssele Dich ganz lieb,
bis später, ja?
Die "krasse" Brigitte
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  #27  
Alt 05.08.2003, 13:23
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Liebe Jutta 2,
klinke mich mal ungefragt ein...
wie Brigitte schon schreibt, vielleicht möchte deine Ma im Moment gar nicht sooo klare Aussagen von den Ärzten. Vielleicht fehlt ihr auch der Mut, ihre Wünsche klar und deutlich zu äußern, vielleicht hat sie den Kopf voll anderer Dinge.
Ich habe das mit meine Ma immer so gemacht, dass ich bei Besprechungen und Untersuchungen immer dabei war. Ich war qusi ihr Ohr. Meine Ma saß immer da und hörte hin, was die Ärzte sagten-aber sie hörte nicht zu...weißt du, was ich meine. Ich stellte dann die Fragen, nervte und drängelte die Ärzte.
Als sie des öfteren im KH lag und morgens kam die Visite ( bei der ich dann selten dabei war )und ich fragte sie anschließend, was die Ärzte sagten, war immer ihre Antwort: weiß ich auch nicht, aber am Freitag kann ich vielleicht nach Hause...! Goldig..
Also meine Ma war immer sehr selbstbewußt mit Power, lebte seit ca. 20 Jahren alleine ohne Mann, also wirklich kein Dummchen, aber bei dieser Krankheit war alles an Stärke verloren....
Lange Rede kurzer Sinn: deine Ma braucht vielleicht jemand, der solche Dinge in "die Hand" nimmt, hinterfragt, Erklärung fordert, halt diese Dinge übernimmt. Meine Ma hätte nie den Nerv gehabt, einem Arzt hinter her zulaufen um dann noch 2 Std. vor seiner Tür zu sitzen um ein Gespräch zu führen.
Liebe Grüße Tanja
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  #28  
Alt 05.08.2003, 14:38
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Liebe Brigitte, liebe Tanja,

anscheinend ist meine ellenlange Antwort im Netz "verschütt" gegangen.

Hier noch mal die Kurzversion: Mein Kampfgeist ist auf jeden Fall da. Meine erste Reaktion war auch am Wochenende vor der Chemo nach Köln zu fahren mit tausend Infos und Fragen im Gepäck und so lange im Krankenhaus zu warten, bis der Arzt kam. Ich hatte vorher mit meinen Eltern abgesprochen, ob ich ihm Fragen stellen könne.

Bei diesem Gespräch war für meine Ma alleine die Frage wichtig, ob sich die Chemo denn noch "lohne" und sie eine Chance habe.

Natürlich nervte ich den Arzt mit unbequemen Fragen nach der Erfahrung mit Krebspatienten und der Anzahl der Chemos im Jahr etc. In diesem Gespräch habe ich dann auch die Diagnose erfahren. Ardenokarzinam, T2, N2, Mo. Aber es blieben noch soviele Fragen offen. Welcher Teil der Lunge ist befallen, wie sind die Nebenwirkungen der Chemo etc.

Aber ich merkte, daß meine Ma. sich schon beim Arzt für das ausführliche Gespräch bedankte.... Also lief ich ihm dann nicht mehr mit den Fragen hinterher.

Was von hier aus möglich ist, versuche ich zu unternehmen. Aber das Gespräch mit den laufenden Ärzten fehlt natürlich.

Ich kann nur versuchen, meinen Vater und meine ´Geschwister zu sensibilisieren und werde nicht müde, immer wieder ein Stück zu hinterfragen.
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  #29  
Alt 05.08.2003, 15:08
Tanja H. Tanja H. ist offline
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Standard Ich trau mich mal...

Liebe Jutta 2,
es ist natürlich oberdoof, dass du weiter weg wohnst. Bei mir war das alles "praktisch": meine Ma wohnte ein Ort weiter, dass KH in Bonn war ca. 15 min. Autofahrt. Von daher war ich immer Stand by. Aber wie du schon sagst, versuch dass dein Vater, besser wäre aber deine Geschwister diese Aufgabe übernehmen.
Aber was ich ja nun gar nicht verstehe, ist die Aussage wegen der Miezis. Das hab ich ja noch nie gehört, zumal das deine Ma vermutlich aufbauen würde und sie hätte Freude an ihnen.
Das würde ich noch mal hinter fragen-muß ja nicht bei diesem Arzt sein, vielleicht kann dir da www.biokrebs.de weiterhelfen.
Alles Liebe Tanja
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  #30  
Alt 05.08.2003, 15:41
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Hallo Tanja,

Danke für den Hinweis mit dem Biokrebs. Werde das gleich mal versuchen.

Weißt Du, ich hatte schon Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe in Köln aufgenommen. Eine sehr nette Dame hat meine Ma auch im Krankenhaus besucht. Auf meine Frage, wie sie denn jetzt verblieben seien und ob sie sich noch mal treffen, kam so eine ganz komische Antwort von meiner Ma: wenn sie mich denn teffen wolle, wird sie mich schon finden...

Hm, weiß das so gar nicht einzuordnen.Möchte sie ja auch nicht bedrängen. Vielleicht braucht sie erst mal eine Zeit um alles zu verarbeiten.

Habe eben mit ihr telefoniert. Es geht ihr solala. Aber immer noch "gut" genug, um meine Schwester, die im Moment wieder bei ihr ist, duch die Gegend zu "scheuchen". Im Scherz sagt sie dann: bring mir mal dieses oder jenes, habe Hunger auf das und das. Man merkt ihr auf jeden Fall an, wie gut es Ihr tut, daß jemand bei Ihr ist. Obwohl sie auch sagte, daß ihr der gestrige Besuch meiner Geschwister zu viel war. Es ist wohl immer "Tagesabhängig".

Werde es jetzt mal bei Biokrebs versuchen.

Liebe Grüsse Jutta
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