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  #1  
Alt 18.12.2015, 22:35
Poketina Poketina ist offline
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Standard Mein Papa hat HCC

Hallo Ihr Lieben,
ich muss mich mach bei euch ausweinen.

Bei meinem Vater (jetzt 75 J.) wurde 2009 ein HCC diagnostiziert, das damals operativ entfernt werden konnte. 2012 bekam er ein Rezidiv, das nicht operabel war und deshalb mit TACE (insgesamt 9x, zuletzt im November) behandelt wurde. Die TACE hat die 2 Rezidive bisher abtöten können und vertragen hat er sie auch sehr gut.

Mitte September - Mitte Oktober war er dann im Urlaub und kam auch ganz fit wieder heim. Dann der Schock Anfang November - wieder ein Rezidiv - also in die Klinik zur TACE. Ergebnis – TACE Fehlanzeige. Der Tumor ist zu weit fortgeschritten (multifokales HCC mit Angioinvasion BCLC Stadium C („advanced Stage“) – Ende Gelände?

Quasi zeitgleich bekam er dann einen Aszites und Wasser in die Beine. Daraufhin haben sie ihn stationär nochmal komplett durchgecheckt mit dem Ergebnis, dass wegen der schlechten Leberwerte keine Therapieoptionen mehr zur Verfügung stehen. Entscheidung der Experten "best supportive care". Der Aszites wurde noch punktiert und er dann mit Entwässerungsmitteln und Magentabletten heimgeschickt.

Er hat mir dann den Arztbericht gezeigt. Da ich früher Arzthelferin war, konnte ich mit all den Fachausdrücken leider viel zu viel anfangen. Mir war klar, obwohl in dem Brief keine Prognose stand, dass das neue „Monster“ eine andere Qualität hat, als die bisherigen. Das war ein furchtbarer Schock für mich. Nach seiner Meinung müsse man nur warten, bis die Leberwerte wieder besser werden, und dann halt behandeln. Ob er den Arzt falsch verstanden hat oder er versuchte mich zu beruhigen, kann ich nicht sagen. Ich hab mich dann informiert und auch hier im Forum gelesen.

Bei Entlassung ging es ihm noch relativ gut, abgesehen von dem wieder "nachwachsenden" Wasserbauch. Zwischenzeitlich haben wir den Wasserbauch mittels Erhöhung der Diuretika wieder etwas in den Griff bekommen, so dass er alleine ganz gut klar kam. Als dann am 10.12.2015 der Umfang zu groß wurde und er auch nicht gut ausscheiden konnte, ist er mit dem Bus in die Klinik gefahren, eigentlich nur um den Bauch punktieren zu lassen. Leider kam es anders. Natürlich haben sie die Werte kontrolliert und festgestellt, dass die Nierenfunktion stark eingeschränkt war und erst mal die Nieren behandelt. Die Punktion hat ihm dann schon Erleichterung verschafft, aber es dauerte dann von Do. bis Mo., bis sie die Nierenfunktion wieder auf Normal bekommen haben. Während der Zeit hat er massiv abgebaut. Er wurde jeden Tag dünner und schwächer. Der Arzt schätzte seine Lebenserwartung auf „Wochen“.

Am Mittwoch früh war dann eine Dame vom Palliativ-Team da, um zu besprechen, wie es weiter gehen soll. Nach Hause geht nicht, er lebt allein. Zu mir geht auch nicht, da wir keinen Platz haben. Ich wäre sogar bei Ihm eingezogen, was trotz Pflegedienst und SAPV wohl trotzdem kaum zu schultern gewesen wäre. Die Alternative, ihn aus der Uniklinik auf eine Palliativstation zu verlegen, zumindest, bis die Symptome unter Kontrolle gebracht werden können und ihn aufpäppeln ist die bessere Variante.

Zu der Zeit hat er gerade erstmalig Galle gespuckt. Dazu kamen Bauchschmerzen und Atembeschwerden (O2 nur 87%) Wegen der Schmerzen haben sie ihm dann Morphin verpasst. Das hat ihn bis mittags dann total ausgeknockt. Bis dahin ist er zumindest noch selbst auf Toilette gegangen oder auch mal zum Schwesternzimmer, wenn er was gebraucht hat. Das war am Nachmittag schon nicht mehr möglich. Der Arzt meinte zwar das wäre nur das Morphin, aber mein Gefühl war ein anderes. Ich hab sowas noch nie gesehen, wie kann sich jemand innerhalb einer Woche von einem selbstständigen Menschen in ein eingefallenes Klappergestell verwandeln?

Die Palliativ-Dame kam kurz nachdem ich nachmittags wieder gefahren bin noch mal zu ihm und wollte ihm noch die Formulare für die Patientenverfügung und die Vorsorge-Vollmacht bringen, die er morgens noch selbst bei ihr angefordert hatte. Er war total weggetreten und hätte die nie und nimmer unterschreiben können. Sie hat mich dann gestern früh angerufen und wir haben vereinbart, dass sie ein Bett in einer nahegelegenen Palliativstation organisiert. Mittags lag er da und war noch eingefallener als den Tag vorher. Sie hatten ihm sogar eine Windel angezogen. Mir blutet das Herz. Er hat mich nach 20 min. heimgeschickt, weil er so müde war.

Heute Mittag nun, benachrichtigt hat mich natürlich niemand, wurde er auf die Palliativstation verlegt. Zum Glück habe ich erst bei der Schwester nachgefragt.

So was macht mich stinksauer. Es ist zwar schön, dass das mit der Verlegung so schnell geklappt hat, aber die hätten mich doch wenigstens anrufen können oder? Entsprechend angeknatscht hab ich die Schwester und den Doc dann schon. Langsam schlägt mir die ganze Situation auf den Magen.

Als ich ihn heute Nachmittag dort besucht habe, war ich angenehm überrascht. Sie haben ihn in einem hellen freundlichen Einzelzimmer mit Blick in den Garten untergebracht. Kein Sauerstoff, kein Morphintropf. Er hat mich angegrinst, war wach, konnte mit mir sprechen und sah sogar nicht mehr so eingefallen aus. Das hat mich schon wieder etwas beruhigt.

Die letzten Tage und Nächte waren fürchterlich. Jedes Mal, wenn das Telefon oder Handy geklingelt hat, ist mir regelrecht das Herz in die Hose gerutscht. Zusätzlich haben mich ständig seine beiden Schwestern angerufen, die leider weiter weg wohnen und nicht eben mal vorbei kommen können. Der Horror!

Hoffentlich geht es ihm bald noch mal besser, vor allem weil Weihnachten vor der Tür steht. Ich hab Angst, dass aus dem Fest der Freude ein Fest der Trauer wird….

Mir graust es vor morgen, da will mein Sohn (14) mit. Ich hab ihn zwar vorgewarnt, dass sein Opa sehr dünn geworden ist, dass er nicht mehr lange lebt, konnte ich ihm aber nicht sagen. Wie reagieren Kids in dem Alter? Die kommen doch mit der Pubertät schon nicht richtig klar und dann das…
Hat da vielleicht jemand Erfahrung?

So das war jetzt leider laaaang, musste aber irgendwie raus. Danke für’ s lesen.
LG Susi
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  #2  
Alt 19.12.2015, 19:18
Mel_1 Mel_1 ist offline
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Registriert seit: 16.10.2007
Beiträge: 611
Standard AW: Mein Papa hat HCC

Hallo Susi,

erstmal herzlich Willkommen bei uns, auch wenn der Anlass so traurig ist.
Wann Dein Papa seine letzte REise antritt, weiss keiner, er wird gehen wenn die Kraft zu Ende geht.
Was mich wundert, hat Euch keiner auf das Thema Hospiz angesprochen? Die Möglichkeit steht doch auch noch im Raum und wird von den Krankenkassen übernommen.
Evtl hast Du ein Hospiz in der Nähe, dass auch Platz frei hat.
Das kann ich nur empfehlen, da der Papa da die liebevollste Betreuung bekommt und die Angehörigen auch dort bleiben dürfen und Schlafmöglichkeiten haben.
Auch werden die Enkelkinder da mit aufgefangen und ihnen das auch erklärt, was grad passiert...die Mitarbeiter sind genau auf sowas geschult und somit musst Du nicht als Mutter lügen oder was verheimlichen.
Schau doch mal, ob es in Deiner Nähe Hospize gibt und Du kannst auch genau da nachfragen, wie Du mit der Situation umgehen sollst, auch was das Enkelkind betrifft.
Die helfen gerne und das ohne dass sie Geld verlangen.
Vielleicht hilft Dir der Rat weiter.
Im Hospiz kommen regelmässig Ärzte vorbei und machen alles, dass der Gast es wunderschön hat.
Ich würde das einer Palliativstation vorziehen.
Liebe GRüße
Mel


Ps: Hospize haben auch wunderbare TRauergruppen für Jedermann und auch Ansprechpartner für Jugendliche

Geändert von Mel_1 (19.12.2015 um 19:20 Uhr) Grund: Nachtrag
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  #3  
Alt 20.12.2015, 08:49
Poketina Poketina ist offline
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Registriert seit: 14.12.2015
Ort: München
Beiträge: 7
Standard AW: Mein Papa hat HCC

Hallo Mel,

vielen Dank für deine Anteilnahme.
Natürlich habe ich auch über ein Hospiz nachgedacht. Allerdings ist er wegen der Symptomkontrolle und Schmerzmitteleinstellung wohl auf der Palliativstation richtig. Die kümmern sich dort rührend um ihn, auch übernachten kann ich, wenn es nötig ist. Alles kein Thema. Sollte es sich erweisen, dass er doch noch in ein Hospiz soll, ist dies auch kein Problem, das ist gleich nebenan und gehört zum Krankenhaus.

Wir hatten das Thema 2009 schon mal mit meiner Mama. Auch sie war zum Schluss auf der Palliativstation - allerdings einer anderen. Damals war das aber noch ein wenig anders, da sie nach einer Hirnblutung nicht mehr aufgewacht ist. Aber auch hier wurden sie und wir super betreut.

Sohnemann hat gestern übrigens gekniffen. So waren nur mein Mann und ich am Nachmittag dort. Mittlerweile bekommt er wieder Schmerzmittel, aber nur als Saft. Er ist sehr kraftlos und teilweise auch teilnahmslos. Sie haben ihm jetzt einen Blasenkatheter gelegt. Der Urin ist richtig braun. Zumindest hat er noch Durst und isst auch, wenn auch nicht viel.

Mir graust es vor heute Nachmittag. Da will ihn seine Schwester besuchen. Ich fürchte mich, dass sie den Anblick nicht gut verkraftet und dann klapp ich vielleicht gleich mit zusammen.

LG Susi
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  #4  
Alt 27.12.2015, 22:47
Poketina Poketina ist offline
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Registriert seit: 14.12.2015
Ort: München
Beiträge: 7
Standard AW: Mein Papa hat HCC

Hallo,

mein Papa hat den Kampf verloren. Er ist am 21.12.2015 einfach eingeschlafen.

Der Verfall ging so wahnsinnig schnell. Er konnte zum Schluss nicht mehr aufstehen. Schmerzen hatte er zum Glück fast keine. Außer Rückenschmerzen vom vielen Liegen. Am Sonntag war er eigentlich ganz gut drauf. Seine Schwester hat ihn besucht und wir hatten mit ihm noch einen schönen Nachmittag.

Am Montag ging es dann ganz schnell. Eine der Schwestern rief mich an, weil es ihm schlechter ging. Obwohl ich sofort losgefahren bin, habe ich es nicht mehr geschafft. Als ich 20 min. später eintraf, war es schon passiert. Die Schwester war aber die ganze Zeit bei ihm.

Typisch mein Papa - nur seinen Lieben keine Umstände machen. Ich vermute, er hat sich auch noch beeilt, als die Schwester ihm gesagt hat, dass ich auf dem Weg sei.

Wir werden ihn sehr vermissen.

LG Susi
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  #5  
Alt 28.12.2015, 16:52
Eisfee Eisfee ist offline
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Registriert seit: 11.07.2014
Beiträge: 34
Standard AW: Mein Papa hat HCC

Hallo Poketina,

tut mir sehr Leid dass dein Papa gehen musste Aber irgendwann kommt sicher auch die Dankbarkeit dass er trotz allem relativ alt werden durfte und der Krankheit lange 6 Jahre die Stirn geboten hat. Ihr müsst unglaublich stolz auf ihn sein.

In Gedanken bei euch

Eisfee
__________________
Meine Mama:

Juni 2014: Nebennierenrindenkarzinom T2N0M0V1
R(0) Resektion , orale Tabletten-Therapie mit Lysodren

Februar 2015:Metastasen in Lunge und Leber

August 2015: Lokalrezidiv und multiple Lebermetastasen

am 23.10.15 ist sie ins Regenbogenland gegangen
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  #6  
Alt 28.12.2015, 18:11
Poketina Poketina ist offline
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Registriert seit: 14.12.2015
Ort: München
Beiträge: 7
Standard AW: Mein Papa hat HCC

Liebe Eisfee,

danke für die tröstenden Worte. Aus dieser Perspektive hab ich das noch gar nicht gesehen - gefällt mir.

Mein Trost ist dass er jetzt wieder mit seiner großen Liebe vereint ist. Mama und er haben sich sehr geliebt. Es war unheimlich schwer für ihn, als sie 2009 so plötzlich infolge einer Hirnblutung gehen musste.

Jetzt stelle ich mir die Beiden zusammen auf einer schönen dicken Wolke vor, aneinandergekuschelt und genauso verliebt wie früher. Sie sitzen da und schauen lächelnd auf mich herab.

LG Susi
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