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  #1  
Alt 12.04.2007, 15:54
mein anderes ich mein anderes ich ist offline
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Standard Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

Hallo,

ich hab' mich heute registriert, weil ich nicht weiß, mit wem ich reden soll und auch niemand über Krebs reden will.
Ich bin 35 und mir wurde vor einem Jahr ein Adenokarzinom inklusive rechtem Oberlappen entfernt, ebenso 12 Lymphknoten, die aber nicht befallen waren, weshalb ich auch keine weitere Therapie bekam.
Schlimmer als diese Diagnose war eigentlich der Zusammenbruch meines sozialen Umfeldes. Ich habe einen sehr lieben Mann, der alles für mich tut, aber alle anderen haben einfach nur unmöglich reagiert.
Die erste Frage war immer "Hast du geraucht?", so als ob ich es dann verdient hätte. Und wenn sie fragten "Wie geht es dir?", dann wollten sie immer nur hören, dass es mir großartig geht. Ich hab' im vergangenen Jahr so viele saudumme Sprüche gehört, von wegen "Das kann ja gar nichts Ernstes gewesen sein, dazu siehst du viel zu gut aus" - man hat also keinen Krebs, wenn man sich schminkt. Oder "Ach, jetzt könnt' ihr ja lange in Urlaub fahren, weil du nicht arbeiten musst".
Alle inklusive meiner Eltern wollten nur, dass ich so schnell wie möglich wieder so funktioniere wie vorher "Bedank dich für die Blumen!" - "Der Krebs ist ja jetzt vorbei!". Wie groß das schwarze Loch um mich herum ist, versteht nur mein Mann, aber dem will ich auch nicht die ganze Kraft entziehen....
Ich bin seit einem Jahr zuhause und ich will auch nicht mehr arbeiten, ich hab' überhaupt keine Kraft. Ich denke, so war es auch vorher schon, aber trotz aller Erschöpfung hab' ich immer weiter geackert, nur damit alle zufrieden mit mir sind. Das will ich nicht mehr. Aber was ich sonst will, weiß ich auch nicht...
Ich hätte so gerne ein paar echt Freunde und ein wenig Gesellschaft, aber wenn man irgendwohingeht, dann rauchen wieder Leute am Tisch und dann bin ich wieder die, die Panik bekommt.
Außerdem würde ich gerne über meinen Zustand reden, aber das ist wie Aussatz. Als ich beim Friseur war, hat die Frau neben mir mit so einem angewiderten Gesicht abgewandt - über "sowas" wollte sie nicht reden. Ich habe aber "sowas" und manchmal schiebe ich einen unglaublichen Hass auf andere Menschen, die rauchen und lachen und über nix nachdenken müssen. Und über Kranksein will keiner reden.
Manchmal hab' ich so das Gefühl, dass die Welt nur Mitleid mit Frauen hat, die Brustkrebs haben, aber die müssen dann auch schnell wieder fit und schön sein, so wie die tolle Kylie Minogue und nicht so ein verbitterter Tropf wie ich. Bloß keine Depressionen, immer stark und erfolgreich. Keine Angst vor nix.
Ich bin in psychologischer Betreuung und die Frau ist sehr sehr gut, aber ich bin einfach nicht positiv und motiviert. Ich hätte gerne ein neues Leben und finde keine Kraft zum Durchstarten. Jedesmal, wenn ich mir denke, es geht bergauf, falle ich wieder hin und bleibe liegen.
Eine neue Familie hätte ich auch gerne, mit richtigen Menschen, denen die Arbeit egal ist, Hauptsache, du bist gesund! Die sich für das interessieren, was du bist und nicht das, was du sein sollst und was du zu leisten hast. Wenn man im Fernsehen Krebskranke sieht, dann haben die immer so eine Walton-Familie.... ich nicht.
Ich hab' auch nichts mehr im Griff, hab' zugenommen ohne Ende - ich kann mich nicht gesund ernähren, wenn ich Angst habe oder nervlich am Ende bin, dann brauch' ich einfach Dickmacher.
Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll - kann mal bitte jemand etwas Nettes sagen?
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  #2  
Alt 12.04.2007, 16:23
AndreaU AndreaU ist offline
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Standard AW: Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

Hallo DU (leider hast Du keinen Namen angegeben),

willkommen im Forum. Sei zuerst mal tüchtig geknuddelt.

Du wirst hier im Forum Threads finden, in denen es auch sehr lustig zugeht und in denen bewußt das Schöne jeden Tag herausgefunden wird.

Die doofen Sprüche der Umgebung, von denen kann meine Mutter auch ein Lied singen. Das beste Beispiel war letzten Sommer der Mann ihrer Freundin. Als der sie im Rollstuhl sah meinte er, das könne doch nciht sein, sie sähe doch so gut aus, sie soll doch laufen. ....

Oder die Bemerkung eines Pasanten als wir letztes Jahr auf dem Weihnachtsmarkt waren "mit SOWAS muß man doch nciht auf den Weihnachtsmarkt". Gemeint war wieder meine Mutter im Rollstuhl, sie hat es aber Gott sei Dank nicht gehört.

Du wirst also hier Menschen finden, die Dich verstehen.

Liebe Grüße
Andrea
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  #3  
Alt 12.04.2007, 16:24
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

Zitat:
kann mal bitte jemand etwas Nettes sagen?
Liebe mein anderes ich

EDIT

Um deine Seele musst du dich kuemmern, das stimmt - hier findest du immer ein offenes Ohr !
Arbeiten waere auch wichtig fuer dich , nicht unbedingt zum Geldverdienen, sondern um deiner selbst willen. so kommst du auf andere Gedanken, bemitleidest dich nicht selbst und erhaelst die Anerkennung anderer, die du so sehr wuenscht.

versuche auch dich in andere zu versetzen: sie sehen, dass du die Krankheit ueberwunden hast, nun geht das Leben weiter. Die Verhaltensweisen der anderen sind gewiss nicht boese gemeint, du fasst es wahrscheinlich nur so auf.

Warum bist du so verbittert ??? Ich habe ca. 10% Ueberlebenschance und bin erst 46 Jahre alt - und bin nicht verbittert (hochstens boese auf mich selbst, weil ich nicht frueher zum Arzt gegangen bin)

Geniesse dein Leben - arbeite - lese - futtere, was du willst , suche ein Hobby, ueberhoere, wenn dich andere verletzen - sei GLUECKLICH !!! - LEBE !

Umarmung
Nikita

Geändert von nikita1 (12.04.2007 um 16:41 Uhr)
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  #4  
Alt 12.04.2007, 16:38
mein anderes ich mein anderes ich ist offline
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Standard AW: Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

Hallo,

ich glaube, ich bin missverstanden worden, es geht um Lungenkrebs (siehe Forum) und um den rechten oberen Lungenlappen, nicht das Ohr. Und ob überwunden oder nicht, weiß der liebe Gott, sonst keiner.

Die Anerkennung aus der Arbeit ist die falsche, denn sie erkennt nicht mich als Person, sondern nur meine Leistung als Funktion. Ich wünsche mir echte Anerkennung für MICH, nicht für das, was ich für andere tue - das habe ich ja 35 Jahre lang gemacht und kaum fällst du um, bist du für die anderen wertlos, weil sie keinen Nutzen mehr von dir haben. Eine Kollegin von mir ist vor fast einem Jahr an Krebs gestorben - über die redet kein Mensch mehr.

Sei mir nicht böse, nikita, aber genau diese Sprüche gehen eben an meinem Zustand völlig vorbei und wenn jetzt noch jemand sagt, dass die Kinder in der Biafra noch weniger lang leben und ich mich deshalb freuen soll, dann ist es genau das, was mich keinen Schritt weiterbringt.

Gibt es denn jemanden, der genau das versteht?

ich
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  #5  
Alt 12.04.2007, 16:40
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

OOPs, mein Chemo-Hirn kann nicht mal ohr von ober unterscheiden ...sorry
ob ich nun abgesehen vom Missverstaendnis: "Sprueche" geschrieben habe - keine Ahnung.
Vielleicht findet sich noch jemand, der dich versteht .

Liebe Gruesse
Nikita

Geändert von nikita1 (12.04.2007 um 16:43 Uhr)
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  #6  
Alt 12.04.2007, 16:51
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Standard AW: Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

Liebe "mein anderes ich",

ich bin nicht in Deiner Situation, kann sie aber doch nachvollziehen. Du hast so jung einen schweren Schlag wegstecken müssen. Wenn man Angst hat, z.B. um sein Leben, dann ist man so verletzlich und nicht gewappnet, gegen die dummen Sprüche im Umfeld. Sie mögen nicht immer so gemeint sein, aber es zählt ja auch nur wie sie ankommen. Und wenn man kein echtes Mitgefühl entgegen gebracht bekommt ist das sicher sehr hart. Aber Du hast Deinen wundervollen Mann! Wenigstens ein echter Freund, als 1000 falsche.

Gerade wenn man sich in einer Depression oder depressiven Phase befindet,braucht man Hilfe - "Be Happy" ist sicher gut gemeint, aber ungefähr so als würde man einem Alkoholiker raten, einfach nichts zu trinken - drastisch formuliert.
Du befindest Dich vermutlich in einer Art Teufelskreis, Deine Gewichtszunahme hat sicher séin Übriges zu Deinem Gemütszustand beigetragen und so depressiv und mit dem Gefühl, dick und unattraktiv zu sein, macht natürlich arbeiten keinen Spass, vielleicht schämst Du Dich sogar.

Ich kann Dir nur sagen, ich finde Deine momentane Lage verständlich, auch das, was Du von anderen erwartest, ist nachvollziehbar - und ich würde Dir raten, Dir professionelle Hilfe zu suchen, vielleicht auch eine LK-Selbsthilfegruppe - alles Leute mit der selben Krankheit.
Wenn der Akku leer ist, ist es leichter gesagt als getan, ihn wieder aufzufüllen, aber Du schaffst das! Vielleicht brauchst Du noch etwas Zeit - nimm sie Dir, ruh Dich aus, ohne schlechtes Gewissen, es ist Dein Leben und Dein Bauchgefühl. Nur eines solltest Du aktiv tun - Dir Hilfe holen. Depressionen sind sehr ernst zu nehmen, oft kommt man allein nicht mehr so einfach aus diesem Tal heraus. Und wenn Du wieder Lebensmut geschöpft hast, kommt die Lust am Arbeiten bzw. das Selbstvertrauen von ganz allein - lass Dich nicht unter Druck setzen oder Dir die Lebensvorstellungen anderer überstülpen. Für viele ist Arbeit sicher die Erfüllung und eine gute Ablenkung nach einem Tiefschlag - für andere eben nicht, da gibt es keine Regel.


Juliane
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  #7  
Alt 12.04.2007, 17:11
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rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: Bitte sagt mal jemand etwas Nettes....

Liebe Nikita,
du hast keineswegs nur "Sprüche" geschrieben . Es war ein sehr netter und lieb gemeinter Versuch, jemandem der darum bat, etwas Nettes zu schreiben.

Schade, dass es nicht ankam. Ich finde es trotzdem sehr stark von dir, dass du es versucht hast.

Liebe Grüße, Rezzan
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  #8  
Alt 12.04.2007, 17:45
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Hallo Juliane,

danke, dass du verstehst, wie ich mich fühle. Gerade das mit der Zeit ist mein Problem, weil ich sehr ungeduldig bin und eben bisher im Leben immer ein festes Ziel vor Augen hatte, nur jetzt ist alles so schwammig.
Wenn ich jetzt eine Arbeit hätte, die ich gerne machen würde, wäre Arbeit sicher ein Anker, aber das ist eben nicht so. Meine Arbeit besteht darin, Menschen zu helfen, und genau das kann ich nicht mehr, weil ich mich von den Menschen so ausgenutzt fühle. Wer hat mir denn geholfen, als es drauf ankam? Und für etwas Neues reicht die Kraft nicht.
Was mich am schlimmsten frustriert ist, dass es Phasen gibt, in denen ich anfange, mich besser zu fühlen, Sport zu machen (soweit es geht) und dann kommt wieder aus dem Nichts der Schlag ins Genick, eine Kleinigkeit reicht, dass ich - so wie heute - völlig die Fassung verliere.
Auch meine Therapeutin sagt, Krebs ist, wenn ein Teil in dir sterben will, was ich so schon wusste, ohne dass es ausgesprochen wurde. Aber woher jetzt die Kraft nehmen, wenn ich schon vorher offensichtlich den Lenker nicht herumreißen konnte? In anderen Worten - wie geht man den Weg einer grundlegenden Gesundung?
Eine Selbsthilfegruppe ist so eine Sache - in einer Lungenkrebsgruppe sind die Leute 50 aufwärts, das hatte ich schon in der Klinik, wo jeder immer gemeint hat, ich sei wegen Asthma in Behandlung. Da fühle ich mich noch mehr wie ein Alien als bei den Gesunden, die mir mit Sätzen wie "Das hatte mein Vater/Opa auch" weh tun ohne es zu wissen.

Seid mir nicht böse, wenn ich meinen Namen nicht nenne, ich fühle mich so sicherer....
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  #9  
Alt 12.04.2007, 18:17
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nikita1 nikita1 ist offline
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Zitat:
Ich hätte so gerne ein paar echt Freunde und ein wenig Gesellschaft
wie willst du Freunde finden und Leute, die dir aus dem schwarzen Loch helfen, wenn du alle hasst und wegbeisst (wie zum Beispiel meine Wenigkeit , die du gar nicht kennst - nur weil ich einen Fehler gemacht und was falsch verstanden habe)

so wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus - und das hat nichts mit Krankheit oder Gesundsein zu tun , sondern mit den elementaren Verhaltensweisen zwischen den Menschen.
Verbittert, ohne Laecheln, weinerlich, voller Selbstmitleid, ohne Liebe, ohne Glauben - hake dort mal nach....

Versuche mal dem Naechsten, der dir begegnet, ein liebes Wort und ein Laecheln zu schenken, einfach so - und du wirst sehen, dass derjenige sich dir zuwenden wird.

ich wuensche dir viel Kraft, um die Depression zu ueberwinden
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  #10  
Alt 12.04.2007, 18:24
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Hallo,

ein Ziel ist immer wichtig, aber unbewusst hast Du ja auch eines: überleben.

Willst Du wirklich nicht mehr arbeiten resp. anderen Menschen helfen, weil Du so entäuscht wurdest? Das kannst natürlich nur Du für Dich entscheiden, aber damit beschreitest Du ja den Weg, den Du anderen zum Vorwurf machst. Verstehe mich bitte nicht falsch Deine Entäuschung ist sicher berechtigt, aber ganz rational betrachtet, haben Dich ja nicht alle entäuscht.
Und viele derer die es taten tut es sicher leid - sie wissen es einfach nicht besser. Verzei ihnen, wenn nötig streiche sie, aber mach Dein Herzchen wieder auf für Menschen, die es gut mit Dir meinen. Vergrab Dich eine Weile oder zieh Dich zurück wenn Du das brauchst, aber rede Dir bitte nicht ein, dass alle Menschen so sind, das ist nicht wahr und auch teils jetzt Deine Wahrnehmung.
Bei einer Krankheit wie LK ist die Suche nach Gleichaltrigen für Dich sicher beschwerlich, aber ist das wirklich wichtig?Ich bin wirklich überfordert Dir zu raten, fast meine ich dieses Forum könnte nicht das Richtige sein, denn momentan ist Deine Psyche das Problem, weniger der LK. Du und Deine Ärztin haben sicher schon über Medikamente nachgedacht, die Dich in der ersten Phase unterstützen könnten, Deine Depression zu überwinden?

Du bist so stark, bist schon dem Krebs entgegen getreten und hast sicher gute Chancen, ihn besiegt zu haben. Gib Dir etwas Zeit, Rückfälle gibt es immer wieder und Menschen die unsensibel sind, das hat nichts mit Dir selbst zu tun. Ein Rückfall ist keine Schwäche oder Fehler in dem Sinne. Ich kann mir auch vorstellen, dass die Deine Eltern Dich nach dem Schock, ihr Kind hat Krebs, wieder ins Leben schubsen wollen.Nimms ihnen nicht übel, es ist nunmal schwer, sogar unerträglich, jemanden den man liebt, leiden zu sehen.Angst und Unfähigkeit zu helfen äußern sich manchmal sehr "komisch".

Gib Dir Zeit.
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  #11  
Alt 12.04.2007, 19:02
mein anderes ich mein anderes ich ist offline
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@nikita
Ich weiß nicht, wie du reagieren würdest, wenn du in einem Forum schreibst, dass dich gewisse Oberflächlichkeiten und Allgemeinplätze kaputt machen und jemand genau in diese Kerbe schlägt.
Du musst ja nicht weiter reagieren, wenn du dich vor den Kopf gestoßen fühlst, aber warum auf einen Menschen der eh schon auf dem Boden liegt und dies offen zugibt, jetzt noch in einem Krebs-Forum mit einem "Wenn du meine Reaktion nicht toll findest, bist du an allem, was dir Negatives zustößt, selbst schuld!" drauf hauen? Du bist offensichtlich wirklich jemand, der einem Alkoholiker sagt "Dann hör doch auf zu trinken!" und wenn der daraufhin nicht begeistert ist, dann sagst du "Ja, dann bist du selber schuld, du Säufer!" - so kann man auch in einen Wald rufen und sich für einen Naturfreund halten. Mein Problem ist, dass ich jahrelang nur Lächeln und Kraft geschenkt habe und zwar solange, bis nichts mehr da war.
Ich bin nicht zum Streiten und auch nicht zum Spaß-Posten hier und wer bei einem schlechtgelaunten Kranken mit Empörung reagiert und nicht mit Verständnis, der ist ja eh nicht meins, also lass es bitte einfach.

@Juliane
Ich glaube, dass ich gelernt habe, dass man helfen nur aus freien Stücken sollte, ohne Zwang und an einem gewissen Punkt "stop" sagen können muss. Wer vor lauter für andere arbeiten, sich selbst verliert, wird krank, und so fühle ich mich.
Viele Menschen in Helferberufen sind da, weil sie sich so für sich selbst (oft unbewusst) ihre Lebensberechtigung und Anerkennung erarbeiten, aber genau so will ich das nicht mehr. Die Grenze zwischen Freude machendem Helfen und ausgelaugt werden sind leider fließend und man erkennt sie oft zu spät. In einem neuen Beruf hab' ich Angst, früher oder später in die gleiche Falle zu tappen aus lauter "Alle müssen dich mögen" und "Du musst immer perfekt sein" - das ist es, was meine Eltern mit vermittelt haben, leider.
Es haben mich nicht nur andere enttäuscht, auch ich mich selbst. Oder Teile von mir. Mein innerer Antreiber nennt mich selbst Versager, weil ich krank geworden bin und nicht wieder anfange, wie ein Uhrwerk zu laufen so wie vorher. Warum ich so schwächlich bin, wo es doch alle anderen schaffen.
Auch, dass ich offensichtlich zehn Jahre in einem Beruf gearbeitet habe, der nicht wirklich meine Berufung gewesen ist, enttäuscht mich. Und dass ich krank werden musste, um einzusehen, dass mir das alles zuviel ist. Und dass ich keine Alternative habe, dass ich außer "für andere da sein" kein berufliches Talent gefunden habe in meinem Leben.
Gerne würde ich das mit meinen Eltern so sehen wie du schreibst. Aber ich glaube, dass ihnen so ein "Aussetzer" in unserer ach-so-tollen Familie eher zuwider ist. Als es einen tragischen Todesfall in der Familie gab, haben sie anstatt Mitleid zu zeigen nur als erstes gemeint "Oh Gott, was kommt da jetzt auf uns zu, wenn wir uns um die Hinterbliebene kümmern müssen!" Da fällt mir nicht mehr viel ein. Wenn sie nur einmal sagen würden, dass sie vielleicht überzogen reagiert haben, aber nein, es sind in unserer Familie immer die Jüngeren die schuld sind. Selbst mein Mann, ohne den ich meiner Meinung nach nicht mehr leben würde (ich hätte mir noch nicht einmal die Zeit genommen zum Arzt zu gehen), wird von ihnen kritisiert, er hätte die Wohnung besser putzen sollen, als ich im Krankenhaus war. Alles nur Fassade.
Nein, ich fühle mich mit denen so schlecht, dass ich sie nicht mehr sehen will.
Vor lauter Vergraben weiß ich schon nicht mehr, wie man rausgeht. Und ich denke auch immer, dass ich mich erklären muss, warum ich zuhause bin und so.
Mir würde es eben sehr helfen, wen jemand mir sagen könnte, dass es ihm auch so ging und nicht nur einmal, aber dass es irgendwie (wie?) besser wird.
Danke für deine netten Worte!
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  #12  
Alt 12.04.2007, 19:26
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nikita1 nikita1 ist offline
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bin keineswegs vor den Kopf gestossen - wie kommst du darauf ?
Streiten, zumal in einem Forum wie diesem - liegt mir fern.

wieso "draufhauen" ? wenn ich dir rate, wieder laecheln zu lernen und den Hass und Neid auf gesunde Menschen, die sich eher ihrer Arbeit und ihrem Leben zuwenden als dir - zu vergessen, werden auch alle Allgemeinplaetze und Oberflaechlichkeiten (wie du schreibst) - angenehme Orte.

Ich bin kein Psychologe, aber ich habe einen Tumor im Endstadium in mir wachsen, habe Schmerzen und doch schaffe ich es noch Familie und Freunde tuechtig mit einem (etwas verzerrten) Laecheln zu bedenken - nie wuerde ich es mir anmassen, die Reaktionen meiner Familie und Freunde auf die Waage zu legen, denn die Krankheit ist mein Problem. Andere haben auch Probleme - nicht nur ich. (auch wenn man das schnell vergisst, wenn es mal nicht gut laeuft)

So musst du es auch sehen - die Freundlichkeit und Zuwendung um uns herum faellt nicht einfach vom Himmel.

Wie soll man dir die gewuenschten netten Worte schreiben, wenn man solche Dinge liest , wie im AnfangsThread ???? Da wird schlecht von allem und jedem gesprochen - willst du, dass man dir antwortet - ja, es ist so: alle sind schlecht - damit du dich besser fuehlst ?

Nikita
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  #13  
Alt 12.04.2007, 19:32
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Hallo Nochmal,

ich kann Dir leider nicht sagen, dass es mir genauso ging. Aber trotzdem weiß ich ganz sicher: es wird besser! wann...tja...wie...auch das weiß ich nicht. Aber Du lebst, Du bist haarschaft am Tod vorbeigeschrammt - was Dich jetzt noch zeichnet und verwundet, macht Dich in Zukunft sehr stark und zäh, da verwette ich meinen Hintern drauf.
Meine Mam war eine Woche tot, da hörte ich von allen Seiten schon, ich soll mich wieder ins Studium stürzen, soll nicht in ein Loch fallen, andere verlieren auch ihre Mütter, die noch jünger sind...das Leben geht weiter...und vieles weitere, was ich zum fand. Ich war auch vorher 8 Monate stark für meine Mam, ich wollte bloß noch schwach sein. In Trauer steckt ja immer viel Egoismus und auch Selbstmitleid mit drin, aber das gehört dazu und für mich sind diese Worte nicht so negativ behaftet, wie sie meist verwendet werden. Ich wollte trauern, mich verkriechen, weinen und mich nicht daran hochziehen, dass es anderen eben noch schlechter geht.
Ich war nur leicht depri, meist nur traurig (bin ich noch oft), und habe mich nicht bequatschen lassen und noch 6 weitere Monate mit dem Studium ausgesetzt. Dafür habe ich (gerade von meinem Vater) nicht nur Applaus geerntet und oft habe ich mich gefragt, warum ich so ein Jammersack bin.

Aber jetzt weiß ich, was vorher nur mein Bauch und mein Akku angezeigt haben: Es war MEIN Weg, damit umzugehen, mein Weg aus der Kriese.

By the way: Ich war von so vielen maßlos entäuscht, was den Umgang mit der Krankheit meiner Mama betraf, habe aber jetzt erkannt: viele waren einfach überfordert und den meisten kann ich das jetzt nachsehen.Aber nicht allen!

Will sagen: Es wird wieder besser.Nur ganz langsam gräbt man sich aus dem Jammertal hervor und den ersten Sonnenstrahlen blinzelt man nochungläubig (ich auch oft mit schlechtem Gewissen) entgegen, aber es sind keine leeren Worte: sei nicht so streng mit Dir, gib Dir (und anderen) Zeit.

Gerne würde ich Dich mal in die nächste Eckkneipe schleifen

Juliane
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  #14  
Alt 12.04.2007, 19:59
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Ich möchte noch etwas anfügen:

Von Nikitas Standpunkt aus -im Endstadium einer Krankheit - sehen Deine Probleme natürlich eher klein aus (was sie aber nicht schmälert-für Dich sind das die Hauptprobleme) und da ist ihre Reaktion : "Lebe und sei glücklich" auch irgendwo verständlich. Sie hat es geschafft, was andere (ich sowieso) nie könnten: cool bleiben, auch wenns richtig hart kommt. eine heftige (positiv gemeint) einstellung.


Juliane

Ich möchte doch eine Änderung hier vornehmen: Deine anderen Postings legen nahe, dass es sich zum Glück bei Dir (Nikita) noch nicht um das Endstadium handelt, und ganz ehrlich: Du selbst nimmst Psychopharmaka,die Deinen Depri mindern, da verstehe ich Deine oben stehenden Postings nicht wirklich, auch dass Du von Deinem Chemo-Hirn sprichst und woanders schreibst Du,Du hast noch keine Chemo bekommen, ist mir unklar.

Geändert von Juliane1979 (18.04.2007 um 12:20 Uhr) Grund: siehe oben
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  #15  
Alt 13.04.2007, 19:50
sabsi42 sabsi42 ist offline
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Hallo ,
ich denke schon, das ich dich etwas verstehen kann, du hast den schock deines lebens erfahren müßen, so als ob ein Auto auf dich zufährt und erst in der letzten Sekunde abbremst. Es ist die Angst die immer noch in dir Steckt. Auch wenn du im Augenblick keinen Kebs mehr hast, befürchtes du immer noch das er wiederkommen könnte. Ich denke das jeder hier im Forum irgent wie Angst hat, nur jeder geht damit anders um. Versuche nicht länger alles negativ zu sehen, hohle dir einfach immer wieder deine schönsten Gedanken, denke nicht länger darüber nach wie Krank du warst oder wieder werden könntes, sondern freue dich darüber das du es überstanden hast und genieße dein Leben. Dein Umfeld (außer dein Mann natürlich) kann dir dabei doch scheiß egal sein, die sind einfach unwissend.

Ich umarme dich, Sabine
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