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  #1  
Alt 22.12.2013, 16:20
Cosmo Cosmo ist offline
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Registriert seit: 22.12.2013
Beiträge: 1
Standard Was ist das jetzt?

Hallo Ihr Lieben!

Wie die meisten hier, bin ich aus traurigem Anlass zu Euch gestoßen: Mein Vater (sei 5 Tagen 64) hat Magenkrebs im Endstadium. Das Ganze kam sehr schnell und unerwartet für uns und überfährt mich gerade total...
Es fing vor zwei Jahren mit einer schweren OP an. Mein Dad hat eine Gerinnungsstörung und im Laufe der Jahre mehrere Lungenembolien gehabt, die operativ in der Uniklinik Hannover entfernt mussten: Sehr große OP, komplette Öffnung von Brustkorb und Bauchraum, Herz-Lungen-Maschine usw. Diese OP hat ihn sehr mitgenommen, hatte durch die Embolien mit Herzinsuffizienz, Lungenemphysem und ähnlichem zu kämpfen.
Nach der OP begannen die Magenprobleme: Er konnte nur wenig essen, war sehr schnell "voll". Eine Magenspiegelung vor einem Jahr blieb allerdings ergebnislos und die Probleme wurden als Nebenwirkung der OP abgetan.
Leider wurde es im Laufe der letzten 12 Monate nicht besser. Er konnte immer weniger essen, verlor entsprechend Gewicht, bekam Rückenschmerzen und baute generell körperlich ab. Am 1. Advent gab es dann einen kleinen Zusammenbruch: Er hatte eine sehr schlechte Gesichtsfarbe, war schwach und alles. Ich bin daraufhin direkt zu meinen Eltern (ich wohne ca. 300km entfernt) und meine Mutter und ich konnte ihn endlich dazu überreden, endlich ins Krankenhaus zu gehen, in das ich ihn dann auch brachte. Nach knapp 1 Woche intensiver Untersuchungen kam die vernichtende Diagnose: Magenkrebs, Metastasen in den Rückenwirbeln, evtl. auch Metastasen in anderen Organen. Das Urteil war ähnlich vernichtend: keine Therapiechance. Eine angebotene Chemo zwecks etwaiger Lebensverlängerung lehnte er ab, er hatte zu große Sorge, Lebensqualität aufgrund der Nebenwirkungen zu verlieren. Prognose der Ärzte lautete Wochen oder Tage. Da eine Chemo seinerseits abgelehnt wurde, wurden keine weiteren Untersuchungen durchgeführt, d.h. wir wissen nicht, wo der Krebs sonst nicht wütet.

Glücklicherweise konnte für ihn nur drei Tage später ein Platz in einem sehr schönen Hospiz organisiert werden, in dem vor allem er sich wohlfühlt, wir uns aber auch als Angehörige sehr gut aufgehoben fühlen. Zwar ist unsere Familie (er hat inkl. mir 3 Söhne und zwei Enkel) quer über Deutschland verteilt, aber im Moment ist alle paar Tage einer von uns da, zudem kommen Freunde regelmäßig.
Ich hatte in den ersten seiner Hospiztage sehr intensive und tolle Gespräche mit ihm, auch über das Thema Tod. Seinem Sterben geht er sehr mutig und auch sehr rational entgegen, wir waren beeindruckt davon, wie ruhig und ausgeglichen er wirkt - aber das war schon immer seine Art. Wir haben uns über einiges ausgesprochen (es gab Probleme vor einigen Jahren zwischen uns) und richtig zueinander gefunden, nach so vielen Jahren konnte ich ihm endlich wieder sagen, wie sehr ich ihn lieb habe und das beruhigt mich, dass nichts mehr zwischen uns steht.

Allerdings verändert sich die Situation gerade sehr zum schlechten. Er fängt an verwirrt zu sein. Er fängt an uns zu unterstellen, wir würden ihn "verarschen", wir würden alle in einer Verschwörung mitspielen, er sei gar nicht krank usw. Heute Morgen rief er meine Mama an: Er wüsste nicht, wo er sei und es sei auch nicht richtig, wo er gerade wäre und alles würde nicht stimmen. Dass sich die Dinge so entwickeln, hatte sich bei unserem letzten Telefonat vor zwei Tagen schon abgezeichnet: Er wechselte ohne Grund die Themen, hing sich an eigenartigen Dingen auf, wirkte total neben der Spur.
Was ich Euch, die ihr vielleicht etwas mehr Erfahrung mit dieser Krankheit habt, fragen möchte: Was ist das jetzt? Sind das Nebenwirkungen vom Morphium? Evtl. Hirnmetastasen? Oder einfach der Leugnungsprozess dieser berühmten 5 Trauerstadien? Setzen Leber/Nieren aus und vergiften ihn jetzt langsam?

Ich habe damals das Sterben der Mutter meine Exfreundin (Lungenkrebs) miterleben 'dürfen', da ging es am Ende auch so zu: Komische Anschuldigungen, Verwirrtheit, Wut. Das hat mir damals schon zu schaffen gemacht - aber jetzt, wo es mein eigener Papa ist, haut es mich um und ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Wir haben uns alle sehr auf Weihnachen gefreut - meine Partnerin und ich fahren morgen Abend nach der Arbeit los. Jetzt weicht die Freude zunehmend der Angst: Lebt er dann noch? Und wenn ja, in was für einem Zustand ist er? Erkennt er mich, erkennt er meine Partnerin? Wie reagiert er auf uns?
Es geht mit dieser Krankheit so unfassbar schnell. Vor 4 Wochen lief er neben mir ins Krankenhaus. Vor einer Woche (als ich zuletzt bei ihm war) mussten wir ihn stützen, als er sich etwas im Bett aufrichten wollte, weil er nicht mal mehr das alleine kann. Nicht nur das Abschied-Nehmen ist so schwer, sondern auch die brutale Geschwindigkeit, mit der diese Krankheit uns ihn wegnimmt und wie sie ihn langsam geradezu vernichtet, ihn auffrisst und auszehrt.
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  #2  
Alt 23.12.2013, 11:25
puppe88 puppe88 ist offline
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Registriert seit: 29.07.2011
Beiträge: 209
Standard AW: Was ist das jetzt?

Hallo Cosmo,

es tut mir sehr Leid, dass es Deinen Vater so schlecht geht. Bei meinem Vater wurde 2007 auch Magenkrebs in sehr spätem Stadium diagnostiziert. Zuerst fand man die Knochenmetas und machte sich dann auf die Suche. Bei einer OP stellte man fest, dass das ganze Bauchfell betroffen war und nahm den Magen dann doch nicht heraus...
Ab diesem Zeitpunkt blieben ihm noch 7 Monate, in denen er eine Chemo nach der anderen versuchte (teils gegen meinen Rat - ich bin selber Krankenschwester...). Solange er noch Hoffnung hatte, steckte er die Chemos einigermaßen weg, aber als durch Untersuchungen klar war, dass die Therapie nix gebracht hat, da ging es steil bergab. Er bekam massivste Nebenwirkungen ( z. B. Bauchfell und Nierenentzündungen) und der Krebs wuchs weiter. Irgendwann hatte er dann Wasser in der Lunge und kam auf Intensiv, wo sie eine Pleurodese machten und das hat ihn so sehr mitgenommen, dass er danach auch viele Tage lang äußerst verwirrt war. Er warf Realität und Fantasie durcheinander, was für uns Angehörige sehr belastend war. Nach einer Woche ungefähr war er soweit wieder "normal".
Er kam dann vom KH in ein Hospiz und dort war er zwar äußerst schwach (konnte aucvh nicht mehr aufstehen, gar nichts mehr essen...) aber er war total klar, bis zu seinem Todestag.
Ich wünsche euch, dass es nochmal aufwärts geht!
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