Adjuvante Chemo bei Brustkrebs Stadium IIa?

[DE66]

Hallo,

ich wende mich an dieses Forum, weil ich mir immer noch nicht sicher bin, ob die vom Arzt empfohlene Chemotherapie (4 EC, 12 Taxol weekly) in meinem Fall wirklich so viel bringt. Gibt es unter euch auch Frauen, die der adjuvanten Chemo kritisch gegenüberstehen?

Mein Befund nach Stanzbiopsie und OP:
Invasives duktales Karzinom, 2 Herde (0,6 und 0,9 cm) vollständig im Gesunden entfernt, 3 Wächterlymphknoten nach OP zunächst als metastasenfrei beurteilt, später doch in 2 davon Mikrometastasen festgestellt, Tumore waren mit vereinzelter Lymphangioinvasion. Hormonrezeptoren ER und PR zahlreich vorhanden(12/12), keine HER2-Rezeptoren, Proliferationsindex 5-10%, keine weiteren Metastasen im Körper.
Habe mich gegen Entfernung weiterer Lymphknoten entschieden.

Der Arzt sagt, zunächst gelte ich als klinisch geheilt. Da brusterhaltende OP ist Bestrahlung obligatorisch, adjuvante Hormontherapie verspricht großen Nutzen, soweit stelle ich die Therapie nicht in Frage. Aber Chemo? Überwiegen da nicht die Risiken möglicher Folge- und Spätschäden den Nutzen?
Ach so, ich bin 46, die Kinder sind 6 und 8, für sie möchte ich natürlich noch möglichst lange leben.

Stehe ich alleine mit diesen Zweifeln oder ging es anderen auch so?
Bin gespannt auf eure Antworten,

Doro

[gilda2007]

Lymphangioinvasion und Mikrometastasen ist echt nicht pricklend, ohne Dir Angst machen zu wollen. ich hatte einen ähnlichen Befund und fand es sehr überzeugend, dass eine Chemo sinnvoll ist, wenn der Krebs offenbar schon anfing, zu streuen. Und das hat er ja ganz offensichtlich. Sprich: Im Lymphsystem und in der Blutbahn schwirren Krebszellen. Die kann man weder mit Bestrahlung noch mit OP erwischen.

Ich hatte lange überlegt, da mein Wächterlymphknoten im Schnellschnitt auch befundlos war. Als dann aber die Mikrometastase gefunden wurde, war für mich klar, dass eine Chemo angesagt ist. Und ich steckte die Chemo auch prima weg ... insgesamt war es sogar eine schöne Zeit für mich: Ich war viel im Cafe mit Freundinnen, ich ließ es mir richtig gut gehen.

[remeni]

Zitat von gilda2007

Lymphangioinvasion und Mikrometastasen ist echt nicht pricklend, ohne Dir Angst machen zu wollen. .. dass eine Chemo sinnvoll ist, wenn der Krebs offenbar schon anfing, zu streuen. Und das hat er ja ganz offensichtlich. Sprich: Im Lymphsystem und in der Blutbahn schwirren Krebszellen. Die kann man weder mit Bestrahlung noch mit OP erwischen

genau deswegen würde ich gar nichts anderes überlegen als Chemo zumachen.

Meine Kinder waren zu meiner Chemo auch 6 und 8. Da sind sie nicht mehr so klein, das Mama jeden Handschlag machen muss, Fertigpizza ist eher der große Renner, sie nehmen auch schon mal Rücksicht, wenn die Mama sich aufs Sofa verkrümelt und auf der anderen Seite ängstigen sie sich noch nicht so wie z.B. 13-14 Jährige, die schon sehr viel sensibler die Bedrohung Krebs erkennen.

Jetzt bei Erstdiagnose ohne erkennbare Metastasen hast du die einmalige Chance, mit einer Chemo alle evtl. frei herumschwirrende Krebszellen zu vernichten und und so aus dieser Geschichte als geheilt rauszukommen (zeigt sich eh erst nach Jahrzehnten, aber wir haben ja Zeit )

Habe keine Angst vor der Chemo, sie ist aushaltbar. Es kommt sehr stark auf die innere Einstellung an, wie gut man da durch kommt: der Kopf entscheidet über den Magen. Immer kleine Schritte, jeden Tag raus an die Luft, immer wieder sich selber belohnen mit Essen, Kino, Massage, neues T-Shirt, große Klimperohrringe...

Los, du packst das, wir wie auch!

[bifi65]

Hallo,

bei befallenen Lymphknoten und Einbruch in die Lymphbahnen würde ich auf jeden Fall die Chemo machen. Wird deine Axilla mit bestrahlt? Wäre mir auch wichtig bei 2 von 3 befallenen Lymphknoten.
Im Zweifelsfall könntest auch noch eine Zweitmeinung in einem zertifizierten Brustzentrum einholen.
Und gerade wegen meiner Kinder würde ich persönlich jetzt aus allen Rohren schießen wollen...

Liebe Grüße, Birgit

[DE66]

Hallo zusammen,

vielen lieben Dank für eure Antworten! Vermutlich ist es auch so, dass ich nichts unversucht lassen sollte, auch wenn weder die Notwendigkeit akut nachweisbar ist noch die Wirksamkeit bewiesen werden kann.

Mich schreckt die Chemo ab, weil es mir im Moment einfach rundum gut geht und ich so die Vorstellung habe, dass die Chemo aus einem gesunden Menschen einen "kotzenden Zombie" macht, aber vermutlich wird, wie ihr sagt, alles halb so schlimm.

Der Hauptgrund, warum ich mich jetzt nach langen Gesprächen mit Mann, Schwester, Mutter etc. wohl doch entscheiden werde, die Chemo zu machen, sind wirklich die Kinder und dass ich mir bei einem eventuellen Rückfall dann nicht den Rest meines Lebens Selbstvorwürfe machen muss, ich hätte nicht alles versucht.

Ich ruf jetzt im Krankenhaus an...

[Jule66]

Zitat von DE66

Mich schreckt die Chemo ab, weil es mir im Moment einfach rundum gut geht und ich so die Vorstellung habe, dass die Chemo aus einem gesunden Menschen einen "kotzenden Zombie" macht, aber vermutlich wird, wie ihr sagt, alles halb so schlimm.

Liebe Doro,

das ging mir auch so. ich fühlte mich zum Diagnosezeitpunkt wie das sprichwörtliche blühende Leben, stand kurz vor dem Urlaub...
Die Diagnose mit allen Therapien hat aus mir auch den "kotzenden Zombie" gemacht.
Aber das ist Geschichte, jetzt gehts mir wieder gut.

Ich schließe mich meinen Vorschreiberinnen an- Mirkometastasen in den LK und Lympfgefäßeinbrüche sind nicht ohne.
Das lange Therapieschema passt zu dem eher niedrigen Ki67( Teilungsgeschindigkeit)

Ich ruf jetzt im Krankenhaus an...

Mach das, das ist gut. Du hast dann wirklich alles getan und gute Heilungschancen.
Du wirst sehen, die Zeit geht schnell um und sie ist tragbar.
Auch die Kinder werden die Zeit packen!

Alles Gute für Dich

Liebe Grüße, jule

[DE66]

Also, ich habe Termine im KH ausgemacht und voraussichtlich am 28.1. werde ich jetzt meine erste Chemo bekommen. Jetzt versuche ich bis dahin noch an etwas anderes zu denken.

Zitat von remeni

Meine Kinder waren zu meiner Chemo auch 6 und 8.

Wie hast du denn damals deinen Kindern erklärt, was los ist? Ich sollte sie darauf ja schonend vorbereiten. Werde mir noch Literatur dazu besorgen, aber vielleicht hast du eine Idee?

Danke, Doro

[Taglilie]

Liebe Doro,

Ich gratuliere Dir zu Deiner Entscheidung. Wirst sehn, normalerweise ist die Chemo gut zu schaffen und die Zeit vergeht superschnell. Und Du hast hinterher das Gefühl, mit allen Mitteln gegen die Krankheit gekämpft zu haben. hier im Forum findest Du viele Tipps und Trost, wenn Du ihn brauchst.

Was mir noch einfällt: Du bekommst doch hoffentlich einen Port gesetzt? Finde ich sehr wichtig. Ist Dein Krankenhaus eigentlich ein zertifiziertes Brustzentrum?

Alles Liebe

[joanajo]

Hallo,

Zitat von Taglilie

Wirst sehn, normalerweise ist die Chemo gut zu schaffen und die Zeit vergeht superschnell.

also das die Zeit superschnell vergeht- 24 Wochen, das ist schon lang.
Ich bekomme gerade diese Chemo und habe 3 EC hinter mir und für mich zieht sich das wie Kaugummi.
Den Rest- liebe Taglilie- den kann ich nur unterschreiben.
Ich hatte übrigens auch L1 bei meiner Ersterkrankung im April 2011 -und habe dann (im September 2012) ein Rezidiv bekommen.
Jetzt habe ich auch noch einen befallenen Lymphknoten gehabt und musste die Chemo machen.
Also lieber gleich, dann hätte ich mir das Rezidiv vielleicht erspart.

Liebe Grüße
joanajo

[remeni]

Zitat von DE66

Wie hast du denn damals deinen Kindern erklärt, was los ist?

Hey Doro,
eigentlich habe ich recht wenig gesagt. Meinen Kindern ist seit Jahren klar, dass bei Husten und Schnupfen Schleimmonster in ihren Körpern sind und da Party feiern. Je mehr die rumkrakelen, um so schlechter geht es dem kranken Kind und nur Medizin und -besonders unbeliebt- Mamas Spezialerkältungstee vertreibt die Biester.
Also lag es nun nahe, dass in meinem Körper ganz fiese Monster rumspuken und ich besonders starke Medizin brauche, um sie zu vertreiben. Dadurch werde ich manchmal müde sein, oder es geht mir nicht so gut, sie müssen mir manchmal helfen usw. und diese Medizin macht, dass meine Haare ausfallen.
Ich glaube, ich habe das Wort Krebs nicht benutzt.
So sind wir gut durch die Zeit gekommen. Wenn sie Fragen hatten, habe ich geantwortet, gerade als mein Kahlkopf noch frisch und interessant war.
Sie hatten aber nie Angst, dass ich nun bald sterbe oder so was. Warum auch?
Ach ja, meine Teeaktion ist auf mich zurückgefallen. Auf Drängen der Kinder musste der Papa mir auch Tee kochen (und ich hasse Tee!) und mein Mann konnte sich den einen oder anderen Schmunzler nicht verkneifen

[DE66]

Zitat von Taglilie

Was mir noch einfällt: Du bekommst doch hoffentlich einen Port gesetzt? Finde ich sehr wichtig. Ist Dein Krankenhaus eigentlich ein zertifiziertes Brustzentrum?

Alles Liebe

Ja, Port wird gesetzt. Das Brustzentrum im Marienhospital ist sehr gut qualifiziert, da habe ich schon das Gefühl, in kompetenten Händen zu sein. Außerdem ist es quasi um die Ecke, da kann ich locker zu Fuß hingehen.
http://www.marienhospital-stuttgart....stzentrum.html

Danke für euren Zuspruch und die Hinweise. Ich werde sicher noch öfter hier auftauchen...

Grüßle, Doro

[dasriek]

Liebe Doro - ich möchte noch eine Anmerkung loswerden.
Der kotzende Zombie kann auf Dich zukommen, muss aber nicht. Ich hatte 4 EC und vier DOC, also auch 24 Wochen. Gekotzt habe ich kein einziges Mal, war nicht mal in der Nähe. Klar gibt es Beeinträchtigungen - die angegriffene Mundschleimhaut nervt, das fehlende Geschmacksempfinden noch mehr, und Knochenschmerzen sind auch nicht witzig. Aber gegen das alles gibt es Mittel und Wege, um zumindest zu lindern. Sport wirkt Wunder, und ich muss sagen, die schlechten Tage waren deutlich in der Minderheit. Ich habe viel im Garten getan (unter anderem zwei Kompostsilos gebaut und eine 4m lange, 2 m hohe Thujahecke gekillt - ich, niemand sonst!), zwei Zimmer renoviert und in der zweiten Chemohälfte tageweise gearbeitet. Beim Renovieren ist übrigens die Glatze ganz hilfreich, man bekommt keine Farbspritzer in die Haare...

In diesem Sinne - ran an den Mist und kill ihn!
Grüße um die Ecke!
Ulrike

[DE66]

Hallo Ulrike,

der "kotzende Zombie" ist auch nur so meine Schreckensvorstellung.
Nach den viele Beiträgen, die ich heute hier gelesen habe, glaube ich auch, dass es nicht so schlimm werden wird.
Apropos Gartenarbeit: Ich dachte, auf Grund des lahmgelegten Immunsystems soll man alles vermeiden, wobei sich verletzen und mit Keimen in Berührung kommen kann? Die Ärztin meinte sogar, ich solle mich auch von meinen Kindern fernhalten, wenn die mal erkältet sind, Menschengruppen meiden usw. Ich liebe Gartenarbeit als Ausgleich und wollte im Frühjahr dringend Rosen schneiden, Kompost anlegen, umgraben, Hecke pflanzen... Würde mich sehr freuen, wenn das erlaubt ist.

Außerdem kann ich meinen Bürojob zum Glück recht flexibel und vielleicht auch nur teilweise von zuhause aus erledigen. Wenn es mein Gesundheitszustand erlaubt, werde ich auf jeden Fall ein bisschen arbeiten.

Danke für die Unterstützung und gute Nacht!

[ette-joni]

Die gleiche Frage : Chemotherapie ja oder nein stelle ich mir auch und bin derzeit sehr unsicher. Bei einem Befund von pT1mic, mäßig hormonsensibel (ER Allred 5 und PR Allred 3), G3, HER2 neg. (Score 1+), Ki 67 : 20 % und einem 3,5 cm großen DCIS vom high grade Typ mit Nekrosen, ER/PR vom DCIS neg., L0, V0, R0, pN0(sn) 0/4 empfiehlt mein Krankenhaus (zertifiziertes Brustzentrum) eine adjuvante anthrazyklin- und taxanhaltige Chemotherapie. Kommenden Montag habe ich das Vorgespräch in der onkologischen Tagesklinik. Auf Anraten habe ich mir bereits eine Zweitmeinung eingeholt. Hierbei wurde mir wegen des Risikos möglicher Langzeitfolgen von einer Chemotherapie abgeraten.
Nun bin ich total im Zweifel. Auf der einen Seite habe ich total Angst vor den Folgen der Chemo, andererseits möchte ich mir später nicht vorwerfen müssen, eine Therapiemöglichkeit ausgeschlagen zu haben. Hat hier jemand Erfahrungen mit einem DCIS mit Mikroinvasionen ?
Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass meine pathologischen Befunde von 2 verschiedenen Pathologen stammen, da mein Krebs beim Mammographie-Screening entdeckt wurde und mein gesamter invasiver Anteil bereits durch die Stanze beseitigt wurde.

Da dies mein erster Beitrag ist, möchte ich mich auch kurz vorstellen. Ich bin 50 Jahre alt, wohne auf der schönen Insel Rügen und habe einen 12jährigen Jungen, mit dem ich allein lebe.
Bereits seit der Diagnose bin ich eifrige Leserin in diesem Forum. Eure Beiträge haben mir schon große Ängste genommen und mich trotz der Diagnose Brustkrebs zuversichtlich an die Sache herangehen lassen. Ich finde es toll, wie sich gegenseitig geholfen und Mut gemacht wird. Ich möchte auch gerne dazu gehören, davon profitieren und auch meine Erfahrungen weitergeben.

Ist nun doch ganz schön lang geworden, aber sicherlich auch meiner Unsicherheit geschuldet.
Herzliche Grüße in die Runde von Ines.

[Jule66]

Guten Morgen und herzlich willkommen Ines,

Du hast eine schwierige Ausgangslage.

Ein sehr aggressives DCIS, triple negativ und mit einem erhöhten Ki67 behaftet und einen mikroinvasiven Tumor, mit wenigen Hormonrezeptoren.
Dazu noch 2 gegensätzliche Meinungen.

Spontan fällt mir dazu ein, eine 3. Meinung einzuholen.
Besser wäre in dem Fall ein Test, z.B. der Endopredict, der sehr gute Ergebnisse bringt und auch zum Teil noch von der Krankenkasse bezahlt wird.
Der Test kann Dir noch besser aufzeigen, wie gefährlich oder ungefährlich das Biest tatsächlich ist.

Du hast ein 12 jähriges Kind und Tumore mit wenig oder keinen Rezeptoren sprechen allgemein ganz gut auf Chemo an.
Von daher wäre es kein Fehler, sie adjuvant zu machen.
Chemo ist nicht gleich Chemo, da gibts härtere und weniger harte.

Also, ich hatte die Wahl nicht, bei mir war klar, dass ich Chemo machen muss, wenn ich leben möchte.
In Deinem Fall würde ich auf einen Test wie oben genannt bestehen und mich aufgrund dessen entscheiden.

Ich wünsche Dir alles Gute und eine Entscheidung, mit der Du gut leben kannst.

Liebe Grüße, jule