Sonntag der 28.2.10

[horst-w]

ich war heute wieder in der klinik, eigentlich nur 7 oder 8 stunden, ich habe meiner tochter wieder musik vorgespielt, ich & ich, ich muss gestehen, eher meine lieblingsmusik und habe ihr wieder geschichten vorgelesen, zwischendurch hatte ich noch einen termin bei der psychologischen beratung, zum einen um mir selber etwas luft zun schaffen, zum anderren um die zeit, wenn sie wiedr wach wird schon mal zu strukturieren, ich denke sie braucht jemanden mit dem sie reden kann.sie öliegt dort in ihrem bett, ich hoffe ihre träume sind nicht so schecklich wie sie unter der mediklation sein können, sie bekommt ein LSD derivat.aber gleichzeitig bekommt sie ein medikament das sie ihre bösen träume sofort wieder vergessen läßt.
ich vermisse ihre stimme, ich halte ihre kleine hand sooft ich kann.
und ich bitte sie : "komm zu mir zurück"

[Sadie]

Lieber Horst,

du machst alles richtig. Und deine Tochter spürt dich ganz bestimmt.
(Kennst du Murphy "Die Macht des Unterbewusstseins"? Ich hätte früher nie an so was geglaubt, aber dann hat es mir sehr geholfen. Ich konnte mich daran festhalten, beten ging irgendwie nicht.)
Hast du niemanden, bei dem du jetzt mal schwach sein kannst? Du wirst deine Kraft noch für deine Tochter brauchen.

Ich denk an euch und wünsch dir sehr eine ruhige Nacht
Sadie

[horst-w]

nochmals vielen dank für all eure lieben wünsche, marieol, zu deinen fragen, sie hatte einen partner, aber die beziehung war brüchig, er verdrängt es einfach, zu ihrer mutter, zu der ich übrigens nach der scheidung nun seit 3 wochen erstmals wieder kontakt hatte, sie ist mit der situation völlig überfordert, obwohl sie krankenschwester ist, ich selber arbeite in der psychotherapie, dennoch, wenn du plötzlich selbst betroffen bist setzen alle professionellen umgehensweisen plötzlich aus.
als betroffener vergisst du sämtliche professionalität und bist nur noch pappa, vater und leidender.
und ein hilfloser mensch, der nur sein kind, auch wenn sie als 24 jährige schon eine frau ist, dort leiden siehst.
ich weiß das alkohol keine lösung ist, ich arbeite nun seit 27 jahren im suchtbereich, aber es hilft ein bischen sich zu beruhigen, besser als härtere dinge.

[Blume68]

Lieber Horst,

weißt du, was meine Freundin letztens einmal sagte...?
"Ich hoffe, sie hat ganz viel Liebe bekommen!"

Liebe, Horst...gib ihr Liebe..halte ihre Hand, sei für sie da - das bist du, das lese ich.
Sei da für sie, in all deiner Liebe...es wird ihr soviel geben, auch wenn sie nicht direkt auf dich reagieren kann...
da bin ich sicher.

Ich habe dir eine PN geschickt...bitte lies sie.

Fühl dich lieb und fest gedrückt!
Blume

[mahanuala]

hallo horst

ich habe auch kinder im alter deiner tochter und stelle es mir wie ein alptraum vor, was du durchmachst .
ich war einmal in einer ähnlichen situation...ich weiss daß alkohol oder ´normale* medis nicht helfen...nur betäuben.(ich arbeite übrigens auch im suchtbereich).
das problem ist das streßzentrum im gehirn, das verständlicherweise alarm schlägt....weder atosil noch alkohol unterbrechen die teufelskreise, die sich dort abspielen...
ich habe damalas den rat eines oberarztes in der psychiatrischen krisensprechstunde angenommen und mir ein mildes medikament geben lassen, das gezielt die amygdala im gehirn dazu bringt, die ständige alarmstimmung abzuschalten.
ich wurde sehr gut beraten, er hat jedes meiner symptome konkret abgefragt und dann zu einem bestimmten medikament geraten.
das half mir sehr und nach einigen wochen konnte ich es wieder absetzen.
ein mildes antidepressivum wäre auch eine lösung, aber das dauert sehr lange, bis es über die blutkonzentration wirkt und war bei mir auch aus anderen gründen nicht angesagt...
es gibt in vielen psychiatrischen kliniken oder abteilungen *trauma-sprechstunden*, da wird man entsprechend beraten...und gezielt medikamentiert...(und als fachmann ist dir jaar, daß du dich im moment mitten in einer traumatischen situation befindest...)
liebe grüße
mahanuala

[oft-weiß-ich-nich-weiter]

Lieber Horst ,

auch mich kennst Du nicht persönlich, ich kann aber Deine Situation so gut nach fühlen...

Vor bald 3 Jahren, es ist wie gestern, habe ich 2 Wochen bei meinem Mann am Bett auf der Intensivstation verbracht und mit den Augen abwechselnd sein Gesicht und die verdammten Monitore beobachtet, seine Hand die meiste Zeit fest in meiner.
Die Nächte habe ich mit "dem Telefon auf dem Kopfkissen" geschlafen, z.T. morgens um 3 Uhr in der Klinik angerufen,
nur um zu hören, dass er noch atmet, es nicht schlechter geworden ist...

Ich wusste nicht, ob er gesund werden würde, wenn er wieder wach wäre aber ich habe verzweifelt auf jedes eigene Lebenszeichen gewartet...
Es war die Hölle... aber ich wusste, das, was ich für ihn tun kann, ist für ihn da zu sein, mit ihm zu reden, seine Hand halten...

Ich wünsche Dir weiterhin die Kraft, die Du brauchst, Deiner Tochter zu geben, was sie braucht- Dich!

Gaaanz liebe Grüße A.

[horst-w]

Ich war heute wieder in der Klinik, wie so jeden Tag.
Mein erster Eindruck war der, dass meine kleine besser aussah,
die Hautfarbe erschien mir gesünder und sie atmete ganz ruhig.
Der Puls und der Blutdruck schienen stabil zu sein, auch in der Nacht hatte es keine Veränderung und keine Einbrüche mehr gegeben.
Aber meine kurzfristige Euphorie wurde nach wenigen Minuten wieder gedämpft.
Die behandelnde Ärztin kam zu mir und sprach mit mir.
Das heißt sie erzählte mir von den letzten Gesprächen die sie in dem behandelnden Team geführt hatten.
Und dort ist man zu der Erkenntnis gekommen das der Zustand zum einen immer noch sehr kritisch ist, zum anderen hat man sich entschlossen aufgrund der momentanen Situation die Krebsbehandlung nicht mehr fortzuführen.
Es ist aussichtslos.
Sie hätte nur noch einen minimalen Statischtisch Chance.
Sollte sie wirklich wieder wach werden, was fraglich wäre, möchten die Ärzte sie in ein Hospiz überweisen in dem sie ihre letzten Wochen oder Monate, man spricht von höchstens 6 Monaten, in Ruhe und einer schönen Umgebung verbringen kann.
Ich musste erstmal raus aus der Klinik, nachdem ich 2 Stunden bei meiner Tochter
war und ihr etwas erzählt und vorgelesen habe, bin ich nach Hause gefahren, ins Sauerland, meine Ex Frau wird heute Nachmittag bei Melissa sein, ich werde sobald wie möglich wieder nach Münster, nachdem ich mir selber eine kurze Ruhepause genommen habe, sicherlich mit einem schlechten Gewissen, aber irgendwann ist man am Ende seiner Kräfte.
Ich werde am Wochenende nach Köln fahren, zu meinem Lehrer und Mentor, er ist Professor und Doktor für chinesische Medizin und östliche Heilverfahren, im Moment klammere ich mich an jeden Strohhalm.

[Utissima]

Horst, ich weiß nicht, was ich sagen soll;
ich sitze hier und weine

und würde doch so gerne Trost spenden.

Eine stille Umarmung aus Süddeutschland !

[maja-s04]

......

[horst-w]

ein Tag ist wie der nächste hier in der Klinik.
ich sitze am Bett ,lese Geschichten und wir hören Musik.
Wir lesen gerade in einem großen Buch der Mythen der
Menschheit.
Gestern war die Entstehungsgeschichte der Buddhisten unser Thema, heute ging es um die Entstehungsgeschichte ,und die Entstehung der Religion ,der alten Griechen.
Meine Ernährung besteht momentan vorwiegend aus Zigaretten Kaffee und Müesliriegeln,
genau in dieser Reihenfolge, abends kommt dann noch das ein oder andere Glass Gin Tonic und einige Tropfen Atosil dazu, mittlerweile reagiert auch mein Magen darauf.
Die Ärzte im Klinikum haben die Karzinom Behandlung eingestellt, sie haben aufgegeben.
Das ist der Letzte Stand.
Meine Tochter schläft ruhig, mittlerweile scheint sie auch etwas stabiler zu sein, aber es kann jederzeit wieder kippen.
Ich werde gleich bis Sonntag nach Köln fahren, meine Ex Frau kommt gleich und bleibt bei Melissa, ab Sonntag bin ich dann wieder jeden Tag hier.

[KGM]

es tut mir so leid!!

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft! Melissa spürt das du da bist! Ich find es so bewunderswert wie du die Zeit mit ihr gestaltest!

Es tut mir leid, das die Ärzte nichts weiter machen wollen! Hoffe deine Tochter ist schmerzfrei und kommt bald wieder zurück zu dir!

[horst-w]

es ist Sonntag, der 7.3.10. Die Fahrt nach Köln hat leider nicht das Ergebnis erbracht das ich mir erhofft hatte.
Und eine sofortige antwort von einem Asiatischen Menschen zu erhalten gehört scheinbar zu einer Unhöflichkeit.
Nachdem ich meinem Prof, gestern die genauen Umstände und das Krankheitsbild erklärt hatte, er sich alles notiert und gleichzeitig seinen Übersetzer Chinesisch-Deutsch zur Hilfe genommen hatte sagte er mir das er nachschauen wollte.
Heute, im Laufe des Vormittags kam er dann auf mich zu und erklärte mir das in diesem Stadium keine Möglichkeit mehr besteht.
Im Vorfeld, beim Beginn der Erkrankung arbeitet man in China mit Tinkturen die uns seltsam erscheinen, Essenzen aus getrockneten Kröten und Fröschen und Tinkturen die in Deutschland nicht erhältlich sind, sie hätte auch Zuhause einige in Alkohol eingelegte Präparate davon, aber das alles nützt meiner Tochter stark sediert und am Tropf hängend wenig.
Es war ein Rückschlag, aber ich merke in mir das ich nicht aufgebe, zumal ich jetzt, auch von einem Teilnehmer unseres Kurses, der ebenfalls vor langer Zeit an Krebs erkrankt war und laut Aussage der Ärzte schon lange nicht mehr leben dürfte, von einige Menschen gehört habe die laut unserer westlichen Medizin trotz der Aussage der Ärzte das sie nicht mehr lange leben würden, sich mittlerweile wieder bester Gesundheit erfreuen.
Nachdem in aus Köln direkt wieder nach Münster gefahren bin ich, wie immer mit einem ängstlichen Gefühl sofort wieder zu meiner Tochter auf die Intensiv gegangen.
Sie wirkte sehr ruhig und entspannt, nachdem ich Ihr die Mythen und Geschichten der Tibeter vorgelesen habe und wir Musik gehört haben habe ich ihr mit einem Minzoel die Arme und Beine lange feucht abgewaschen, sie hatte wieder etwas Temperatur, 38,7 und ich hoffe die Waschung hat ihr etwas Kühlung und Erleichterung geschafft.
Du fühlst dich einfach oft hilflos und unbeholfen in dem was du tuest, aber es ist immer noch besser als völlig tatenlos und gelähmt am Bett zu sitzen.
Ich habe nun wieder mein Zimmer in Münster neben der Klinik im Familienhaus der Klinik bezogen, momentan kenne ich nur noch Hotelzimmer.

[Utissima]

das ist eine sehr schwere Zeit, die du gerade durchmachst , und ich bewundere deine Kraft!!
ich finde es schön, dass du nicht nachlässt mit der Hoffnung, es gibt so oft Auswege, mit denen man zuvor nicht gerechnet hatte !!


Melissa spürt, dass du bei ihr bist.
Im Unterbewusstsein spielt sich so viel ab, von dem wir keine Vorstellung haben, aber dennoch geschieht das ja trotzdem.

Und ich glaube, dir tut es auch gut, in ihrer Nähe zu sein. Sie zu berühren. Sie spüren zu lassen, dass du für sie da bist.

Bei aller Angst habe ich das vor ein paar Wochen so erlebt, und es waren sehr intensive Stunden.
Dennoch meine Frage an dich:
hast DU denn jemanden, der für dich da ist?
bei dem du schwach sein darfst?
Der mit dir weint,
dir eine stille Umarmung gibt,
dich ein wenig auffängt ?

Pass auf dich auf !!!!

[Ute08]

Lieber Horst,
ich kann mir gut vorstellen, durch welche Hölle du im Moment gehst.
Ich kann mich an so manchen Tag erinnern, den ich an dem Bett meiner Tochter verbracht habe. An der Signatur kannst du ihre Krankengeschichte sehen.
Aber ich glaube, dass auch du zwischendurch etwas Kraft tanken musst, damit du die Situation aushalten kannst.
Pass auf dich auf!
Ein lieber Gruß und ein kleines Kraftpaket
Ute mit Mel im Herzen

[Blume68]

Lieber Horst,

möchte mich meinen Vorschreiber/innen anschließen...pass bitte auf dich auf.

Ein kleines Kraftpaket auch von mir...
Blume