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  #1  
Alt 06.01.2009, 20:16
littlelily littlelily ist offline
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Registriert seit: 06.01.2009
Ort: Am Fuß der Baumberge / Münsterland
Beiträge: 3
Standard Meine Mama, der Krebs und das Sterben

Hallo!

Seit einiger Zeit lese ich in diesem Forum mit, hatte aber bisher weder so richtig das Bedürfnis noch die Zeit oder die Muße mal meine Geschichte zu erzählen.. oder besser die Geschichte meiner Mama...

Der erste Krebs - Darm - wurde diagnostiziert und erfolgreich behandelt als ich 5 oder 6 Jahre alt war. Der zweite - Aderhautmelanom - wurde im März vor 4 Jahren festgestellt bei einer Routineuntersuchung - Mama hatte das Gefühl eine Bindehautentzündung zu haben... drei Tage später verlor sie ihr rechtes Auge, der Tumor nahm mehr als 3 /4 der Netzhaut ein. Es hieß´damals der Tumor sei abgekapselt gewesen, Metastasen wären mehr oder weniger ausgeschlossen...
Sie ging regelmäßig zu ihren Kontrolluntersuchungen und alles war gut. Bis zum letzten Februar.. beim Schallen der Leber fand der Hausarzt Knoten, die def keine Zysten sein konnten. Eine Woche später bestätigte sich die Diagnose: Lebermetastasen, im Anfangsstadium bestimmt behandelbar - uns allen wurde Mut gemacht..
Doch: eine Chemo nach der anderren schlug fehl, eine OP war ausgeschlossen, auch eine Laserbehandlung kam nicht infrage aufgrund der schlechten Lage der Metastasen. Es war ein ständiges Auf und Ab von positiven und niederschmetternden Ergebnissen und meine lebensfrohe, immer das leben bejahende Mama wurde depressiver und depressiver... Gespräche mit Psychoonkologen brachten nur kurzfristige Erfolge.
Ihr großes Ziel: meine kircheliche Hochzeit und die Taufe unserer Tochter, die ihr Lebenselexier war, im Oktober des letzten Jahres. Wir planten ins Ungewisse, immer im Hinterkopf, dass es möglich sein kann, dass wir alles kurzfristig absagen müssen. Doch Mama war dabei, lange hielt sie durch und war glücklich. Ein paar Tage später fuhren wir gemeinsam mit meinen Eltern ein paar Tage an die Nordsee, auch das war für Mama noch ein großer Schritt, der ihr sehr sehr wichtig war. Tja, dann kam die Adventszeit und Weihnachten rückte immer näher. Wir konnten die Feiertage zusammen verbringen, zumindest soweit möglich, war sie doch schlapp und kraftlos, musste ständig liegen und wir (wir sind 5 Kinder, alle mit eigenen Familien) mussten ja auch an uns denken. Aber es war dennoch schön. Ich mit meinen Lieben war nur kurz da, da es ihr an dem Tag nicht besonders ging. Wir sagten, wir kämen die Tage wieder... Waren wir auch.... Gestern vor einer Woche.. Und mama saß im Wohnzimmer und weinte.. Sie habe so Atemnot, bekäme so schwer luft und Papa sah noch nicht die Notwenigkeit ins Krankenhaus zufahren, zumal er keine Lust hatte, an einen Assistenzarzt zu geraten, der keine Ahnung hatte.. Ich schickte sie in die Nachbarstadt zu einer an ein Krankenhaus angegliederten Notfallpraxis, eine Idee, die beide dankbar annahmen. Stundenspäter hatten wir immer noch keine Nachricht.. irgednwann spät abends erfuhren wir dann per SMS von unserm Papa (er hielt uns Kinder immer per SMS über Untersuchungsergebnisse auf dem Laufenden), Mama habe Wasser in der Lunge (DAss sie Aszites hat, war schon ein paar tAGe vorher klar gewesen, aber nicht soviel, dass man es hätte behandeln müssen).. Man müsse wohl punktieren. Gesagt getan. Tags drauf war MAma munter, lachte, erzählte, war aber ganz durcheinander, schob das auf starke Schmerzmittel und Schlafmangel. Tja...seitdem ist nichts mehr wie es war...

Seit Tagen ist sie nicht mehr ansprechbar, die Morphiumdosis wird immer weiter hochgesetzt - Schmerzfreiheit ist oberste Priorität - sie schwankt zwischen den Welten, seit heute morgen sind Hände und Füße kalt, Finger und Zehen fangen an blau zu werden, der Radialispuls ist nicht mehr tastbar. Alle warten und beten darauf, dass sies endlich schafft, dass sie endlich gehen kann. Doch wollte sie ihre Krankueit bis zuletzt nicht wahr haben, hat immer gesagt "ich bin kerngesund, ich habe nur Krebs", hats nicht akzeptiert, war überzeugt wieder gesund zu werden, auch wenn sie merkte, wie es immer weiter bergab ging. Jetzt muss sie akzeptiren und loslassen innerhalb von so kurzer Zeit. DAs ist zuviel für sie. DAbei kann sie nicht mehr. Sie MUSS loslassen. Sie wird immer dicker, weil sie nur Wasser einlagert und kriegt schon seit Tagen keine Nährstoffe mehr, nur noch Flüssigkeit, Morphium und Sauerstoff. Aber sie hat ein riiiiiesengroßes Herz (in wahrsten Sinne des Wortes) und das will noch nicht aufhören zu schlagen...

TJa..das ist die Geschichte meiner Mama, die noch nicht ganz zuende ist...und auch nur ne ganz doll abgespeckte Version der Krankheitsgeschichte einer fRau, die mein absolutes Vorbild ist, die ein freundlicher vorurteilsarmer Mensch ist mit der Gabe, immer zur richtigen zeit am richtigen Ort zu sein, eine Frau, die mit beiden Beinen im LEben stand, immer das positive sah und für uns, für ihre 5 Kinder und ihre 13 Enkel und für alle Freunde, IMMER da war. wirklich immer! Sie ist der Mittelpunkt unserer Familie, auch jetzt noch. Wir sind jeden TAg bei ihr, zumindest konnten wir das in der letzten Woche sein, weil unsere Männer urlaub hatten und Kinder hüten konnten, ab Morgen wird alles anders.. dann geht das große Organisieren los.. falls Mama dann noch lebt... obwohl...leben tut sie jetzt auch nicht mehr.

Wir sind zu fünft, 5 Mädels, doch ich bin die Jüngste. mit Abstand. Ich bin 23 Jahre alt und sehe meine Mama und beste freundin sterben... Ich musste ihr sagen und zeigen, dass ich bereit bin, sie gehen zu lassen.. dabei bin ich genau dafür eigentlich noch viel zu jung. Ich brauch meine Mama eigentlich noch. Meine tochter ist jetzt knapp 8 Monate alt, unser absolutes Wunschkind, aber sie sollte doch wenn sie groß ist, noch in Mamas Garten toben, bei "oma und Opa Urlaub machen"... sich wenigstens an sie erinnern...

Papa ist ein vorrausschaunder Mensch..So planen wir in Mamas beisein schon Todesanzeigen, suchen nach schönen Texten für die Beerdigung etc.. Es ist alles so paradox..

Hoffentlich ist alles bald vorbei!!

Danke, dass ich unsere Geschichte erzählen durfte!
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  #2  
Alt 06.01.2009, 21:13
Benutzerbild von stellina
stellina stellina ist offline
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Registriert seit: 10.02.2008
Ort: münchen
Beiträge: 2.999
Standard AW: Meine Mama, der Krebs und das Sterben

hallo littlelily,
die geschichte deiner mutter rührt mich zutiefst. was du beschreibst, ist die wunderbarste mutter, die man sich denken kann. euer familien-verbund ist so, wie man ihn sich wünscht.
daß deine geliebte mama nun einen so schweren weg beschreiten muß, macht traurig. ihr seid eine sehr starke gemeinschaft und werdet ihr den weg ebnen können. mit eurer liebe und eurem beistand werdet ihr sie begleiten können bis zum ende ihres weges.
ich wünsche dir von ganzem herzen, daß du für deine mutter stark bleibst und daß sie gnädig diese erde verlassen darf.
liebe grüße, tina.
__________________
Du kannst nie tiefer fallen, als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.

Mein geliebter Hase: 14.10.1923 - 28.04.2009
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  #3  
Alt 06.01.2009, 22:27
Benutzerbild von Dany30
Dany30 Dany30 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.12.2007
Beiträge: 297
Standard AW: Meine Mama, der Krebs und das Sterben

Liebe Littlelily,

mit Tränen in den Augen, habe ich Deinen Beitrag gelesen...
Man kann spüren, wie wichtig Euch allen die Family ist..und das ist gut so... Als meine Mama starb stand ich kurz vor meinem 23ten Geburtstag.. Ich kann nachvollziehn, wie es Dir geht..Meine Hochzeit, die Geburt Ihres dritten Enkels durfe sie nicht erleben... Leider!!!

Ich wünsche Dir für die kommende Zeit, ganz ganz viel Kraft.
Fühl Dich lieb umarmt....

Ein stiller Gruss
Dani
__________________
DAS WAS MAN TIEF IM HERZEN BESIZT, KANN MAN DURCH DEN TOD NICHT VERLIEREN.

Mama 1939-2000
Papa 1935-2007

DANKE FÜR ALLES!!!!
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  #4  
Alt 07.01.2009, 07:54
Benutzerbild von rumpelinchen
rumpelinchen rumpelinchen ist offline
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Registriert seit: 26.07.2008
Ort: Schwandorf-Bayern
Beiträge: 190
Standard AW: Meine Mama, der Krebs und das Sterben

Guten Morgen liebe Littlelily,

mit großer Bestürzung habe ich eben deinen Text gelesen und mir fehlen echt die Worte.
Ich wünsche dir einfach ganz viel Kraft.

Ein stiller Gruß,

Christina!!
__________________
UNVERGESSEN! 15.3.1956 - 2.7.2008
Du fehlst mir unendlich und wirst immer in meinem Herzen sein!!!
Du kannst darüber weinen, dass er gegangen ist,
oder Du kannst lächeln, dass er mit Dir gelebt hat.
Du kannst die Augen schließen und beten, dass er wiederkommt
oder Du kannst sie öffnen und sehen, was er zurück gelassen hat.
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