Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 21.11.2007, 17:27
Lasna Lasna ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.07.2007
Ort: Kärnten, Österreich
Beiträge: 26
Standard Über den Tod reden - Wie und wann?

Ihr lieben Leidensgenossen,

Lange Zeit haben wir gehofft, doch das Unvermeidliche steht nun bevor. Meine Mutter, die seit 4,5 Jahren an Eierstockkrebs leidet, wird wohl nicht mehr lange bei uns sein.

Ich merke, dass sie sich uns - meinem Bruder und mir - gegenüber zusammennimmt. Von den Ärzten und Pflegepersonal weiß ich aber, dass sie über das Sterben redet und Angst davor hat. Scheinbar will sie uns nur schonen, indem sie das Thema Tod nicht anspricht. Und ich möchte es eigentlich auch nicht ansprechen, weil es sie so aufwühlt. Aber es muss wohl sein. Es bringt doch nichts, wenn sich beide Seiten schonen wollen.

Nun meine Frage an die, die gerade in einer ähnlichen Lage wie ich sind oder die das Ganze vielleicht auch schon durchgemacht haben: Soll man das Sterben thematisieren? Wie redet man über den Tod? Ich fühle mich so hilflos und verzweifelt, dabei möchte ich meiner Mama doch Mut und Trost geben...

Liebe Grüße,
Ines
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 21.11.2007, 17:39
Martina R. Martina R. ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.08.2005
Ort: Solingen
Beiträge: 204
Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ines,
ich habe meine Schwiegereltern beide in den letzten 10 Monaten an Krebs verloren und ich kann dich so gut verstehen!
Wir waren mit meiner Schwiemu beim Arzt und er hat ganz deutlich gesagt, dass sie austherapiert ist. Auf dem Nachhauseweg hat sie dann gesagt: Wieviele Jahre soll das denn noch so gehen, bis ich wieder ganz gesund bin?
Mein Mann hat dann alleine nochmal mit ihr gesprochen.
Sie hat aber bis zum Schluss immer wieder gesagt, das sie ja bald wieder gesund wird. Sogar bei der Einlieferung ins Hospiz. Mit den Schwestern und Ärzten hat sie aber über den Tod gesprochen.
Heute nach 10 Monaten weiss ich, daß sie uns schützen wollte und diesen Weg ganz alleine gehen wollte.
Vor fast 3 Wochen ist mein Schwiegervater gestorben, auch im Hospiz. Mit ihm konnte man ansatzweise über den Tod sprechen. Aber auch er wollte uns immer schützen und hat alles bagatellisiert: Macht euch nur keine Sorgen, das wird schon.
Was ich dir sagen möchte ist, biete ihr an über den Tod zu reden indem du ihr dazu die Möglichkeit gibst. Aber nimm es auch hin, wenn sie nicht darüber reden möchte. Durch Gesten und Worten, die gar nichts mit Abschiednehmen zu tun haben, haben meine Schwiegereltern uns gezeigt wie es ihnen geht und was wir ihnen bedeuten.
Leider haben wir es in der Sterbephase nicht richtig verstanden und immer auf klare, deutliche Worte gewartet. Das tut mir heute leid.
Sei immer für den Kranken da und such auch die körperliche Nähe, das ist auch Abschiednehmen und ein Zeichen von Liebe.
Viel Kraft
Martina
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 21.11.2007, 18:34
Mona66 Mona66 ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 17.06.2007
Ort: Bonn
Beiträge: 236
Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines,
meine eigene Diagnose liegt erst knapp ein Jahr zurück, daher hoffe ich, dass ich noch ein bisschen Zeit habe, rede aber auch dann und wann schon übers Sterben. Vielleicht noch ein bisschen unkonkret. Aber die Menschen sind da sicher unterschiedlich und daher mein Tipp: Suche mal, ob es in Deiner Gegend frei (d.h. ohne ärztliche Verschreibung, hoffentlich unkompliziert, geht meist schneller) zugängliche psycho-onkologische Unterstützung gibt (hab ich auch). Oft gibt es die im Kontext von Vereinen zur Krebshilfe o.ä. oder auch Krankenhäusern. Oder suche mal bei Hospizen oder Palliativstationen nach einem Beratungsgespräch. Wo ich wohne, wird sowas angeboten. Wenn du nichts findest, frag mal den Onkologen. Ich hab Ärzte als Leute kennengelernt, die viel wissen, aber nie so recht wissen, wann sie denn ihr Wissen an wen geben sollen (außer es geht um OPs und die Anwendung von Medikamenten), es sei denn, man fragt sie direkt und man weiß schon so ungefähr was man braucht...

Was ich mir vorstelle: Du suchst das Gespräch mit diesen Menschen, die viel Erfahrung mit dem Thema haben. Ich vermute, dass dir schon ein oder zwei Gespräche diesbezüglich weiterhelfen werden. Ich bin mir sicher, du wirst da viele tröstende Dinge hören. Meine Psycho-onkologin sagte z.B. dass die meisten Menschen bevor sie sterben, ihrer Beobachtung nach einen recht entspannten Gesichtsausdruck bekommen und offenbar auch die Schmerzen dann eher nachlassen.

Was ich auch noch ganz wichtig finde: Selbst wenn Deine Mutter mit Dir nicht darüber sprechen möchte... auch du und dein Bruder... ihr solltet euch etwas gutes tun und solche Gespräche in Anspruch nehmen. Alles, was man nicht kennt und mit dem man wenig Erfahrung hat, belastet letztendlich und Sterben ist im Leben wohl so etwas... warum soll man sich alle Gedanken darum selbst machen und selbst entwickeln, wo doch die Situation sowieso schon anstrengend ist? Lasst Euch unterstützen... Ich wünsch Euch, dass ihr einen guten Ansprechpartner findet.

lieben Gruss
Mona
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 23.11.2007, 13:02
Benutzerbild von mutzel
mutzel mutzel ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.11.2007
Ort: NRW
Beiträge: 48
Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ines,
es ist einfach schrecklich sich damit auseinander setzen zu müssen. Ich kann dich sehr gut verstehen.
Meine Mama wusste schon länger das sie Krebs hatte, hat aber nicht darüber
gesprochen. Sie hat alles mit sich selber ausgemacht. Sie musste Ende August ins Krankenhaus und erst da habe ich es auch erfahren. Geahnt habe ich es aber auch schon früher.
Vor zwei Wochen musste ich sie beerdigen. Der Weg war sehr schwer für
mich. Sie wollte auch über garnichts mit mir reden.
Weder über den Tod noch über andere wichtige Dinge wie Bankvollmachten,
Versicherungen und und .....
Ich stehe vor einem großen Scherbenhaufen.
Sie hat auch im Hospiz mit niemandem über den Tod gesprochen. Sie wollte nicht sterben - bis zum Schluss hat sie immer gesagt ich bin bald wieder zu Hause.
Aber ich denke meine Mama wollte ein Stück normales Leben erfahren wenn ich sie besucht habe. Sie wollte meinen Obtimismus und meine Lebensfreude
erleben. Ich habe mehrmals versucht mit ihr zu reden, aber sie hat immer gesagt ich solle ihr doch was positives erzählen.
Deshalb denke ich auch wenn es einem selber schwerfällt muss man die
Wünsche respektieren.
Zu einem würdevolle Tod gehört auch Selbstbestimmung bis zum Schluss und
wenn es der Wunsch deiner Mutter ist nicht über solche Dinge reden zu wollen - dann würde ich ihn respektieren. Begleite deine Mama so wie du meinst das es für sie gut ist. Erfülle ihre Wünsche und lerne sie loszulassen.
Auch das ist sehr wichtig, denn erst dann kann der Mensch gehen. So hat zumindest meine Erfahrung es gezeigt.
Meine Mama habe ich bis zu letzt begleitet und als ich sie losgelassen habe
und es ihr auch gesagt habe konnte sie in Ruhe einschlafen.

Aber DU solltest auf jeden Fall mit jemandem reden und deine Ängste und Sorgen aussprechen. Das habe ich zu wenig getan und momentan habe ich
das Gefühl das ich bald an meinen Sorgen und an meiner Trauer ersticke.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Stärke.
Ich fühle so mit dir

LG Simone
__________________


In Erinnerung an meine Mama
12.10.1946 - 05.11.2007

UND JETZT AUCH

In Erinnerung an meinen Papa
12.07.1946 - 02.08.2009
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 23.11.2007, 18:39
Lasna Lasna ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.07.2007
Ort: Kärnten, Österreich
Beiträge: 26
Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Martina,

Es tut mir so leid, dass auch du zwei liebe Menschen an diese verdammte Krankheit verloren hast. So wie deine Schwiegermutter aus deinen Erzählungen klingt, könnte es meine Mutter sein. Gerade heute hat sie gesagt, dass sie nächste Woche schon wieder normal gehen können wird - obwohl es von Tag zu Tag schlechter wird! Das tut mir so weh, dieser verzweifelte Optimismus. Aber ich habe akzeptiert, dass sie nicht über den Tod sprechen will. Sie will es so. Ich hoffe, ich kann bis zum Schluss bei ihr sein...

Liebe Mona,

Wir kennen uns ja schon aus dem EK-Forum. Wie geht es dir denn? Du Liebe, hast selbst so viel um die Ohren und so schwere Sorgen und hilfst auch noch uns Angehörigen! Hast du deinen letzten Chemozyklus schon beendet?
Danke für deinen Tipp mit der psychologischen Beratung. Meine Mama hat ja schon seit Beginn ihrer Erkrankung eine Psycho-Onkologin, die ihr sehr geholfen hat. Ich selbst werde, wenn sie einmal nicht mehr bei uns ist, sicher auch eine Therapie machen.
Ich glaube auch, dass der Tod nichts Schlimmes ist, nur das Leid, das ihm vorangeht, kann ich so schwer mitansehen.
Liebe Mona, du bist noch weit entfernt von so schweren Gedanken! Ich wünsche dir alles, alles Gute!

Liebe Birgit,

Danke, dass auch du als Betroffene dir unsere Sorgen anhörst! Dafür gebührt dir wirklich großer Dank.
Mir ist gerade heute klar geworden, dass ich Mamas Wunsch - oder ihre Realitätverweigerung? - einfach akzeptieren muss. Ich will es ihr nicht noch schwerer machen. Ich versuche, so viel Zeit wie möglich an ihrem Bett zu verbringen. Heute musste ich mich das erste Mal richtig zusammennehmen, um nicht weinen müssen. Das will sie sicher nicht sehen. Ich kenne sie so gut wie keinen anderen Menschen sonst. Und genau deshalb werde ich mir euren Rat zu Herzen nehmen und diese Zeit so durchstehen, wie meine Mama es für richtig hält...

Liebe Simone,

Es berührt mich sehr, was du seit August durchgemacht hast. Und ja, ich bin in einer ganz ähnlichen Lage. Meine Mama will einfach nicht der Realität ins Auge sehen. Gerade mal über die Sparbücher haben wir einmal nebenbei geredet. Ansonsten will sie noch immer so normal wie möglich leben. Und ich bemühe mich, ich bringe alle meine Kräfte auf, um halbwegs normal zu sein, wenn ich an ihrem Bett sitze. Auch wenn ich schreien könnte vor Schmerz. Aber ich erzähle ihr eben Dinge, die sie wenigstens zum Schmunzeln bringen. Diese Bilder schließe ich schon heute ganz tief in mein Herz ein. Wenn alles vorbei ist, werde ich therapeutische Hilfe annehmen. Was tust du, um deine Trauer irgendwie zu ertragen? Du klingst so traurig... und trotzdem befasst du dich noch mit den Sorgen von uns bzw. mir. Du bist sicher ein ganz starker Mensch!

Ihr Lieben, ich danke euch für eure Worte und Ratschläge. Es ist mir erst jetzt klar geworden, dass ich es eben akzeptieren muss und werde. Ich hoffe, ich stehe die Zeit, die nun vor uns liegt, durch...

Ines
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 26.11.2007, 12:03
Benutzerbild von mutzel
mutzel mutzel ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.11.2007
Ort: NRW
Beiträge: 48
Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ines,
ich bin wahrlich kein starker Mensch. Ich befinde mich gerade in einer eigenartigen Situation. Einerseits komme ich erstaunlich gut mit der Situation
klar, aber dann im nächsten Moment ist mir alles egal und und die Stimmung
schlägt um. Ich kann es nicht steuern.
Und mein Umfeld geht zur Tagesordnung über und lebt normales Leben weiter,
aber für mich ist nichts mehr wie es war.
Es ist ganz komisch zu beschreiben.
Da ich Einzelkind bin und meine Eltern geschieden sind bleibt auch alles was
jetzt noch kommt an mir hängen. Sämtliche Formalitäten und dieser ganze
Mist. Ich muss mich mit Dingen rumschlagen von denen ich wenig bis garkeine
Ahnung habe. Und vieles ist einfach nicht besprochen.....
Aber jetzt zu dir. Du darfst auch ruhig weinen, wenn dir da nach ist. Du bist
auch nur ein Mensch mit Gefühlen, diese Phase hatte ich auch.
Es ist ein Auf und Ab so wie diese Krankheit. Einen Tag kann man besser damit umgehen und mal schlechter. Und das ist auch ganz normal.

Ich finde dieses Forum eine super Sache, ich bin froh das ich es entdeckt habe. Hier kann man auch mal Dinge aussprechen, die man sonst in sich vergräbt.
Ich denke zur Zeit über eine Selbsthilfegruppe nach- mal sehen was es hier
Vorort gibt. Denn auch die Freunde die für einen da sind reichen auf Dauer glaube ich nicht aus.

Liebe Ines ich drück dich ganz doll - und wünsche dir viel Kraft, aber
auch noch viele schöne Stunden mit deiner Mama.
Ich habe die letzten Tage mit Mama aufgesaugt wie ein Schwamm.
Kopf hoch - du schaffst das

LG Simone
__________________


In Erinnerung an meine Mama
12.10.1946 - 05.11.2007

UND JETZT AUCH

In Erinnerung an meinen Papa
12.07.1946 - 02.08.2009
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 08:58 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55