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  #16  
Alt 31.12.2008, 19:44
Parisima Parisima ist offline
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Registriert seit: 16.12.2008
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Standard AW: verängstigt und verzweifelt...

[B][FONT="Arial"]Ein herzliches Hallo an alle,
ich hab den Dreh bei diesem Forum immernoch nicht raus und weiß nicht, ob mein Beitrag alle erreicht, die mir geschrieben haben, wenn ich ganz unten auf "Antwort" clicke?
Wie kann ich jedem einzeln schreiben?

***** Kann es mir bitte jemand beibringen?

Ich schreibe wenig, weil ich bisher keine näheren Erfahrungen mit Krebs und Krebskranken hatte und weiß nicht, wie ich anderen im Forum helfen kann.

Ich lese und lese, suche und suche unermüdlich im Forum nach ähnliche Fälle und Antworten.

Mein Vater bekommt jetzt 3x Morphium-Spritzen je 10 mg alle 24 Stunden und das sorgt dafür, dass er schmerzfrei bleibt.
Daher hat man gemeint, dass es zu früh für Fentanyl-Pflaster wäre.

Wie gesagt, es gibt keinen Arzt, der uns zur Seite steht und wir wüßten gerne, wie es momentan um ihn steht.

Wir beobachten verzweifelt und voller Sorge und Schmerz seinen körperlichen Verfall.
Z.B hat er seit 3 Tagen hinundwieder Anfälle von Verwirrtheit, Sprachstörungen, sieht Gespenster, heufigen Stuhlgang(davor hatte immer schwere Verstopfung), hat kein Gefühl für Zeit und Raum.

Wenn es dann nach Morphium-Spritze alles vorbei ist, ist er fürchtbar erschöpft aber wieder normal.

Wie sollen wir seinen Zustand einschätzen?

Sind diese Anfälle ein Zeichen dafür, dass auch sein Gehirn befallen ist?

Wird es noch soweit gehen, dass er uns nicht mehr erkennt?

Ist jemand in seinem Zustand ins Koma gefallen?

Was ist "Endphase" und was ist "Sterbephase"?

Wie macht es sich bemerkbar?

Ich weiß, dass jeder Fall anders ist, aber was sagt die Statistik?

Es ist so hart zu wissen, dass ihn verlieren werden, aber trotzdem ist man nieee vorbereitet (
Wir haben ihn schon längst losgelassen, haben aber trotzdem unvorstellbare Angst vor dem Ende und wollen ihn keine Sekunde aus den Augen lassen, damit er nicht allein stirbt.

Es tut mir Leid, dass ich euch mit meinen Sorgen am Silvesterabend die Laune verdorben habe und wünsche trotzdem guten Rutsch und alles Glück fürs kommende Jahr.

Libe Grüße aus der Ferne
Parisima
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  #17  
Alt 31.12.2008, 20:04
Benutzerbild von zlata
zlata zlata ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Hallo Parisima!
Wahrscheinlich sind wir Heute Abend hier nur wenige am Internet.Und das ist auch gut so, für die anderen.Aber leider gibt auch die andere traurigere Seite.
Ich verstehe dich so gut.Mein Mann liegt immer noch im KH.Grade war ich bei Ihm.Mit den 3 Kinder.Er ist so erschöpft,müde und hat trotz Pflaster schmerzen!
Weist du, ich habe auch versucht irgendwo herauszubekommen, wie das so geht,wenn es zu ende geht und ob ich das erkenne.Hab sogar die Ärzte gefragt.Und die geben immer-immer die selben Antworten! Und zwar:"das kann man nicht so sagen!!!"Aber man soll sich anstellen usw...Also glaub mir, ich denke auch wenn du jetzt in DE wärst, wäre das nicht irgendwie anders.
Aber es ist wenigstens schön das er keine - oder besser "weniger" schmerzen hat, weil das ist auch nicht immer selbstverständlich.Wie gesagt, mein Mann bekommt auch Spritzen meistens im Nacht.Und die helfen auch nur wenig.
Also liebe Parisima, siehst du jetzt bin ich diejenige welche hier meine Sorge los wird.Aber ich habe mich so schrecklich alleine gefühlt Heute im KH.Aber am schönsten ist es für mich, Ihn da alleine zu lassen.Ich hab leider niemanden, bei wem ich die Kids lassen kann...usw.
/das mit der Antwort funktioniert einfach nur so, das du klickst am Antworten und dann schreibst du los-mehrere Antworten zum Beispiel für mehrere Leute./
War das irgendwie zu verstehen?! Sorry, aber ich kann nicht so gut Deutsch.
Also liebe Parisima, was soll ich euch wünschen! Keine Ahnung.Nur das es irgendwie ohne Schmerz und Leid geht und für euch allen einfach viel Gesundheit!
lg zlata
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  #18  
Alt 31.12.2008, 20:24
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heike_mike heike_mike ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Hallo Parisima,

gehe einfach auf Antworten und schreibe,dann erscheint dein Post mit im Thread.
Wenn du jemand dirkt schreiben willst kannst du auch auf seinen namen ,da steht dann unten mit dabei " eine persönliche Nachricht schreiben",dann gehe darauf-da schreibst du nur dem jenigen und nicht öffentlich.

LG Heike
__________________

gekämpft, gehofft und doch verloren

MEIN ENGEL *24.02.1969 + 30.03.2010
IN HERZ UND GEDANKEN FÜR IMMER BEI MIR
DEINE NULPE



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  #19  
Alt 31.12.2008, 21:05
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Beiträge: 3.316
Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Hallo Parisima,

es geht doch schon gut mit dem Schreiben hier im Forum, jeder der deinen Beitrag anklickt kann deine Fragen lesen, so wie du in jeder anderen Spalte mitlesen kannst. Es ist aber durch die Feiertage stiller geworden, wenn die Familienmitglieder Urlaub haben und zu hause sind, gehen viele wenig oder garnicht ins Forum. Oder wie momentan bei mir (mir geht es z.Zt. nicht besonders gut), geht es auch anderen hier im Darmkrebsthread, dann bin ich bzw. die anderen User weniger am PC.
Du kannst z.B. einen Beitrag abschicken, innerhalb des Beitrages kannst du mehrere erreichen indem du so @Name schreibst. Möchtest du privat – nicht öffentlich - jemanden anschreiben, dann klickst du auf den Nicknamen. Dann geht ein Fenster auf „Öffentliches Profil“, hier klickst du „Persönliche Nachricht“ an, wobei ein neues Fenster schon adressiert aufgeht, Nachricht scheiben und abschicken.

Mache dir bitte im Moment keinen Kopf wie du anderen helfen kannst, nehme die Hilfe an, die du nun benötigst, alles andere ergibt sich von selbst mit der Zeit.

Nun zu deinen vielen Fragen, die ich aber nur hypothetisch aus der Ferne, und aus meinen persönlichen Erfahrungen der Sterbegleitung beantworten kann. Parisima, bitte versuche nicht nur aus all den anderen Beiträgen deine Antworten zu finden, jede Erkrankung verläuft anders. Wenn auch verständlich, und die meisten es zu Anfang an so machen, so kann es dich aber nur noch mehr verwirren und durcheinander bringen.

Der körperliche Verfall ist bei deinem Vater nun das Anzeichen, Einsetzen der Endphase. Viele Organe fahren ihre Funktion runter, stellen sich auf den Sterbeprozeß ein, was sich dann äußerlich an dem Einfallen, Gewichtsverlust und Müdigkeit und weitere Dinge äußert. Die Desorientierung kommt bei Darmkrebs fast nie von Gehirnmetastasen, diese treten äußerst selten auf.
Du mußt es dir ein wenig vorstellen, bzw. vergleichen mit einem Menschen, der tage- bis wochenlang ohne Nahrung oder viel Trinken auskommt, das beeinflußt auch die Gehirntätigkeit. Der Darm versorgt unseren Körper mit allem was er braucht, bei Entzug stellt sich nach einiger Zeit verschieden starke Halluzinationen/Verwirrtheit ein. Durch den Entzug wichtiger Versorgungen verlieren sie fast alle jegliches Gefühl für Zeit und Raum, es besteht keinerlei Gewichtigkeit für diese Dinge mehr. Das Interesse am Umfeld läßt mehr und mehr nach, es interessiert sie nicht mehr, wer was wann gemacht hat, wer angerufen hat, oder wer heiratet – als Beispiele. Denn sie bereiten sich meist unbewußt auf das Gehen vor. Das alles hat nichts mit einem komatösen Zustand zu tun. Außerdem ist in dieser Zeit oft zu sehen, dass sich Betroffene auf „einer sog. anderen Ebene“ befinden, sie führen Gespräche mit Familienmitgliedern, Freunde oder Bekannte, die schon vorausgingen. Es kann eine Zeit kommen, wo dein Vater euch zeitweilig nicht erkennen wird, muß aber nicht sein.

Die Phase in der sich dein Vater nach deinen Beschreibungen befindet, wird die Endphase der Krankheit genannt. Sie kann unterschiedlich lange dauern, je nach der körperlichen Verfassung, der Restkraft der Organe.
Die Sterbephase setzt meistens ein, wenn ganz plötzlich ein Aufschwung kommt, alles scheint, als würde es wieder besser werden. Er fast normal redet, Gelüste nach etwas leckerem äußert und oft recht munter wirkt. Gleichzeitig setzt meistens aber auch eine sehr starke Unruhe ein, die Betroffenen wollen oft unbedingt aufstehen. Wirken in allem sehr sehr unruhig, Kopf, beine und Arme gehen hin und her, die Bettdecke wird rangezogen, dann wieder weg geworfen usw.. Das ist nur ein kleiner Teil, da ich deinen Vater nicht kenne, kann ich dir auch keine ganz genauen Details sagen, aber ähnlich verläuft es.

Schaue mal bei eurem lokalen Hospiz nach, ob diese nicht eine Broschüre dazu vorliegen haben. Hier z.B. kannst du bestellen:http://www.hospiz-aktuell.de/index.php?id=31
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Jutta
_________________________________________




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  #20  
Alt 01.01.2009, 22:18
Parisima Parisima ist offline
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Standard AW: wie soll es weitergehen !!!

~~~~~Liebe zlata,
ich bewundere dich. Dass du mit den kleinen Kindern deinen Mann besuchst muss unglaublich hart für dich sein.
Dass dein Mann trotz Medikamenten noch Schmerzen hat ist ja furchtbar.
Wieso kriegt man sie nicht weg? Gibt es nichts mehr, das ihm helfen könnte?
Ach Mensch, ich weiß nicht, was ich sagen soll
Hoffe das Beste für euch.

~~~~~Liebe Heike,
danke für deine Hilfe. Unsere einzige Hoffnung beruht nun auf die Gnade Gottes, dass er endlich erlöst wird.

Wir sind nicht gerade religiös, glauben aber an Nächstenliebe und beten nur zu dem Gott, den wir alle in unserem Herzen tragen.


~~~~~Liebe Jutta,
deine ausführlichen Antworten und Erfahrungen helfen mir immer sehr. Wie schaffst du es bloß dich um all die vielen Leute zu kümmern, da du es ja selbst nicht gerade leicht hast?

Danke für den Link, aber wie gesagt es gibt hier leider keinen Hospiz.

Wir haben aber inzwischen mit dem Onkologen Kontakt gehabt und ihn um einen Hausbesuch gebeten, (gegen unverschämt hohen Honorar selbstverständlich), aber was solls. Mein Vater muss doch einfach mal untersucht werden, denn die telefonischen Anweisungen reichen uns nicht und vor allem unsere Mutter ist völlig verunsichert, was die Momentane Schmerztherapie angeht und glaubt, dass die zunehmende Verwirrtheit meines Vaters und seine Halluzinationen auf zuviel Medikamente zurückzuführen sind.
Abgesehen davon er muss doch einfach mal von einem Arzt gesehen werden. Die Zustände hier machen mich rasend und ich bin jedes mal kurz davor, mich mit den Leuten anzulegen, was nicht gerade klug wäre.

Nun warten wir ab, ob dieser Arzt sich Morgen blicken lässt. Womöglich schlägt er vor ihn ins KH zu bringen, was ein absoluter Horror für meine Mutter wäre. Sie will auf gar keinen Fall, dass er an irgendwelche Maschinen angeschlossen wird. Sie wäre nicht in der Lage dort bei ihm zu bleiben und möchte ihn lieber bei sich zuhause behalten, was ich verstehe, aber meine Geschwister nicht.

Patientenverfügungsgesetz gibt es hier nicht, die Entscheidung der Angehörigen geht über die des Arztes und deren Wunsch wird akzeptiert.

Meine Mutter hat Angst, dass er Monatelang künstlich am Leben erhalten und unnötig leiden würde. Sie hatten 57 leidenschaftliche Ehejahre und selbst jetzt lassen sie keine nüchterne Sekunde aus, um sich mit Liebesgesten zu verwöhnen und zärtliche Blicke auszutauschen.

Es ist unglaublich rührend und gerade aus diesem Grund denkt sie nicht an sich selbst und wünscht ihm ein würdevolles Sterben in ihren Armen als in einem kalten Krankenhaus. Die Lücke, die er ihr hinterlassen wird kann keiner von uns nachvollziehen.
Ich warte einfach ab, was Morgen bring.

Allen wünsche ich ein gesundes und glückliches neues Jahr.
Weihnachten und Silvester feiern wir mit unseren christlichen Freunden und Verwandten, aber den Jahresbeginn feiern wir selbst nach altpersischem Brauch am Frühlingsanfang im März nach Sonnenkalender und es hat mit Religion nichts zu tun.

Man feiert das Erwachen der Natur zu neuem Leben und, dass alles von neuem beginnt und vergisst die Kalte und dunkle Jahrezeit.

In diesem Sinne wünsche ich allen viel Sonnenschein, Kraft und Hoffnung fürs neue Jahr.

Parisima



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  #21  
Alt 04.01.2009, 22:51
Parisima Parisima ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Hallo Ihr lieben,
ich brauche wieder dringend eure Hilfe und Rat.

Seit ich das letzte mal geschrieben habe hat sich viel getan. Der zustand meines Vaters hat sich rapide verschlechtert.

Seit Freitag Abend hat er nur geschlafen, hatte die ganze Nacht Rasseln beim Atmen, konnte gar nicht mehr sprechen und war praktisch nicht mehr ansprechbar.
Gestern morgen haben wir Morphium-Spritzen durch Fentanyl-Pflaster ersetzt und seitdem ist er bewußtlos. Liegt es an diesem Medikament?
Endlich hat ein Arzt ihn zuhause untersucht und gemeint, dass sein Körper ausgetrocknet wäre und hat sofort Infusionen angeordnet.
Laut Blutuntersuchung funktionieren seine Nieren, die Lungen sind sauber und das Rasseln kommt davon, dass die stark vergrößerte Leber auf den rechten Lungenflügel drückt.

Seine Hilflosigkeit und unendliches Leid bricht uns das Herz.
Da es hier keinen Hospitz gibt müßten wir ihn ins KH bringen, und das gleich auf die Intensivstation, wo er allein bleiben würde, was er immer gehasst hat.
Er hat vor drei Tagen, als er noch paar Worte sagen konnte abgelehnt ins KH zu kommen.
Zuhause lassen wir ihn keine Sekunde aus den Augen. Ich halte nachts Wache und halte seine Hand und hoffe, dass er spührt, dass er nicht allein ist.
Wann wird er endlich erlöst? Das hat er nicht verdient, er war sein lebenlang für andere da und wa so ein anhängliche, zärtliche, liebenswürdige und liebesbedürftiger Mensch. Sowas hat er einfash nicht verdient.

Wielange können wir ihn denn so zuhause behalten? Die Krankenschwester kann schon keine Vene mehr für die Infusion finden, alle Venen sind schon brüchig oder verhärtet.

Er liegt nun da wie im Koma, macht nicht mal mehr seine Augen auf.
Es ist einfach furchtbar und ich kann nicht aufhören zu heulen, wenn ich ihn so sehe.
Kann mir jemand sagen, ob er je wieder das Bewusstsein erlangt?
ob er Schmerzrn hat?
ob er was fühlt?
ob er spührt, was mit ihm geschiet?
ob er mit seinen Zukungen versucht uns was mitzuteilen?
Ist er gefangen in seinem Körper?


Er hatte sein lebenlang Angst davor. Mein armer armer Papa

Hat eine von euch schon Erfahrungen in Sterbebegleitung und kann mir bitte wenigstens eine meiner Fragen beantworten?
Bitte
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  #22  
Alt 05.01.2009, 00:13
chaosbarthi chaosbarthi ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Hi Parisima,

auch mein Vater ist am Darmkrebs gestorben und der Verlauf gegen Ende war dem Verlauf bei Deinem Vater sehr ähnlich. Er hat sich ebenfalls in die Bewusstlosigkeit verabschiedet und hing zur Versorgung mit Flüssigkeit an der Infusion.

Ich weiß nicht, ob er etwas gefühlt hat, ob er noch etwas gehört hat und ob er Schmerzen hatte. Von Koma-Patienten weiß man, dass das EEG bei Reizen von außen mitunter durchaus reagiert, aber wohl mehr auf Ebene des Unterbewusstseins. Ich bin daher immer davon ausgegangen, dass mein Vater Vieles, wenn vielleicht auch nicht bewusst, noch mitbekommt. Auf jeden Fall wird es nicht geschadet haben, dass wir uns in seiner Nähe immer so benommen haben, als sei er bei Bewusstsein. Wir haben viel mit ihm geredet und ihn in diesen Worten an unserem Leben teilhaben lassen.

Ich denke nicht, dass er Schmerzen hatte. Der menschliche Körper hat die enorme Fähigkeit zum Selbstschutz. Ich habe die Vermutung, dass die Schmerzsensibilität einfach irgendwann ausgeschaltet wird, wenn es wirklich unerträglich wird. Ich hoffe zumindest, dass es so sein möge...

Als es bei meinem Vater so weit war, dass er im Koma lag und parenteral mit Flüssigkeit versorgt wurde, hat es nur noch wenige Tage bis zum Ende gedauert. Er lag nachher - wie in Totenstarre begriffen - mit weit aufgerissenem Mund und gebrochenem Blick da.... alles starr und nichts zuckte mehr. Wir haben ihm rund um die Uhr die Lippen und die Zunge angefeuchtet, falls er doch noch mehr mitbekäme als wir dachten. Nichts fühlt sich so schrecklich an wie eine ausgetrocknete Zunge. Ob das gut so war, was wir gemacht haben, weiß ich nicht. Zumindest hatten wir das Gefühl, noch etwas Sinnvolles für ihn zu tun.

Hinübergegangen ist er dann ganz still und leise. Irgendwann hörte das Herz einfach auf zu schlagen. Er ging so leise, dass wir es gar nicht gleich mitbekommen haben. Er starb zu Hause im Kreis seiner Familie, wie er es sich gewünscht hatte....

Liebe Grüße
chaosbarthi
__________________
Sigmacarcinom 2005 (T4, G3, alles andere 0, HNPCC), Ileostoma

Nicht die Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellungen über die Dinge machen uns glücklich oder unglücklich.
(Epiktet, griech. Philosoph, 50-138)

Geändert von chaosbarthi (05.01.2009 um 00:17 Uhr)
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  #23  
Alt 05.01.2009, 06:22
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Windlicht Windlicht ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Liebe parisima ...... ich weiss es schmerzt und es ist sehr schwer einfach nur dazusein ...... nichts tun zu können .....
aber ich meine wenn dein vater zu hause gehen möchte und du und deine mutter ihm diesen letzten wunsch
irgendwie erfüllen könnt ..... dann tut es ..... ihr werdet im nachhinein dankbar dafür sein ........
wie schon chastrobarsti schrieb befeuchtet ihm den mund .... die lippen .... und die zunge mit einem tupfer .....
haltet einfach seine hand und lasst ihn nicht alleine ...... viel mehr könnt ihr nicht tun .......
wünsche euch noch viel kraft daniela
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  #24  
Alt 05.01.2009, 07:56
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Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Hallo liebe Parisima,

Um in einen komatösen Zustand durch Morphiumpflaster zu kommen, müssen mindestens 600mü gegeben werden, ich denke nicht, dass dein Vater dieses Dosis erhielt. Es ist die Phase in der er sich jetzt befindet, da ist das was um einen herum vor sich geht nicht mehr relevant. Die Patienten befinden sich selten im Koma, außer die Erkrankung war dementsprechend.

Wie ich dir schon eingangs beschrieb verlängern die Infusionen nur das Leiden in diesem Stadium, aber viele Ärzte haben Angst keine mehr anzuordnen, man könnte sie dann wegen unterlassener Hilfeleistung anklagen. Warum wird der Körper deines Vaters denn mit diesen Infusionen „aufrecht“ erhalten? Die Organe fahren ihre Funktion herunter, funktionieren, bzw. produzieren nicht mehr wie bei einem gesunden Körper, es ist ein ganz natürlicher Prozeß. Das Rasseln kommt nicht von der Leber, die auf die Lungen drückt, sondern ist ein Vorgang, der in der Sterbephase sehr oft einsetzt. Das heißt nicht, dass der Betroffene erstickt.

Holt ihn nach hause, im Krankenhaus wird nicht viel mehr für ihn getan. Ihr schafft das gemeinsam, denn viel „Pflege“ in dem Sinne braucht dein Vater nicht mehr. Lasst ihn spüren, dass er zuhause ist. Dazu braucht es keine großartigen Gesten oder Handreichungen. Dein Vater spürt es sofort, und ihr werdet sehen, dass eine Ruhe über ihn kommen wird. Nachdem die „Unruhe“ vorüber ist.

Parisima, er wird alles spüren, fühlen, was um ihn vorgeht, aber meistens keine Reaktion darauf mehr zeigen. Aber eines sei dir gewiss, er spürt es. In dieser Zeit sind die Sinne sehr ausgeprägt, nur nicht wie bei uns im Wachzustand. Die Zuckungen sind die Unruhe vor dem bevorstehenden Abschied, wie ich dir schon schrieb, wird der Körper, der Geist und die Seele dann oft sehr unruhig. Nein, er ist nicht gefangen in seinem Körper, er ist nur gefangen in der Krankheit, die er nicht wollte. Er ist damit beschäftigt, sich auf das Gehen vor zu bereiten, denn in der letzten Phase sind viele Menschen mit einem „Bein“ schon im Jenseits.

Jeder von uns, der sich noch nicht intensiv mit dem Sterben beschäftigt hat, hat Angst vor dem Sterben. Nicht so sehr vor dem Gehen, sondern vor dem „WIE“ muß ich einmal gehen? Es kommt aber eine Zeit vor dem Sterben, wo dies alles nicht mehr wichtig ist. Bei vielen kommt schon Wochen zuvor eine innere Ruhe, sie liegen dann nur noch da und warten auf den Tag, an dem sie gehen dürfen.
In den vielen Jahren meiner Sterbebegleitung, bei meinen Eltern, Tanten und bester Freundin, sowie als ausgebildete Sterbebegleiterin, verläuft das Gehen fast identisch. Nur Menschen, die nach dem ganzen Weg des Abschiednehmens sich vehement gegen das Sterben wehren, können die Stunden vor dem Tod sehr anstrengend für sie und die Angehörigen sein.
__________________
Jutta
_________________________________________




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  #25  
Alt 05.01.2009, 20:36
Parisima Parisima ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Liebe Jutta,
mein Vater war die ganze Zeit bei uns zuhause und nicht im KH.
Während ich gestern meinen letzten Beitrag schrieb, hab ich immerwieder nachgesehen, ob seine Infusion in Ordnung wäre, hab mich dann fertig gemacht und wollte neben ihm sitzen und Wache halten,
Da war es leider schon zu spät
Er lag leblos da und ich war nicht bei ihm, als er gegangen ist.
Wie kann ich mir das jemals verzeihen?
Er hatte Angst vor dem Alleinsein und er ist allein gestorben.
Meine arme Mutter, die seit fast zwei Jahren seinen Kopf an ihrer Brust gehalten hatte, war vor Erschöpfung auf dem Sofa eingeschlafen und war auch nicht bei ihm.
Ich hoffe vom Herzen, dass du Recht hast und er unsere bedingungslose Liebe und Nähe gespührt hat.
Ich habe ihn die ganze Nacht im Arm gehalten bis er am Morgen abgeholt wurde.
Zu spät.
Es ist unerträglich seinen leeren Platz zu sehen, denn ich habe ihn nicht im Sterben begleitet. Ich hab ihn im Stich gelassen und werde mein Leben nicht mehr froh.
Wenn ich doch bloß die Zeit zurückdrehen könnte.
Mit seinem Verlust kann ich leben, aber nicht mit der Art, wie er uns verlassen hat

Morgen ist die Beerdigung und ich weiß nicht, woher ich die Kraft nehmen soll.
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  #26  
Alt 05.01.2009, 21:04
Benutzerbild von elli1962
elli1962 elli1962 ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Liebe Parisima,

Ich möchte dir hiermit mein herzlichstes Beileid aussprechen.

Gleichzeitig will ich dir sagen, dass du dir keine Selbstvorwürfe machen sollst und darfst.

Wie du sicher schon oft gehört hast, gehen unsere Lieben oft, wenn sie meinen allein zu sein. Aber du warst bei ihm,er hat deine Liebe spüren dürfen. Bitte verzage nicht an diesem Gedanken ihn alleine gelassen zu haben. Das würde er bestimmt nicht wollen.

Quäle dich nicht damit, der Schmerz ist eh schon groß genug.Sein Leiden hat aber nun ein Ende.

Ich wünsche Dir viel Kraft

Elli
__________________
Meine Mama

+15.06.2008

Dich zu verlier'n war schwer,
Dich zu vermissen noch viel mehr
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  #27  
Alt 05.01.2009, 21:07
Benutzerbild von hope38
hope38 hope38 ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Liebe Parisima!
Voller Mitgefühl habe ich Deine ganzen postings geschrieben und auch nun lese ich traurig, daß Dein Vater gegangen ist.

Ich fühle aber beim Lesen, daß er friedlich und sanft eingeschlafen ist. Und Deine Vorwürfe, liebe Parisima, ich wünschte, Du könntest sie ablegen. Sie bringen Dir nichts, nehmen Dir nur Kraft, die nun anderorts brauchst.

Weißt Du, Dein Vater wollte vielleicht allein sterben. Vielleicht hat er sich seinen Zeitpunkt genau so ausgesucht? Du hast ihn gehalten bis zum Morgen, das finde ich wunderbar. Das ist ein großer Ehrdienst, den Du ihm geleistet hast!

Ich sende Dir ganz viel Kraft,

Leena
__________________
am 02.05.2006 Rektum-Ca-Diagnose, Chemo+Bestrahlung, OP im August 2006, danach von 11/06 bis 02/07 adjuvante Chemo, Anlage eines Ileostomas, Rückverlegung in 01/09

(alle von mir im KK verfaßten Beiträge/Texte und Geschichten dürfen ohne meine Erlaubnis nicht weiterverwendet werden)
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  #28  
Alt 05.01.2009, 23:18
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zlata zlata ist offline
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Beiträge: 172
Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

LIEBE PARISIMA!
ES DARF NICHT WAHR SEIN, WAS ICH HIER LESE.....ALSO IST AUCH DEIN VATER VORAUS GEGANGEN....ES TUT MIR LEID FÜR EUCH....ER HAT NICHT GELITTEN...DAS IST WICHTIG....ich umarme dich "virtuell".Mein BEILEID!
lg zlata
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  #29  
Alt 06.01.2009, 04:57
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Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Liebe Parisima,

mein aufrichtiges Beileid zum Tode deines Vaters.


Jetzt werden meine Worte dich nicht erreichen, denn du hast dir nichts mehr gewünscht, als bei deinem Vater bis zum Ende zu sein. Du warst bei ihm, nur er hat den Zeitpunkt des Gehens gewählt. Aber alles was du und deine Familie ihm diese Woche über gaben, das hat er gespürt und nimmt er auch mit.

Parisima, da gibt es nichts zu verzeihen, auch wenn es dir heute nicht so vorkommt. Du hast ihn nicht im Stich gelassen.
Keiner von uns möchte alleine sterben. Dennoch wählen viele unserer Lieben genau den Zeitpunkt zum Einschlafen, wenn keiner der Angehörigen dabei ist. Sie haben die Zuwendung, die Liebe und Geborgenheit gespürt, haben gefühlt, wie schwer es für die Angehörigen ist. Und möchten dann dieses allerletzte Loslassen vom Leben alleine vollbringen, ihren Lieben nicht "zumuten", ihnen diesen Schmerz und Anblick ersparen.

Es wird eine lange Zeit dauern, bis du es dir selbst verzeihen wirst und du vielleicht verstehst warum er so ging. Ich habe es in meinen Begleitungen so oft erlebt, dass die Angehörigen nur einmal kurz raus sind, etwas zu trinken, auf die Toilette zu gehen. Und gerade in diesen Minuten schloß der Sterbende seine Augen. Viele sagten mir genau das auch schon vorher, dass sie es ihren Lieben gerne ersparen würden. Oft schickten sie ihre Angehörigen weg mit den Worten, ich möchte etwas schlafen, oder gebe mir ein paar Minuten alleine, wenn sie noch sprechen konnten.
Dir wird es helfen, wenn du darüber sprichst, wenn du hörst, dass es so vielen Hinterbliebenen auch so ging, wird der Schmerz darüber mit der Zeit weniger werden.

Für die Beerdigung wünsche ich dir und deiner Familie viel Kraft. Du wirst sie haben um deinen Vater diesen letzten Weg hier zu begleiten.
__________________
Jutta
_________________________________________




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  #30  
Alt 06.01.2009, 06:35
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Windlicht Windlicht ist offline
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Beiträge: 764
Standard AW: Dickdarmkrebs mit Metastasen

Liebe parisima ....... ich möchte dir mein herzliches beileid ausdrücken zum tod deines vaters ......
mach dir bitte keine selbstvorwürfe ...... aber es ist wirklich so dass manche die letzten
minuten ohne angehörige verbringen wollen oder müssen, bei uns musste meine mutter aus
dem zimmer gehen damit mein pa gehen konnte ........ wie jutta sagt nur ganz schnell
dann konnte er loslassen .....
dein vater konnte zu hause gehen wie er es wollte ... du und deine mutter habt ihm diesen l
etzten grossen wunsch erfüllt ...... ihn mit eurer ganzen kraft und liebe gepflegt ...... nun
wünsche ich dir und deiner mutter noch ganz viel kraft für die kommenden tage ..... zusammen
werdet ihr das schafften
ein trauriges windlichtlein
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