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  #1  
Alt 29.07.2007, 18:35
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 426
Standard Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo,

sorry + Warnung: ich muss mich gerade mal gründlich auskotzen :-/ Hat mit BK auch nur indirekt zu tun. Insofern, als meine Frau den seit Anfang des Jahres diagnostiziert hat. Direkt hat es damit zu tun, dass ich gerade akut an dem ganzen Papier- und Behördenkram verzweifle.

Dass es nicht reicht, an einer tödlichen Krankheit zu leiden - sondern dass frau dazu noch jemanden braucht, der diese Krankheit 'managt' - das wissen wir ja schon lange. Und wir sind noch gut dran. Ich habe Zeit genug, erledige den ganzen Papierkram für sie, und fahre sie hin, wo sie wann auch immer hingefahren werden muss.

Aber im Moment frage ich mich, wo wir eigentlich leben. Seit Anfang des Jahres ist der Stapel an Papieren, Briefen, Formularen usw. im Zusammenhang mit dem BK meiner Frau auf fast 20 cm gewachsen. Oh, und natürlich... wenn man mit Behörden, Ärzten, Kassen usw. telefoniert, sind alle super verständnisvoll und hilfsbereit, und alle bedauern diese unsägliche Bürokratie natürlich zutiefst. Aber sie wissen ja, die Vorschriften hier und da, und überhaupt... da kann man halt nichts machen, ausser als Patientin irgendwann zu verzweifeln.

Seit 5 Monaten warten wir auf die Anerkennung der Schwerbehinderung meiner Frau wegen BK. Tut sich nichts, weil der A*sch von Hausarzt seine Arbeit einfach nicht macht. Das Versorgungsamt rät: treten sie ihrem Hausarzt auf die Füße. Die Kasse empfiehlt: a) theoretisch: Beschwerde an die Landesärztekammer, b) theoretisch: Klage einreichen, c) pragmatisch: Hausarzt wechseln, vom alten Krankenakte anfordern... und dann hoffen, dass der neue Hausarzt das schneller erledigt. Klasse, wenn das alles so reibungslos klappt, ist wieder ein Vierteljahr vorbei. Und jedem tut es furchtbar leid. Aber sie wissen ja, leider, leider, die Vorschriften...

Zuzahlungsbefreiung bei der Kasse: kein Problem, alle super verständnisvoll, und über die 1% Selbstbeteiligung sind wir schon seit Monaten raus. Nun macht aber die Kasse Ärger, weil sie (leider, leider, sie bedauert es natürlich zutiefst) keine Apotheken-Quittungen anerkennen kann, auf denen nicht der Name meiner Frau steht. OK, sowas kommt bei uns vor. Wer denkt schon jedesmal daran, in der Apotheke die Dinger stempeln und signieren zu lassen? Und wenn man 3 Quittungen für Zoladex-Zuzahlung einreicht, eine pro Quartal, und auf der zweiten der Name nicht steht... glaubt dann die Kasse oder der Gesetzgeber ernsthaft, dass meine Frau betrügen will, indem sie sich eine Bekannte gesucht hat, deren Zoladex-Apotheken-Quittung sie als ihre eigene ausgibt??? Nein, natürlich glaubt das niemand; und es ist auch völlig klar, dass meine Frau redlich handelt - aber sie wissen ja, die Vorschriften, die Vorschriften, der Gesetzgeber: tut uns auch schrecklich leid, aber so ist es nunmal...

Fahrtkosten: wir wohnen auf dem Dorf, und meine Frau muss regelmäßig in die Großstadt in die Klinik zur Nachbehandlung. Fahrtkostenerstattung/-zuschuß bei ambulanten Behandlungen gibt es seit der letzten Gesundheitsreform nicht mehr, mit wenigen Ausnahmen. OK, darunter fällt meine Frau nicht. Sie hat jetzt die Wahl: sie läßt sich von mir fahren, 70 km pro Termin. Oder sie nimmt, wie empfohlen, den öffentlichen Nahverkehr. Mal kurz bei bahn.de recherchiert: wenn sie einen Nachmittagstermin in der Klinik hat, ist sie dann von 11.00 bis 19.00 Uhr unterwegs, 9 mal umgestiegen und 3 km zu Fuß gelaufen. Und falls sich der Termin verzögert und sie den letzten Dorfbus verpasst, läuft sie nochmal 6 km zusätzlich - oder zahlt ein Taxi vom nächsten Bahnhof aus.

Tja... und dann frage ich mich, wo wir eigentlich leben. Die Antwort ist simpel: Wir leben in einem der reichsten Länder der Erde. Wir leben in einem Land, in dem jede Halbtags-Kassiererin im Supermarkt mehr Steuern zahlt als ein > 50 Mrd. Umsatz Konzern wie Siemens o.a. Wir leben in einem Land, in dem ein Mensch, der 100 mal mehr Steuern pro Jahr hinterzieht, als ein Krebskranker für seine Behandlung zuzahlt, einfach so amnestiert wird. An der Grenze von Luxemburg mit 100.000 EUR in bar erwischt? Scheiss drauf! Einfach nachträglich eine Selbstanzeige stellen und die vorher hinterzogenen Steuern nachzahlen (dann bleibt die Weste weiss, und der kriminelle Spiessürger in seiner S-Klasse unbescholten).

Zugleich leben wir in einem Land, in dem seit Jahrzehnten über Familienpolitik und das "Recht auf einen Kindergartenplatz" diskutiert wird. Auf höchster Ebene, seit ewig, und seit ewig ohne Ergebnis. Weil das so gewollt ist. Wollte man es anders, dann wäre es schon lange anders. Weil es aber nichtr anders ist, heisst das im Klartext, dass in unserem Land Steuerhinterzieher wichtiger sind als Alte, Kranke oder Kinder. Weil die Entscheider in Berlin nunmal nicht alt, krank oder Kinder sind, sondern selbst Steuerhinterzieher.

Wenn Trulla Schmidt oder Frau von der Lüge nur _ein einziges mal_ 8 Stunden mit Bus und Bahn unterwegs wären, um läppische 45 Min. beim Arzt zu verbringen... dann gäbe es einen tierischen Aufstand in den entsprechenden Ausschüssen, und die Fahrtkostenerstattung per Taxi wäre nach 4 Wochen kein Thema mehr. Aber solange die "Volksvertreter" sich privatversichert im Benz durch die Gegend chauffieren lassen...

Und, wiegesagt, meine Frau und ich sind noch gut dran. Sie hat einen sicheren Job bei der Behörde, ist nicht wegen der Krankheit rausgeworfen worden. Wir besitzen ein Auto. Und ich habe Zeit genug, ihr den Papierkram abzunehmen und sie hinzufahren, wann und wo sie hin will. Aber was bitte macht bei Krebs eine alleinerziehende Mutter, die von Hartz IV lebt und niemanden hat, der ihre Krankheit 'organisiert' und die ganzen alltäglichen Kleinkriege mit Behörden usw. ausfechtet ?

Na ja, was soll's... Wie ich eingangs sagte, muss ich mich gerade auskotzen. Und mir ist wirklich hochgradig zum Kotzen :-(

Viele Grüße,
Stefan

PS:
Gibt es ein Land auf der Erde,
wo der Traum Wirklichkeit ist?
Ich weiß es wirklich nicht.
Ich weiß nur eins und da bin ich sicher:
Dieses Land ist es nicht. Dieses Land ist es nicht.
  #2  
Alt 29.07.2007, 20:23
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Renate2 Renate2 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo Stefans,
ich kann Deine Wut gut verstehen. Viele Dinge habe ich selbst auch erlebt.
Mir wurden auch von der Kasse Rezepte zurückgeschickt, weil z. B. bei Medis für meine Tochter nicht ihr Name vermerkt war.
Taxi wurde mir immer nur für 1 Quartal genehmigt, danach hatte ich wieder die Rennerei (Chemo 2 1/2 Jahre).
Deine Frau hat das Glück, daß Du sie fahren kannst und den Papierkram erledigst.
Ich bin zwar verheiratet, aber mein Mann kann sich aus beruflichen Gründen nicht damit befassen. Er arbeitet zu weit weg und ist erst zuhause, wenn alle Praxen schon geschlossen haben.
Die Gänge zur KK erledigt er, weil die KK dort ist, wo er arbeitet und von unserem Wohnort 35 km entfernt ist.
Vorher kläre ich alles mit Ärzten usw. ab.
Daher kümmere ich mich auch um diese ganzen Dinge, was bei der Erkrankung kräftezehrend ist.
Ich mache mir regelrecht quartalsmäßig einen Plan, welche Überweisungen zu welchen Ärzten, welche Medikamente und natürlich auch die Termine.
Es ist gut, daß Du das managen kannst.

Liebe Grüße
Renate
  #3  
Alt 30.07.2007, 00:56
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BarbaraO BarbaraO ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo Stefan,

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Hallo,

Dass es nicht reicht, an einer tödlichen Krankheit zu leiden - sondern dass frau dazu noch jemanden braucht, der diese Krankheit 'managt' - das wissen wir ja schon lange. Und wir sind noch gut dran. Ich habe Zeit genug, erledige den ganzen Papierkram für sie, und fahre sie hin, wo sie wann auch immer hingefahren werden muss.
Da gebe ich Dir Recht. Mein Mann konnte mir glücklicherweise auch gut dabei helfen.

Zitat:
Zitat von Stefans

Aber im Moment frage ich mich, wo wir eigentlich leben. Seit Anfang des Jahres ist der Stapel an Papieren, Briefen, Formularen usw. im Zusammenhang mit dem BK meiner Frau auf fast 20 cm gewachsen.
WAS sammelst Du denn da alles? 20cm?

Zitat:
Zitat von Stefan
Seit 5 Monaten warten wir auf die Anerkennung der Schwerbehinderung meiner Frau wegen BK. Tut sich nichts, weil der A*sch von Hausarzt seine Arbeit einfach nicht macht. Das Versorgungsamt rät: treten sie ihrem Hausarzt auf die Füße. Die Kasse empfiehlt: a) theoretisch: Beschwerde an die Landesärztekammer, b) theoretisch: Klage einreichen, c) pragmatisch: Hausarzt wechseln, vom alten Krankenakte anfordern... und dann hoffen, dass der neue Hausarzt das schneller erledigt. Klasse, wenn das alles so reibungslos klappt, ist wieder ein Vierteljahr vorbei. Und jedem tut es furchtbar leid. Aber sie wissen ja, leider, leider, die Vorschriften...
Warum über den Hausarzt? Habt Ihr keinen Onkologen dafür? Oder hast Du den Sozialdienst im KH gefragt?
Und warum so eilig damit? Den Steuerfreibetrag kannst Du doch erst mit der nächsten Einkommenssteuer einreichen. Die Behinderung gilt immer rückwirkend.
Und was hat dieses Land mit der Qualität Deines Hausarztes zu tun????

Zitat:
Zitat von Stefans
Zuzahlungsbefreiung bei der Kasse: kein Problem, alle super verständnisvoll, und über die 1% Selbstbeteiligung sind wir schon seit Monaten raus. Nun macht aber die Kasse Ärger, weil sie (leider, leider, sie bedauert es natürlich zutiefst) keine Apotheken-Quittungen anerkennen kann, auf denen nicht der Name meiner Frau steht. OK, sowas kommt bei uns vor. Wer denkt schon jedesmal daran, in der Apotheke die Dinger stempeln und signieren zu lassen? Und wenn man 3 Quittungen für Zoladex-Zuzahlung einreicht, eine pro Quartal, und auf der zweiten der Name nicht steht... glaubt dann die Kasse oder der Gesetzgeber ernsthaft, dass meine Frau betrügen will, indem sie sich eine Bekannte gesucht hat, deren Zoladex-Apotheken-Quittung sie als ihre eigene ausgibt??? Nein, natürlich glaubt das niemand; und es ist auch völlig klar, dass meine Frau redlich handelt - aber sie wissen ja, die Vorschriften, die Vorschriften, der Gesetzgeber: tut uns auch schrecklich leid, aber so ist es nunmal...
Ich verstehe auch hier das Problem nicht. Ich bekomme alles, was ich über das eine Prozent bezahlt habe, zurück. Am Jahresende bekomme ich eine Aufstellung über die Selbstzahlung, die ich dann einreichen kann. Dabei gibt es keine Probleme.
Es ist ganz einfach, in der Apotheke darauf zu achten, dass die Quittungen vollständig ausgefüllt sind. Ich verstehe auch dieses Problem nicht.
Der Krankenkassensachbearbeiter darf nur aufgrund von vollständigen Quittungen zahlen. Wir erwarten doch keine Kompetenzübertretung, die negative Folgen für ihn haben kann, nur weil der Patient "geschlafen" hat?

Zitat:
Zitat von Stefans
Fahrtkosten: wir wohnen auf dem Dorf, und meine Frau muss regelmäßig in die Großstadt in die Klinik zur Nachbehandlung. Fahrtkostenerstattung/-zuschuß bei ambulanten Behandlungen gibt es seit der letzten Gesundheitsreform nicht mehr, mit wenigen Ausnahmen. OK, darunter fällt meine Frau nicht. Sie hat jetzt die Wahl: sie läßt sich von mir fahren, 70 km pro Termin. Oder sie nimmt, wie empfohlen, den öffentlichen Nahverkehr. Mal kurz bei bahn.de recherchiert: wenn sie einen Nachmittagstermin in der Klinik hat, ist sie dann von 11.00 bis 19.00 Uhr unterwegs, 9 mal umgestiegen und 3 km zu Fuß gelaufen. Und falls sich der Termin verzögert und sie den letzten Dorfbus verpasst, läuft sie nochmal 6 km zusätzlich - oder zahlt ein Taxi vom nächsten Bahnhof aus.
Was ist mit Nachbehandlung gemeint? Für Chemo und Strahlentherapie gibt es nach wie vor Fahrkostenerstattung.
Wenn damit aber die Nachsorge gemeint ist und sie keine körperlichen Einschränkungen hat, müssen die Fahrkosten selbst getragen werden.

Für Euren Wohnort kann die Krankenkasse nichts. Sicher werden sie für Euch auch kein Krankenhaus am Dorfrand bauen.

Zitat:
Zitat von Stefans
Tja... und dann frage ich mich, wo wir eigentlich leben. Die Antwort ist simpel: Wir leben in einem der reichsten Länder der Erde. Wir leben in einem Land, in dem jede Halbtags-Kassiererin im Supermarkt mehr Steuern zahlt als ein > 50 Mrd. Umsatz Konzern wie Siemens o.a. Wir leben in einem Land, in dem ein Mensch, der 100 mal mehr Steuern pro Jahr hinterzieht, als ein Krebskranker für seine Behandlung zuzahlt, einfach so amnestiert wird. An der Grenze von Luxemburg mit 100.000 EUR in bar erwischt? Scheiss drauf! Einfach nachträglich eine Selbstanzeige stellen und die vorher hinterzogenen Steuern nachzahlen (dann bleibt die Weste weiss, und der kriminelle Spiessürger in seiner S-Klasse unbescholten).

Zugleich leben wir in einem Land, in dem seit Jahrzehnten über Familienpolitik und das "Recht auf einen Kindergartenplatz" diskutiert wird. Auf höchster Ebene, seit ewig, und seit ewig ohne Ergebnis. Weil das so gewollt ist. Wollte man es anders, dann wäre es schon lange anders. Weil es aber nichtr anders ist, heisst das im Klartext, dass in unserem Land Steuerhinterzieher wichtiger sind als Alte, Kranke oder Kinder. Weil die Entscheider in Berlin nunmal nicht alt, krank oder Kinder sind, sondern selbst Steuerhinterzieher.

Wenn Trulla Schmidt oder Frau von der Lüge nur _ein einziges mal_ 8 Stunden mit Bus und Bahn unterwegs wären, um läppische 45 Min. beim Arzt zu verbringen... dann gäbe es einen tierischen Aufstand in den entsprechenden Ausschüssen, und die Fahrtkostenerstattung per Taxi wäre nach 4 Wochen kein Thema mehr. Aber solange die "Volksvertreter" sich privatversichert im Benz durch die Gegend chauffieren lassen...

Und, wiegesagt, meine Frau und ich sind noch gut dran. Sie hat einen sicheren Job bei der Behörde, ist nicht wegen der Krankheit rausgeworfen worden. Wir besitzen ein Auto. Und ich habe Zeit genug, ihr den Papierkram abzunehmen und sie hinzufahren, wann und wo sie hin will. Aber was bitte macht bei Krebs eine alleinerziehende Mutter, die von Hartz IV lebt und niemanden hat, der ihre Krankheit 'organisiert' und die ganzen alltäglichen Kleinkriege mit Behörden usw. ausfechtet ?

Na ja, was soll's... Wie ich eingangs sagte, muss ich mich gerade auskotzen. Und mir ist wirklich hochgradig zum Kotzen :-(

Viele Grüße,
Stefan

PS:
Gibt es ein Land auf der Erde,
wo der Traum Wirklichkeit ist?
Ich weiß es wirklich nicht.
Ich weiß nur eins und da bin ich sicher:
Dieses Land ist es nicht. Dieses Land ist es nicht.
Wenn sich oben nichts tut, muß man unten rütteln.
Das ist eigentlich für eine bisher noch nicht vorhandene KK-Meckerecke geeignet.
Mit BK hat das wirklich nichts zu tun.

Ich bin noch immer glücklich darüber, dass ich nicht mit Abdul und Tanaja tauschen muß.

Und wenn es denn dieses Land nicht ist, dann wüßte ich doch gerne, wo Du größere Hoffnungen für uns in unserer Lage siehst. Ich würde vielleicht dorthin auswandern.
  #4  
Alt 30.07.2007, 15:37
Benutzerbild von BarbaraO
BarbaraO BarbaraO ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Zitat:
Zitat von BarbaraO Beitrag anzeigen
Wenn sich oben nichts tut, muß man unten rütteln.
Ansonsten wünsche ich weiter ein frohes Klagen. Dazu empfehle ich den Kursus: Lerne Klagen ohne zu leiden.Den habe ich auch mal belegt. Da sind ganz viele tolle Leute, die einem Recht geben, wenn man mal ausrastet. Das beruhigt so, dass man sich wieder ganz bequem auf sein Sofa legen kann.

Die Alternative dazu wäre, sich zu engagieren und selbst dafür zu sorgen, dass sich die Dinge ändern. Das ist allerdings nicht so bequem.
  #5  
Alt 30.07.2007, 16:47
Bärbel 50 Bärbel 50 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo Steffan,
Deine Frau kann sich glücklich schätzen, das sie Dich hat.
Ich mußte zu meinen Chemos selbst fahren, kam nach Brustamputation
aus dem Krankenhaus nach 5 Tagen. Was auf mich gewartet hat, war
eine 16 jährige Tochter, die den ganzen Laden alleine schmiß, ein Ehemann, der meinte ich häbe es gut, könnte ja nun mich endlich mal zu Hause so richtig
erholen!!!!
Dazu muß ich aber sagen, das es bei uns in der Nähe keinen Supermarkt
gibt, den man zu Fuß erreichen kann. Mein Mann fährt kein Auto und da
mußte schich die Bärbel frisch opperriert ans Steuer setzen und einkaufen
fahren.
Weißt Du was mal eine alte Patientin zu mir gesagt hat?,,Breites Kreuz,
dickes Fell da geht viel drauf". Und die Hauptsache ist doch, das man nicht
jammert sondern immer gut funktioniert.
Den Papierkrieg hatte ich auch und das alleine. Weißt Du die Nächte sind doch
sooo lang Gruß Bärbel
  #6  
Alt 02.08.2007, 00:04
mahanuala mahanuala ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

gut daß hier einige was zum *jammern auf hohem niveau* geschrieben haben!!!! zumal , wenn ich mich nicht täusche, stefan in einem anderen forum mal was zu geschrieben hat, daß er und seine frau für andere erkrankungen schon umfangreich vom sozialsystem mitgetragen wurden...

klar muß es papierkram geben, schließlich will ich als beitragzahler und steuerzahler sicher sein daß das geld dort ankommt, wo es hinsoll, zum beispiel daß stefans frau und andere auch noch ausreichend lange behandlung bekommen können (was europaweit selbst in skandinavien nicht so ist!)

leider sind da nicht alle leute ehrlich....daß das lästig ist, kann ja sein....aber in anderen ländern müssen familien nebentätigkeiten oder kredite aufnehmen um alles selbst zu bezahlen...was ist da schon der papierkram (wir kennen das auch....)der ist verglichen damit schnell erledigt....

gesundheit ist teuer und die realität ist daß alle möglichst wenig zahlen wollen und unnötige ausgaben nicht wollen (also auch kontrollen),solange es sie nicht selbst betrifft.
das ist hart, aber realität auch in einem vergleichsweise reichen land.

außerdem zwingt einen niemand auf dem land zu leben...das hat vorteile und nachtteile...ein nachteil ist eben daß dann medizinische versorgung weitere anfahrtswege benötigt....wo ich lebe, ist meine entscheidung, die ich mit allen vor- und nachteilen wie andere entscheidungen im leben auch, dann in kauf nehmen muß.

realitäten sind oft unangenehm, auch in anderen lebensbereichen.....und hierzulande sind sie vergleichsweise erträglich, finde ich

gruß von
mahanuala
__________________
once you have tasted filght,
you will walk the earth with your eyes

turned skyward
for there you have been
and there you want to return

leonardo da vinci
  #7  
Alt 03.08.2007, 16:46
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo Manuela,

Zitat:
Zitat von mahanuala Beitrag anzeigen
gut daß hier einige was zum *jammern auf hohem niveau* geschrieben haben!!!! zumal , wenn ich mich nicht täusche, stefan in einem anderen forum mal was zu geschrieben hat, daß er und seine frau für andere erkrankungen schon umfangreich vom sozialsystem mitgetragen wurden...
Ich dachte, ich hätte mich klar genug geäußert. Aber scheinbar nicht, darum versuche ich es noch einmal.

Mir geht es nicht darum, dass meiner Frau oder mir wichtige Leistungen vorenthalten wurden oder werden. Und ja, auch wir haben in der Vergangenheit schon einige Leistungen in Anspruch genommen. Und auch da habe ich mich niemals darüber beschwert, dass diese Leistungen 'zu wenig', 'zu teuer' oder 'minderwertig' waren. Vielleicht ist das nun endlich geklärt?

Im Gegenteil - wenn ich an 'meine' Leistungen der Kasse denke - die wollte ich überwiegend gar nicht haben. Nach Einweisung in der Klapsmühle 6 Monate lang stationäre Psychotherapie? Tolle Sache, kostet nur 6 x 30 x 300 = 54.000 EUR. Wollte ich nicht, hielt ich für sinnlos, und habe ich nach einem Drittel der Kosten abgebrochen. Psychoanalyse? Hat man mir x-fach angedient, sollte ich dringend machen. Kostet, konsequent durchgezogen, auch nur 20.000 EUR. Und wenn ich, wie jedesmal, sage, dass mir soviel Kohle für eine anal-oder-sonstwas-regressive Nabelschau zu teuer und sinnlos erscheinen, und ich diese Behandlung ablehne... dann guckt der Therapeut nur dumm uns sagt: "Aber wieso denn - das zahlt doch die Kasse!"

Soviel zur Geldverschwendung. Aber wenn ich für diese Krankheit ein aktuelles Medikament verschrieben haben möchte, das gut wirkt, und von dem mir nicht die Haare ausfallen und ich 20 kg zunehme... tja, dann muss ich bei den ambulanten Psychiatern hausieren gehen, bis ich einen finde, der meint, dass er das wenigstens zeitweise mit Mühe und Not noch in seinem Budget unterbringen könnte.

Was bleibt mir also übrig? Klar: ich klopfe morgen an die Pforte der nächsten Klapsmühle, werde für mindestens ein Vierteljahr hospitalisiert (Arbeitgeber und Kasse zahlen ja Lohn bzw. Krankengeld, überhaupt kein Problem). Und _da_ bekomme ich auch ohne Probleme (und ohne eigene Zuzahlung pro Rezept) das Medikament, das mir hilft, und das der ambulante Psychiater mangels Budget nicht verschreiben zu können meint.

Das ist toll. Im Klartext heisst das: ich muss krank geschrieben werden und 300 EUR Kosten täglich verursachen, um die 3,00 EUR täglich für ein adäquates Medikament erstattet zu bekommen - das es mir erlauben würde, weiterhin arbeitsfähig zu sein und Beiträge zur Sozialversicherung zu bezahlen.

Wenn das nicht völlig absurd ist, dann weiss ich es auch nicht...

Und falls es noch absurder geht (kann man absurd überhaupt steigern?), dann bei dem Genehmigungsverfahren der ambulanten Psychotherapie. Da geht es um Kosten von 25 x 55 = 1.375 EUR für die Behandlung. Dafür muss der Therapeut einen ausführlichen Bericht schreiben, der Psychiater eine Stellungnahme, und bei der Kasse müssen mehrere unabhängige Gutachter ihren Senf dazu geben - und natürlich einen Bericht schreiben. Allein dadurch sind die Verwaltungskosten des Genehmigungsverfahrens höher als die Kosten der Behandlung. Und wenn ich den Steuerzahler richtig belasten will, dann lege ich als moderner, aufgeklärter Patient bei Ablehnung der Therapie natürlich sofort Widerspruch ein. Und schon dreht sich das ganze Kosten-Karussel auf's neue...

Was das heisst? Die formal-bürokratisch-korrekte Ablehnung dieser Leistung kostet den Steuerzahler etwa doppelt soviel wie die ungeprüfte Anerkennung dieser Leistung. Oder anders gesagt: bei uns wird im Gesundheitswesen knallhart gespart - koste es, was es wolle :-(((

Und alle Beteiligten sind genervt und überlastet. Die Patienten, die Ärzte, die Therapeuten, die Kassen. Weil alle wissen, dass damit völlig sinnfrei endlos Kohle und Arbeitszeit verpulvert wird, ohne dass irgendetwas Sinnvolles dabei heraus kommt. Aber - und das ist das Wesen der Bürokratie - es gibt niemanden, der dafür zuständig oder gar verantwortlich ist. Alle Beteiligten bedauern das zutiefst, aber sie sind alle nicht zuständig, und sie beugen sich alle ganz ganz ganz schrecklich bedauernd den Vorschriften :-/

Viele Grüße,
Stefan
  #8  
Alt 01.08.2007, 09:54
Lena2 Lena2 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo ihr Lieben,

seit Monaten bin ich nur noch stille Mitleserin, aber heute melde ich mich kurz zu Wort.

Ich für meinen Teil, habe keine Probleme mit meiner Krankenkasse oder Behörden gehabt. Ganz im Gegenteil, die Kasse rief sogar bei mir an, da ich vergessen hatte, meinen Antrag für Krankengeld einzureichen.

Mein Motto lautet: Das was ich ausstrahle bekomme ich auch zurück, daher strahle ich über beide Backen, oder heißt es Wangen?

Ärzte und Sachbearbeiter, ich schmeiße sie jetzt mal alle zusammen, kochen ihren Kaffee auch nur mit Wasser und sind Menschen wie du und ich. Trete ich ihnen als Mensch gegenüber auf, meine ich hier und da einen Seufzer der Erleichterung zu hören.

Wie wahr Barbara- so wie man es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Stefan, versuche es doch mal mit Freundlichkeit, ich hoffe du findest dich dann nicht zum K.......

Eine mit den Ärzten und Behörden zufriedene

Marlene
  #9  
Alt 01.08.2007, 12:08
Stefans Stefans ist offline
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Hallo,

mit einiger Verspätung (wir können nur per UMTS/GPRS ins Netz, und Eplus/Base streikt da mitunter konsequent) ich nochmal. Ich wusste nicht, dass ich so hohe Wellen schlage. Und ich gebe gerne zu, dass ich in meinem Zorn Dinge über einen Kamm geschoren habe, die (so) nicht zusammen gehören. Ich versuche es daher mit einigem Abstand nochmal...

Zunächst: mir ging es beim "Jammern auf hohem Nievau" nicht um den Leistungsumfang der gesetzlichen Kassen (wobei ich manche Bereiche da wirklich unterblichtet finde - die nicht vorhandenen Fahrtkostenzuschüsse gehören dazu). Im Gegenteil. Ich kenne aus 'meinem' Krankheitsbereich viele Leistungen, die weitgehend sinnfrei sind und IMHO ersatzlos gestrichen gehörten.

Wiegesagt, meine Frau und ich sind privilegiert. Eigenheim, Job, Auto, viel Zeit... Und die 1% Zuzahlung vom Bruttoeinkommen sind nur ein paar EUR mehr, als wir für die Gebäudeversicherung hier zaheln müssen. Interessiert mich vom Betrag her wirklich nicht näher. Weswegen ich in meinem Zorn auch die ganzen Quittungen und Antragsformulare einfach entsorgt habe, und wir eben künftig einfach zuzahlen werden, soviel es halt ist. Das mag uns ein paarhundert EUR im Jahr kosten - aber es spart Nerven für ein Vielfaches dieses Betrages.

Mir geht es vielmehr im wesentlichen um das Generv mit der verbundenen Bürokratie. Und die wird mit jeder "Reform" schlimmer. Da kann es das Gesundheitswesen langsam aber sicher an Irrwitz mit dem Steuerrecht aufnehmen. Jedesmal wird von Kostensenkung, Vereinfachung und Entbürokratisierung geredet. Aber - komisch - jedesmal scheitern wirkliche Reformen an Lobbyisten. An den Fachärzten, an den kassenärtlichen Vereinigungen, an den Kliniken, an der Pharmaindustrie. Und jedesmal bleiben als Zahler diejenigen übrig, die keine gute Lobby haben: die Patienten, die Allgemeinmediziner, das Pflegepersonal. Und jedesmal wächst der Wasserkopf der Verwaltung.

Ein paar Beispiele zur Erinnerung ??? Es war die gesundhgeitspolitische Lüge des 'doctor hopping' (das nach Expertenansicht nie in nennenswertem Ausmass existiert hat), die plötzlich den Hausarzt in die 'pole position' versetzen sollte, um Kosten für die Inanspruchnahme von Fachärzten zu senken. Schön. Nur hat man den Allgemeinmedizinern mit der Budgetierung zugleich jegliche Möglichkeiten genommen, Fachärzte da zu ersetzen, wo sie nicht nötig wären. Und läßt sie ausführliche Patientengespräche und Hausbesuche praktisch auf eigene Kosten durchführen. Der Effekt: Zu jedem Quartalsanfang stapeln sich beim Hausarzt Patienten, die nichts wollen als Überweisungen. Und selbst dafür muss ich hier bei meiner Hausärztin eine Stunde im Wartezimmer hocken. Tun kann sie für mich nichts, dafür hat sie kein Budget. Allerdings vergibt sie wegen Überlast Termine nur noch ein Viertljahr im voraus. Und das nicht existente 'doctor hopping', das damit unterbunden werden sollte, wurde erstr durch diese Reform ausgelöst. Ich muss nun nämlich in jedem Quartal zu 2 Ärzten statt zu 1. Das spart sicher ganz viel Geld, Zeit und Arbeitsaufwand...

Praxisgebühr. Eine nach einhelliger Meinung absolut aberwitzige Aktion, bei der von den 10 EUR Gebühr vielleicht 10 oder 50 Cent an Kosteneinsparung überbleiben. Völlig absurd, die Ärzte zu Inkassounternehmen des Staates zu machen. Da werden halt Handkassen geführt, Rechnungen und Quittungen gedruckt, gestempelt und unterschrieben, Bargeld zur Bank getragen, abgerechnet, von der Kasse geprüft, usw... Spareffekt gleich null. Aber endloser Aufwand an Arbeitszeit, Verwaltung und Papier. Gemessen an diesem Blödsinn ist selbst die Agrarpolitik der EU mittlerweile ein Muster an Effekitivität und Sparsamkeit.

Dabei wäre es so einfach. Zuzahlung? Kein Problem. Wenn jeder Versicherte einmal jährlich eine Rechnung von der Kasse bekäme, die die von ihm in Anspruch genommenen Leistungen samt Kosten aufführt (da könnte er dann auch gleich mal gucken, welche Leistungen die Ärzte abgerechnet haben, ohne sie zu erbringen) und die Zuzahlungen, die er leisten muss... dann stünde darunter ein einfacher Hinweis, dass es sich ab xy Bruttolohn pro Jahr lohnen würde, einen Antrag auf Zuzahlungsbefreiung zu stellen. Statt dessen sammeln wir Quittungen, stellen Anträge, machen Kopien von jedem Quark, die Kasse prüft, usw. Warum das nicht einfacher geht? Einfach, weil sich die starken Lobbies seit ewig mit Händen und Füßen gegen jegliche Kostentransparenz wehren. Und seit 20 Jahren jeder Gesundheitsminister systematisch vor diesen Lobbies einknickt.

Was mich daran stört: zum einen basieren die 'Reformen', die da jährlich verbrochen werden, auf Lügen. Wie auf der böswilligen Unterstellung, die Menschen wären gerne krank und würden nur so zum Spass zu x Ärzten parallel laufen. Und auf der grundlegenden Lüge, dass Gesundheit in D immer teurer werde. Das ist nicht wahr. Gemessen am immer steigenden Lesitungsumfang (und für die Alterspyramide in D kann der Beitragszahler nichts) ist unser Gesundheitswesen nicht teuer oder ineffektiver als vor 20 Jahren. Es gibt vielmehr, wie schon jemand ansprach, nur eine massive Finanzierungsschieflage. Von Jahr zu Jahr wird ein immer größerer Anteil des Voplkseinkommens nicht durch lohnabhängige Arbeit, sondern durch Kapitalgewinne erzielt. Die Finanzierung des Gesundheitswesens basiert aber im wesentlichen auf den Zahlungen der Lohnabhängigen. Deshalb müssen die Kassenbeiträge ständig steigen, auch ohne dass die Gesundheitsversorgung teurer wird. Weil es einfach immer weniger Menschen gibt, die für alle bezahlen müssen. Das liesse sich ganz simpel lösen, indem man die Kassenfinanzierung über Steuerquellen erbringt statt über die bisherigen Beiträge.

Zum anderen, dass die damit verbundene Bürokratie inneffektiv, ungerecht und geeignet ist, zu systematischer Untreue und Vorteilsnahme zu animieren. Mit der Praxisgebühr zaheln wir den Wasserkopf der Verwaltung, keine medizinische Behandlung. Und je mehr sich das Aufgabenfeld der Ärzte weg vom Patienten und hin zu Kostenfragen bewegt, desto mehr Kreativität und ARbeitszeit verwenden sie darauf, den Kassen ein Schnippchen zu schlagen. Hat sich noch nicht rumgesprochen, dass nicht nur Kliniken, sondern auch Ärzte problemlos ihr controlling durchführen können? Und dann eben das tun, was ihnen Einkommen bringt, und das unterlassen, wobei sie draufzahlen. Was ich Ärzten und Kliniken gar nicht mal vorwerfen kann. Es muss halt jeder sehen, wie er überlebt. Wieviel dabei von Redlichkeit und Gesetzestreue zu halten ist, zeigen die Vorstrafenregister unser Volksvertreter. In einem Land (das mal wieder...), in dem der Ehrenvorsitzende einer Volkspartei ein rechtskräfitg verurteilter Krimineller ist (weswegen? Natürlich: Steuerhinterziehung), kann man von Patienten und Ärzten kaum die Moral erwarten, die bei den Vertretern der Legislative schon lange ausgestorben ist. Insofern: doch, wir sind auf dem Weg zur Bananrepublik. Und auf diesem Weg schon ziemlich weit vorangeschritten.

Die Zeche zahlen die einfachen, dummen Konsumenten. Nicht wir hier. Schon, wer in der Lage ist, hier ein posting zu lesen oder zu schreiben, ist privilegiert. Er hat das Geld für einen Rechner, für den Internetzugang, und er hat die Zeit und Kompetenz, nach Infos zu recherchieren - sonst wäre er nicht hier. Die, die am Arsch sind, sind die, de nicht hier sind. Weil sie dafür kein Geld, keine Zeit oder kein Wissen haben. Die, die deshalb nicht wissen, welche Leistungen ihnen zustehen; oder die nicht in der Lage sind, den Papierkrieg zu gewinnen, der ihnen abverlangt sind. Mitunter sogar noch solche, die sich schämen, dem Sozialwesen zur Last zu fallen.

Was das 'sich wehren' betrifft: das kann nicht jeder. Denn dazu gehört Geld, Wissen, Zeit und Unterstützung. Natürlich kann ich den Hausarzt wegen Untätigkeit verklagen. Ich bin prozesskostenversichert, ich kann mich im Netz schlau lesen, und ich bin auch noch halbwegs jung, schlau und dynamisch für sowas. Wenn ich das nicht tue, dann deswegen, weil es mir den Stress nicht wert ist. Damit bin ich aber - wie die meisten alle hier - nicht repräsentativ. Mein Schwiegervater, der nach 1 Woche im Krankenhaus wund gelegen ist, weil das Pflegepersonal keine Zeit mehr zum Umlagern hat, der kann das nicht. Und den bemerkt keiner, weil er sich weder beim Arzt, noch bei der Kasse, noch online irgendwo beschwert. Nur: dass man den nicht 'jammern' hört, heisst mitnichten, dass es den in D nicht millionenfach gibt.

Viele Grüße,
Stefan
  #10  
Alt 30.07.2007, 17:06
Erzwolf Erzwolf ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo,

auch ich habe für meine Frau den Papierkram etc. übernommen, kann aber die Probleme des Threaderstellers nicht nachvollziehen. Klar fällt bei sowas viel Schreibkram an, aber Probleme gab es bei uns bisher nie. Die Ärzte stellen jede von uns gewünschte Bescheinigung sofort aus, die Krankenkasse hat die Krankenfahrten für uns organisiert, die Apotheke hat angeboten für die Zuzahlungen Buch zu führen und dann einen gesammelten Ausdruck für die KK zu erstellen, die Krankenkasse hat auch die eine Apo-Quittung ohne Name und Stempel anerkannt und den überzahlten Betrag innerhalb von einem Tag angewiesen. Auch sonst haben wir Bescheide etc. von der Kasse spätestens 2 Tage nach Einreichen im Briefkasten. Da können wr uns echt nicht beschweren. Und ganz ehrlich, wenn ein Arzt seine Arbeit nicht macht, dann liegt das nicht am Land sondern am Arzt.
  #11  
Alt 30.07.2007, 21:12
Benutzerbild von suze2
suze2 suze2 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

lieber stefan, ich möcht mich luci katze anschließen. bin zwar nicht aus D, sondern aus Ö, aber einiges gilt auch für uns.
liebe gloria, nein, keine grenze hält uns davon ab, das land zu verlassen, aber wenn man immer nur dorthin schaut, wo es noch schlechter ist, dann wird die kritik im keim erstickt. das find ich gar nicht gut und ich kann mir nicht vorstellen, dass du es wirklich so meinst. nämlich so, dass man, wenn einem was nicht passt, eben woanders hin gehen soll.

dass wir froh sein können, in mitteleuropa zu leben, das ist klar. deswegen spende ich nach jeder nachsorge an ärzte ohne grenzen - ich HATTE medizinische betreuung und möchte in meinem sehr bescheidenen rahmen dazu beitragen, dass diese auch andere menschen haben.
aber trotzdem - unser gesundheitssystem und unser sozialversicherungssystem sind eben nicht perfekt.
und da rede ich jetzt nicht (nur) von vollkommen überfüllten ambulanzen, einer chemotherapie-tagesklinik, in der es nicht genug infusionsständer gibt, das sind die kleinigkeiten, die sicher dem "personal" mehr zu schaffen machen als den patientinnen. weiters: dass homöopathie nicht bezahlt wird, dass es bei der mistel erst seit ca 1 jahr bezahlt wird, dass die patienten nicht über ihre befreiung vom selbstbehalt informiert werden... dass es privatpatientInnen gibt und solche, die auf der ambulanz 4 stunden warten.
also: mal schimpfen ist schon okay.

besten wunsch an uns alle und dass wir die bestmögliche betreuung bekommen!
s
  #12  
Alt 30.07.2007, 21:49
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Karin55 Karin55 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo Stefan,

ich habe auch manche Tage, an denen ich sehr sauer bin: auf das System, auf die Umstände usw. Also kann ich dich verstehen. Dennoch bin ich auch manchmal ganz froh über die Hilfen, die angeboten werden.

Ich will mal ein kleines Beispiel herausgreifen, sonst würde die Diskussion unendlich werden: Auf meiner letzten Kur lernte ich eine sportlich aktive, sehr mobile Frau kennen, die ihre Fahrten zur Bestrahlung per Taxi bezahlt bekommen hatte. Gerade weil ich von dieser Möglichkeit nichts wusste und meine 6 Wochen täglich - egal wie ich mich fühlte - mitten durch den Berliner Stadtverkehr mit dem eigenen Auto (zum Glück hatte ich eines!) machen musste, weil ich beim Versuch, mit den Öffentlichen zu fahren, beinahe kollabierte - war ich wirklich neidisch, ich gebe es zu. Aber ich habe die Benzinkosten erstattet bekommen und das auch ganz gut bewältigt. Wäre es für deine Frau nicht auch eine Möglichkeit, dass sie für die Nachbehandlungen Euer Auto nimmt und selber fährt, oder brauchst du es ganz dringend für deine Arbeit?

LG

Karin
  #13  
Alt 29.07.2007, 20:32
nicol33 nicol33 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

hallo stefan,
wie recht du doch hast............... ich kotze auch mit.
deine frau kann sich glücklich schätzen so einen mann wie dich zu haben.
viele grüße nicol
  #14  
Alt 29.07.2007, 20:44
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Sunpower77 Sunpower77 ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Naja, ich weiß nicht. Wäre es dir lieber du würdest in irgendeiner Bananenrepublik leben und deine Frau könnte gar keine Behandlung erhalten? Ihr macht es euch immer sehr leicht mit dem Kotzen und Schimpfen auf´s Land, ich glaube unser Land gehört noch zu denen, wo man drei Kreuze schlagen kann, wenn man solch eine Krankheit bekommt und im sozialen Netz so einigermaßen aufgefangen wird. Und zwar im guten Sinne. Erhalte diese Diagnose mal in Timbuktu - da kannst du den Sarg direkt in Auftrag geben. Also immer schön positiv denken *ggg* hilft auch bei der Bewältigung der Krankheit.
__________________
LG

Pia


*Streite nie mit einem Dummen - dazu musst du auf sein Niveau herab und dort schlägt er dich mit seiner Erfahrung*
  #15  
Alt 29.07.2007, 20:46
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Blauerschmetterling Blauerschmetterling ist offline
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Standard AW: Dieses Land ist es nicht :-(

Hallo Stefan,

Du hast genau ins Schwarze getroffen. Durch Dein Engagement bist Du Deiner Frau eine große Hilfe. Und für die Erkrankte ist es sicher eine Erleichterung, wird sie von ihrem Mann zu den Terminen begleitet. Der Schriftkram ist sowieso verwirrend.

Euch Beiden liebe Grüße
Anneli
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