Papa hat Flügel bekommen...

[Taddl]

Liebe Schneekugel,

ich danke dir für deinen Eintrag auf meinem Thread.

Der Grabstein meines Vater hatte auch bis April (er verstarb im Oktober 2008) gebraucht. Mein Vater wurde nicht mal 60. Er starb 21 Tage vor seinem Geburtstag. Ein Abschluss wird der Grabstein nicht sein. Du wirst dastehen Blumen pflanzen und es nicht glauben, wenn du seinen Namen ließt. Der Abschluss liegt in dir.

Aber ich bin mir sicher, dass du das schaffst und es tut mir sehr leid, dass du im Moment so leidest . Wir werden den Tod von unseren Stiefvätern immer bedauern, sie waren gute Stiefväter. Bessere hätten wir uns nicht wünschen können.

Liebe Schneekugel, ich wünsche dir nur das allerbeste sende dir viele und hoffe du schreibst mir wieder.

LG Taddl

[dani33]

Liebe Irina,
hoffe es geht Dir heute, ein kleines Stückchen, besser.
Ich Hoffe Du hattest schöne Ablenkung,
drücke Dich ganz lieb
und lasse Dir schöne Grüße da.
Dani

[Schneekugel]

Hallo Ihr Lieben,

ich war mal wieder lange nicht hier. Ich habe festgestellt, dass es mir nicht wirklich gut tut mich zu viel mit dem Thema Krebs zu beschäftigen. Noch nicht jedenfalls. Und hier im Krebskompass stößt man ja zwangsläufig auf viele, schlimme Schicksale.
Ich fühle mich noch immer betäubt. Immer noch diese ab-und-auf und auf-und-ab-Phasen. Mal kann ich normal über Papa reden, mal bringt mich der Gedanke an ihn schon zum heulen. Aber es ist nicht dieses befreiende Heulen. Eher das, wonach es einem den ganzen Tag schlecht geht. Ich habe das Gefühl, dass mir irgendwas zur Trauerbewältigung fehlt, weiß aber nicht was. Momentan mache ich mir auch ständig sorgen um Mama. Wenn ich bei ihr bin und dann wieder gehe, habe ich ein schlechtes Gewissen. Der Gedanke, dass sie jetzt ganz allein in der Wohnung ist, macht mich traurig. Offiziell wohne ich auch noch da, bin aber die allermeiste Zeit bei meinem Freund. Ich weiß nicht. Ab morgen werden wir erst mal ein wenig renovieren. Mama macht das leere Bett mehr zu schaffen, als sie anfangs dachte. Zumal sie immer die Stelle vor Augen hat an der Papa nach seinem Schlaganfall hilflos auf dem Boden saß. Sie macht sich ja eh die größten vorwürfe, dass sie ihn nicht früher entdeckt hat.
Wir werden umstreichen, den Kleiderschrank lackieren, ein neues, kleineres Bett kaufen und dekorieren. Kurz: Wir werden IHR Zimmer daraus machen. Noch ist es eben das Schlafzimmer meiner Eltern.
Ich hoffe, dass es Euch einigermaßen gut geht. Denkt Ihr -so wie ich- auch schon voller Angst an Weihnachten? Es ist noch eine Weile hin, dennoch beschäftigt es mich jetzt schon und ich sehe Weihnachten wortwörtlich ins Wasser fallen. Tränen in dem Fall.

Liebe Grüße

Irina

[dani33]

Liebe Irina,
habe oft an Dich gedacht, schön das Du geschrieben hast.
Gerade vor kurzem war der 24.07., hab auch an Weihnachten gedacht,
weil es nur noch 5 Monate sind.
Ich hab davor auch Angst, mein erstes Weihnachten alleine, ohne Eltern.
Ein Tag werde ich bei meinem Bruder sein und das war es auch schon.
Ich habe mich aber zum Weihnachtsdienst eingetragen, das lenkt ab.
Ich drücke Dich ganz lieb und wünsche Dir Kraft und Zuversicht!
Alles Liebe
Dani

[Schneekugel]

Hallo Papa,

ich weiß ich habe mich lange nicht mehr gemeldet, aber ich bin mir sicher, dass Du meine Gedanken auch so kennst. Ich habe Angst. Der Tag an dem sich mein Leben für immer verändert hat, naht. In vier Tagen jährt sich zum ersten mal der Tag an dem ich erfahren habe: "Dem Arzt gefallen die Mandeln nicht!" Letztendlich waren es zwar nicht die Mandeln, aber dennoch Krebs. Heute vor einem Jahr warst Du schon sehr schlapp. Du hast Unmengen abgenommen. Ich glaube morgen und übermorgen vor einem jahr waren Deine letzten Arbeitstage. Ich habe gerade unten rechts an meinem PC im kalender nachgesehen. Einfach die Zeit zurückgeblättert. Ich wünschte das würde auch außerhalb des PC´s funktionieren
Damals hast Du noch gesaht: "Ich lasse mich aber höchstens eine Woche krankschreiben!" Nach Deinem Tod habe ich mir Dein Handy angesehen. Du hast Deinem Arbeitskollegen noch geschrieben: "Morgen bin ich wieder da!"
Ich glaube sie vermissen Dich. Das haben sie uns auf der beerdigung versichert.
Es hat mir das Herz gebrochen, als ich Dein Handy gesehen habe. Du hattest immer ein Bild vom 1.FC Köln oder den Kölner Dom auf Deinem Handy. Aber Du hast es geändert. Erst nach Deinem Tod habe ich gesehen, dass Du als Hintergrund ein Foto von dem Blumenstrauß, den Ihr von Tante karin und Onkel Ernie bekommen habt, eingestellt hast. Neben dem Strauß steht das Hochzeitbild von Dir und Mama. Ich stehe zwischen Euch. Wir waren eine Familie und dass Du den Hintergrund geändert hast, zeigt mir wie wichtig wir Dir waren. Wir haben zusammen geweint, als die Ärzte Dir sagten, dass die Diagnose Krebs noch gar nicht sicher ist. Und wir haben zusammen geweint, als es doch bestätigt wurde. Auch zwischendurch haben wir zusammen geweint, weil wir alle Angst hatten. Um Dich.
Ich kann nicht fassen, dass ich Dich einen tag vor Deinem Tod angeschriene habe, dass Du essen sollst. Du sagtest: "Schrei doch nicht so. Das tut mir weh!" Und ich schrie wieder: "Was glaubst Du wie weh es mir tut Dir beim Sterben zuzusehen?" Etwa 12 Stunden später warst Du tot. Wieso hab ich Dich so angeschrien? Auch meine Angst hat mich dazu nicht berechtigt. Wir haben uns zwar beide wieder eingekriegt, aber dennoch werfe ich es mir heute vor.
Später haben wir noch zusammengesessen. Ich habe mit Mama Papiere sortiert und Du hast mir geholfen Sie durch den Aktenvernichter zu ziehen. Vorher hast Du sogar den Vogel noch sauber gemacht. Woher hattest Du die Kraft? Man reinigt doch keinen Vogelkäfig einen tag bevor man stirbt. der um es anders zu formulieren: Wenn man noch die Kraft hat etwas sauber zu machen, kann man doch nicht so schwach sein, dass man am nächsten Tag stirbt. Du hast es getan. Ich wünschte die Ärzte hätten Dich am Leben gehalten bis ich da war. Ich weiß bis jetzt nicht, ob ich in DEM Moment dabei war. Die Todeszeit auf dem Totenschein stimmt nicht mit der Aussage der Ärzte überein. Zu der auf dem Schein angegebenen Zeit war ich bei Dir, aber sie sagten, dass Du tot bist. Es ist ja auch eigentlich egal. Ich hoffe, Du hast auch so gesehen, dass ich bei Dir war. Dass ich Deine Hand hielt. Dass ich mich bei Dir für alles bedankt habe. Dank Dir waren wir eine Familie. Mein echter Vater wollte mich nicht sehen. Erst wenige Tage vor seinem Tod äußerte er, dass er mich sehen will. Zu spät. Und dann hat das Schicksal mir den besten Papa geschickt, den ich mir wünschen konnte. DICH!!! Ich bin so dankbar Dich gehabt zu haben. Auch wenn ich jetzt hier sitze und heule wie ein Schlosshund: Ich würde es immer wieder so wollen. Für die Zeit, die ich mit Dir hatte, lohnt sich das Leiden heute. Ich vermisse Dich so sehr. Und der Schmerz lässt nicht nach.

In Liebe Deine Irina

[Schneekugel]

liebe Dani,

ich habe auch oft an Dich gedacht und mich gefragt, wie es Dir wohl ergehen mag. Ich hatte lange mal wieder keine Kraft herzukommen. Jetzt will ich es mal wieder versuchen. Habe gerade meinen Brief an Papa geschrieben und dabei wie üblich Rotz und Wasser geheult. Es ist nach langer Zeit wieder förmlich aus mir herausgesprudelt.
Ich weine momentan nicht so viel und merke, dass ich es ab und an brauche. Ich kann besser über die Sache reden, als schreiben. Aber wahrscheinlich kommt das daher, dass ich beim Schreiben wirklich das herauslasse, was ich denke. Egal ob die Sätze abgehackt oder sinnlos sind. Verstehst Du was ich meine? Man schreibt einfach drauf los.
Da ich beim Schreiben mehr Gefühle frei lasse, als beim reden habe ich beschlossen ein Buch zu schreiben. In erster Linie zur verarbeitung, in zweiter zur Erinnerung und in dritter, weil ich Bücher vermisse, die das Thema Tod der Eltern erwachsener Kinder behandeln. Es gibt sie zwar, aber zu wenigeund ich merke selbst, dass mein Umfeld davon ausgeht, dass ich ja ein "großes Mädchen bin" und schon irgendwie zurechtkomme. Sie sehen mich lächeln und sagen: "Du bist aber ganz gefasst!" Aber sie wissen nicht, wie ich bin, wenn ich allein bin mit meinen Gedanken. Sie sehen mich nicht heulen bis ich Nasenbluten bekomme. Sie wissen nicht, wie klein ich mich in meinem Herzen fühle. Deshalb werde ich es aufschreiben. Was hältst Du davon? Ich habe meiner Cousine viele e-mails nach Papas Tod geschickt. Die hat sie mir bereits audgedruckt. Auch das was ich hier im KK geschrieben habe, werde ich verwenden. Weißt Du, ob die Ärzte Krankenakten rausrücken? Ich würde so gerne lesen, wie genau es um ihn stand und was in seinem Körper passiert ist. Zudem könnte ich es auch zum Schreiben nutzen.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag

Liebe Grüße

Irina

[dani33]

Liebe Irina,
ich habe auch eine ganze Weile einen Streit vor Augen gehabt,
den ich mit meiner Mama hatte, sehe immernoch ihre
ängstlichen, verweinten Augen.
Wir können es nicht ungeschehen machen,
aber unsere Eltern haben uns verziehen, wissen auch,
das die Nerven blank gelegen haben.
Das Du ein Buch schreiben willst, finde ich eine gute Sache,
ich kann auch besser darüber schreiben als reden.
Wegen der Krankenakte, mußt Du Dich schriftlich,
an die Ärzte wenden, sie entscheide dann,
das kann aber problematisch werden, da Schweigepflicht
über den Tod hinaus besteht.
Du hast Recht, es denken alle, man wird schnell mit dem verarbeiten,
des Verlustes fertig. Aber dem ist nicht so! So wie Du schon sagtest.
Ich wünsche Dir, das es Dir bald wieder etwas besser geht
und die schönen Augenblicke überwiegen. Alles braucht seine Zeit.
Sei lieb von mir umarmt!
Dani

[dani33]

Liebe Irina,
ich wünsche Dir ein schönes Wochenende,
wo Du ganz viel Abgelenkt wirst und liebe Momente erlebst.
Ich lasse Dir ganz liebe Grüße da.
Alles Gute
Dani

[Schneekugel]

Liebe Dani,

danke der Nachfrage. Ich war schon abgelenkt. Klar, ich hab immer wieder dran gedacht, dass gestern vor einem Jahr der Horror begonnen hat, aber wenn ich ehrlich bin, habe den Tag besser weggesteckt, als ich erwartet habe. Wahrscheinlich, weil mir bewusst wurde, dass es 1000e solcher Jahrestage gibt. "1 Jahr seit der Diagnose", "1 Jahr nach der OP", "1 Jahr nach der 1.Chemo", "1 Jahr nach der letzten Chemo", "1 Jahr nach der Diagnose: Tumor ist kaum noch sichtbar", "1 Jahr nach der Frühprogression" usw. Natürlich sind Tage wie der gestrige was besonderes, aber ich denke so oder so jeden Tag an Papa. Und gestern war es glücklicherweise nicht schlimmer als sonst. Ich denke, dass sein Geburtstag wesentlich trauriger wird. Und dabei wären wir schon beim Thema: Deine Mama hatte gestern Geburtstag. Wie hast DU Dich gefühlt? Es war bestimmt nicht einfach

Liebe Grüße

Irina

[dani33]

Liebe Irina,
am Geburtstag war ich den Tränen nahe,
war aber auch gut abgelenkt.
Gestern abend kam es dann über mich,
wo sie einen besonders doll fehlt
und ich mich so nach ihr gesehnt habe.
Wo man dann auch nach dem Sinn des Lebens sucht,
aber ich weiß, es gibt wieder bessere Zeiten.
Ich hoffe Du wirst diese weiteren Tage, auch so gut wegstecken.
Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag!
Alles Liebe
Dani

[Schneekugel]

Liebe Dani,

ja ich bin ganz zuversichtlich und freue mich, dass Du es gut überstanden hast. Wie gesagt: Es wird immer Jahrestage und runde Zahlen geben. DU hast heute auch schon wieder einen. Ich kann nicht fassen, dass bei Dir schon 29 Wochen steht. Ist es wirklich schon so lange her? Die Zeit rast ganz schön.
Ich wünsche Dir einen schönen Wochenstart

Irina

[dani33]

Liebe Irina,
ich wünsche Sir auch eine schöne Restwoche.
Alles Liebe
Dani

[dani33]

Liebe Irina,
lasse Dir ganz liebe Grüße hier,
hoffe Du hast ein schönes Wochenende,
das Du geniessen kannst.
Alles Liebe
Dani

[Schneekugel]

Hallo an Euch Alle,

ich muss mir das, was ich gerade erlebt habe einfach von der Seele reden. Vor etwa 15 Minuten habe ich noch geschlafen und geträumt...furchtbar geträumt. Davon wie Papa gestorben ist. In meinem Traum ist er nicht -so wie es wirklich war- im Krankenhaud gestorben, sondern zuhause. Und in meinem Traum wusste er, dass er stirbt. er hat es nicht gesagt, aber ich habe sozusagen gefühlt, dass er es gefühlt hat. Ich habe ihn schwer atmen hören. Ich habe ihn real gesehen und Angst gehabt. Und mein Freund sagte ständig zu ihm:"Geh nur...gleich ist es vorbei!" Eswa rauf jeden Fall alles so real und schon im Traum habe ich tierische geheult. Daraufhin bin ich tränenüberströmt aufgewacht, wodurch ich auch meinen Freund geweckt habe und ihm sagte, dass ich von meinem Vater träumte. Er sagte:"Kuschel Dich an und schlaf weiter!" Und ich sagte ihm, dass ich nun nicht mehr schlafen kann. Als ich nicht aufhörte zu weinen, sagte er doch tatsächlich: "Och, man kann aber auch übertreiben. Das war doch nur ein Traum. Hör auf, ich will weiterschlafen!" Nicht nur, dass er nicht gefragt hat, was ich überhaupt geträumt habe, er hat sich tatsächlich von meinem trauernden Weinen gestört gefühlt. Daraufhin habe ich natürlich noch mehr geheult und er war auch noch genervter. Ich bin aufgestanden und musste das nun irgendwo loswerden. Ich bin dermaßen enttäuscht, entsetzt und was weiß ich noch alles, dass ich schon nicht mehr weiß, was ich schlimmer finde: Den Traum oder das Verhalten von meinem Freund.
Habt Ihr sowas Unsensibles von Euren Männern auch schon erlebt?
Dabei habe ich meinem gestern noch erzählt, dass ich in letzter Zeit fast jede Nacht träume, dass meine Zähne locker sind und teilweise auch ausfallen. Und er sagte mir, dass das wohl bedeutet, dass man Verlustängste hat und es wohl mit meinem Vater zusammenhängt. Wenn er diese Erkenntnis schon hat, wie kann er mir dann sowas antun?
Ich weiß nicht, wie ich zukünftig vor ihm trauern soll. Was glaubt er? Dass ich nun nach fast 6 Monaten darüber hinweg bin?
Mist jetzt hab ich vor Aufregung Bauchschmerzen.

Ich wünsche Euch noch etwas erholsamen Schlaf!!!

Eure supertraurige Irina

[dani33]

Liebe Irina,
ich habe auch so nach 3-4 Monate einen solchen Traum gehabt.
Ich glaube das ist das Unterbewustsein, das man sowas träumt.
Ich hoffe Du träumst das nächste mal, was schönes, von Deinem Papa.
Ich nehme Dich einfach in meine Arme.
Alles Liebe
Dani