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  #1  
Alt 03.11.2014, 13:05
Dazz Dazz ist offline
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Registriert seit: 12.09.2014
Beiträge: 4
Standard Ich bin so traurig, dass es mich fast zerreist - es ging alles zu schnell

Hallo ihr Lieben.

Leider bin ich jetzt auch hier gelandet, was ich nie in meinem Leben gedacht haette. Und vor allem nicht so bald. Leider habe ich am 7.100. meinen ueber alles geliebten Vater verloren - und es fehlen mir heute noch die Worte!
Ich bin einfach nur traurig, zumindest seid zwei Tagen ist alles wieder da.
Oh mein Gott, es tut einfach nur so weh!

Nach aussenhin ist soweit wieder alles beim Laufen, geschaeftlich, bzw auch meinen kleinen Kindern gegenueber (3&4), und innerlich zerreisst es mich gerade.

Es wird mir jetzt erst richtig bewusst, dass er nicht mehr da ist - und leider auch nicht wieder kommt.

Ich war von Anfang an sehr traurig, habe viel geweint. Wir hatten eine besondere Verbindung. Doch dann rief kurzerhand das Geschaeft nach mir, und also auch mein Leben, und ich habe mich hineingestuerzt, da es notwendig war, fuer mich, fuer viele Freunde und auch fuers geschaeftliche. Gluecklicherweise haben wir viele freie Mitarbeiter, ich habe auch viel mit ihnen gesprochen, viel geweint, und auch nach vorne geschaut. ... so auch mit unseren Kinder. Also ich funktionierte perfekt.

Was aber nichts mit meinem Inneren zu tun hat! Und es faellt mir so schwer damit umzugehen. Fuer viele um mich herum ist die Normalitaet eingetreten, und es kann auch keiner so richtig mit meiner Trauer umgehen, ich meine damit meinen Freund, Mama und Freunde. Ich fuehle mich sehr unverstanden.

Und es ging einfach viel zu schnell! Ich weiss noch wie heute, im Mai der Anruf. Er koenne nicht unsere Termine wahrnehmen, da etwas nicht passen wuerde, er sei gelb, und dem muesste man auf den Grund gehen.
Das Ende vom Lied - Gallengangkarzinom.

Ich wollte es nicht wahrhaben, und irgendwie wollte ich es bis zum Schluss nicht wahrhaben. Er hatte Hoffnung, aber heute denke ich, dass er es von Anfang an wusste, dass er nicht mehr lange zu leben hat.
OP war angesetzt - Angst diese nicht zu ueberleben - und leider (oder zum Glueck) mussten sie die OP abbrechen. Ich war dabei als der Chefarzt kam, und ihm sagte, dass sie leider nichts fuer ihn machen koennten.

Ueber all das habe ich kaum geredet, wahrscheinlich kann ich es deswegen auch so schwer verarbeiten.

Darauf folgte die Entscheidung zur Chemoterapie. Er wollte zumindest kaempfen - auch wenn die Zahlen eindeutig sprachen.

Monate voll Hoffnung und voll Angst.

Zur letzten Chemoterapie bin ich dann auch nach Deutschland gekommen. Er hatte Tage vorher Wasser im Bauch. Ich wollte dort sein.
Ich hatte sie gefahren, meine Mam und ihn, und sie v.a. moralisch unterstuetzt. Genau da kam der grosse Einbruch. Extreme Nebenwirkungen, er hatte nichts mehr drinbehalten. Dann Tage des hinvegetierens ins seinem Bett, da er keinen Arzt etc wollte.

Irgendwann hatten wir meine Mutter soweit, dass sie darauf bestanden hatte, den Hausarzt zu holen. Er kam, und er sagte uns, dass er schon im Sterben laege. Aber da sein Bauch wieder so extrem dick war, sollte er ins KH um das Wasser rauszulassen.

Fuegung wollte es so, dass das KH komplett voll war, und nur ein Einzelzimmer in der Palliativstation frei war. ... Das war ein Geschenk, das er sogar gerne annahm.

Er lebte noch zwei Wochen, zwei schoene Wochen. Er hatte sich sogar wieder soweit erholt, dass wir erneut Hoffnung schoepften. In dieser Zeit war meine Mutter die ganze Zeit bei ihm. Das ganze Team war grossartig.
Dann kam die Zeit, dass ich einfach "weiter" musste.

Es war ein besonderer Tag, ich spuerte, dass er einfach gut aufgehoben sei, mit meiner Mutter, seinem Vater, Bruder und Schwaegerin, und auch dem Team, und dass er mich, seine Tochter nicht mehr brauche. Er schickte mich richtiggehend fast weg. Das schreibe ich nicht mal mit Traenen in den Augen, es war irgendwie echt besonders. Meine Kinder verlangten nach mir. Ich musste einfach einen Schritt weitergehen.

Ich bin an dem ersten Tag seiner 7 Tage des sogenannten "letzten Aufbaeumens" abgereist.
Als ich ins KH kam, verlangte er, dass ich ihn endlich mal richtig begruesse!! Es ging ihm gut!! - und genau diese Begruessung war sein Abschied!
Wir haben geweint, uns in den Armen gelegen, gekuesst, gestreichelt und geweint. Wir haben geredet und geweint. ... mein Standartgruss "Halt die Ohren steif" erwiderte er mit "Jetzt musst du die Ohren steif halten".

Es war die Begruessung an dem Tag - es war alles gesagt, - ich bin sofort weitergefahren, ich brauchte nicht mehr dort sein.

(nachdem ich meinen Verwandten die im Zimmer waren noch hallo und tschuess sagte)

Er rief mich auch abends und die naechsten Tage an, aber ich wusste schon an dem selben Tag, dass ich ihn nicht mehr so sehen werde. Genau diese Situation werde ich immer in mir tragen.
Mein Freund meinte, dass es Schwachsinn sei, ich habe auf der Autofahrt viel viel geweint, da ich es einfach wusste.

Er hatte noch schoene Tage mit seiner Frau, und mit der Famile erlebt. Dann ging es ihm schlechter.
Ich bin zurueck nach Deutschland, vor allem um mit meiner Mama zu sein. Sie hat die ganzen 14 Tage mit im KH geschlafen.

Ich bin Sonntag nachts um 1 angekommen, war Montag tagsueber noch dort. Von Montag auf Dienstag hatte er eine sehr schwere Nacht. Meine Mutter war verzweifelt. Ich unterstuetzte sie vor allem, da mein Vater leider schon nicht mehr da war, bzw die letzte Reise schon angetreten hatte. Er hat gespuert dass ich da war, er hat auch reagiert - aber es war alles gesagt.

Am Dienstag war ich dann bei meiner Mama, ich habe sie mit raus in die Caffetteria zum Kaffee trinken genommen, so dass sie einen Tapentenwechsel hatte. Wir haben viel geredet. Wir sind zurueck ins Zimmer. Meine Mutter ist kurz auf die Toilette, und ich setzte mich waehrenddessen neben ihm. Er hat sehr schwer geatmet. Stellt euch vor, er hat sich sogar abgewandt, ... es war einfach nicht mein Platz. Und es waren seine letzten Atemzuege. Als meine Mam wieder da war, bin ich nach draussen um den Schwestern Plaetzchen zu bringen und mir einen Kaffee zu machen. Und als ich wieder reinkam, war meine Mama neben ihm und hielt seine Hand. "Schatz, ich glaube er ist nicht mehr da". Er wollte seine geliebte Frau neben sich haben.

Es ist unbeschreiblich was ich in den letzten Monaten ueber die wahre Liebe erfahren habe!! Es gibt keine Worte!! ... dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

Wir haben eine sehr intensive Zeit erlebt. Es sind 5 Monate seit der Diagnose vergangen. Ich bereue nichts, ich bin mit mir komplett im Reinem.
Ich habe es kommen sehen, schon lange vorher geahnt, da alles dagegen stand, was dagegen stehen konnte, ... und doch war die Hoffnung da, bis zum Schluss.

Und doch faellt es mir so schwer diese Endgueltigkeit zu akzeptieren.
Ich lebe 1000 km von meinem Elternhaus entfernt, war auch mittlerweile schon ein paar Mal dort. ... es ist irgendwie so, als ob er auf Geschaeftsreise ist. Er ist halt nicht da.

Aber normalerweise kann ich ihn immer mal anrufen, hoeren, spueren. Und nach einigen Tagen oder Wochen, in denen wir uns wenig hoeren, so verbringen wir normalerweise eine sehr intensive Zeit zusammen. Auch wenn wir von den km her getrennt waren, waren wir so nah.

Ich fuehle mich gerade so alleine. Er fehlt mir so sehr!! Seine ganze Art, sein Wesen! ...

Wisst ihr, das seltsame ist, dass er mir nicht im geschaeftlichen oder organisatorischem fehlt, oder dass ich mich frage "Wie wird das ohne ihm?". Ich durfte viel lernen die letzten 10 Jahre ,und ich weiss, dass er weiterhin bei mir ist. In der Hinsicht fuehle ich mich allem gewachsen.

Aber er fehlt mir so als Papa, als Mensch. ... Ich weiss nicht, was ich jetzt ohne ihm machen soll. Er fehlt einfach so sehr! Ich fuehle mich wie ein kleines Maedchen!

Ich habe sehr viel geschrieben, es ist sehr lang geworden. Und doch zu kurz um alles in Worte zu fassen. Ich dachte es wird mit der Zeit einfacher, aber auch wenn schon drei Wochen vergangen sind, so ist es doch immer noch ziemlich heftig. ... Ich weiss, drei Wochen sind nichts, und doch waren sie sehr lang fuer mich.

Ich danke euch fuer das Lesen, ... und wenn ihr ein paar einfache Tipps habt, wie ihr mit eurem Verlust umgegangen seid, waere ich sehr dankbar. In meinem privaten Umfeld gibt es wenige Menschen bei denen ich Rat suchen kann.

Ich sende euch herzliche Gruesse,
Dazz
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  #2  
Alt 03.11.2014, 14:22
Benutzerbild von nala1810
nala1810 nala1810 ist offline
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Registriert seit: 30.12.2011
Beiträge: 543
Standard AW: Ich bin so traurig, dass es mich fast zerreist - es ging alles zu schnell

Liebe Dazz;

ich sende dir ein stillen Gruß und ein ganz großes Kraftpaket.
Auch ich habe einen geliebten Menschen meine Mama durch Gallenblasen- Gallengangskrebs verloren.

Diese Leere in dir kenne ich nur zu gut, mir geht es nach fast 3 Jahren genauso. Bei meiner Mama lagen zwischen Diagnose und Sterben nur 3 Monate.
Schreib dir hier nur alles von der Seele was dich bedrückt. Wenn du magst kannst du auch im Kaffeeklatsch bei den Angehörigen schreiben.

Alles liebe Nala
__________________
[
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  #3  
Alt 04.11.2014, 14:41
hermannJohann hermannJohann ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 26.11.2013
Beiträge: 203
Standard AW: Ich bin so traurig, dass es mich fast zerreist - es ging alles zu schnell

Liebe Dazz,
auch von mir herzliches Beileid. Die Geschichte ist traurig, man kann auch nicht viel dazu sagen. Ich wünsche Dir viel Kraft, um die Trauer zu bewältigen.
Liebe Grüße
Hermann
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  #4  
Alt 04.11.2014, 15:21
mausi69 mausi69 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.02.2014
Beiträge: 1.379
Standard AW: Ich bin so traurig, dass es mich fast zerreist - es ging alles zu schnell

Liebe dazz!

Mir fehlen die Worte das was du geschrieben hast könnte von mir stammen!
Meiner Mama blieben von der Diagnose bis zu ihrem Tod 4,5 Monate!

Ich verstehe deine Gefühle nur zu gut. Mir geht's heute vier Monate nach Mama's Tod nicht wesentlich besser. Wie bei dir funktioniere ich für die Außenwelt einwandfrei aber mein Herz weint jeden Tag um meine geliebte Mama die nur 64 Jahre jung werden durfte!

Alles liebe zu dir!

Lg mausi
__________________
Meine Mama
BSDK ED 05.02.2014

28.07.1949 - 22.06.2014

Du warst es wert so sehr geliebt zu werden!
Du bist es wert, das so viel Traurigkeit an deiner Stelle geblieben ist!



http://www.krebs-kompass.org/showthread.php?t=62514
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