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  #16  
Alt 25.11.2007, 12:44
dolorousness dolorousness ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Hallo Regina,

vielen Dank für Deinen Rat. Meine Mum hört leider nicht auf den Arzt. Sie verlangte sogar von ihm, uns nichts über das Arztgespräch zu erzählen. Schloss Papa und uns davon aus und log uns anschließend an.

Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem es mir so vor kommt, als habe ich alles versucht und weiß nicht mehr, was ich noch versuchen kann.
Meine Mum scheint wirklich für sich abgeschlossen zu haben.

Für Dich wünsche ich Dir auch alles ERDENKLICH GUTE!
Liebe Grüße Doro
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  #17  
Alt 25.11.2007, 12:59
dolorousness dolorousness ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Norma,

erstmal bin ich heil froh, wieder ins Forum reinzukommen. Ich konnte es die letzten vier Tage nicht öffnen und war total geschockt!!!! Ist das hier doch so eine wichtige Anlaufstelle für mich.

Meine Mum hat eine sehr gelbe Haut bekommen. Ihr Augenweiß ist auch sehr gelb geworden. Das wird wahrscheinlich von der Leber kommen. Sie ist so schwach und dürr geworden. Die Knochen stechen hervor, ihr Gesicht ist eingefallen.
Sie kann nicht mehr lächeln. Sie muss sich wärmer anziehen, weil ihr so kühl ist. Sie sieht so gebrächlich aus.

Vorgestern schrie sie mich an. Ich wollte ihr helfen, das Fotoalbum wegzuräumen. Wir klebten gemeinsam Bilder ein, von besseren Tagen. Dann wollte ich es ihr wegräumen und sie unbedingt auch. Dann schrie sie mich an und ich musste weinen.

Überhaupt weine ich fast den ganzen Tag. Ich konnte mich gestern zum Glück noch einer Freundin anvertrauen. Das hat gut getan. Heute bekam ich die dritte von zehn Infusionen im KH. Die Mittelohrentzündung klingt einfach nicht ab. Nächste Woche bin ich die vierte Woche krankgeschrieben.

Meine Schwester hatte sich gestern vor Mamas kränklichem Aussehen sehr erschreckt, dass sie sofort losweinen musste. Mein Papa sitzt ratlos daneben. Meine Schwester will die Kinder jetzt nicht mehr zu Mama mitbringen. Meine Oma hat Mama am Donnerstag gesehen. Das hat auch sie sehr mitgenommen. Von uns traut sich ihr keiner zu erzählen, dass Mama sterbenskrank ist, weil Oma schon vier Herzinfarkte hatte. Oma sagt nur, sie kann Gottes Willen nicht verstehen.

Was meine Mama mittlerweile geäußert hat:
Ihr kann niemand mehr helfen.
Sie geht wieder spazieren, wenn es ihr besser geht.
Eine Chemotherapie macht sie jetzt nicht mehr.
Dass sie einen Tumor hätte, hätte ihr ja noch niemand gesagt.

Aber ansonsten spricht sie nicht mit uns darüber. Sie hat es doch am allerschwersten. Sie macht auch außer ihrem Haushalt überhaupt nichts mehr. Liegt teilweise abends schon zwischen sechs oder sieben Uhr im Bett. Was muss sie nur für Schmerzen haben? Sie nimmt keine Medikamente.
Und wir haben es auch so schwer. Wieso müssen Menschen so etwas durchmachen? Es ist so unheimlich schwer. Und ich kann nur noch weinen.

Ich fahre nachher wieder zu Mama, um ihr beizustehen und die restlichen Bilder einkleben. Und danach muss ich auch noch mal nach Oma gucken, wie´s ihr geht.

Liebe Grüße Doro
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  #18  
Alt 26.11.2007, 09:12
Benutzerbild von mutzel
mutzel mutzel ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Hallo Dolo,
ich bin in der glücklichen Lage einen Job zu haben, wo ich meine Termine
selber organisiere und demnach meine Kunden besuche.
Ich bin Außendienstmitarbeiterin bei einem Lernspiel Verlag und
von daher konnte ich es mir sehr gut einteilen.
Wenn es Mama nicht gut ging habe ich die Termine kurzfristig abgesagt.
Aber mein Chef wusste auch Bescheid.
Ich denke das es auf jeden Fall besser ist, wenn der Arbeitgeber Bescheid
weiß, dann kann er viele Verhaltensweisen von dir auch besser einordnen.
Ja, es ist ein Elend diesen Verfall mit anzusehen. Jedes Tier bekommt einen
würdevolleren Tod. Aber der Mensch muss sich quälen bis zum Schluss.
Und meine Mama musste sich sehr viel quälen die letzten Tage.
Eigentlich war ich bisher immer gläubig, aber im Moment bin ich mir nicht mehr
ganz sicher. Selbst meine kleine Tochter, die in diesem Jahr zur Kommunion
gegangen ist, hat gesagt - Warum tut der liebe Gott der Oma so was an!
Was soll man darauf antworten.
Liebe Ines geniesse die Zeit die du mit deiner Mama noch hast.
Ich habe die letzten Tage aufgesaugt wie ein Schwamm. Schmerz und
Trauer und Weinen kannst du nachher noch genug.
Aber du solltest versuchen sehr viel über deine Gedanken, Ängste und Sorgen zu sprechen, umso leichter fällt dir alles.

Ich drück dich ganz doll - Kopf hoch - du schaffst das

LG Simone
__________________


In Erinnerung an meine Mama
12.10.1946 - 05.11.2007

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In Erinnerung an meinen Papa
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Geändert von mutzel (26.11.2007 um 11:41 Uhr) Grund: Falsche Anrede
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  #19  
Alt 30.11.2007, 20:00
dolorousness dolorousness ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Hallo Simone,
ich bin bis Sonntag krankgeschrieben und werde es nächste Woche mit meiner Arbeitsstelle / Chef abklären. Es widerstrebt mir zutiefst, aber ich muss meinem Chef wohl davon erzählen. Ich hoffe nur, dass er es für sich behält.
Der Hausarzt sagte, dass meiner Mum nur noch zwei Wochen bleiben, von selbst, die Krankheit zu ertragen, danach könnten wir nur noch Sterbehilfe leisten.
Oh Gott.
Mein Vater hat Urlaub bekommen und meine Schwester ihren Arbeitsbeginn auf unbestimmte Zeit verschoben. Ihren ältesten sechsjährigen Sohn, nimmt sie wahrscheinlich nicht mehr mit zu Mama. Mama möchte das nicht, das ist ihr "zu viel". Und für den kleinen Jungen ist es vielleicht auch besser. Heute hat er ihr einen lieben Brief geschrieben, er ist erst seit wenigen Monaten in der Schule, dass er sie bald wieder besuchen käme. Den, gerade dreijährigen gewordenen Jungen, nimmt meine Schwester noch mit. Er bekommt schon mit, dass die Oma krank ist, wird es aber hoffentlich gut verkraften können.
Der Mensch muss sich wirklich quälen bis zum Schluss. Und ich habe so eine Angst davor, dass Mama sich bald schon noch mehr quälen muss.
Meine Oma hat auch bereits laut gefragt, wie das Gottes Wille sein kann. Ich versuche nicht, über dieses Thema nachzudenken.
Ich versuche nun wirklich, die letzte Zeit mit meiner Mum noch zu genießen. Ich versuche auch, nicht vor ihr zu weinen. Weinen tue ich den Rest des Tages und der Nacht. Und Du hast recht, danach ist auch noch genug Zeit. Aber ich möchte sie nicht noch mehr damit belasten.
Ich denke auch, dass es gut ist, sehr viel darüber zu reden. Auch wenn es schwer fällt. Und ich immer nur einen kleinen Personenkreis damit belasten kann.
Danke für Dein Mitgefühl und für Deinen Mutzuspruch,
liebe Grüße Dolo
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  #20  
Alt 30.11.2007, 20:01
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Und was ich ganz vergessen habe, zu sagen,
es tut mir sehr leid wegen deiner Mum!
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  #21  
Alt 01.12.2007, 22:57
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mutzel mutzel ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Dolo,
erstmal drücke ich dich ganz doll !!
Das tut mir echt sehr leid für deine Mama und nochmehr für dich und den Rest der Familie. Ich kann mich gut in deine Lage versetzen. Es ist zum heulen und weglaufen. Manchmal hilft es irgendwo ganz laut zu schreien.
Aber sei froh du hast noch Papa und Schwester an deiner Seite.
Das ist ein großes Glück.
Meine Eltern sind geschieden und ich habe auch keine Geschwister. Ich war
praktisch ganz allein mit meinem Gefühlschaos. Naja fast .... mein Mann und meine zwei Mädels. Aber für die ist es eine andere Situation. Schwiegermutter und Oma ist halt was ganz anderes - als eine MAMA.....
Meine Mama hatte einen Lebensgefährten den ich erst vor ein paar Monaten
kennengelernt habe - aber wir haben uns in dieser schweren Phase sehr gut
kennengelernt und uns auch gegenseitig Kraft gegeben. Ich bin froh das er
da ist, ein ganz toller Mensch.
Man braucht Menschen die nachvollziehen können wie es einem geht oder
die einen auch nur mal in den Arm nehmen. Oder auch mal fragen wie es einem geht und auch zuhören. Viele Bekannte und Freunde können schlecht mit der Situation umgehen.
Ich hoffe du hast ein Umfeld was dich auffängt und eine gute Freundin die sich um dich kümmert.

Nach jeder dunklen Nacht - folgt ein heller Tag !!

In diesem Sinne hoffe ich das du die nächste Zeit
gut überstehst und ich schicke dir einen Sack voll Mut und Kraft.

Ich denke an dich und drück dich

LG Simone
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  #22  
Alt 02.12.2007, 18:01
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Simone,

wir hatten heute ein gemeinsames Familienessen. Der 1. Advent. Meine Mum hat schrecklich wenig gegessen. Ganz langsam. Ganz wenig. Auch kein Obst zum Kaffee wie gestern oder ihren geliebten Kakao. Sie kündigte an, sich früh schlafen zu legen. Und um vier Uhr erlösten wir sie von unserer Gesellschaft. Sie sagte nur, seht ihr nicht, wie anstrengend es für mich ist? Dann fragten wir sie, ob wir ihr zu anstrengend seien oder dass sie da so sitzen muss. Keine Antwort.
Ich wäre gerne bis abends bei ihr geblieben. Natürlich. Noch länger.
Ich sehe auch, wie anstrengend es, das Leben, für sie ist. Sie atmet schwer. Sie pflegt sich noch selbst. Meistens sitzt sie tagsüber auf der Eckbank, weil ihr die Couch im Wohnzimmer zu unbequem ist und macht nichts. Sitzt nur da.
Das Reden fiel ihr heute so schwer. Sie hat nur wenig gesagt und ganz leise. Ganz leise. Mein Papa sagte, die letzte Nacht hatte sie keinen Hustenanfall. Da konnte sie wenigstens schlafen.
Sie war heute wieder sehr gelb. Mir kam es etwas mehr vor als gestern. Sie macht auch noch relativ viel im Haushalt, hat aber auch angekündigt, keinen Kuchen mehr zu backen, etc., wie sie es vorgestern machte. Das ist ihr bereits zu antrengend.
Ihr Bauch wird immer dicker, wegen den Wasseransammlungen. Sie hustet viel. Jedesmal, wenn sie spricht. Sie war heute ganz still. Der Arzt sagt, der Husten kommt daher, dass das Wasser aufs Zwerchfell drückt.
Der Juckreiz hat bei meiner Mum zum Glück noch nicht eingesetzt. Wenn ich sie frage, ob sie Schmerzen hat, sagt sie, nein. Wenn ich sie frage, wie es ihr heute geht, sagt sie, schlecht.
Meine Schwester will morgen früh Schmerztabletten besorgen, falls bald Schmerzen eintreten sollten. Ich muss ja morgen erstmal arbeiten gehen. Das mache ich aber allerhöchstens bis Mittwoch. Möchte keine Zeit verschwenden. Es kommt darauf an, wie schnell ich meinen Chef sehe, und es mit ihm abklären kann.
Ja, der 1. Advent. Das ist heute. Ich habe tatsächlich einen Adventskranz zu Hause, hatte ihn aber nicht an. Was bedeutet mir die Adventszeit wohl noch?
Es fällt schwer. Es kostet Kraft.
Ich habe noch nicht "losgelassen" und ich denke, ich kann es auch nicht. Ich habe bis jetzt die schlimmsten 4/1/2 Wochen meines Lebens hinter mir.
Wie wird es danach aussehen. Diese Gedanken verdränge ich noch immer. Mir wird ganz schlecht, wenn ich daran denke.
Hilflosigkeit. Trauer. Machtlosigkeit und Schmerz. Wut. Verzweiflung. Das fühle ich momentan.

Den Tipp mit dem ganz laut Schreien, muss ich mal ausprobieren. Das habe ich, glaube ich, noch nie gemacht. Hört sich aber gut an! Danach fühle ich mich nämlich auch.
Ich bin so froh, dass meine Schwester und Papa da sind. Und ich sehe auch, dass mein Schwager, etc, z.B. ein ganz anderes Verhältnis zu Mum haben. Was Du Deinem Mann erzählen kannst, erzähle ich drei Freundinnen von mir, die mich sehr gut auffangen und als Ablassventil herhalten müssen. Wenn sie mir "nur" zuhören und ich ein bisschen weinen kann, hilft mir das schon sehr. Mit so einer Situation ist wirklich schwierig umzugehen. Für alle Beteiligten. Man sollte sowas nicht durchmachen müssen.
Zum Glück war Deine Mama nicht alleine und hatte noch euch.

Den Sack voll Mut und Kraft kann ich gut gebrauchen, danke
liebe Grüße Dolo
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  #23  
Alt 05.12.2007, 23:51
dolorousness dolorousness ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Ich habe einen Traum...

Meine Mama sagt immer, sie hätte keine Schmerzen. Wir haben ihr nun Schmerztropfen geholt. Als ich ihren Arm heute hielt, tat ihr das doch weh. Natürlich hatte ich nur locker meine Hand drauf liegen lassen, das war ihr aber schon zu schwer.
Ich muss morgen nochmal gucken, wie die Schmerztropfen heißen.

Meine Mum weint gar nicht. Sie versucht so tapfer zu sein. Und ich versuche, nicht vor ihr zu weinen.
Mama sieht alles ganz klar. Erinnert sich an jedes Detail. Aus ihrem / unserem Leben. Ich habe angst, dass sie die vielleicht eintretenden Schmerzen und alles auch so klar mitkriegt.

Gestern war meine Mum so schwach, hat sich sogar von mir beim Aufstehen helfen lassen. Ganz schwach. Heute ging es etwas besser, da ließ sie es sich nicht nehmen, die Wäsche aufzuhängen und erledigte kleine Dinge im Haushalt auch wieder selbst. Und sie hat relativ wenig gehustet.

Ich habe mir die Woche Überstunden-frei genommen. Aber irgendwann gehen mir die Stunden und der Urlaub aus. Der Doc meinte, meine Mum erlebe Weihnachten nicht mehr. Ich habe so eine angst, dass das stimmt und würde am liebsten jede Minute mit ihr verbringen.
Dann sitze ich stundenlang bei ihr und frage mich, wielange ich das noch machen kann. Das macht mich so traurig und wütend.
Und dann will ich nicht, dass sie alleine ist, wenn sie stirbt. und ich habe angst, dass das passiert, wenn ich nicht da bin. Und ich habe angst, dass das passiert, wenn ich da bin.

Der Hausarzt sagt, man könnte sie zwangsernähren lassen, weil sie doch so wenig isst und es um ihr Leben ginge. Die Wasseransammlungen würden so auf´s Zwerchfell drücken, dass sie kaum Luft bekommt. Irgendwann wäre der Kohlendioxidgehalt zu hoch und der Sauerstoffgehalt zu gering, dass sie in Ohnmacht fallen würde. Bevor... Wir würden sie nie gegen ihren Willen Zwangseinweisen / -ernähren lassen. Das kann man doch nicht machen.

Hilflosigkeit. Machtlosigkeit. Wut. Verzweiflung. Traurigkeit. Ratlosigkeit.
Ich könnte heulen. Oder mich betrinken.

Morgen fahre ich wieder zu ihr hin. Dann schweigt sie mich wieder an, weil sie nicht mehr weiß, was sie erzählen soll und sich für nichts mehr richtig interessiert. Und, weil ihr das Reden so schwer fällt. Ich leiste ihr Gesellschaft. Ich halte ihre Hand. Ich versuche, ihr aufmunternd zuzulächeln. Sie mit Gesprächen abzulenken.

Sie hat so gelbe Augen. Sie hat so eine gelbe Haut. Sie läuft ganz langsam und leicht gebückt. Sie spricht leise. Wer weiß, was sie denkt. Wer weiß, wieviele Schmerzen sie in wirklichkeit hat. Wer weiß, wielange sie noch bei mir ist. Wer weiß, ob ich ihr alles gesagt habe oder irgendwann einmal denke, dass ich vergessen habe, ihr etwas ganz wichtiges zu sagen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte. Wer weiß, wie es ihr jetzt geht, während ich hier vor dem PC sitze.
Wer weiß, wie schwer es ist, damit zu leben, dass man damit nicht überleben kann.

Meine Schwester möchte morgen schwarze Kleidung kaufen gehen, weil sie nichts in der Art hat und auf dem Dorf eine gewisse `Pflicht´ besteht. Und sie möchte, dass ich sie dabei unterstütze.

Das darf alles nicht wahr sein. Das ist ein böser Traum.
Wach auf, Dolo wach auf!
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  #24  
Alt 06.12.2007, 00:27
Tante Emma Tante Emma ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Dolo!

Das tut mir so leid, was Du grade mitmachst!
Ich habe meine Mutter mit 17 Jahren verloren. Die letzten 4 Wochen verbrachte sie im KH und ich habe damals gar nicht richtig begriffen, was eigentlich passiert ist, weil meine Eltern das alles so gut wie möglich von uns Kindern ferngehalten haben.
Als meine Mum mir als 10-jähriges Kind sagte, daß sie Krebs hätte, hab ich sofort zu weinen begonnen. Ihr Kommentar: "Warum heulst Du? Ich bin doch krank; nicht Du!"
Das war kein Vorwurf! Sie wollte nur, daß das Leben einfach ganz genau so wie zuvor weitergehen sollte.
Sie hat auch immer wieder gearbeitet; die Krankheit war nie ein Thema bei uns zuhause! Alle wußten Bescheid, keiner traute sich was zu sagen.
Erst ca. 2 Monate vor ihrem Tod sagte sie mir, daß sie nun Leukämie habe (nach BK). Erklärungen brauchte ich nicht; ich hatte seit der ersten Konfrontation mit Krebs einige nicht unbedingt kindertaugliche Medizinbücher gewälzt und wußte, was los war.
Aber meine Mutter hatte einen unbändigen Lebenswillen! Und so haben wir uns dran erfreut, daß sie aus eigener Kraft aus der Liege- in eine Sitzposition wechseln konnte! Im Krankenbett natürlich!

Damals habe ich nicht realisiert, was da passiert.
Das Sterben (was zum Glück ein Einschlafen ohne Kampf war...- laut meinem "Wissen"!) habe ich verdrängt, so gut es ging. Meine Geschwister waren 10 und 12 Jahr alt...
Mittlerweile habe ich selbst BK und Gebärmutterkrebs hinter mir, meine "kleine" Schwester hat auch BK hinter sich. Wir denken oft an unsere Mutter und ich finde es schlimm, daß ich es damals nicht kapiert habe, nicht mit meiner Mutter über viele Dinge noch gesprochen habe.
Ich habe im September diesen Jahres geheiratet und hätte mir gewünscht, daß meine Mama meinen Mann kennengelernt hätte. Leider hat das nicht geklappt. Aber - obwohl ich KEIN gläubiger Mensch (mehr) bin - ich hoffe, daß meine Mum mein Leben mitverfolgt und zufrieden ist mit dem, was sie zurücklassen mußte; was aus ihren Kindern geworden ist.

Ich drück Dich ganz fest und wünsche Dir die Kraft, die für Dich wichtigen Gespräche mit Deiner Mutter zu führen und Ihr weiter beizustehen.
Nutze die Chance, die ich damals leider nicht erkannt habe.
Ich find das toll, was Du leistest!

Liebe Grüße,
Tante Emma.
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  #25  
Alt 06.12.2007, 09:28
falino falino ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Dolo,
ich habe gerade deine Geschichte gelesen, es tut mir so unheimlich leid!

Letztes Jahr ist meine Schwester gestorben, sie hatte Gehirntumor. Sie war sehr tapfer und hatte Hoffnung bis zum letzten Tag, aber leider hat es nicht geholfen. Sie hatte mich gepflegt, als ich selbst mitten in der Chemo war (ich hatte 2004 Brustkrebs), und ist danach selbst krank geworden. Ich bin froh, dass wir noch viel miteinander reden konnten. Sie wollte auch nicht über das Sterben reden und ich bereue es, dass ich das Thema mit ihr nicht angesprochen habe.

Die Ídee, Deiner Mutter einen Brief zu schreiben, finde ich sehr schön. Vielleicht hilft es.
Ich wünsche dir viel Kraft für die nächste Zeit.

Viele liebe Grüße
Ann
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  #26  
Alt 07.12.2007, 19:45
dolorousness dolorousness ist offline
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Tante Emma,

vielen Dank für Deine Erfahrung. Ich habe mir auch vorgenommen, ihr nochmals so viel zu sagen. Das ist dann zwar einseitig, weil von ihr nichts zurück kommt, aber wenigstens hört sie meine Gefühle nochmals. Das ist schwer, das hat so einen entgültigen Charakter. Natürlich ist das auch entgültig.
Gestern fragte ich Mama, was sie bedrückt, da winkte sie nur ab. Ich fragte sie, ob sie nicht drüber reden möchte und sie schüttelte den Kopf.
Hmm... Gespräche hätte ich mir sehr gewünscht, die hätten mir auf jeden Fall geholfen.

Ich kann ihr Verhalten nur akzeptieren und ihre Wünsche respektieren. Mehr kann ich nicht machen. Heute war ich wieder stundenlang bei ihr.

Ich nehme mir vor, ihr die nächsten Tage unbedingt nochmal zu sagen, was ich denke und fühle, auch wenn ich angst habe, dass sie das sehr belastet.

Ich wünsche Dir für Deine Zukunft alles Gute, dass die Krankheit nicht erneut ausbricht!
Ich umarm Dich auch ganz doll
liebe Grüße
Dolo
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  #27  
Alt 07.12.2007, 19:54
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Liebe Ann,

ich habe meiner Mum bereits mehrere Briefe geschrieben, leider liest sie sie nicht. Ich frage mich ernsthaft, was sie momentan noch interessiert. Dass sie mich nach wie vor liebt, habe ich keine Zweifel dran.

Du hast das auch schon durchgemacht. Und noch schlimmer, weil Du selbst auch betroffen warst. Seitdem ich hier im Forum bin, denke ich, es sind so viele Menschen krank, so viele. Das ist sehr ungerecht. Manchmal versuche ich sogar, die Situation positiv zu sehen, dass man dadurch näher zusammenrückt, dadurch wächst, dass das ein normaler Lauf des "Lebens" auf der Welt sein könnte. Hilft alles nix.

Danke für Deinen Kraftwunsch. Das ist die Kraft, die ich jetzt brauche und für die zukünftigen Tage brauche. Anders geht es nicht, anders hält man das nicht aus. Und es wird von Tag zu Tag schlimmer.

Dir wünsche ich für die Zukunft auch alles Gute!
Viele liebe Grüße
Dolo
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  #28  
Alt 07.12.2007, 20:31
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Standard AW: Hilfe bitte! Meine Mama hat Krebs :(

Rapide...

Rapide ist ein schlimmes Wort. Denn es geht rapide bergab. Rapide, zu schnell. Unaufhaltsam. Ratlosigkeit.

Meine Mum hatte heute so dunkelgelbe Augen. Aufstehen konnte sie nur beim zweiten Versuch. Ich bin immer sehr bedacht, dass sie sich nicht aufregt, aber leider gelingt mir das nicht immer. Im Haushalt, ihre Lieblingsbeschäftigung, hat sie heute gar nichts gemacht.

Gefrühstückt hat sie relativ normal. Aber zum Mittagessen hatte sie nur einen Hauch von Nichts an Kartoffeln, Fisch und Möhren. Aufeinmal fing sie an zu würgen und verschwand ins Bad. Ob sie das bisschen wieder rausgebrochen hat, verriet sie mir nicht. Danach aß sie auch nichts mehr.

Was mir heute auch bei ihr aufgefallen ist, sind zwei rote Flecken. Einen am Auge und einen am Ohr. Zwei kleine rote Flecken, die waren vorher nicht da. Wer weiß, was das ist.

Meine Schwester hat gerade mit dem Hausarzt telefoniert. Er sagt, es macht keinen Unterschied, wieviel sie jetzt noch isst. Ob sie genug Kalorien zu sich nehme oder nicht, der Krebs würde so oder so an ihr zerren. Wenn wir ihr Kalorien geben wollen, sollen wir ihr Traubenzucker ins Getränk mischen.

Warten auf den Tod? Ich finde es gut, dass der Hausarzt einem so nüchtern alles sagt. Das sind harte Worte. Schwer zu schlucken.

Meine Mum möchte keinen Weihnachtsbaum haben. Ihr sei dieses Jahr nicht danach. Mein Vater würde gern einen holen. Mein Vater schmeißt den kompletten Haushalt allein. Er wird zurechtkommen.

Ich versuche mir vorzustellen, wie es ist, wenn ich heirate und meine Mum ist nicht dabei oder, wenn ich Kinder kriege. Soweit kann ich nicht denken. Soweit möchte ich auch gar nicht denken. Dass das meine Pläne sind, habe ich ihr erzählt.

Morgen bin ich wieder nur ein paar Stunden bei ihr. Nur ein paar Stunden von morgens bis nachmittags. Was machen wir dann zusammen? Wir leisten uns Gesellschaft. Wir reden nicht über wichtige Dinge. Ich schenke ihr Wasser nach, sie trinkt. Vielleicht kann ich sie überreden, sich mit mir einen Apfel zu teilen. Aber wozu?

Man hat immer das Gefühl, man müsse ETWAS unternehmen. Hab ich ihr doch heute glatt Vitaminbrausetabletten geholt, morgen früh Traubenzucker. Man muss ihr doch helfen, ich muss doch was tun. Und was bringt es? Vergebene Liebesmüh?

Heute hat sie sich von mir mal wieder in den Arm nehmen lassen. Das war sehr schön. Oder ich halte ihre Hand, aber meistens zieht sie sie nach einiger Zeit wieder weg.

Ich möchte nicht mit ihr auf ihren Tod warten müssen. Ich möchte das nicht durchmachen müssen.

Diese Woche habe ich seit Mittwoch Überstundenfrei. Ab Montag lasse ich mich wieder krankschreiben. Damit ich bei ihr sein kann. Das meine Mittelohrentzündung noch immer nicht verheilt ist, spielt keine Rolle.

Mal sehen, für was ich morgen stark genug bin, ihr alles zu sagen
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  #29  
Alt 07.12.2007, 20:38
dolorousness dolorousness ist offline
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Sterbehilfe oder Sterbebegleitung?

Ruft man bei Bewusstlosigkeit einen Krankenwagen, wenn man weiß, dass die Betroffene nicht im KH sterben möchte?

Das ist wahrscheinlich keine gute Frage für das Forum, zu heikel.
Ich erwarte keine Antwort
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  #30  
Alt 07.12.2007, 22:00
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Hallo Dolo,
ich muss dich erstmal ganz doll drücken.
Das ist ja echt furchtbar. Es tut mir unendlich weh wenn ich deine Zeilen
lese. Mit meiner Mama war es ähnlich - ich leide gerade mit dir -

Aber du musst sie loslassen. Es fällt furchtbar schwer, ich weiß, aber wenn
der Zeitpunkt kommt - musst du deiner Mama auch sagen das sie gehen kann
und das es völlig in Ordnung ist. Ich glaube diesen Zuspruch braucht auch deine Mama.
Meine Mama ist ruhig eingeschlafen nachdem ich ihr das gesagt habe.
Es fiel mir unendlich schwer, aber es gibt leider keinen anderen Weg.
Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt die in meiner Macht gestanden haben, aber irgendwann kann man einfach nichts mehr tun. Und diese Ohnmacht macht einen verrückt.
Und mach dir nicht so viele Gedanken im vorraus - wie wird es sein - rufe
ich einen Arzt oder nicht. Wenn die Situation gekommen ist - wirst du
wissen was zu tun ist.
Akzeptiere einfach bis zum Schluss die Wünsche deiner Mama und dann wirst du es zusammen mit deiner Familie auch hinbekommen das richtige zu tun oder auch manche Dinge vielleicht nicht zu tun. Dein Gefühl wird dir den richtigen Weg zeigen.

Ich schicke dir ganz viel Mut

LG Simone
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