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  #1  
Alt 05.06.2011, 00:17
TomZuck TomZuck ist offline
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Hallo ich bin Thomas 47J

Meine Frau ist 49 und vor drei Jahren an BK erkrankt.

Wir haben zwei Söhne die zum Zeitpunkt der Erkrankung 5 und 10 Jahre alt waren.

Sie hatte 2 kleine Tumore in der rechten Brust die Brusterhaltend entfernt wurden und einen großen schnell wachsenden in der linken.
Der große sollte durch eine aggressive Chemo verkleinert werden um auch brusterhaltend entfernt werden zu können. Dies hat leider nicht in gewünschterweise funktioniert, so das die Brust doch amputiert werden musste. Sie bekam sofort einen Strahlungsfesten Expander eingesetzt da zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand ob sie bestrahlt werden musste.
Leider kamen dann aber noch 38 Bestrahlungen auf sie zu.

Anfang 2010 rieten uns die Ärzte zu einem Brustaufbau, da auch der Expander entfernt werden müsse um Verkapselungen zu vermeiden.
Nach einigen Gesprächen mit den Ärzten fasste meine Frau den Entschluss, den Brustaufbau aus Bauchgewebe und einem Muskel zur Blutversorgung machen zu lassen. ( Tram- Lappen )
Diese OP wurde im April 2010 durchgeführt.

Die OP verlief komplikationslos, ich durfte sogar mit in den Aufwachraum.
Nach ca. 5 Tagen begann nun aber ein neues Drama.
Die Brust fing an abzusterben (nekrotisch ).
Wir wurden zuerst im Unklaren gelassen, bis Gewebe abgekratzt werden musste. Die Ärzte meinten zu diesem Zeitpunkt aber noch, das es sich nur um Durchblutungsstörungen handeln würde, da sie früher Raucherin war.

Meine Frau wurde nach 20 Tagen aus dem KH entlassen, mit der Auflage alle 1 bis 2 Tage zum Verbandwechsel zu kommen.
Nach 14 weiteren Tagen verschlimmerte sich die Situation aber derartig, das die Brust anfing nach verfaultem Fleisch zu stinken.
Daraufhin sind wir im Krankenhaus eingeschlagen und haben nun massiv Druck gemacht.
Es wurde nun noch einmal massiv Gewebe abgetragen, auch bei dieser Behandlung war ich anwesend und musste mitansehen, wie Gulaschstück große Brocken entfernt wurden.
Es stellte sich jetzt heraus, das auch der Bauchnabel abgestorben war.

Meine Frau wurde wieder stationär aufgenommen und nun wurde ein Vac Verband an Brust und Bauch angelegt. Ein Vac Verband ist im Prinzip ein Schwamm der auf der Wunde liegt und darüber wird eine durchsichtige Folie geklebt. Hieran wird dann eine Saugpumpe angeschlossen, die Wundsecret und Luft absaugt.
Es stellte sich heraus, das diese Verbandtechnik im Brustzentrum absolutes Neuland war und sich nur ein Oberarzt leidlich damit auskannte.
Nach weiteren 20 Tagen konnte meine Frau wieder entlassen werden, mit der Prognose, das sie den Vac Verband noch ca. 3 Monate benötigen würde. Sie sollte nun 2 mal pro Woche ins KH zum Verbandwechsel im kleinen OP. Gott sei dank war ich bei allen Verbandwechseln anwesend und konnte lernen, den zu diesem Zeitpunkt hatte wir Außentemperaturen um 40 Grad und der Verband schwamm nach kurzer Zeit weg, so das er nicht mehr luftdicht war.
Wie bei unserem Glück nicht anders zu erwarten passierte dies das erste Mal mitten in der Nacht, die Pumpe meldete Alarm und wir waren erst mal ratlos. Nach einigem Überlegen wechselte ich den Verband.
In den nächsten Monaten legte ich nun täglich neue Verbände an und reinigte die Wunde täglich. Die Ärzte wollten sich zwar zuerst quer stellen, gaben aber schließlich nach und rüsteten uns ab nun mit sterilem Besteck aus.
Dies war nur die Kurzfassung.
Heute sind die Wunden zwar verheilt, aber das psychische ist noch lange nicht überwunden.
Abgesehen von dem für meine Frau immer wieder erschreckendem Aussehen der Brust, sie beschreibt es als abgeschnittenem Tennisball, leidet sie unter Taubheitsgefühlen am gesamten Körper.
Ihre Psychoonkologin meint das Ihr Körper noch unter Schock stehe.
Zunehmend leidet unsere Partnerschaft unter diesem langem Martyrium.
Partnerschaft und Sexualität sind leider immer noch Tabuthemen.
Meine Frau ist in der Selbsthilfegruppe des KH aktiv tätig, dort wird nicht über solche Themen gesprochen. In einem anderen Forum konnte oder wollte mann sich auch nicht damit auseinandersetzen.

So, so einen langen Brief hab ich ewig nicht geschrieben. Aber es tat mal gut alles runter zuschreiben.
Ich hoffe ich habe euch nicht gelangweilt.

Gruß Thomas
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  #2  
Alt 05.06.2011, 01:07
PetraK PetraK ist offline
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Hallo Thomas,

das ist ja schlimm, was ihr alles schon mitgemacht habt.....nur kurz (wollte gerade ins Bett), ich bin selbst stellvertretende Leiterin einer Selbsthilfegruppe, genau für solche Themen sind wir doch eigentlich da !?! Oder mag deine Frau nicht so gerne über ihre eigenen Probleme reden? Ich denke, ein erneuter Brustaufbau wird unter den Umständen schwierig, vielleicht ist das auch für sie ein riesiges Problem.....wie kannst du denn damit umgehen? Ich selbst bin auch seit 2 Jahren "einbrüstig", damit hat mein Mann gottseidank kein Problem (und ich selbst wollte auch keine weitere OP), aber das von dir angesprochene Thema Sexualität ist bei uns auch sehr negativ präsent. Ich habe absolut keine Lust mehr dazu (wohl auch wegen der ganzen Therapien) und er will mit seinen etwas über 50 Jahren noch nicht für immer darauf verzichten und wir streiten ständig (natürlich nicht nur deswegen). Jetzt hat man uns in der Pssychoonkologie eine Paartherapie angeboten und meinem Mann eine Einzeltherapie für Angehörige, vielleicht wär das ja auch was für euch?

So, erstmal gute Nacht

Petra
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  #3  
Alt 05.06.2011, 13:38
TomZuck TomZuck ist offline
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Hallo Petra,

Ich versuche meiner Frau täglich zu zeigen, das ich sie liebe und ( trotz Ihrer ( Entstellungen ) liebe. Wie soll man so etwas ausdrücken ohne das es blöd klingt. Für mich war und ist das Aussehen Ihres Körpers absolut zweitrangig.
Unser Problem ist, das Sie sich die Sexualität wahrscheinlich noch mehr vermisst als ich.
Vor der Erkrankung empfand sie über die Brüste zum Bauchnabel zu Libido.
Heute ist eine Brust amputiert in der anderen empfindet Sie nichts mehr und auch der Bauchnabel ist nicht mehr da.
Somit ist Ihre Emotionskette zerstört.
Sie meint wir müssen darüber reden um es in den Alltag zu übernehmen und zu enttabuisieren.
HALLO ich bin nur ein Kerl, solche Gespräche krieg ich nur unglaublich schwer hin.
Sie sehnt sich nach Berührungen, die Sie dann aber nicht empfinden kann und Ihr körperlich unbehaglich sind.
Und dann ????? wieder reden wieder Streit.

Viele Grüße Thomas
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  #4  
Alt 07.06.2011, 10:32
Tiina Tiina ist offline
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Hallo Thomas,
ich kann mir vorstellen, dass das eine sehr schwierige Situation ist.
Durch die massiven Verletzungen ihres Körpers ist es für Deine Frau sicher sehr schwierig, da irgendetwas als positiv zu erleben - andererseits vermisst sie es sicher sehr... Vermutlich bekommst Du dann auch ganz viel Verzweifelung und Frust ab, die mir Dir eigentlich gar nichts zu tun haben, was sicher auch schwer zu ertragen ist.
Vermutlich geht das nur mit ganz viel Vorsicht, ganz viel Offenheit und Reden ( auch wenn Du "nur" ein Kerl bist ) - ich kann mit gut vorstellen, dass eine professionelle Unterstützung ( Paartherapie in der Psychoonkologie hört sich da sehr passend an) sehr hilfreich wäre.

Ich finde es aber ganz toll, dass Du zu Deiner Frau stehst, dass Du ihr zeigst, dass Du sie liebst und das Aussehen ihres Körpers zweitranging ist!!

Alles Gute für Euren Weg!
Anja
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  #5  
Alt 13.06.2011, 00:10
TomZuck TomZuck ist offline
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Hallo Anja,

Wir waren heute seit langem das erste mal wieder mit den Kids im Schwimmbad, der kleine hat gerade sein Seepferdchen bestanden.
Toll das meine Frau sich auch getraut hat, es wahr schön Sie mal wieder unbefangen lachen zu sehen.

Noch einen schönen Pfingstmontag

lg Thomas
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  #6  
Alt 21.06.2011, 09:33
TomZuck TomZuck ist offline
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Hallo an alle,

vielen Dank für eure Antworten. Es ist schon erstaunlich, seit ich mich in diesem Forum angemeldet viel gelesen und zum Teil auch geantwortet habe, können wir wieder gute Gespräche führen.
Meine Frau hat meine Beiträge und eure Antworten auch gelesen und wir haben glaube ich das erste mal so richtig über unsere Gefühle und Ängste gesprochen.
Ab Mittwochabend werden wir das verlängerte Wochenende wieder in Holland verbringen. Die Kinder haben leiiiiiiiider keinen Brücktag so das wir alleine fahren müssen

Ich wünsche euch allen alles gute

Thomas
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  #7  
Alt 21.06.2011, 09:46
mädl2010 mädl2010 ist offline
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Ich wünsche Dir und Deiner Frau ein paar schöne und erholsame Tage zu zweit!!!!

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  #8  
Alt 21.06.2011, 15:53
Roland E. Roland E. ist offline
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Hallo Thomas,

meine Frau hatte vor einem Jahr Brustkrebs. Die Brust wurde amputiert und sie hat sehr starke Gelenkschmerzen und Chemohirn (so nennt sie das). Ein Jahr lang habe ich ihr gesagt, dass mir das nichts ausmacht mit der fehlenden Brust. Ich habe das sogar geglaubt, aber ich wollte sie nicht oben ohne sehe, weil ich ein ganz komisches Gefühl bekommen habe und sogar aggressiv wurde. Vorgestern habe ich ihr spontan gesagt, dass ich die Brust vermisse und unendlich traurig bin, dass sie so leiden musste und muss. Dann kamen ihre Tränen und jetzt haben wir verstanden, dass wir uns was vormachen und es ganz o.K. ist ganz ehrlich und authentisch alles zu sagen. Wir werden jetzt zusammen trauern und ich glaube, danach kann meine Frau sich wieder wohl fühlen in ihrer Haut. Und ich mich auch. Es war ungelebte Trauer, die uns gefehlt hat und zu vielen Missverständnissen geführt. Und meine Ohnmacht. Ich habe ein Jahr herumgehirnt, was mit uns los ist und jetzt hat das Gefühl sich einen Weg gebahnt. Ich bin froh, dass wir noch nicht getrennt sind, denn die Beziehung war sehr kompliziert geworden und ich habe einfach nicht verstanden, warum.
Euch alles Gute, ich bin wirklich froh, dass ich nicht allein bin, hab niemand zum Reden und das ist schwer.
Gruß, Roland
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  #9  
Alt 24.06.2011, 20:55
TomZuck TomZuck ist offline
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Hallo Roland,

ich kann Dich gut verstehen, niemanden zum Reden zu haben ist eine Erfahrung die auch ich machen musste.
Wenn ich aus dem Krankenhaus nach Hause kam stürzte alles auf mich ein.
Im KH noch mut machen und Aufmuntern und zuhause die Leere.
Von den sogenannten Freuden waren die meisten weg und die anderen hatten nur die üblichen Plattheiten auf lager.
Da waren nur wenige die mich mal an die Hand genommen haben und sagten komm Junge heute gehen wir mal raus, zum Quatschen und um auf andere Gedanken zu kommen.
In guten wie in schlechten Zeiten, das gibts anscheinend bei den meisten "Freunden" nicht.
Aber heute haben wir gesiebt und kommen damit ganz gut zurecht.

lg Thomas
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