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  #1  
Alt 17.07.2007, 19:59
ute57 ute57 ist offline
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Standard Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Ich schreibe jetzt als Hinterbliebene, die vorher im KK-Forum Hirntumor und anschließend im POM (Place of Memory) geschrieben hat. Mein Mann ist jetzt fast 11 Monate tot. Wie kommt ihr damit klar, wenn sich "sogenannte" Freunde und Bekannte danach verabschiedet haben ohne Grund. Ich habe inzwischen erfahren, daß es wohl oft in der Regel so ist. Wie kommt ihr mit der Einsamkeit klar. Wie findet ihr neue Bekannte bzw. einen neuen Bekanntenkreis. Ich spreche im Moment Alterskreise zwischen 45 und 60 Jahre an? Ich weiß nicht, ob ihr mir antworten möchtet oder könnt. Ich habe leider die Erfahrung gemacht, daß sich unsere sogenannten "Bekannten" leider verabschiedet haben ohne Vorankündigung. Einfach nur nicht mehr melden. Wenn ich mich gemeldet habe, hieß es dann, wir rufen wieder an. Und danach Funkstille. Warum? Ist es normal? Bitte, wer mag, kann vielleicht dazu eigene Erfahrungen schildern. Wir können uns austauschen und vielleicht auch daraus lernen, damit umgehen zu können. Natürlich möchte ich auch jüngere Hinterbliebene damit ansprechen. Ich möchte hier alle ansprechen, ob männlich oder weiblich. Es ist schwierig für alle. Ich muß noch dazu sagen, daß ich leider keine Geschwister oder großen Verwandtenkreis habe. Vielleicht liegt es auch daran. Oftmals habe viele noch Geschwister, dadurch noch mehr familiäre Bindungen. Also wer mag, schreibt vielleicht dazu.
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  #2  
Alt 17.07.2007, 20:29
Franziska1 Franziska1 ist offline
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Standard AW: Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Hallo Ute, mein Mann ist am 10.04. diesen Jahres verstorben, ich bin 57 Jahre alt, mein Mann war 59 Jahre alt. Ich weiß nicht, wie ich diesen Verlust jemals verkraften soll. Er fehlt mir unendlich.
Obwohl diverse Verwandte nur 3 Straßen weiter wohnen, hat sich in der Zeit in der mein Mann krank war und es waren immerhin 2 1/2 Jahre keiner blicken lassen oder angerufen, jetzt ist er schon 13 Wochen nicht mehr da und keiner hat mit mir Kontakt aufgenommen.. Als mein Mann noch lebte hat mein Chef beinahe täglich bei mir zu Hause angerufen und gefragt wie geht es,(ich habe meinen Mann die letzten 3 Wochen gepflegt) (sie dachten er wird ein längerer Pflegefall und ich bleibe zu Hause)jetzt wird davon ausgegangen, dass sich alles wieder normalisiert hat.Wenn er mich fragt, wie geht es, sage ich schlecht und er sagt "warum"? Es kann niemand verstehen warum ich manchmal in Tränen ausbreche und einen Weinkrampf bekomme. Es kann sich niemand hineinversetzen der diesen Schmerz nicht selbst erlebt.Gute Bekannte rufen Sonntag abend an, wahrscheinlich aus dem Grund damit sie keine Einladung aussprechen müssen. Der beste Freund meines Mannes lebt in Australien, er wusste, dass mein Mann gestorben ist, erst ein Anruf von mir heute mittag bei ihm ergab, dass sie die Nachricht bekommen hätten, aber bei ihnen sei selbst so viel los. Keine Beleidskarte, keine Email, nichts.,Das sagt alles. Ich habe die Menschen jetzt kennengelernt. Gedankenlos und ohne Herz.Dazu muss ich noch sagen, dass ich seit 1965 in einer Kanzlei arbeite, 2 Wochen nach dem Tod meines Mannes hat man mir die Kündigung ausgesprochen, ich bin zu teuer, die Geschäfte gehen schlecht. Mich wundert heute selbst woher ich die Stärke nahm auch das zu überstehen. Meine beste Freundin, mit der ich mich wirklich gut verstehe, kommt nicht auf die Idee mich mal Samstags oder Sonntags einzuladen.Ich warte nicht mehr darauf.Mein wirklicher bester Freund ist mein Sohn, er ist 31 Jahre alt und meine Mutter, die selbst letztes Jahr ihren Mann(meinen Stiefvater) zu Grabe tragen musste.
Liebe Grüße Franziska
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  #3  
Alt 17.07.2007, 21:19
ute57 ute57 ist offline
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Standard AW: Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Liebe Franziska, das ist genau das, was ich wissen wollte, mir geht es nicht anders. Es tut so unendlich weh. Deshalb habe ich diesen Thread eröffnet. Ich denke mal, daß wir nicht alleine sind. Nur viele trauen sich nicht, darüber zu reden. Viele haben Angst, daß sie dejenigen sind, die es verschuldet haben, warum sich keiner mehr meldet. Ich möchte hier allen Mut machen, sich zu melden. Dann sind wir nicht mehr alleine! Vielleicht ergibt sich dadurch mehr! Ute
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  #4  
Alt 17.07.2007, 21:44
Franziska1 Franziska1 ist offline
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Standard AW: Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Hallo Ute,
ich frage mich, liegt es an mir? Aber ich habe viel nachgedacht, ich glaube es fehlt vielen Menschen an Einfühlungsvermögen, vielleicht sind es auch Berührungsängste weil sie nicht damit umgehen können
Jeder schiebst es halt weit von sich, weil sich keiner vorstellen kann, es könnte ihm passieren. Aber es ist diese große Verlassenheit, wenn man die Haustüre hinter sich schließt und man alleine ist.Dann kann ich mich gehenlassen und um meinen Mann weinen.

Viele Grüße Franziska
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  #5  
Alt 18.07.2007, 18:54
moni l. moni l. ist offline
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Standard AW: Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Hallo Ute,
es war eine gute Idee, diesen Thread zu eröffnen.
Mein Mann ist am 22.05.07 gegangen. Im Oktober 06 kam die Diagnose Lungenkarzinom, aber wir haben bis zuletzt gehofft, er schafft es.
Heute wäre der Termin für die Untersuchung gewesen, ob der Tumor durch die Bestrahlung
operierbar oder vielleicht auch ganz weg gewesen wäre....
R. war 49, ich bin 56. Wir waren dabei, seinen 50. Geburtstag zu planen.
Ihr habt recht, man ist plötzlich ganz schön allein.
Gerade in der Situation, wo man wirklich andere Menschen und Freunde bräuchte, ziehen sich die meisten zurück. Vielleicht ist es ihnen unangenehm, durch mich an den Verlust ihres Freundes erinnert zu werden oder sie wissen nicht, wie sie mit mir umgehen sollen.
Ich war selbstständig und hatte einen ziemlich stressigen Job (Gastronomie).
Im März, vor Beginn der Bestrahlungen, habe ich meinen Vertrag gekündigt zum 30.Juni,
einfach, um mehr Zeit für R. zu haben, und weil mir schon klar war, was das Wichtigste in meinem Leben ist. Wir haben uns riesig auf unsere viele Zeit zusammen gefreut und auf das, was wir dann alles machen wollten.
Tja, jetzt hab ich die viele Zeit ganz für mich allein, hab keinen Job, dürfte auch mit meinen 56 Jahren nicht so leicht sein, einen zu finden.
Habe einen riesigen Berg Angst, wie soll ich das alles schaffen? Hatten uns das zusammen ganz anders vorgestellt.
Freunde und Verwandte? Die sind längst zum Alltag zurückgekehrt, da ist nicht soviel Platz für plötzlich alleinstehende Hinterbliebene.Sie denken bestimmt an mich,
z.B. während eines Anrufes: "Wir wollen heute abend grillen und ein bisschen feiern,
aber du bist ja noch nicht soweit". Auch eine nette Art der Ausladung.
Oder der Spruch: Na, jetzt hast du noch die Seebestattung, dann ist das ja abgeschlossen. Manchmal möchte ich schon sagen, warte mal ab, einer von euch beiden wird auch in meine Situation kommen. Aber das wäre gemein.
Ansonsten verbringe ich meine Abende eben allein, rede mit dem Fernseher, freue mich,
dass es Internet gibt und bin immer froh, dass wieder ein Tag ohne R. vorbei ist.
Meine Kinder (25 + 22 ) sind mir eine grosse Hilfe. Wohnen zwar beide nicht hier, aber
mein Sohn versucht so oft wie möglich her zu kommen. Und Dank Internet kann ich jeden
Tag mit meiner Tochter (studiert in Australien) reden und sie auch sehen, soweit weg ist sie gar nicht.
Meine Güte. soviel wollte ich eigentlich gar nicht schreiben.
Schön zu wissen, dass noch mehr darüber reden möchten, das kann man wohl wirklich nur mit Betroffenen. Ich glaube, ich hätte mich vorher auch gedrückt.

liebe Grüsse
Moni
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  #6  
Alt 18.07.2007, 19:19
Franziska1 Franziska1 ist offline
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Standard AW: Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Hallo Moni, ich werde ja am 31.12. arbeitslos und ich habe auch eine Heidenangst vor allem weil ich nie damit gerechnet hätte, vor ein paar Wochen noch sagte mein Chef, wir Beide verlassen zuletzt das sinkende Schiff, und nun bin ich die Erste und die Kündigung wurde ausgesprochen 2 Wochen nach dem Tode meines Mannes. Für mich hat sich die Welt um 360 Grad gedreht, alles ist nicht mehr so wie es war.. Aber damit muß ich leben, wie schon so viele nette Bekannte sagen " da musst Du durch".Muß ich überhaupt nicht, igle mich manchmal regelrecht ein, weil ich Niemanden sehen kann.
Liebe Grüße Franziska

Es wird schon wieder
wieder wie was
wieder wie vorher
irgendwann wird es
aber nicht wieder ( pirko)
Habe ich im Inernet gefunden, ist wirklich für unsere derzeitige Lebenslage passend.
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  #7  
Alt 18.07.2007, 19:23
ute57 ute57 ist offline
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Standard AW: Bin durch einen lieben Freund auf eine Idee gebracht worden

Liebe Moni,

Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich habe mir so viele Gedanken gemacht, warum die Reaktionen so sind. Aber wie Du schon sagst, vielleicht, weil die anderen nicht - Gott sei Dank - nicht betroffen sind. Es tut aber so weh, daß man dann wirklich allein gelassen wird mit allem. Vor allen Dingen mit der Einsamkeit. Und diese "Ausladungen" sind typisch. Ich habe letztes Jahr, nach der Trauerfeier zur Einäscherung unsere sogenannten Freunde nach 6 Wochen mal angerufen. Was bekam ich zu hören? Wir dachten, Du brauchst jetzt erst mal Deine Ruhe. Wollten Dich nicht stören. Hallo habe ich gesagt, ich lebe und möchte mich unterhalten. Als Antwort kam, ja dann können wir uns ja wieder melden. Die nächste Meldung bekam ich zu Silvester, auf meine SMS, weil ich nicht stören wollte, habe ich eine SMS geschickt und alles Liebe und Gute zum Neuen Jahr gewünscht. Die Antwort war wörtlich: Wünschen wir Dir auch. Danach bis heute nichts mehr. Und das mich so tief getroffen. Ich habe mich daraufhin nie mehr gemeldet und wie gesagt, die besten "Freunde" auch nicht.

Ute
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