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  #1  
Alt 30.03.2009, 22:02
JeRi JeRi ist offline
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Registriert seit: 30.03.2009
Beiträge: 1
Standard Meine Geschichte

Hallo an alle
Erstmal muss ich sagen das ich von diesem Forum und den Leuten die hier schreiben total beeindruckt bin...ich finde es rührend wie ihr euch gegenseitig Kraft gebt,und immer liebe und tröstende Worte füreinander übrig habt
Mein eigentlicher Grund warum ich hier schreibe,ist das ich zwei der wichtigsten Personen (meine Eltern) die ich im Leben hatte durch diese schlimme Krankheit verloren habe.
Ich möchte ein wenig weiter ausholen und fange deshalb im Jahr 1990an.Zu der Zeit klagte mein Vater öfters über starke Bauchschmerzen,was aber er bzw der Rest der Familie nicht besonderst seltsam fand weil er zu der Zeit an Rheuma litt,und die Medikamente die er nehmen musste Bauchschmerzen als Nebenwirkungen haben konnten.
Erst als diese Schmerzen immer schlimmer wurden entschloss sich mein Vater den Arzt aufzusuchen.Dieser nahm eine Blutprobe und schickte sie ein...und was soll ich euch sagen,das Ergebnis was dabei raus kam war wie ein Schlag ins Gesicht...Magenkrebs.
Zu dem Zeitpunkt war ich 12 Jahre alt und mit dieser Situation eigentlich total überfordert weil ich sie nicht richtig einschätzen konnte.Aber dennoch waren die nächsten Monate für mich und den Rest meiner Familie eine absolute Hölle.
Nach mehreren Operationen (Teile vom Magen entfernt),etlichen Untersuchungen entschlossen sich die Ärzte für eine Chemotherapie obwohl sie die Chancen des Erfolges für sehr gering hielten da der Krebs in der Zwischenzeit schon gestrahlt hat und andere Organe betroffen waren.
Den genaueren Verlauf der Chemo möchte ich hier nicht beschreiben,es gab Momente da sah es ganz schlimm aus und dann gab es Momente die Situationsbedingt Vortschritte brachten.
Mitte 1991 kam für uns dann doch die überraschende aber gute Nachricht das die Blut- bzw. restlichen Körperwerte wieder als "Normal" zu bezeichnen sind und der Krebs besiegt war.
Ok jetzt werdet ihr euch fragen warum ich weiter oben geschrieben habe das er an krebs gestorben ist.Ganz einfach,was zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen konnte,war das sein Herz durch die Lange und sehr aufwändige Therapie in Mitleidenschaft gezogen wurde.
So vergingen die Jahre,mein Vater ging zu jeder Nachuntersuchung wo Krebsbedingt nichts mehr festgestellt werden konnte.Dafür stellte sich dann aber raus das sein Herz nicht mehr so arbeitet wie es eigentlich arbeiten sollte.Es wurde von Jahr zu Jahr immer schlimmer,bis es am 05.08.2006 genau zu seinem 68. Geburtstag aufhörte zu schlagen
So,nun komme ich zu der traurigen Geschichte meiner Mutter.Der August 2003 hätte trotz all der gesundheitlichen Probleme meines Vaters dennoch ein schöner Sommermonat werden können da ja ein gewisser "Alltag" eingetreten ist,und man sich mit der vorherrschenden Situation irgendwie abgefunden hat.
Aber ich werde den Tag nicht vergessen als meine Mutter zu mir kam und sagte :"Ich habe Blut im Stuhl"...ich wusste sofort es ist Krebs...es mag komisch klingen,aber ich wusst es wirklich sofort.
Nachdem mir meine Mutter dann noch gestand das sie das schon länger hat,habe ich sie mir geschnappt und bin mit ihr zum Arzt gefahren.
Der setzte natürlich sofort alle Hebel in Bewegung und veranlasste eine Darmspiegelung...und bei dieser Untersuchung wurde ein Tumor im Darm gefunden der wie sich später rausstellte bösartig war.
Dieser Tumor war zu diesem Zeitpunkt zu groß und saß ganz ungünstig.Hätten sie ihn zu diesem Zeitpunkt entfernen wollen hätte meine Mutter einen künstlichen Darmausgang bekommen,was sie aber nicht wollte.Also entschlossen sich die Ärzte diesen Tumor durch eine Chemo und Bestrahlung zu verkleinern weil sich sich dadurch erhofften meiner Mutter den künstlichen Darmausgang ersparen zu können.
Die Chemo und Bestrahlung verlief für diese Verhältnisse recht gut,weil sie ambulant durchgeführt werden konnte.Sie verfehlte auch ihre Wirkung nicht,der Tumor wurde kleiner,aber wie sich während der darauf folgenden Operation rausstellte leider nicht klein genug,und sie mussten meiner Mutter doch einen künstlichen Darmausgang setzen.
Die folgenden Monate verliefen was den Krebs bei meiner Mutter angeht ganz gut.Es gab bei den Nachuntersuchungen keine Anzeichen darauf das sich irgendetwas neu gebildet hätte.
Langsam kehrte wieder Alltag im Leben ein...
Anfang 2006 ist der Gesundheitszustand meiner Mutter noch immer i.O. nur der meines Vaters wird immer schlechter.Er kommt ins Krankenhaus und bekommt einen Herzschrittmacher .Die folgenden Monate geht es Mutter und Vater richtig gut,und mann freut sich schon das endlich wieder ein wenig Ruhe herrscht.
Dann am 01.07.2006 (Datum weiß ich genau weil es einen Tag nach meinen Geburtstag war) bricht mein Vater zusammen.Er kommt ins Krankenhaus und dort wird festgestellt das der Schrittmacher nicht richtig arbeitet.Er erholt sich nochmal für ein paar Tage bis sein Zustand wieder schlechter wird und wir ihn zum Sterben nach Hause holen...
Von diesem Tag ab an war nichts mehr wie es einmal war.Meine Mutter tat zwar sehr stark,aber ich wusste wie es in ihrem Inneren aussah.
Irgendwann im Juli 2007 dann der nächste Schlag ins Gesicht,bei einer Routinemäßigen Nachuntersuchung wird wieder ein bösartiger Tumor im Darm meiner Mutter gefunden...
Dieses mal nur Chemo und Operation in der noch ein Stück vom Darm entfernt wird.
November 2007 bei einer erneuten Untersuchung entdecken die Ärzte das der Krebs gestrahlt hat und inzwischen auch die Leber betroffen ist.Dennoch stellen die Ärzte eine gute Prognose und teilen uns eine sehr hohe Heilungschance mit.
Es folgt das Gefühlsmäßig intensivste Weihnachtsfest was ich je erlebt habe
Dann am 20 Januar 2008 der Anfang vom Ende.Meine Mutter wird operiert und ein Teil von der Leber wird entfernt.Während dieser Op kommt es zu einer Komplikation,es wird ein Blutgefäß verletzt und meine Mutter fällt ins Koma.
Die Ärzte teilen uns mit das sie nichts mehr machen können und wir nur auf ein Wunder hoffen können.Anfang Februar erwacht meine Mutter aus dem Koma und wir schöpfen wieder alle Hoffnung.
Drei Wochen geht es wieder Bergauf und es werden auch schon Planungen gemacht wo sie zur Rhea hinkommen soll.Dann durfte ich mich noch einige Zeit mit der Krankenkasse rumschlagen weil die nicht die Kosten für die Rhea tragen wollten.Aber nachdem ich mit Anwalt und einem Artikel in der Zeitung gedroht habe lenkten sie ein.Aber zur Rhea ist sie dann doch nicht mehr gekommen,einen Tag bevor es losgehen sollte verschlechterte sich ihr Zustand wieder und das Krankenhaus meinte sie wäre in diesem Zustand nicht transportfähig.Zwei tage später fanden die Ärzte den Grund warum es meiner Mutter wieder schlechter ging,der Krebs hatte sich im ganzen Körper ausgebreitet und die restlichen Organe befallen.Ich wusst das das ihr Todesurteil war und bat die Ärzte darum das ich meine Mutter mit nach Hause nehmen darf,aber es ging nicht weil ihr Zustand inzwischen so schlecht war das sie selbst den Transport nach Hause (fünf Minuten Autofahrt) höchst wahrscheinlich nicht überlebt hätte.
Also blieb mir nichts anderes übrig als sie im Krankenhaus zu lassen.Ich besuchte sie so oft wie es mir möglich war...oder sagen wir mal so,so oft wie es die Arbeit oder mein Seelischer Zustand zuließ.
Am 14.03.2008 starb meine Mutter in meinen Armen...und seitdem vermisse ich zwei mir wichtige Menschen...und ich weiß,es wird nichts mehr so sein wie es einmal war

Tja,das ist meine Geschichte...ihr könnt euch nicht vorstellen wie schwer es mir gefallen ist das hier zu schreiben.Ich möchte mich dafür entschuldigen wenn es nur so von Fehlern in meinem Text wimmeln sollte,aber glaubt mir,für mich ist das ein riesen Schritt den ich hier getan habe
Eins möchte ich noch loswerden,wenn es Leute gibt die vielleicht vor der Wahl stehen "Chemo oder nicht",lasst euch vom Krankheitsverlauf meines Vaters bitte nicht abschrecken.Auch wenn ihm im Nachhinein die Chemo das Leben gekostet hat,hat sie es mir ermöglicht noch viele Jahre mit einem Menschen verbringen zu dürfen den ich über alles liebte und schätzte.Und auch wenn diese Zeit im Nachhinein gesehen nicht immer problemlos verlief möchte ich sie nicht missen.Diese Zeit hat mich gestärkt und diese Stärke kam meiner Mutter zu Gute,weil mein Vater mir immer gezeigt hat das wenn es einem auch schlecht geht man immer für die Mensche da sein kann die man liebt.


Gruß
Jens
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  #2  
Alt 30.03.2009, 22:56
Minki Minki ist offline
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Registriert seit: 05.03.2009
Beiträge: 5
Standard AW: Meine Geschichte

Hallo Jens,
es ist gut, dass du versuchts deine gedanken zu formulieren und uns nahe zu bringen. es ist für jeden schwer mit dem thema krebs und krankheit umzugehen und klarzukommen und einen weg zu finden. du tust einen grossen schritt, der dir aber gut tut, weil du hier menschen findest, die dich verstehen. ich habe meinen mann an einem gehirntumor verloren und kann deinen schmerz nur zu gut verstehen und nachvollziehen. dieses forum ist sicherlich ein weiterer schritt um mit der trauer und der verarbeitung des verlustes umgehen zu können. ich wünsche dir auf jeden fall alles gute auf diesem weg und das du die liebe deiner eltern immer in dir trägst und weitergibst, denn das hätten sie sich gewünscht, dass diese liebe, die sie dir schenkten, von dir weitergetragen wird und überlebt. sie sind bestimmt stolz auf dich und sehen dir als engel zu und begleiten dich
alles liebe
minki
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  #3  
Alt 31.03.2009, 20:58
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Meine Geschichte

Hallo Jens,
was du so in jungen Jahren erlebt hast reicht eigentlich bei anderen für ein ganzes Leben. Ich bewundere deine Kraft und deine Stärke. Ich habe meinen Lebensgefährten vor einem Jahr an diesem blöden Schalentier verloren. Mein zweiter Mann starb vor 8 Jahren den plötzlichen Herztot und vor 20 Jahren fiel mein Vater dem Schalentier zum Opfer. Du wirst sicher sagen dass ist doch auch eine ganze Menge. Nur ich werde dieses Jahr 60.Es ist schön zu hören dass du durch die Chemo deinen Vater noch ein paar Jahre hattest. Bei meinem Lebensgefährten wäre dass halbe Jahr was er nach Diagnosestellung noch hatte ohne Chemo glaube ich Lebenswerter gewesen. Aber das war alleine seine Entscheidung. Ich schicke dir erstmal ein ganz dolles Kraftpaket. Ich wünsche dir ein schönes Osterfest
Erika

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