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  #1  
Alt 07.04.2012, 15:26
Odelbie Odelbie ist offline
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Standard Wie sage ich es unserer Tochter ?

Hallo,

Ich bin froh, dieses Forum gefunden zu haben.

Mein Mann 56, hat einen Ohrspeicheldrüsenkrebs. Er macht gerade eine Radio-Chemotherapie . Das ist aber nur eine Palliativ -Behandlung. Eine Heilung ist nicht möglich. Es gibt Metastasen ,die Lymphen am Halsbereich sind betroffen. Der Tumor reicht bis an die Schädelbasis . Eine OP ist nicht möglich. Die Ärzte sagten wir sollen die Zeit nutzen.

Aber wie soll ichdiese nutzen. Durch die Behandlung ist mein Mann sehr schwach geworden. Er schläft nur,essen unmöglich nur über der PEG-Sonde . Er nimmt täglich an Gewicht ab.
Die Ärzte machen uns keine Hoffnung, Sie sagten diese Behandlung sei eine Form von Palliativer Behandlung . Damit später der tumorschmerz nicht sounerträglich wird. Er bekommt schon Morphium . Die Diagnose haben wir am 13.02.2012 erhalten. Das Morphium istschon verdoppelt in innerhalb 12 Tagen.

Ich habe Brose Angst. Wie sage ich es unserer Tochter? Sie. Ist 13 Jahre und ein Papakind.
Lisa weiß das der Papa schwerkrank ist. Das wir nicht wissen was die Behandlung bringt und der Ausgang mit einem dicken Fragezeichen versehen ist.
Ich bin am Ende. Fühle mich vollkommen im Keller und habe grosse Angst unserer Tochter zu erklären was mit Papa passieren wird.

Was kann ich nur tun ? Wann sollte man es sagen ?
Ich habe Angst mein Kind wird daran zerbrechen.



Ich bedanke mich für euer zuhören .

Danke
Odelbie-Grit
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  #2  
Alt 07.04.2012, 16:55
mai-regen mai-regen ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,
deine Geschichte lässt mich schwer schlucken.Dein Mann ist noch so jung und es hört sich so an,als hättet ihr wirklich nicht mehr viel Zeit...
Ich bin hier als betroffene Tochter und finde es schon äußerst schwer,meinen Kindern beizubringen,dass ihre geliebte Omi sehr krank ist und nicht mehr gesund werden kann.Aber wenn es der Papa wäre...oh Mann!
Die Diagnose ist ja bei euch auch erst vor kurzem gestellt worden.Wenn man mehr Zeit hat,kann man es so nach und nach immer mal ansprechen...
Und 13 ist ja auch noch ein schwieriges Alter.Seit dein Mann so krank ist,hat sie aber doch sicher so einiges mitbekommen.Spricht sie mit dir oder deinem Mann ,stellt sie Fragen? Oder macht sie alles mit sich aus?
Wenn sie Fragen stellt,würde ich so ehrlich wie möglich antworten und so wenig wie möglich (Das ist bei mir mein grösstes Problem.Meine Tochter ist 15 und spürt genau,wie es mir geht.Und wenn sie dann nach Oma fragt,muss ich aufpassen,dass nicht zu viel aus mir raussprudelt,Dinge,die sie gar nicht wissen muss)
Du kannst ihr den Schmerz nicht ersparen.Sie wird ihn auf jeden Fall spüren,jetzt oder dann.Und ich denke,sie wird die Zeit intensiver nutzen und anders,wenn sie es irgendwie weiss...
Und dann musst du gut auf sie aufpassen.In der Pupertät reagieren die Kids ja eh schon unberechenbar...Ich rede mit meiner Tochter und habe auch schon vor ihr um meine Mum geweint.Und da war sie gaanz stark und hat MICH getröstet.Du wirst einen Weg finden. Hör auf dein Bauchgefühl...
Und wie kommst du damit klar? Wenn du magst,kannst du vieles hierlassen im Forum.Mir tut dass sehr gut.Hier gibt es immer offene Ohren und Herzen und kann seinen Gefühlen mal freien Lauf lassen!
Liebe Grüße
Sylvia
__________________
Meine Mum,Lungencarcinom Stadium 4 mit Metastasen
Immer an deiner Seite !

In Liebe gebettet voraus gegangen am 06.05.2012


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  #3  
Alt 07.04.2012, 19:57
Odelbie Odelbie ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Hallo Sylvia,



ganz lieben Dank für deine lieben Zeilen.
Ich weiß nicht wirklich, wie ich mich ausdrücken soll. Es ist nicht einfach was man so mitmacht. Welche Verantwortung man hat. Auf was man alles achten muss. Ich habe z.B. Für meinen Mann ein Pflegebett über die Kasse beantragt. Es war ein Kampf ohne Ende. Aber ich habe es bekommen. Nun kann mein Mann gut liegen bzw. im sitzen schlafen, weil er dann besser Luft bekommt. Diese Kraft und Nerven, die ich da gelassen habe fehlen mir bei den nächsten Sachen. Aber ich gebe nicht auf. Ich bin es meinem Mann und unserer Tochter schuldig. Ich möchte nur, das er soviel Zuwendung und Liebe erhält, wie er es braucht. Das er spürt wir sind da.
Womit ich mich noch nicht wirklich abfinden kann ist die Form von einem Hospiz. Ich weiß nicht ob es gut sein würde, wenn unsere Tochter mit in diesem Hospiz bleiben würde. ich fühle mich in diesem Punkt sehr schlecht. Ich dachte es geht nur mir so. wie sag ich es dem Kind ? Und die vielen anderen Fragen ? Ich fühle mich hier gut aufgehoben. Ich hoffe nur, das meine Fragen nicht zuviel sind. Ich mache mir Brose Vorwürfe, nicht mit den Ärzten ganz offen gesprochen zu haben. Die Behandlung die mein Mann gerade durchmacht verschlimmert ja seinen Zustand. Er kann nix mehr essen,trinken. Er sieht auf dem re. Auge nur verschwommen, hört auf dem re. Ohr nix mehr. Seine Haut wir wund, im Mundraum ist die Schleimhaut kaputt und es blutet ständig. Ich Frage mich immer wieder, hätten wir diese Therapie nicht lassen sollen ? So hätte er noch eine schöne Zeit. Aber so wie es jetzt ist, ist es sehr schlimm für Ihn und natürlich stehen wir hilflos daneben.
Die Behandlungen finden ja in der Uni Erlangen statt. Die geben sich in der Stahlenklinik grosse Mühe. Wir bekommen Medikamente ohne Ende. Für jedes ziehen bekommen wir was . Ob es das ist weiß ich nicht. Es macht mir Angst zu sehen wie das Leben so vorbei zieht.

Es gibt Stunden, da weine ich und meine Trauer hat schon lange begonnen. Ich bekomme mich dann nicht mehr ein. Frage nach dem Warum ? Ich kann es einfach nicht verstehen, wie es so einfach kommt ohne nur ein Anzeichen und wie schnell du mit deinem Leben fertig sein kannst.
Wie soll man das nur in seinen Kopf bekommen ?

Liebe Grüße
Grit
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  #4  
Alt 07.04.2012, 20:11
Jasofe Jasofe ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Gar nicht einfach ist deine Situation.

Leider habe ich im Bekanntenkreis so etwas schon 2x mitbekommen müssen.

Es sind nur Bekannte und keine Freunde, daher habe ich auch nur sehr wenig Informationen. Aber eines haben beide Familien gemacht. Sie haben sich einen Jugendpsychologen zu Rate gezogen und dieser hat die Familie begleitet.

Eines der Kinder hat eine längere Auszeit in der Schule bekommen. Konnte trotzdem ins neue Schuljahr wechseln und ist heute nach 3 Jahren (jetzt 16) ein fröhliches Mädchen, das diese Krise bewältigt hat. Es ist die Freundin meiner Tochter und ich konnte nicht glauben, das dieses liebenswerte tempramentvolle Mädel schon so ein Schicksal ertragen musste und sie heute so ist wie sie ist.
__________________
Nachdem er viel von der Welt gesehen hat, erkundet er nun sein letztes Reiseziel - die Ewigkeit.
(mein Papa : gestorben am 31.3.2012 und ich hielt seine Hand)
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  #5  
Alt 07.04.2012, 20:17
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

liebe grit,

die situation ist schwer, ganz gewiss.
ich würde relativ offen zu dem kind sein;
wenn ihr papa stirbt, und sie erfährt es kurz vorher,
ist der schock viel grösser und vielleicht möchte sie
mit ihrem papa noch sachen besprechen.

wenn du mit ihr sprichst: dir werden intuitiv
die richtigen worte dabei einfallen; und auch
wenn du vielleicht am anfang nur weinen wirst,
weil es so schwer ist, es zu sagen,
so werdet ihr nachher zusammen weinen und über das traurige reden können.
so fängst du sie auf und ihr geht euren begleitenden weg
bei deinem mann gemeinsam: du als frau und sie als tochter.

sag es ihr nicht zu spät, sie soll genug zeit haben,
sich aktiv verabschieden zu können.
zugleich sorge dafür, das sie unterstützung erhält.

viel kraft euch, vintage
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #6  
Alt 07.04.2012, 20:27
Mel_1 Mel_1 ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,

was für ein schwerer Weg den Ihr gehen müsst :-(
Hast Du mal Euren Hausarzt, bzw Kinderarzt nach einen guten Psychologen für die Tochter befragt?
Das kann schon sehr viel helfen, zumindest wird sie dann auch von Fachkräften aufgefangen.
Die Ärzte können sicher auch einen Rat geben, ob Deine Tochter alles erfahren sollte , bzw wie man es ihr beibringt.
Ich drück Dir ganz feste die Daumen, dass Du diese schwere Zeit einigermassen hinbekommst und Deine Tochter nicht in ein so großes Loch fällt.
Auch wünsche ich Deinen Mann, dass er, wenn es soweit ist, ohne großen Schmerz über die Regenbogenbrücke gehen darf.

Tröstende Grüße
Mel
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  #7  
Alt 07.04.2012, 20:57
mai-regen mai-regen ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,
wie du schon schreibst,es ist nicht einfach,was du mitmachst.Man ist wie in einem parallelen Universum und alle anderen,die einfach weitermachen,kommen einem soweit weg vor.
Das ganze Leben erscheint einem als Mogelpackung und man verliert das Vertrauen in die
Zukunft.
Weisst du,ich denke,uns wird die Unschuld genommen und man muss sich seinen Ängsten stellen,vor denen alle anderen,die in solcher Situation noch nie waren,keine Ahnung haben.
Du hast schon viel erreicht,um deinem Mann beizustehen.Organisatorisches kostet viel Kraft,aber wenn man wieder was geschafft hat,kann man zu Recht stolz sein!!
Was die Radiochemo angeht und dein Bedauern,nicht ausführlich alles mit den Ärzten besprochen zu haben....das kannst du doch nachholen! Frage ganz geziehlt nach dem Grund für die Behandlung,was denken die Ärzte,damit noch zu erreichen? Alleine zur Schmerztherapie eine Radiochemo finde ich doch heftig.Denn wie du ja siehst,die Nebenwirkungen sind enorm!
Man kann jederzeit die Behandlung stoppen.
Frag hier,soviel du willst.Und lass auch deine Angst und Verzweifelung hier.
Und wenn du schreibst,du trauerst schon jetzt,ja,dass ist so.Man nimmt irgendwie jeden Tag ein bischen Abschied .Und durchläuft dabei immer neue Phasen....Wut,Verzweifelung,dann irgendwann Akzeptanz des Unvermeidlichen,Frust, Liebe,Mitleid,wieder Wut,es pendelt immer hin und her.Den Kranken geht es genauso.Du schaffst das!!!
Alles Liebe,
Sylvia
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  #8  
Alt 07.04.2012, 21:33
Tante Marry Tante Marry ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Hallo Grit,

welch schwere Situation für euch. Ich kann mit gut vorstellen, dass du an deine Grenzen kommst. In Bezug auf deine Tochter kann dir doch bestimmt ein Psychologe des Krankenhauses helfen. Außerdem würde ich versuchen mir Unterstützung von Freunden oder Familie zu bekommen. Vielleicht gibt es jemanden aus euerem Freundeskreis, mit dem deine Tochter gut kann. Diese Person könnte dich unterstüzen deine Tochter "aufzufangen". Ich war noch nie in so einer Situation, habe aber 3 Kinder (etwas älter), aber wenn du mit der Wahrheit hinter dem Berg hälst, nimmst du deiner Tochter die letzten Stunden mit ihrem Papa.
Ich wünsche dir für die Zukunft ganz viel Kraft, liebe Grüße Katja
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  #9  
Alt 08.04.2012, 02:15
ulphin ulphin ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,


ich schreibe Dir hier als Hinterbliebene, meine Mutter starb an dieser Schxxxxkrankheit. Meine Kinder sind schon etwas älter als Deine Tochter, aber auch ich habe mich mit dieser Frage, mit der Du Dich an das Forum gewandt hast, befassen müssen. Jedoch, so denke ich, geht es auch um Dich, die Du selbst in dem Prozess der Angst, Verzweiflung, Wut, aber auch Hoffnung steckst. Kinder, egal welchen Alters, haben so feine Antennen für unser Gefühlsleben. Ich denke, dass Du letztlich nicht umhin kommen wirst, Deiner Tochter offen zu sagen, wie es um Deinen Mann, ihren Papa steht. Sie wird ja seit der Diagnose nicht nur mitbekommen haben dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten steht sondern auch Eure Gefühlsachterbahn. Jetzt könnt ihr noch gemeinsam mit ihr reden, ihr Papa kann ihr sagen, wie es ihm geht, Du als ihre Mama kannst sie an Deinen Gefühlen teilhaben lassen, sie kann ihre Ängste mit Euch teilen. Ihr könnt weinen und aber auch lachen zusammen, Euch einfach nahe sein. Ich bin sehr zuversichtlich, sie wird es besser verkraften als Du meinst und sie wird es Euch danken.


Sei von Herzen gegrüßt


ulphin
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  #10  
Alt 08.04.2012, 16:17
Odelbie Odelbie ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Danke ,Danke für eure lieben Zeilen,



Meine Gedanken stehen einfach nicht Still. Es dreht sich alles. Und immer wieder komme ich zum Stop, der mir sagt: sprich mit dem Kind.
Auf der anderen Seite die Angst. Ich habe mit dem Hausarzt gesprochen, der meinte ich muss es Lisa sagen. Soll mir noch etwas Zeit nehmen. Damit die Phase der Trauer nicht so lange im Vorfeld ist. Und auf der anderen Seite möchte ich dem Kind die Chance geben mit dem Papa zu plaudern. Ich weiß es einfach nicht wie . Ich habe die Angst mein Kind zu enttäuschen ,ich habe Angst,das mein Kind in ein Loch fällt, das ich es dann nicht mehr helfen kann .
Manchmal ist es so, das die Wahrheit sehr weh tut, aber von großer Wichtigkeit ist. Ich weiß es und bringe es einfach nicht fertig.

Ich kann es einfach nicht verstehen, wie das Leben so spielt.


Liebe Grüße und Danke fürs zuhören.
Grit
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  #11  
Alt 08.04.2012, 16:47
Mel_1 Mel_1 ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Hallo Grit,

ich finde, das Mädchen sollte es erfahren, da sie auch auf ihre Art Abschied nehmen kann.
Es wäre wohl für sie schlimmer, wenns auf einmal sehr schnell geht und sie keine Möglichkeit mehr hat mit Papa zu sprechen.
Sowas kann man schlecht wieder gut machen.
Sie wird es verkraften, Kinder und Jugendliche gehen anders mit sowas um als wir Erwachsenen.
Sie sind oft stärker wie wir und haben noch einen anderen Bezug zum Sterben.
Sie wird es auch sicher im Inneren schon wissen, dass sie ihren Papa nicht mehr lange hat und evtl geht es ihr wie Dir...sie will Dich mit solch direkten Fragen bezüglich Papa schützen?
Offenheit hat auch den Vorteil, dass Ihr zusammen die Last tragen könnt und gemeinsam um den Papa weinen könnt.
Ihr könnt Euch stützen und den schweren Weg gemeinsam gehen.
Liebe Grüße
Mel
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  #12  
Alt 08.04.2012, 19:13
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,
ich schreib dir aus meiner Erfahrung als Hinterbliebene. Es ist sicherlich schwer die richtigen Worte zu finden, je mehr du darüber nachdenkst desto größer wird die Hürde. Man kann versuchen sich diese Worte zurecht zulegen, die Gefahr besteht das es sehr hölzern rüberkommt und deine oder eure Tochter euch "nicht erkennt". Mein Vorschlag wäre das ihr ein Gespräch zu dritt führt und darin erwähnt das die Zeit vom Papa begrenzt sein wird, wie lange er noch zu leben hat, das weiß doch keiner und von daher finde ich den Rat deines Hausarztes nicht so gut. Du quälst dich und ich kann mir nicht vorstellen, daß du das alles in dieser Ausnahmesituation vor deiner Tochter verbergen kannst. Wie denkt denn dein Mann darüber? Weiß er, das er sterben muß? Ich könnte mir vorstellen das ein offenes Dreiergespräch viel Last von euer beider Schultern nehmen würde, letzte Wünsche und Geschenke, z.B. ein gemaltes Bild, eine Kuschelstunde mit dem Papa, das Vorlesen einer Lieblingsgeschichte, das hören von Lieblingsliedern, das Nacherzählen von großen Ereignissen, dem Kind die Gewissheit geben,daß man, obwohl man nicht mehr greifbar ist, das Kind und die Mutter auf dem gemeinsamen Weg begleitet...all das kann dazu beitragen die Atmosphäre zu entspannen und die verbleibende Zeit so intensiv zu gestalten als wären es Jahre.
Hab keine Angst und laß dein Herz sprechen, schalte deinen Verstand auf Null und du wirst soviel Dankbarkeit und Freude in dir selbst erfahren.
Ganz viel Mut wünsche ich euch als Eltern sich dieser Herausforderung zu stellen

Innige Herzumarmung

Sjarissa
__________________
Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe.

Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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  #13  
Alt 08.04.2012, 20:03
Odelbie Odelbie ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Sjarissa,


Herzlichen Dank für deine offenen Worte.
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen mit deiner Frage ob mein Mann weiss das es keine wirkliche Hilfe mehr gibt.
An dem Tag, als uns am 24.02.2012 in einem langen Gespräch erklärt wurde was meinem Mann fehlt, konnte er das ganze Gespräch wohl nicht wirklich aufnehmen. Man zeigte uns die Bilder, erklärte die Streuung von Metastasen. Und erklärte uns das eine Op nicht möglich sei, weil der Tumor am Schädelknochen ist. Der Arzt sagte uns, wir haben nur die Möglichkeit der Chemotherapie und Strahlentherapie . Gut sagte mein Mann, wenn das möglich ist, dann machen wir das.
Er kämpft sich durch. Ich weiß nicht ob er mir was vorspielt. Wir reden viel über vergangene Jahre, über Dinge die er erlebt hat und nicht gut fand. Er erzählte mir, das sein Leben ab dem Zeitpunkt als sein Papa starb verändert war. Wie seine Geschwister mit uns umgegangen sind und wie diese Geschwister in der Wohnung des Vaters gewühlt haben, als er noch nicht unter der Erde war. Und plötzlich sagte mein Mann: Grit ich möchte nicht alleine sterben. Hilf mir und sei bei mir. Ich sagte ihm, na klar bleibe ich an deiner
Seite. Sein Papa starb ganz allein. Das hat uns damals sehr geschockt. Keiner hat uns was gesagt.

Ich weiß nicht ob mein Mann mir gegenüber Stärke beweisen will und mir nicht sagt wie seine Gefühle Achterbahn fahren. Wir haben eine Patientenverfügung gemacht und unser Testament. Wir Sprachen über die Beerdigung. Und als diese Sachen fertig besprochen waren, wollte mein Mann nichts mehr hören vom sterben. Er will nicht sterben, will kämpfen und nicht aufgeben. Ich würde mir wünschen, das er es schafft. Ich gönne Ihm ein langes Leben. Aber ich kann mit Ihm nicht mehr darüber sprechen was uns erwarten wird. Er bekommt die doppelte Dosis Morphium. Er schläft 23 Stunden am Tag . Er kann seine Gedanken nicht sammeln. Kann einem Gespräch nicht lange folgen. Er merkt es auch nicht, das er immer schwächer wird. Merkt er es wirklich nicht oder will er mir zeigen wie gut er es verarbeitet .
So kenne ich meinen Mann nicht wirklich. Wir haben sein Bett im Wohnzimmer stehen, so hätte er immer eine Ansprache. Aber er schläft.

Versteckt er sich ? Will er uns damit Mut machen ? Uns nicht zur Last fallen ?
Ab Dienstag fahren wir wieder zur Stahlenklinik. Und nächsten Sonntag bringe ich meinen Mann für eine Woche in die Strahlenklinik . Da bekommt er den 2. Block Chemotherapie und Strahlentherapie zusammen. Davor hat er Angst. Das möchte er nicht wirklich. Versteckt er sich davor ? Ich weiß es nicht.

Bin vollkommen Ratlos. Er würde seiner Tochter nie sagen , das er sterben wird weil er so schwer erkrankt ist. In all den Jahren drückte sich mein Mann unbequeme Dinge unserem Kind zu sagen oder zu erklären.Das habe immer ich übernommen. Und auch jetzt muss ich unserer Maus alleine erklären was los ist.
Ein Gefühl . Wir werden diese Woche vom 20.02- 25.02.2012 nie vergessen. Am 20.2 starb unsere Meersau,am 21.02. erkrankte unser Hund, am 24.2. erhielten wir die Diagnose meines Mannes und am 25.02. starb unsere Katze.
All die Dinge in einer Woche. Da war mir der Hals wie zugeschnürt. Und er ist s noch immer.


Danke fürs zuhören.

LG Grit
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  #14  
Alt 08.04.2012, 20:22
Mel_1 Mel_1 ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,

Dein Mann möchte sich nicht verstecken, er weiss dass er sterben wird..glaub mir.
Mein Mann war ähnlich,als wir wussten, dass er bald sterben wird, sprachen wir hier offen über alles.
Testament und Vorsorgevollmacht etc war ja alles schon lange vorher geregelt.
Wir sprachen intensiv darüber, danach war mit diesen Thema aber auch Schluss!
Er ging nicht mehr weiter darauf ein.
Einmal noch, als wir zusammen so im Bett lagen fragte ich ihn, ob er Angst vorm Sterben und den Tod hätte und er meinte, nein, ich habe keine Angst.
Er fragte aber nicht ob ich Angst hätte...er wusste es, dass ich mich vor diesen schweren Abschied fürchte.

Grit, wenn Dein Mann soviel Betäubungsmittel bekommt, kann er auch nicht ,mehr anders als schlafen.
Man darf ihn das nicht übel nehmen, er ist einfach müde und kann nicht mehr.
Ich glaube auch, dass er weiss, dass Du verdammt viel Kraft hast und das Leben auch meistern wirst.
Er glaubt auch an Dich was DEine Tochter betrifft....er legt es in Deine Hand, weil er kraftlos ist.
Mein Mann hat auch alles abgegeben, alles in meine Hand gegeben und mir vertraut.
Es war das tiefste Vertrauen das er mir entgegen gebracht hat...ihn auf seinen letzten Weg zu begleiten.
Viele Grüße
Mel
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  #15  
Alt 08.04.2012, 20:46
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: Wie sage ich es unserer Tochter ?

Liebe Grit,

ich kann dich so gut verstehen..ihr habt über die Jahre hinweg einen stillschweigenden Vertrag geschlossen...Du bist für die Übermittlung der weniger schönen Nachrichten zuständig..nun ja, das hat ja auch Jahre wahrscheinlich gut funktioniert..aber das kannst du jetzt nicht einseitig ändern, sicherlich nicht in dieser Situation...
So wie Mel schreibt und das ist auch meine Erfahrung ist unter der Gabe von Morphium nur eine oder je nach Dosierung keine Mitarbeit vom Patienten möglich, nicht weil er das nicht will, nein, weil er es nicht kann...Ich finde es sehr wichtig das du diesen Unterschied machen kannst...
Meine Erfahrung ist aber auch das Menschen unter Morphium sehr wohl Stimmungen aufnehmen, der Verstand funktioniert nur noch sehr eingeschränkt, aber die Liebe, die liebevollen Worte und Liebkosungen werden sicherlich wahrgenommen...
Es ist nicht zu spät wenn du dich deinem Mann anvertraust und ehrlich sagst womit du haperst, das du nicht weißt wie du es eurer Tochter sagen sollst. Deine Unfähigkeit in Worte zu fassen, dich vertauensvoll an deinen Mann zu wenden, dich verletzlich und schwach zu zeigen...glaub mir, das bewirkt Wunder.
Du brauchst dich nicht zu erklären, du brauchst Mut und den schicke ich dir mit einem der größten Containerschiffe hier aus Antwerpen... Ich wünsche dir das du deinem Herzen vertraust und soweit ich das aus deinen postings lesen kann ist dieses sehr groß, es ist nur bang...
Hab keine Angst, in Gedanken bei Dir
Sjarissa
__________________
Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe.

Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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