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  #1  
Alt 31.03.2006, 11:43
Navina Navina ist offline
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Registriert seit: 31.03.2006
Beiträge: 3
Standard Trauer ohne Ende

Hallo,
möchte heute von meiner besten Freundin erzählen.
Sie bekam im September 2004 mit 35 Jahren die Diagnose Morbus Hodgkin..
Aber keine Panik, zu 90% heilbar.....
Ihre Familie (Eltern und Geschwister) und sie hatten sich schon vorher nicht besonders gut verstanden (die anderen untereinander auch nicht), aber anstatt man bei so einer Diagnose wieder zueinander findet, kamen nur dumme Sprüche (..stell dich nicht so an, Papa ist auch wieder gesund geworden..,...meine Frau kommt damit nicht klar, also halte dich von uns fern..usw.).
Also habe ich mich um sie gekümmert, da sie auch keinen Partner an ihrer Seite hatte. Bin mit ihr zu den Ärzten gegangen, habe sie in die Kliniken gefahren, habe den ganzen Behördenkram für sie erledigt etc. Nach der ersten Erkrankung waren wir beide voller Hoffnung. Alles lief gut und die Nebenwirkungen von Chemos und Strahlentherapie hielten sich in Grenzen, waren auszuhalten. Dann 3 Monate nach dem Abschluss der ersten Therapie die Nachuntersuchung und die niederschmetternde Diagnose, dass immer noch Krebszellen in ihrem Körper sind. Erst ein grosses Loch und dann hat sie sich erkundigt, welche medizinischen Möglichkeiten es gab. Also zweiter Versuch, diesmal sollte es eine Stammzellentherapie mit eigenen Stammzellen sein.
Das war Anfang 2005. Das ganze letzte Jahr war dann von längeren Klinikaufenthalten und diversen schlimmen Nebenwirkungen geprägt. Im Oktober dann die Diagnose, es hat wieder nichts genützt. Und diesmal hatten die Ärzte klar gesagt, dass man nichts mehr machen könnte und dass sie sterben würde. Sie fiel in ein tiefes Loch, verständlicher Weise. Sie suchte nach einem Weg, wie sie die Zeit, die ihr noch blieb, möglichst lebenswert verbringen könnte. Sie machte eine Liste von Unternehmungen, die sie noch machen wollte und machte auch ihr Testament. Bei all diesen Dingen habe ich sie begleitet. Aber im Dezember verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand dann plötzlich rapide, und ich habe sie dann überredet, bei uns im Krankenhaus auf die Palliativstation zu gehen.
Erst ging es ihr wieder besser und sie sollte nach zwei Wochen wieder nach Hause. Doch plötzlich verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand wieder deutlicher und am 09.Januar diesen Jahres ist sie nach 4 Tagen Todeskampf gestorben. Ihre Tante, die sich dann in den letzten 2 Monaten mit mir zusammen um sie gekümmert hatte, da es für mich alleine nicht mehr zu bewältigen war und ich haben die ganze Zeit (teilweise abwechselnd, da wir ja mal eine Stunde Schlaf brauchten), an ihrem Bett gewacht.
Ich musste mich dann (ich hatte es ihr versprochen) um die Trauerfeier und die Wohnungsauflösung kümmern und den ganzen Schriftkram erledigen, der dann so anfiel. Das war nochmal sehr schlimm. Hatte kaum Zeit meine Trauer zu verarbeiten. Bin jetzt zum dritten mal krank weil mein Immunsystem wohl den Geist aufgegeben hat.
Jetzt wo aber langsam alles erledigt ist, was erledigt werden musste, wird mir erst bewusst, wie sehr ich sie vermisse.
Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht in Tränen ausbreche.
Ich bin nur froh, dass mein Freund die ganze Zeit Verständniss für mich hatte und wie meine Familie auch für mich da ist.
Trotzdem ist es etwas anderes. Ich kannte meine Freundin 20 Jahre und wir haben so viel miteinander erlebt. Sie war wie meine kleine Schwester.
Langsam wird mir bewusst, dass nicht nur die Zeit der Krankheit zuende ist, sondern auch die vielen Jahre davor. Es wird nie mehr so sein wie früher.
Ihrem Wunsch entsprechend wurde sie eingeäschert und die Urne in der Nordsee beigesetzt. Ihre Familie sollte keinen Ort für Krokodilstränen bekommen. (Sie durften bei der Trauerfeier und der Seebestattung nicht dabei sein). Aber auch ich habe jetzt keinen Ort, wo ich trauern kann. Das einzige, was mich tröstet, ist die Gewissheit, dass sie jetzt nicht mehr leiden muss.

"..Wenn du dich getröstet hast, wirst du froh sein mich gekannt zu haben. Du wirst immer mein Freund sein. Du wirst dich daran erinnern, wie wir miteinander gelacht haben.."

Navina
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  #2  
Alt 31.03.2006, 17:59
Monika W. Monika W. ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.03.2005
Beiträge: 123
Standard AW: Trauer ohne Ende

Hallo Navina,

wer wünscht sich nicht so eine gute Freundin, wie Du eine bist! Du hast alles für sie getan ( was eigentlich die Familie hätte leisten müssen ).
Es ist sehr traurig, daß manche Familien zerstritten sind.

Deiner Freundin geht es jetzt besser als vorher, da bin ich sicher, genauso wie es meinem Mann gut geht ( 1.1.2006 gestorben ).
Wir haben sie begleitet und mit ihnen gekämpft und gehofft und getrauert.

Vergessen werden wir sie nicht.
Jetzt mußt Du langsam wieder an Dich selbst denken und zur Ruhe kommen. Dein Freund unterstützt Dich bestimmt dabei.

Viele Grüße

Moni
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  #3  
Alt 31.03.2006, 23:34
piro piro ist offline
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Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 1
Standard AW: Trauer ohne Ende

Hallo Navina,

es ist super toll wie du deine Freundin begleitet hast. So jemand kann man sich wirklich nur annähernd wünschen.

Verstehe dich nur zu gut! Meine Freundin starb 8/05 mit 41 J. an Brustkrebs. Leider konnte ich mich nicht so um sie kümmern, da sie in einem anderen Kontinent lebte. Bei uns "starben" 25 Jahre Freundschaft. Mein größter Trost war: Sie ist erlöst, frei von Schmerz und Qual. Habe ihr die Ruhe und den Frieden nach den Strapazen von Herzen gegönnt.
Anfangs habe ich auch öfter geweint, mit der Zeit verging das.
Sie ist nie vergessen; es gibt Situationen, da fallen mir Episoden ein und ich muss herzlich lachen.
Lass dir Zeit mit all deinen Erlebnissen umzugehen, Trauer fordert Zeit. Wie lange, wie schmerzhaft diese sein kann, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Es ist schön, dass du liebe Menschen um dich hast.

Ich wünsche dir Zeit, viel Kraft und alles Liebe
piro
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  #4  
Alt 02.04.2006, 15:06
Wolke Wolke ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.11.2005
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 252
Standard AW: Trauer ohne Ende

Hallo,

ich habe zwar einen Ort, meine Ma ist auf einer Wiese beerdigt, wo auch ihr Stein ist, aber man darf dort direkt keine Blumen oder ähnliches hinlegen.

Ich musste feststellen, dass ich zwar einmal die Woche hingehe, aber näher fühle ich mich ihr dort überhaupt nicht.

Wir haben ihr zu Hause eine kleine Ecke geschaffen. Dort hängt ein großes Foto und auf dem kleinen Tischlein darunter steht ihre Lieblingsfigur und es brennt ein Teelicht und es stehen immer frische Blumen dort.

Vielleicht kannst du für deine Freundin auch so eine Ecke einrichten und dir somit einen solchen Ort schaffen.

Ich wünsche dir viel Kraft.

Wolke
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  #5  
Alt 03.04.2006, 10:32
Navina Navina ist offline
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Registriert seit: 31.03.2006
Beiträge: 3
Standard AW: Trauer ohne Ende

Hallo..
Vielen Dank an Euch!!
Ich muss sagen, es hilft schon ein bisschen darüber zu reden/schreiben.
Für mich war das, was ich getan habe selbstverständlich, aber es ist wohl nicht mehr so in unserer heutigen Gesellschaft..
Als ich Ihre Wohnung aufgelöst habe, habe ich die persönlichsten Sachen (Tagebücher, Fotos, Briefe, Dinge, an dene sie sehr gehangen hat) in eine grosse Kiste gepackt. Für diese Sachen werde ich eine grosse Truhe kaufen und diese Truhe bei uns auf den Speicher stellen. Eine Ecke bei uns in der Wohnung wäre mir zu viel, da ich dann vielleicht nicht loslassen könnte.. Liebe Grüsse Navina
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