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  #616  
Alt 06.05.2014, 00:57
ulphin ulphin ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Lieber Helmut,

lange, ganz lange war ich nicht mehr im KK und so als wär's heut' dran gewesen, springen mich die letzten Beiträge in Deinem Thread um das Gedicht von Ricarda Huch an.

Jeder Leser dieses (oder auch eines jeden anderen) Gedichtes möge sich seine Weise angesprochen oder abgestoßen fühlen.Jeder ordnet den Text in einen historischen /gesellschaftlichen Kontext ein. Man analysiert den Satzbau, die Wortwahl, das Reimschema, die Metaphern und was auch immer. Über die Intention des Autors kann man letztlich nur spekulieren (oder ist die Interpretation etwas anderes?). Ich denke aber, dass immer eine Provokation damit verbunden ist; d.h. anregend, herausfordernd ist. Aber auch das kann man – und so kenne ich Dich – so oder so sehen oder lesen. Wie auch immer, es gehört dazu.

Herzlich

ulphin
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  #617  
Alt 07.05.2014, 00:24
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Tine,

wenn sich Gedanken und Gefühle in einem endlosen Kreis drehen, kann es durchaus sinnvoll sein, diesen Kreislauf zu stören. Denn nur so kann man dann an eine Lösung (wie die immer auch aussehen mag, das bleibt in der Entscheidung des Einzelnen) herangehen. Da kann es durchaus hilfreich sein, sich auch mal mit einer etwas anderen Sicht der Dinge zu beschäftigen, denn von alleine kommt man aus diesem Kreislauf in der Regel oft nicht heraus.

Wir alle haben einen schweren Verlust erlitten. Die Trauer wühlt in der Seele und schreit durch unseren Kopf. Vielen geht es so, dass sie sich nach einiger Zeit nicht mehr verstanden fühlen selbst von Menschen, die ihnen ansonsten sehr nahe stehen. Das verletzt, verunsichert. Man hat nun ein zweites Problem: ein Problem (das Umfeld) mit einem Problem (die Trauer). Was das Umfeld betrifft, so kann man in einem solchen Forum sehr gut helfen. Hier trifft man Menschen, die verstehen und helfen wollen. Bei der Trauer ist das etwas anders. Da reicht das Verstehen alleine nicht und eine Hilfe ist sehr schwer. Vor allem dann, wenn sich solche Kreisläufe über lange Zeit tief in die Seele eingeprägt haben.

Eine kleine Provokation ist da oft hilfreich und geschieht nicht, um denjenigen zu verletzen. Im Gegenteil. Es geschieht gerade aus Mitgefühl, Verständnis und dem Wunsch, zu helfen. Es geht doch darum, Menschen, die durch ihre Trauer am Boden liegen, an der Hand zu nehmen, sie wieder aufzurichten, damit sie wieder am Leben teilnehmen können. Deshalb kommen doch die Menschen hier her: weil sie raus wollen aus diesem Teufelskreis.

Es geht niemals darum, zu vergessen. Es geht immer darum, die Trauer als freundliche und wertvolle Begleiterin zu erkennen und akzeptieren lernen. Wenn man das denn tatsächlich auch will. Es gibt viele Wege, das zu lernen. Jeder muss seinen Weg finden. Oder auch nicht.


Allen eine gute Nacht,

Helmut
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Geändert von gitti2002 (19.10.2014 um 02:16 Uhr)
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  #618  
Alt 08.05.2014, 12:28
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Guten Morgen,

noch ein paar Gedanken zu dem Gedicht.

Ich denke, dass auch für Ricarda Huch dieses Gedicht eine Momentaufnahme war. Eine schreckliche, ganz sicher. Sie hat das Leid von Millionen Frauen, Kindern und Männern gesehen und das ist ihr Stein. Sie hat es geschrieben, um andere aufzurütteln, dass so etwas nie mehr passieren darf. Vielleicht war das ihr Ruf und sie hat dann auch folgerichtig persönlich gegen das NS-Regime gekämpft um zu verhindern, dass wiederum anderen Menschen dieser Stein ins Herz gelegt wird und für eine bessere Welt. Leider vergeblich. Ich sehe dieses Gedicht durchaus auch politisch: Angst, Verzẃeiflung, Wut und daraus den Mut zum Aufbruch. Den Aufbruch in eine bessere Zukunft. Aus Millionen Steinen ein neues, friedliches Haus zu bauen.

Das kann jeder für sich im Kleinen auch. Man muss es nur versuchen.


Liebe Grüße,

Helmut
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  #619  
Alt 09.05.2014, 07:24
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Helmut

Eigentlich lese ich hier still mit aber jetzt möchte ich doch auch etwas beitragen.
Ich finde das Gedicht treffend sicher macht es auch Traurig.

Ich finde das es nicht Hoffnungslos macht sondern Hoffnung gibt denn es heißt ja an : Zitat: in Deinem Herzen ist eine Stelle,
die blüht nicht mehr.
Ja diese Stelle ist da aber an andere Stelle kann wieder etwas erblühen.
Der schmerzliche Verlust wird immer Teil meines Lebens bleiben.

Aber die Chance das mein restliches Herz noch gesundet von dem Schmerz und ich die Trauer in mein Leben einbauen und wieder leben kann ist groß.

Ich hoffe ich habe das so richtig verstanden.
Allen hier einen gesegneten Tag voller Licht und Wärme.
__________________
.
Rüdiger
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  #620  
Alt 09.05.2014, 11:22
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Rudi,

Zitat:
Zitat von RudiHH Beitrag anzeigen
Ja diese Stelle ist da aber an andere Stelle kann wieder etwas erblühen.
Der schmerzliche Verlust wird immer Teil meines Lebens bleiben.

Aber die Chance das mein restliches Herz noch gesundet von dem Schmerz und ich die Trauer in mein Leben einbauen und wieder leben kann ist groß.
Genau so sehe ich das.

Es ist sehr schwer, sich wieder auzurappeln und die anderen Blumen nicht vertrocknen zu lassen und sie zu pflegen. Doch es ist die Mühe wert. Für das Gestern, das Heute und das Morgen.

Ich denke, ich kann ahnen, was du fühlst.


Fühl dich gedrückt,

Helmut
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  #621  
Alt 15.05.2014, 10:26
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Guten Morgen,

vor langer Zeit hat mal jemand zu mir gesagt: "Es gibt kein 'aber'." Hm, ok, dachte ich. Schön und gut, wenn sie so meint? Doch der Gedanke ging mir nicht mehr aus dem Kopf.

Also, begann ich dieses Wort durch andere zu ersetzen oder es zu umschreiben. Manchmal fiel es schwer, etwas anderes zu finden. Dabei fiel mir dann auf, wie oft man dieses Wörtchen benutzt. Sehr oft. Vielleicht ist es noch niemandem aufgefallen: ich benutze dieses Wort seit langem nicht mehr, doch lesen kann ich es hier sehr oft.

Für mich ist dieses Wort zum Unwort geworden. Warum? Für mich hat dieses Wort einen negativen Geruch. Es soll etwas ausdrücken, was eigentlich selbstverständlich ist: dass es zu jedem Gedanken auch einen Gegengedanken gibt, zu jeder Meinung eine Gegenmeinung. Es zieht einen guten Gedanken ins Negative, ist eine Caesur, ein erhobener Zeigefinger, die Betonung der anderen Seite. Manchmal sogar der Mittelfinger, mit Verlaub.

"Es ist schön, dass ... 'aber' ..." und schon ist das Schöne gar nicht mehr schön. Es wird umgedreht und die ursprüngliche Aussage ist ins Gegenteil verkehrt.

Das heißt nicht, mit Scheuklappen durch die Gegend zu rennen und nicht mehr nach rechts oder links zu schauen. Es heißt: der Gedanke, das Gefühl, der Umstand ist jetzt gerade so und die andere Seite der Medaille sehe ich mir ebenfalls an. Vielleicht auch später.

Dieses kleine Wort verhindert oft ein positives Denken. Natürlich ist mir auch klar, dass es nicht nur positive Dinge gibt. Hinzu kommt, dass ich auf der Suche nach einem Ersatz für dieses Wort mein Geschriebenes überdenken und eine Entscheidung treffen muss, welche Seite des Gedankens oder Ereignisses jetzt eigentlich wichtiger ist oder besser.

Dieses kleine Wörtchen ist für mich eine Gedankenbremse. Es nicht zu benutzen verhindert nicht, an das Gegenteil zu denken. Es zu benutzen bedeutet, das zuerst gedachte in die Tonne zu treten. Wenn ihr wollt, dann denkt mal drüber nach und versucht es und beobachtet euch dabei selbst.

Draußen strahlt die Sonne vom Himmel. Kein 'aber'. Ich weiß, dass der Wetterbericht Regen angesagt hat. Jetzt genieße ich.


In diesem Sinne einen guten Tag,

Helmut
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Geändert von HelmutL (15.05.2014 um 10:35 Uhr)
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  #622  
Alt 15.05.2014, 13:28
monika100 monika100 ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Lieber Helmut,

du hast absolut recht.

Auch ich benutze dieses "Aber" oft.
Wahrscheinlich werde ich ab jetzt öfter bei einem "Aber" an deine Zeilen dazu denken, dann bin ich schon einen Schritt weiter

Wünsch dir einen sonnigen Tag,

Monika
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  #623  
Alt 15.05.2014, 19:10
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Gina79 Gina79 ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Helmut!
Ich finde diesen Gedankenanstoß von dir super, danke!
Du hast recht, das Schöne und Positive bekommt durch das Wort "aber" sofort einen negativen Touch!
Habe mir vorgenommen, meine Gedanken und meine Aussagen mal genauer zu prüfen und werde meinen Umgang mit diesem "kleinen Wörtchen" ein wenig besser beobachten!
Liebe Grüße
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Mein Papa: Kleinzelliges Bronchialkarzinom
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am 23.2.2013
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  #624  
Alt 15.05.2014, 20:23
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Mein Gedankengang dazu:
Es geht auch anders rum.. etwas negatives kann positiv werden.
Beispiel: "Das Wetter war schlecht, aber wir haben es uns schön gemütlich gemacht."
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  #625  
Alt 16.05.2014, 06:22
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Helmut
Zitat:
Dieses kleine Wort verhindert oft ein positives Denken. Natürlich ist mir auch klar, dass es nicht nur positive Dinge gibt. Hinzu kommt, dass ich auf der Suche nach einem Ersatz für dieses Wort mein Geschriebenes überdenken und eine Entscheidung treffen muss, welche Seite des Gedankens oder Ereignisses jetzt eigentlich wichtiger ist oder besser.
Genau auf den Punkt.
Ich erlebe gerade einen Menschen bei dem dieses Wort wirklich mindestens ein drittel seines gesagten ausmacht.
Das hat mich auch vorgestern und gestern noch herunter gezogen.
Man kann es gerne gebrauchen dann bitte(aber) mit bedacht, also mit nachdenken über seine folgen.
Es kehrt gerne das Positive ins Negative aber auch da Negative ins Positive.
Wenn mein erster Gedanke ein Negativer ist kann das aber daraus einen Positiven Gedanken machen und mir kraft geben.

@fraunachbarin
Zitat:
Mein Gedankengang dazu:
Es geht auch anders rum.. etwas negatives kann positiv werden.
Beispiel: "Das Wetter war schlecht, aber wir haben es uns schön gemütlich gemacht."
So wie du es meinst z.B.

Ich danke euch für diese wirklich sehr hilfreichen Erinnerungen daran, das man sich das Leben manchmal unnötig erschwert.
Möget ihr einen Glücklichen Moment und einen unbeschwerten Tag erleben.
Der Herr ist mit euch.
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Rüdiger
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  #626  
Alt 19.05.2014, 21:58
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Hallo Tine, hallo Rudi,

natürlich habt ihr auch recht. Trotzdem, ich benutze es nicht mehr. Ich ersetze es auch gerne mit einem 'und'. Wie auch immer. Ich weiß, dass meine Gedanken manchmal quer laufen. Mir persönlich hat das viel geholfen.

Wenn sich etwas ins Gute wendet, ist das ja kein Problem. Mein Hauptgedanke liegt auf der anderen Seite. Warum nicht so denken:

"Ich genieße hier die Sonne und es wäre doch schön, könnte mein Mann / meine Frau / meine Mutter das doch mit mir noch gemeinsam genießen."

Danke für eure Gedanken. In diesem Sinne ...


Liebe Grüße,

Helmut
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  #627  
Alt 06.09.2014, 12:49
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

31.08.1973 - 31.08.2014 ....

41 Jahre wären es geworden. 41 Jahre verheiratet. Es wurden nur 34 1/2 Jahre.

Seit 6 1/2 Jahren bin ich nicht mehr verheiratet. Ihr Tod hat uns geschieden. "Bis dass der Tod euch scheidet" hieß es damals. Wer denkt denn wirklich daran? Wohl kaum jemand. Ja, gut, für ein kurzen Moment vielleicht. Es ist jedoch lediglich ein winziger, kleiner schwarzer Fleck, kaum zu sehen auf dem Glücksteppich, dafür jedoch ganz leicht und nur all zu gerne zu übersehen.

Nichts ist vergessen. Die Stationen, das Auf und Ab. Überall gibt es Höhen und Tiefen. Wir waren schließlich keine Engel. Höhen und Tiefen hielten sich die Balance. Verändert hatte sich die Liebe: von naiv-stürmisch-jung zu groß und stark. Wir hatten es geschafft und standen kurz vor dem Ziel, zusammen alt zu werden. Dann, 2006 ... der Anfang vom Ende.

Ende Februar 2008. Total aus der Spur, alleine. Eine nur noch halbe Portion baute Mauern um sich, eine höher als die andere. Nur, um sie dann wieder ein zu reißen und neu zu stellen bis ein kluger Mensch mir riet, doch Türen ein zu bauen. So konnte ich vorsichtig wieder nach draußen schauen und auch wieder Menschen hereinschauen lassen. Zunächst zaghaft und so manches hat mich erschreckt, so dass ich die Türen auch wieder zu machte. Doch immer öfter konnte ich sie aufstehen lassen, selbst in dunkler Nacht.

Es galt viele Balancen zu finden. Zwischen früherem Leben und heute. In mir selbst zwischen Trauer und Lebenswille. Die schmerzliche Erinnerung und den schönen Dingen der Vergangenheit, die es Beide zu bewahren galt: was hat mehr Gewicht? Zwischen grausamer Krankheit und Tod und dem Leben, das sie führen durfte in 56 Jahren. Zwischen tausend Fragen und den Antworten darauf. Fragen, die man beantworten kann und solchen, auf die es keine Antwort gibt. Zwischen leben und warten. Zwischen lachen und weinen.

Meine Frage war, in welche Richtung will ich graben im tiefen Loch: nach oben ans Licht oder nach unten oder will ich einfach sitzen bleiben? Sitzenbleiben war keine Option, denn von oben bröckelt bereits Erde herab. Nach unten graben ist ein Weg ohne Wiederkehr.

Bis dann das Leben mir ein Geschenk anbot, das es selten anbietet. Ich habe es mit Freuden angenommen. Die Trauer ist damit nicht zu Ende. Sie ist mir ein verlässlicher und vertrauter Freund geworden, der die Erinnerung wach hält. So seltsam es auch klingen mag: es ist genau dieser Freund, der mich zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt.


Alles Liebe,

Helmut
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  #628  
Alt 06.09.2014, 19:34
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Yogi 12 Yogi 12 ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen



...Es galt viele Balancen zu finden. Zwischen früherem Leben und heute. In mir selbst zwischen Trauer und Lebenswille....



Ich glaube das du viel Geduld und Mut aufbringen musstest, um diese Balancen zu finden.

Die Stimmungsschwankungen lassen den Trauernden noch oft an den schmerzlichen Verlust denken und gerade dann, wenn wieder alles
düster und schwer erscheint will der Neuanfang nicht recht gelingen.
Gedanken und Gefühle ändern sich glücklicherweise manchmal relativ schnell und wir können wieder Hoffnung haben.


Liebe Grüße

Jutta
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  #629  
Alt 06.09.2014, 23:12
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Lieber Helmut,
wieder ist ein Jahr vergangen...
Und ich sage DANKE für Deine Zeilen.
Auch ich bin ja seit 6 Jahren nicht mehr verheiratet. Sein Tod hat uns geschieden. Hmm...von mir kann ich sagen, dass es mir Ernst war mit "bis dass der Tod uns scheidet"...wusste ich doch bereits, was "Tod" bedeutet.

Ja...ich sehe es auch so, dass es gilt eine Balance zu finden zwischen dem was war und was jetzt, heute ist. Ist manchmal so, wie auf einem Mäuerchen zu balancieren, wie ich es als Kind gern getan habe. Hinfallen, Aufstehen...weiter versuchen. Hmm...Leben ist eben reichhaltig an Erfahrungen, Begegnungen, Verknüpfungen...und ich erlaube mir dieses Leben bunt zu sehen...tut mir gut!


Wo ich gerade so daran denke, während ich schreibe... auf den 09.09. und auf den Mann, den ich sofort noch ein Mal heiraten würde!
Die Liebe hat ihren Platz in meinem Herzen und manche Träne schmeckt nicht bitter sondern salzig, wie das Meer... Ich bin dankbar für unser gemeinsames Leben!

Ich grüße Dich herzlich und freue mich, dass Du das angebotene Geschenk des Lebens angenommen hast!

LG
Morgana
__________________
Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten.
[Indianische Weisheit]
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