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  #256  
Alt 31.03.2006, 12:58
Benutzerbild von Gaby283
Gaby283 Gaby283 ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

ich habe sehr oft an dich gedacht und dich keinesfalls vergessen. Aber weißt du, manchmal fehlen mir einfach die Worte und ich habe Angst, mich vielleicht falsch auszudrücken. Ich bin ein besserer Zuhörer und persönlicher Ratgeber als Schreiber glaube ich.

Meine Trauer ist zur Zeit auch in der "Pausenphase".

Ich melde mich am Montag wieder, denn zuhause bin ich noch nicht online.

Liebe Grüße
Gaby
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  #257  
Alt 02.04.2006, 13:34
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Gaby,

ich fühle mich nicht von dir im Stich gelassen. Jedoch bin ich immer froh von dir zu hören.
Mit der Trauer ist das bei mir so eine Sache. Ich bin der Meinung, ich habe hier richtige Defizite.
Noch immer habe ich den Tod von Mama nicht realisiert. Daher frage ich mich, wann kann ich denn dann mit dem trauern beginnen, wenn ich es noch nicht mal wahr haben kann?!? Aber man kann ja keine Gefühle erzwingen. Meine innere Psyche blockt dieses Thema so sehr ab.....weiß nicht, wie ich es beschreiben soll?!
Habe Angst, dass mich die Trauer irgendwann schlagartig überrumpelt. Was soll ich dann machen? Irgendwann bricht es mit Sicherheit raus. Hoffentlich nicht dann, wenn ich mitten im Arbeitsleben unterwegs unter vielen fremden Menschen bin.
Wie geht es dir ansonsten? Liebe Grüße, Saphir

P.S. Wenn man mit dem Herzen schreibt, kann man nichts "falsches" schreiben. Habe mit Sicherheit auch nicht immer die "perfekten" Worte gefunden. Aber wer will das denn hier. Hier geht es doch um viel wichtigere Dinge: unsere Gedanken und Gefühle!!!
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  #258  
Alt 02.04.2006, 21:56
Alina Alina ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir !

Ich erlaube mir zu behaupten, dass du ganz sicher keine Trauerdefizite hast.
Vielmehr bist du so lange unter Spannung gestanden, musstest gerade in der letzten Zeit ganz schnell vieles organisieren, dich dann ganz auf deine Mama konzentrieren,mit vielen Ängsten umgehen....Da ist die Seele nun müde, sie will nicht schon wieder "arbeiten", nicht den ganzen Schmerz auf einmal empfinden !
Es war bei mir ganz ähnlich, Saphir, ich war sogar einige Zeit nach Mamas Tod ein bisschen euphorisch und auf ganz eigene Art glücklich, dass es doch so gut zu Ende ging für Mama und für mich. Danach hatte ich lange das Gefühl, als sei sie auf einen langen Urlaub gefahren, von dem sie irgendwann mal zurück kommt. Die Trauer hat mich nie völlig von den Beinen gerissen, aber sie beanspruchte mich sehr intensiv, wirklich ein Jahr lang. Aber es war durchaus keine schreckliche Zeit, ich hatte so viele intensive Gefühle der Liebe und Sehnsucht und ich hatte Briele und Isa, die für mich da waren.
Vermissen werden wir sie aber immer, unsere Mamas !

Weißt du, Saphir, auch du hast wahrscheinlich schon während des Krankheitsweges deiner Mama viel an vorweg genommener Trauerarbeit geleistet. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hast du mehr oder weniger gewusst, worauf ihr zugeht oder zugehen könntet, schon da begann deine Trauer.

Ich bin daher zuversichtlich, dass dich die Trauer nicht ko schlagen wird. Sie werden wohl kommen, die tiefen Trauergefühle, aber so, wie ich dich bisher kennengelernt habe, wirst du da durchgehen.Ich glaube, du wirst deine Arbeit erledigen wie immer und dann abends die Tränen kommen lassen, die Gedanken, die Sehnsucht. Deine Mama ist außerdem an deiner Seite !

Ich umarme dich,
Alina
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  #259  
Alt 02.04.2006, 22:36
köhlerlisel köhlerlisel ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Hallo Saphir,
tut mir wirklich sehr,sehr leid für dich.
Ich steh noch auf der Stufe davor. Warten heisst es bis Sie einschläft.
Das kann heute sein oder morgen, keiner weiss das.
Wollt nur damit sagen, dass ich dir nachempfinden kann was es heisst zwischen hoffen und bangen zu sein und nicht zu wissen was der nächste tag bringen wird.
Ich wünsche dir für deine zukunft auf alle fälle sehr serh viel kraft und einen lieben Menschen an dn du dich lehnen kannst
Mit lieben Grüßen
Dat Lischen
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  #260  
Alt 04.04.2006, 09:43
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Köhlerliesel,

danke.
Dasselbe möchte ich an dich richten. Es ist wirklich wichtig, dass man in so einer Situation nicht alleine da steht.
Vorallem wünsche ich mir für dich, dass du trotz allen Strapazen jeden Moment, der euch bleibt, geniessen kannst. So wie ich das konnte.
Im Nachhinein war es für mich sehr wichtig, dass ich diese intensive Zeit mit Mama hatte.
Dir viel Kraft und alles Liebe, Saphir
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  #261  
Alt 04.04.2006, 12:27
Benutzerbild von Gaby283
Gaby283 Gaby283 ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

ich kann mich Alina nur anschließen, in dem was sie über die Trauer schreibt. Seit August wusste ich, dass meine Mama nie mehr gesund werden würde. Und im Dezember kamen dann die vielen, von den Ärzten angekündigten, Ausfallerscheinungen. Da wurde es mir zum ersten Mal richtig bewusst. Von einer guten Freundin, die vor 7 Jahren innerhalb von 4 Wochen ihr eigenes Kind mit 6 Monaten und die Mutter verloren hatte, habe ich Ratschläge bekommen. Ich solle jeden Tag mit meiner Ma genießen und sie ganz oft in den Arm nehmen. Bin froh, dass ich es getan habe. In den letzten 8 Wochen ihres Lebens haben wir schon getrauert und ganz viel zusammen geweint. Sie sagte zu mir, dass ich nicht weinen solle und denken soll, dass es ihr besser geht, wenn sie stirbt. Ein schwerer Gedanke...aber das Leben, was sie zuletzt geführt hat, war unwürdig.

Im Moment fühle ich mich innerlich sehr gelassen und irgendwie mit Liebe erfüllt. Das hört sich - auch für mich - merkwürdig an, denn bisher war ich oft "zerissen" und irgendwie war mein Leben mit Höhen und Tiefen übersät. Jetzt ist es nur noch ab und zu Traurigkeit. Täglich empfinde ich Trauer, wenn ich z. B. die Lieblings-CD meiner Ma auf dem Weg zur Arbeit höre, oder wenn ich ihr Grab besuche. Letzte Woche war der 1. Geburtstag ohne meine Ma. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass so viele liebe Menschen an mich gedacht haben. In den letzten Wochen hat wohl eine Veränderung in und mit mir stattgefunden. Sehr zum positiven. Ich bin ein dankbarer Mensch geworden und sehe das Leben mit anderen Augen.

Im Büro habe ich einen "Weisheiten-Kalender". Diese von Erich Kästner passt sehr gut zu mir:

Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen.

Mein Leben war die letzten Jahre - und das hat nicht nur mit meiner Ma zu tun - nicht leicht und teilweise empfand ich schon Verbitterung. Ich will versuchen, meinem Leben eine neue Richtung zu geben.

Unsere Seele lässt die Trauer nur scheibchenweise zu, genau das, was sie verkraften kann. Ich habe meiner Ärztin erzählt, dass ich das Gefühl wie bei Liebeskummer habe (etwas schlimmer ist es schon). Darauf sagte sie, dass das die Trauer ist....nur geht sie nicht so schnell vorbei.

Setze dich nicht unter Druck, aber halte die Tränen nicht auf, wenn sie kommen wollen. Ich habe keine Ahnung, ob es hilfreich für dich wäre, mal ein Buch über das Thema Trauer zu lesen (Trauern/Verena Kast und Es wird alles wieder gut, aber nie mehr wie vorher/Jochen Jülicher). Die beiden habe ich und letzteres fand ich gut, das andere habe ich noch nicht gelesen.

Hast du meine Geschichte aus dem Hospiz schon gelesen? Du findest sie im Forum Gedanken und Gedichte (Zwei Bäume im Park). Ich hoffe, dass sie dich - wenn du traurig bist - etwas trösten kann.

Ich wünsche dir einen schönen Tag!

Viele Grüße
Gaby

Geändert von Gaby283 (04.04.2006 um 12:56 Uhr)
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  #262  
Alt 08.04.2006, 00:03
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Hallo, ihr Lieben!!!

Ihr habt sicherlich recht, was das Trauern betrifft. Genau heute vor einem Monat ist Mama gestorben. Kann es nicht glauben, dass das schon wieder so lange her sein soll.
Wisst ihr, ich fühle mich total neben der Spur. Bin aber froh, dass ich soviel zu tun habe. Das brauche ich noch. Noch, weil ich glaube, dass ich danach auch mal die absolute Ruhe brauchen werde.
Ganz extrem ist jetzt auch der Wunsch nach eigenen Kindern, eigener Familie, Geborgenheit etc. Habt (hattet) ihr ähnliche Sehnsüchte?
Natürlich sagt mir mein Verstand, dass ich mich erstmal um mich kümmern muß. Vielleicht denke ich auch einfach zuviel. Ich sollte die Dinge besser auf mich zukommen lassen.
Allmählich überkommen mich auch tiefe Schmerzgefühle. Zum Beispiel war ich heute auf dem Markt. Da war ich mit Mama immer. Das tut dann extrem weh. Sowas wird in Zukunft wohl öfter passieren. Ach, es tut gut, meine Gefühle mit euch teilen zu können. Und zu wissen, dass ich auf Verständnis stoße. Gerade in solchen Momenten. Eigentlich fehlen mir die Worte. Dafür bringt mich in diesem Moment der Schmerz und die Sehnsucht nach Mama fast um den Verstand.
Liebe Gaby, schön von dir zu lesen. Ich werde in einer ruhigen Minute deine Zeilen aus deinem Thread lesen. Bin gespannt.
Alles Liebe, Saphir
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  #263  
Alt 23.04.2006, 21:44
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Gaby283 Gaby283 ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

habe mich lange nicht gemeldet. Entschuldige! Aber mir geht es seit den letzten beiden Wochen sehr schlecht. Es ist ein totales Gefühlschaos. Ein paar Stunden gut, dann wieder schlecht. Bin im Moment bestimmt ein ganz schlechter Ratgeber.

Deine Wünsche kann ich sehr gut nachvollziehen. Partner, eigene Familie und Kinder, das wünsche ich mir sogar schon sehr lange. Ein paar Monate dachte ich, dass es besser wäre z. Z. niemanden zu haben und mit der Trauer selbst fertig zu werden. Aber das ist wohl ein Trugschluss. Ich hätte zumindest gerne einen Partner, aber herbeizaubern kann ich leider keinen. Die Freunde und Verwandten gehen mit mir nicht anders um, als wenn meine Ma noch leben würde. Von der Verwandtschaft kümmert sich fast niemand um mich. Auf die Ostermails habe ich bis heute keine Antwort bekommen. Einige meiner Freunde sind ebenfalls komplett überfordert mit dem Thema und sie melden sich auch nicht mehr so oft bei mir. Wenn ich nicht von mir aus komme, dann kann ich lange warten. Aber es sind nicht alle so, dass muss ich trotzdem erwähnen. Mein Vater kann mich nicht trösten, er hat selbst genug mit sich zu tun.

Wie geht es dir? Würde mich über eine Nachricht freuen.

Viele Grüße
Gaby
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  #264  
Alt 27.04.2006, 23:34
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Gaby,

dann geht es Dir wohl so wie mir....ich befinde mich auch in genau dem Zustand. Die Fassungslosigkeit sowie das "nicht wahr haben" sind dem grenzenlosen Schmerz und der Trauer gewichen.
Und dieser Schmerz überfällt mich regelrecht, in allen möglichen Situationen. Auch wenn ich mal weg bin, unter Menschen. Das ist schrecklich. Mit diesem Gefühlsüberfall kann ich garnicht umgehen.
Der Schmerz ist so groß, dass ich dann richtig gelähmt bin. Und in solchen Momenten kommt niemand zu mir durch. Nach einiger Zeit kann ich dann weinen. Und will nur zu Mama.
Man ist auf einmal so allein. Man fühlt sich durch eine Mutter beschützt, auch wenn sie krank ist. Ich liebe sie so!!!
Du sollst Dich nicht nur hier melden, wenn Du einigermaßen "gut" drauf bist. Ich bin doch so froh, wenn wir uns austauschen können, genauso wie es uns geht. Ich konnte auch eine Zeit lang nicht schreiben.
Ich habe überlegt, ob ich mich aus diesem Thread verabschieden soll. Noch bin ich zu keinem Entschluß gekommen. Ich fühle mich irgendwie fehl am Platz. Diese Angehörigenforum ist jetzt mit das Einzige, was ich noch von/mit Mama habe.
Montag mußte ich das Bankkonto kündigen. Und so wird Mama Stück für Stück aus diesem Leben gelöscht. Das tut weh und fällt mir schwer. Ich bin vielleicht aus diesem Grund auch noch nicht in der Lage zum Hinterbliebenen-Forum zu wechseln. In diese weitere Endgültigkeit. Es soll jetzt nicht allzu konfus werden, doch so denke und fühle ich nun mal. Ich lasse jetzt alles auf mich zu kommen. Eines Tages werden sich die Dinge entscheiden. Durch mich oder von sich selbst.
Liebe Gaby, ich freue mich immer, von Dir zu hören! Sei gedrückt, Saphir
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  #265  
Alt 28.04.2006, 10:05
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Gaby283 Gaby283 ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Hallo Saphir,

da bin ich schon wieder :-). So wie du schreibst, sind wir beide in der gleichen Trauerphase angelangt. Es gibt kein Zurück mehr und das Endgültige wird uns bewusst. Ich liebe meine Mama über alles, sie war der wichtigste Mensch in meinem Leben überhaupt und das nicht nur die letzten beiden Jahre. Wir beide waren Seelenverwandte und es macht mich wütend, dass mir Menschen genommen werden, die ich liebe.

Ich würde meiner Ma gerne so viel erzählen....was hier passiert und wie es mir geht. Manchmal tu ich das in meinen Gedanken und stelle mir vor, was sie mir raten würde. Heute bin ich nicht arbeiten, denn mich hat ein Virus erwischt. Im Dezember war ich auch schon mal krank und da hat Ma noch gelebt. Sie kam schwerstkrank zu mir und hat mich mit Suppe und lieben Worten wieder aufgepäppelt und jetzt....keiner ist da! Das macht mich sehr traurig.

Ich habe mich schon mehrmals erwischt, wie ich sie mir zurück gewünscht habe. Aber dann müsste sie wieder so schlimm leiden, das will ich mit Sicherheit nicht. Bevor sie starb hat sie mir gesagt, dass ich nicht so traurig sein soll, denn es würde ihr dann besser gehen.

In meinem Esszimmer habe ich mir 3 Bilder meiner Ma hingestellt. Ihr Hochzeitsfoto (da war sie 19!), eines auf dem sie gesund ist und total glücklich aussieht und eines, das ich etwa 2 Monate vor ihrem Tod aufgenommen habe. Auf dem letzten Bild schaut sie direkt in die Kamera und oft sehe ich mir dieses Bild an und möchte wissen, was in ihr vorging und wie sie sich gefühlt hat.

Ich vermisse sie mit jedem Tag mehr, geht es dir auch so???

Ganz liebe Grüße und hoffentlich bis bald.
Gaby
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  #266  
Alt 28.04.2006, 20:30
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Gaby,

ja, es geht mir genauso. Täglich passieren Dinge, wo Mama automatisch eine Rolle gespielt hat. Und nun ist sie nicht mehr hier. Es ist wirklich alles eine Nummer zu hart.
Wenn ich sie nicht gesehen habe, haben wir mehrmals täglich telefoniert. Ihre Nummer steht noch in meinem Handy, ich kann und will sie nicht löschen.
Ich habe auch überall Fotos von ihr, damit ich sie immer ansehen kann, um mich habe.
Oft ist es ja so, dass man Gesichter nicht mehr ins Gedächtnis rufen kann, wenn man jemanden länger nicht gesehen hat. Bei ihr nicht. Ich kann sie genau sehen, auch riechen und unsere "Küßchen" fühlen. Selbst als ich sie zum letzten Mal geküßt habe....das wird nicht aus meinem Kopf verschwinden.
Nur eine schmerzhafte Sache, die mich sehr berührt:
am späten Abend des 06.03. mußte ich nach Hause, da ich ein paar Nächte hintereinander "Nachtwache" gehalten habe. Der Arzt riet mir eindringlich, nach Hause zu fahren und zu schlafen. In dem Haus meiner Mutter habe ich kein Auge zugekriegt, auch tagsüber nicht.
Doch bevor ich fuhr, habe ich mich ans Bett meiner Mama gesetzt, um mich von ihr zu verabschieden. Ob ich es im Gefühl hatte?????
Jedenfalls habe ich mich für alles bedankt, ihr gesagt wie sehr ich sie liebe, was für ein wertvoller Mensch und herausragende Mutter sie ist. Die beste, die ich mir vorstellen kann. Und so weiter!!!! Alles was mir auf dem Herzen lag, und von mir nochmal gesagt werden mußte.
Dann hatte ich das Gefühl, ich muß jetzt stark sein, und ihr "erlauben" zu gehen. Mit Sicherheit hat sie darauf gewartet. Sonst hätte sie sich wahrscheinlich noch länger für uns gequält. Zu dem Zeitpunkt konnte sie schon länger weder sprechen noch die Augen öffnen.
Aber während dem Gespräch hat ihr ganzer Körper gewackelt, da sie richtig gewimmert hat.
Ich sagte ihr, dass ich mich freuen würde sie noch einmal sehen, nachdem ich geschlafen habe. Aber das ich auch durchaus glücklich bin, wenn sie entscheiden würde zu gehen, da es ihr damit besser gehen würde. Und das wäre das wichtigste für mich, dass sie glücklich ist, und es ihr gut geht.
Gaby, ich vermisse sie. Noch nie mußte ich so stark sein, sowas über meine Lippen zu bringen.
Als ich dann um Mitternacht zuhause war, rief mein Bruder an. Das ihr weißes Zeug aus Mund und Nase lief. So schnell ich konnte war ich da.
Und sie gab uns das Geschenk bei ihr zu sein, als sie einschlief. Ich konnte ihre Hand halten und sie auf die Stirn küssen. Als ihr letzter Atemzug kam, habe ich dann doch ein großes "NEEEEIIIIIIN" geschrien. Um 2:45h, wenige Stunden nach unserem Gespräch.
Es ist alles so klar vor mir. Und der Schmerz bringt mich fast um. Um den Verstand auf jeden Fall.
Und dann das Leben weiter zu meistern, mit der Leere. Sie hat soviel Platz und Raum in mir gehabt. Das zu füllen wird unmöglich.
Ich bin dennoch froh, dass wir uns hoffentlich gegenseitig ein wenig stützen können, indem wir unsere Gedanken und Gefühle teilen.
Bis hoffentlich bald, und gute Besserung! Saphir
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  #267  
Alt 29.04.2006, 17:01
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Gaby283 Gaby283 ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Hallo Saphir,

aus deinen Beiträgen erkenne ich immer wieder Ähnlichkeiten. Wir haben sehr an unseren Müttern gehangen, was wohl auch normal ist, wenn man ein gutes Verhältnis zueinander hat.

Ich habe meiner Mama 2 Mal "erlaubt" loszulassen, beim 1. Mal war sie noch zu Hause und befand sich in der Abschiedsphase. Sie wurde zunehmend abwesender; sie schaute zum Fenster raus mit ihren traurigen Augen und stützte ihren Kopf immer auf die Hand. Das tat sie früher nie, weil sie immer optimistisch war und sich nie aufgegeben hat. Mir blutet das Herz, wenn ich an ihre traurigen Augen denke. Als sie auch noch ihren ersten epileptischen Anfall hatte, der Krankenwagen mehrmals da war und Gangstörungen aufgetreten sind, sagte ich ihr, dass sie loslassen kann, wenn sie es nicht mehr schafft. "Kann ich wirklich", fragte sie mich. Für mich war klar, wenn auch nicht bewusst, dass sie keine Kraft mehr hatte. Beim 2. Mal war sie schon im Hospiz...sie saß im Rollstuhl, konnte sich seit fast 3 Wochen nicht mehr bewegen, kaum noch sprechen...habe ihr nochmals erlaubt, dass sie in Ruhe gehen darf, wenn sie es möchte. Sie sagte nur ganz leise "okay" und von da an ging es täglich/stündlich bergab und es dauerte nur noch 3 Tage, bis sie für immer eingeschlafen ist.

Es fällt so verdammt schwer loszulassen.

Aber mein größter Wunsch, dass ich bei ihr sein darf, wenn sie stirbt, den hat sie mir erfüllt. Es verlief etwas erschreckend für mich, da sie zum Schluss ihre Augen aufriss (ich wusste nicht, dass das passiert) und ein paar Mal schwer atmete. Diese Erfahrung möchte ich trotzdem nicht missen, denn die Schwestern im Hospiz haben mich vorher darüber aufgeklärt, was passieren kann und dass ich nicht den Fehler machen soll, mich nicht richtig von ihr zu verabschieden. Bin froh, dass ich auf sie gehört habe. Kurz bevor meine Mama starb habe ich ihr noch viele Sachen gesagt, so wie du. Ich bin dankbar, eine so tolle Mutter gehabt zu haben...Nein, zu HABEN. Als sie dann schon für immer eingeschlafen war, habe ich ihr weiterhin die Hand gestreichelt und am Tag später (sie war im Hospiz noch aufgebahrt) - obwohl ich vorher einen riesigen Bammel hatte - da habe ich sie ganz mutig auf die Stirn geküsst. Das musste einfach sein und es war gut so. Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen, dabei sind es morgen schon 9 Wochen! Ihr Gesicht vergesse ich nie, sie sah so hübsch aus wie die letzten beiden Jahre nicht mehr. Als ob alle Sorgen und Quälereien von ihr abgefallen wären in diesen Stunden nach dem Tod. Das hat mich beruhigt.

Deine Mama hat bestimmt gehört, was du zu ihr gesagt hast, auch wenn sie ihre Augen nicht mehr öffnen konnte, weil sie schon zu schwach war. Meine Ma war auch bis zuletzt bei Bewusstsein. Selbst der Arzt konnte uns das nicht eklären, da sie in ihrem Zustand eigentlich hätte im Koma liegen müssen.
Wir haben schon starke Mütter gehabt, Saphir. Vielleicht sehen sie uns von irgendwoher, aber wir können sie nicht sehen?! Wer weiß!

Gehst du oft auf den Friedhof? Bei mir ist es so, dass ich in den ersten Wochen absolute Panik verspürte und gar nicht alleine hingehen konnte. Inzwischen gehe ich gerne alleine dorthin. Fühle mich sehr wohl dort, da der Friedhof eine angenehme Ruhe ausstrahlt, und das ist in einer Großstadt schon was ganz Besonderes. In 6 Wochen hat meine Ma Geburtstag, das wird dann wieder ein ganz nachdenklicher und emotionaler Tag für mich werden. Schade, sie durfte nicht mal 55 werden.

Niemand wird den Platz von unseren Müttern füllen können, denn sie sind EINZIGARTIG. Ich denke sagen zu können, dass sie uns sehr lieb haben und stolz auf uns sind. Auch ihnen ist es verdammt schwer gefallen loszulassen. Ich möchte nicht wissen, was in ihnen vorgegangen sein muss.

Trotz allem Kummer wünsche ich dir ein angenehmes Wochenende!

Liebe Grüße
Gaby
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  #268  
Alt 01.05.2006, 12:35
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Gaby,

ich bin sicher, dass unsere Mütter immer fest bei uns sind, wenn wir an sie denken.
Seit der Beerdigung (10.03.) war ich vielleicht 4mal auf dem Friedhof. Ich weiß auch nicht, ich kann das nicht so richtig mit Mama in Verbindung bringen. Aber wenn die Kränze entfernt worden sind, werde ich das Grab ganz schön in ihrem Sinne bepflanzen. Vielleicht kommt dann auch eher das Gefühl Mamas Körper zu besuchen.
Ihre letzte Ruhestätte. Ich fühle mich immer näher bei ihr, wenn ich an Orten bin, an denen ich oft mit Mama war.
Zum Beispiel im Wald an einem ganz bestimmten Baumstumpf, auf dem wir regelmäßig Pause gemacht haben. Da saßen wir dann, haben geredet, den Hunden zugeschaut etc.....
Und Gaby, unsere Mütter sind nur vorraus gegangen. Wir werden sie wieder sehen!!!
Heute bin ich ein bisschen wortkarg....das nächste Mal werde ich wieder mehr schreiben.
Ist nicht der beste Tag für mich.
Ich hoffe, es geht dir einigermaßen ok. Und schreib immer, ich bin da! Liebe Grüße, Saphir
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  #269  
Alt 09.05.2006, 10:00
Saphir Saphir ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Gaby,

momentan verdränge ich wieder viel. Daher schreibe ich auch kaum.
Doch so wie es zur Zeit läuft, kann sich das auch wieder schlagartig ändern. Ach, ich denke ich muß Dir nicht viel erklären, bei Dir wird es wohl ähnlich sein. Hauptsächlich wollte ich Dir ein Lebenszeichen von mir geben.
Wie ist es bei Dir?
Alles Liebe, Saphir
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  #270  
Alt 09.05.2006, 12:52
Benutzerbild von IDgIE
IDgIE IDgIE ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe saphir!

ich bin für dich eine unbekannte wollte dir aber mitteilen das cih dich so verstehe.
Meine mama ist 2002 an Krebs gestorben und ich vermisse sie huete noch mehr denn je.
ich hatte auch nach dem meine mama gegangenist , den drang kinder zu bekommen , was ich dann auch 1 jahr später tat.
Nun bin ich 26 , habe einen sohn und eine lieben ehemann und wohnen bei meinen papa im haus. vor nicht ganz 1 monat wurde bei meinem vater krebs imendstadion diagnostiziert. Es ist ein teufelskreis... ich bin mit meinen kräften völlig am ende.

Ich wünsche dir viel kraft und viel mut für die zukunft.
Ich drück dich!

LG Petra
__________________


Steh nicht an meine Grab.
Dort bin ich nicht.
Ich schlafe nicht
Ich bin in tausend Winden, die wehen.
ich bin das funkelende Glitzern im Schnee.
Ich bin das Sonnenlicht über wogendem Korn.
Ich bin in den regentropfen im Herbst.
Und wenn du in der Stille des morgens erwachst,
bin ich im flinken Aufwärtsstreben
der Vögel, die am Himmel fliegen.
Des Nachts prange ich als Stern am Finarment.
Steh nicht weinend an meinem Grab.
Dort bin ich nicht.
Ich schlafe nicht.

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