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  #1  
Alt 30.03.2006, 19:07
LaLuna LaLuna ist offline
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Beiträge: 17
Standard Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Es ist jetzt über 4 Jahre her, dass ich die Diagnose *Darmkrebs* erhielt. Trotz gegenteiliger Vorhersage konnte der immer noch sehr große Tumor nach einer vorhergegangenen Chemo total entfernt werden. Mir ging's richtig gut!

Dann kam nach 2 Jahren der Hammer: eine einzelne Lebermetastase. Sie konnte operativ entfernt werden, doch seitdem geht es mir psychisch gar nicht mehr gut.

Ich warte immer auf die nächste Kontrolle (meine Onkologin macht sie immer noch vierteljährlich) um dann, frei von Sorgen, wieder anfangen zu leben, richtig zu leben. Weiß selbst nicht genau, was ich mit dem *richtig* meine.

Doch kaum ist die Kontrolluntersuchung vorbei, steht ja schon die nächste bevor und ich verschiebe, das *richtige* Leben wieder bis zum nächsten mal usw.

Ich habe das Gefühl, die letzten zwei Jahre gar nicht gelebt zu haben. Es war doch immer ein *Wartezustand*. Ich weiß, rein wissensmäßig sehr gut, dass *Leben* in der Gegenwart stattfindet, aber ich schaffe es einfach nicht, das auch zu genießen.

Geht es jemand so wie mir, oder vielleicht hat ja der eine oder andere einen Tipp für mich?
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  #2  
Alt 31.03.2006, 05:50
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Hallo LaLuna,

Logisch können wir alles prima wegstecken, alles prima erklären, doch was unsere Gefühle mit uns anstellen, da sind wir oft einfach nur machtlos.

Die Medien suggerieren durch ihre Geschichten, daß nach dem Krebs das Leben wieder anfängt, bzw. man/frau "anders" lebt. Aber was ist anders? Daß ich für kurze Zeit die Blumen mehr wahrnehme, daß Lebenslust sich auf Knopfdruck einstellt?

LaLuna, es ist knochenharte Arbeit, zuerst das Gewesene zu verarbeiten, zu lernen es nicht mehr den Mittelpunkt unseres täglichen Lebens werden lassen. Nicht nur ganz weit nach hinten in ein Stübchen stecken, verdrängen bis die nächste Nachsorge ansteht. In dieser Zeit stehen wir alle unter Hochspannung.

Hast du gute Freunde, mit denen du ganz offen und ehrlich über das "Warten" auf das neue Leben reden kannst? Wo ihr gemeinsam ergründet, was dich abhält, woher deine innere Angst für eine angenehmere Zukunft kommt?
Falls nicht, könnten dir vielleicht ein paar Sitzungen bei einem Psychoonkologen helfen. Wenn du weißt, was dich zurückhält, gelingt es dir eventuell dann auch wieder von alleine nach vorne zu schauen und zu gehen?
Wie bist du seither deine Hürden angegangen und mit ihnen umgegangen?

Wenn ich eine innere Blockade spüre, setze ich mich immer mit 2 Blatt (oder mehr) Papier hin. Mache mir sogenannte Pro- und Kontralisten, z.B. was passiert wenn ich über meine Schwellen springe, und was passiert, wenn ich alles so weiterlaufen lasse. Oftmals erkenne ich daraus, wo der Hase vergraben liegt, wovor ich evtl. Angst habe und warum.

Ich hoffe, dir einige Anregungen gegeben zu haben und sie dir vielleicht eine neue Türe öffnen können.
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Jutta
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  #3  
Alt 01.04.2006, 18:10
LaLuna LaLuna ist offline
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Registriert seit: 12.03.2006
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Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Danke, Jutta, dass du zu diesem schwierigem Thema geschrieben hast.

Mich wundert ehrlich gesagt überhaupt, dass in diesem Bereich so wenig geschrieben wird, als würden die meisten außer mir ihre Erkrankung gut auf die Reihe bekommen.

Aber ich glaube das nicht! Ich glaube, dass viele Leute ähnliche Probleme haben und sich nur nicht trauen es auszusprechen. Oder solche Gedanken gar nicht zulassen.
Leider wohne ich auf dem Land (Richtung Chiemsee) und habe bis heute keinen Psychoonkologen gefunden. Wahrscheinlich geht es mir noch zu gut, sonst hätte ich der Suche sicherlich größeren Platz eingeräumt.
Mit einer Freundin habe ich darüber gesprochen und mit meinem Mann. Sie verstehen mich zwar beide, können es aber logischerweise nicht ganz nachvollziehen. Beide meinen auch, ich sollte mir Hilfe holen, weil das ein schwierigeres Problem sei.

Ich versuche die Dinge immer so auf die Reihe bekommen: ich tue so, als würde mir eine gute Freundin *mein* Problem erzählen. Was würde ich ihr raten??? Ich denke, dass sie kleine Schritte gehen soll, so Tag für Tag. Ohne die Zukunft ganz aus den Augen zu verlieren.

Das ist mir klargeworden, als ich fertig mit meinem ersten Posting war und das versuche ich jetzt zu leben. Ein bißchen leichter ist mir schon geworden.....
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  #4  
Alt 01.04.2006, 19:30
Benutzerbild von sywal
sywal sywal ist offline
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Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Liebe LaLuna, auch mir geht's nicht gut, ich kenne nicht viele, bzw. keinen, der nach der krebsdiagnose ein erfüllteres leben hat. Natürlich schaut man sich die natur etwas anders an, natürlich spricht man etwas anders mit den menschen - bis man schweigt.
Ich glaube, dass die geschichte vom "erfüllteren leben danach" im positiven sinn als trost, im negativen sinn als "selber schuld" in die welt gesetzt wurde.
Wer nicht sein essen auf mikro/makro umgestellt, seine lebenseinstellung positiviert, seine chakren gesäubert, nicht die vielen bücher gelesen, nicht die gesamte schulmedizinische pallette und danach die alternativen angebote zur gänze konsumiert hat, der hat - so die nicht betroffenen auf der anderen seite - selbst schuld. Ich habe auch geglaubt, ich bin ein versager weil ich die welt nun nicht mit anderen augen sehen kann. So ist es aber nicht. Ich werde nie vergessen wie ein krebskranker schauspieler zermürbt im fernsehen sagte "sogar den krebs sind's mir zu neidig". Bitte suche nicht die glücklichen kranken - suche dein glück, deinen inneren frieden, da hast du oder wir alle viel zu tun. sywal
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  #5  
Alt 01.04.2006, 22:50
Benutzerbild von Jutta F.
Jutta F. Jutta F. ist offline
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Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 1.632
Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Hallo Manolo Madeileno,

würden Sie bitte damit aufhören hier in sämtliche Threads Ihre Werbung
einzusetzen.
Ich glaube nicht, daß hier die richtige Plattform für Eigenwerbung ist !!!

Danke
Jutta F.
__________________
Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean Verstand

Blaise Pascal
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  #6  
Alt 02.04.2006, 14:53
sonne692001 sonne692001 ist offline
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Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

hallo sywal,

ich finde deine worte sehr tröstlich. auch ich habe diesen erkenntnisschritt getan. mir ging es so: habe ALLES getan um gesund zu werden von alternativ-medizin über visualisierung bis hin zum täglichem liegen im magnetfeld. stets hatte ich das gefühl: ich habe nur nicht die richtige einstellung; wer gedanklich wie ich seine beerdigung plant darf sich nicht wundern, wenn er nicht gesund wird etc.
irgendwann, nach dem 3ten rückfall habe ich bemerkt, dass das alles glaubenssätze anderer sind - und nicht meine eigenen.

heute gehe ich einen ganz individuellen weg, habe die angst vor dem tod (nicht die vor dem sterben verloren) und finde mich heute reicher, weil ich verinnerlicht habe, was endlichkeit bedeutet. ich bin dankbar, weil ich mich noch bewegen kann und wenig schmerzen habe. und weil ich nicht, wie meine cousine mit 16 jahren plötzlich aus dem leben gerissen wurde, sondern diese erfahrung mache.
das gerede, das leben nach oder gar mit krebs sein wertvoller finde ich quatsch. liebend gern würde ich auf meine weisheiten verzichten und wieder ein unbeschwertes leben führen, würde heiraten und kinder bekommen.
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  #7  
Alt 02.04.2006, 21:24
LaLuna LaLuna ist offline
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Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Ihr könnt euch garnicht vorstellen, wie gut mir Eure Worte getan haben!!!

Besonders, dass endlich mal jemand ausspricht, dass man mit oder nach Krebs KEIN erfüllteres Leben hat, sondern Todesangst. Auch die Worte*du musst kämpfen* kann ja nicht nur ich nicht mehr hören!
Ich habe Angst vor dem Tod, nicht vorm sterben. Ich bin doch so neugierig und will noch so viel erleben und erfahren! Ich habe leider schon einige Menschen (es sind außer zweien alle übrigen), die ich durch die Krankheit kennengelernt habe, sterben sehen und weiß, dass das nicht das Problem ist.

Ich gehe jetzt Tag für Tag voran und kann sagen, die letzten vier Tage waren wirklich schön....und das genügt mir.

Geändert von LaLuna (03.04.2006 um 14:02 Uhr)
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  #8  
Alt 03.04.2006, 05:11
Benutzerbild von Jutta
Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Liebe LaLuna,

das ist der richtige Anfang. Langsam anfangen, kleine Schrittchen und kleine Ziele. Wir haben das Laufen auch nicht an einem Tag geschafft, also sollte das Leben danach ebenfalls Schritt für Schritt beginnen.

Nur eines habe ich mit großem und hurtigem Aufwand betrieben, all das aus meinem Leben zu entfernen, was mir nicht gut tat. Alles andere dauerte, und zuerst mußte ich lernen Geduld zu haben. Geduld mit mir selbst, zu lernen, daß ein Berg nicht in einem Atemzug erklommen werden kann. Daß ich immer wieder stehen bleiben muß, zurückblicken was ich schon geleistet habe, nach vorne schauen, auf das, was mich noch auf meinem Wege erwartet.

Es ist ein schwieriges Thema, und viele Menschen können, wie du gesagt, nicht darüber sprechen, oder wollen es nicht mehr. Doch die Angst sollte immer ein Ventil bekommen, damit sie sich nicht manifestiert und später mit großer Gewalt ausbricht. Ich bin/war auch ein Menschenskind, das dachte alles mit Links und meistens alleine bewältigen zu müssen. Konnte wohl mit meinem Mann darüber reden, aber erst als er selbst an Krebs erkrankte, war so manches für ihn besser nachvollziehbar.

Warum schreibst Du hier nicht einfach weiter? Erzählst von Deinen kleinen Schritten, die Du Dir vornimmst? Es kommen garantiert etliche Antworten, und es ist vielleicht dieser oder jene Gedanken dabei, der Dich anspricht, und den Du für Dich umsetzen kannst?
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Jutta
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  #9  
Alt 03.04.2006, 12:18
Thomas Thomas ist offline
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Beiträge: 331
Standard AW: Ich bekomme mein Leben nicht mehr richtig auf die Reihe

Hallo LaLuna, Jutta, Sywal,
all das zu entfernen was mir nicht guttut ist mir leider nicht gelungen, anfangs hatte ich auch dieses Ziel ich mußte aber lernen dass dies nicht geht, weil ich meine Umwelt, z.B. meine 4 Kinder nicht entfernen kann und will. Da gibts dann oft Sorgen die größer sind als meine Krankheitssorgen. Auch ist mir klar geworden dass die Angst bleibt so lang ich lebe, höchstens der Umgang damit ist vielleicht einfacher geworden. Es heißt ja nicht umsonst schon in der Bibel : "in der Welt habt ihr Angst, aber seit getrost...." Diesen "Glaubenstrost", den ich nicht sicher habe, d.h. den ich immer wieder neu brauche, hat mir dann doch die Krankheit als "Nebeneffekt" gebracht, ich wurde einfach gezwungen mich mit dem Leiden, sterben und Tod auseinanderzusetzen. Darüber bin ich eigentlich ganz dankbar.....

Gruß
Thomas
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