Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #886  
Alt 06.10.2008, 13:51
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Ort: Bonn
Beiträge: 1.497
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo,

dann beginne ich einfach mal das zu erzählen, was ich mir zu diesem Thema in letzter Zeit angeschaut habe und zum Teil auch schon mit meiner Ma im KH und zuhause kennen gelernt habe.

Anfang des Jahres, ich hatte zu der Zeit ein sehr ungutes Gefühl, hatte ich den Eindruck, dass es besser ist, sich über alles zu informieren damit ich in der Not weiß, wohin ich mich wenden muss, wo man uns helfen kann.

So kam es dass ich mir ein Hospiz angesehen habe und eine Palliativstation. Um das vorwegzunehmen, meine Mam hat nicht vor, dort hin zu gehen. Aber es ist ja nun mal leider auch so, dass man vor den unvorhersehbaren Dingen nicht gewappnet ist ... ich betrachtete es also als Anker.

Das Hospiz, das ich mir angesehen habe (es gibt sicher bessere) war nun so gar nicht meins. Es wirkte auf mich nicht angenehm, sehr unterkühlt. Schon der Eingang.... Dicke Türen (Nebenan Bestrahlungen), unfreundlich gestrichen, alles eher zweckmäßig als heimelig. Mit einem großen Kloß im Hals habe ich damals mit einem Bekannten den ich mit genommen habe weil ich mich alleine nicht traute mit dem Leiter einige Dinge durchgesprochen, so eben auch, was im Fall der Fälle zu tun ist, was per Kasse geregelt wird, wie sich das mit den Pflegestufen verhält... Der Mann war schon nett und sagte auch zu, alles notwendige in die Wege zu leiten. Aber das Haus, dass ich mir damals angesehen habe, hat mir den Weg zum Hospiz-Gedanken doch sehr verhagelt. Ich hätte sicher noch ein anderes besuchen sollen, aber ich verwarf dies komplett. Mit meiner Mutter habe ich später auch über die Institutionen gesprochen und es stellte sich heraus, dass sie nach Möglichkeit zuhause bleiben möchte. Meine persönlichen Empfindungen habe ich außen vor gelassen, denn sie hatte seinerzeit zuerst das Thema Hospiz angesprochen.

Am gleichen Tag fuhr ich im Anschluss auf eine Palliativ-Station. Es war ein langgezogenes Haus, direkt neben dem Malteser Krankenhaus (dort arbeitet der Doc, dem meine Mutter so vertraut) und grenzt an den Wald. Schon als ich um das Haus ging, auf der Suche nach dem Eingang war ich sehr überrascht. Draußen, auf den Terassen von der zu jedem Zimmer eine gehört, saßen lauter Leute. Zusammen an einem Tisch, mit Kaffe und Kuchen, gelöste Stimmung.

Ich ging zum Eingang, traute mich nicht recht, ich fühlte mich als Eindringling, als schon eine Schwester auf mich zu kam. Die Tür stand im übrigen offen. Sie erkannte gleich warum ich dort war und führte mich herum. Gemacht war das Haus wie eine große WG. Jedes Zimmer hatte eine Wand nach außen hin die komplett durch Fenster und Terassentür aus Glas unglaublich freundlich gestaltet war. Jedes Zimmer führte auf eine eigene Terasse, die wiederum ging in einen großen, langgezogenen Garten über der an einen Wald grenzte. Am Ende des HAuses fand sich ein großes Wohnzimmer mit einer Wohnküche, auch hier wiederum direkte Anbindung an eine Terasse.

Die Schwester klärte mich dann erst mal über den Unterschied von palliativ-Station und Hospiz auf. Palliativ Stationen kommen dann zum Tragen, wenn der Patient nicht mehr oder nur noch gering Chemo- bzw. Strahlentherapiert werden kann und die BEhandlung der Schmerzen im Vordergrund steht. Die Einstellung der Schmerzmedikamente, die fein aufeinander abgestimmt werden und in der Nebenwirkung ebenfalls behandelt werden müssen, findet dann entweder ambulant, im KH oder auf einer solchen Palliativ Station statt. Um ihre Worte wiederzugeben: Die Menschen dürfen hier auch sterben, aber in der Regel werden sie hier vernünftig eingestellt und können dann wieder nach hause zurück. Die meiste Zeit in der Einstellung wird für die sorgfältige Abwägung der richtigen Dosis an SChmerzmitteln - und in der richtigen Kombi verschiedener Mittel aufgebracht. Wird der Schmerz einmal zugelassen, so ist in der Regel zu Beginn eine wesentlich höhere Schmerzmitteldosis notwendig, als sie später weiterhin verabreicht werden muss. Hintergrund ist das Schmerzgedächtnis der Nerven.

Palliative Ambulantdienste und Stationen werden komplett von den Krankenkassen übernommen. Zur Einweisung genügt die Überweisung durch einen behandelnden Artz oder durch das anliegende KH. Im Vergleich zum KH ist die Atmosphäre hier sehr viel angenehmer, man kommt besser zur Ruhe. Davon abgesehen können Verwandte 24h besuchen.

Wir haben die Station nicht in Anspruch nehmen müssen da meine Mutter akut ins Krankenhaus kam und sofort mit der Schmerztherapie begonnen wurde. Hätten wir die Wahl gehabt - wir wären sicher auf diese STation gegangen.
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
Mit Zitat antworten
  #887  
Alt 06.10.2008, 13:57
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Ort: Bonn
Beiträge: 1.497
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Liebe Ypsi,

ja, ich verstehe was Du meinst. Und mich hat der Titel Deines Threads am Anfang auch sehr durcheinander gemacht. Aber schnell war klar wie Du es meinst. Wir durchlaufen verschiedene Stationen, körperlich, geistig, die Angst ändert sich, alles entwickelt sich einfach weiter.

Ich würde heute meinen Thread auch nicht mehr Lebenslauf nennen. Erst heute ist mir bewusst, wie kalt dies auf manche wirken muss. So war es nie gemeint.

Den Tagen mehr Leben geben, nicht dem Leben mehr Tage.
Ja Du hast Recht. Dieser Satz hilft sehr. Warum wird das Thema palliativ eigentlich so tabuisiert? Ich finde dadurch gewinnt das Angstmonster doch so sehr die Oberhand, oder?
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
Mit Zitat antworten
  #888  
Alt 06.10.2008, 14:06
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Ort: Bonn
Beiträge: 1.497
Standard AW: Lebenslauf kleinzelliger Lungenkrebs SCLC

Ich werde nicht nur berichten, ich werde ganz sicher auch Fotos einstellen.


Fällt mir irre schwer, ich könnte platzen weil ich immer aufpassen muss was ich erzähle... bin mindestens genauso aufgekratzt wie die Braut .... und Trauzeugin bin ich *stolzguck*
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
Mit Zitat antworten
  #889  
Alt 06.10.2008, 14:46
mischmisch mischmisch ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.04.2008
Beiträge: 1.070
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Liebe Bibi,
ich möchte dir ganz herzlich danken für dieses Thema das du hier ansprichst, dafür, dass du auch mich an deinen Gedanken/Gefühlen teilhaben lässt.
Noch bin ich weder als Betroffene noch als Angehörige direkt konfrontiert, nehme aber doch alles auf was ich über Hospize/Palliativstationen zu hören bekomme.
Dürfen auch andere ihre Erfahrungen in deinem Thread schreiben, es macht sicher Mut für die Betroffenen, die vielleicht mit diesem Thema (noch) nicht ganz so offen umgehen können.

Nochmal Danke und für deine Mam und dich eine gute Zeit.

Rosita
Mit Zitat antworten
  #890  
Alt 06.10.2008, 14:57
Ypsi Ypsi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.12.2006
Beiträge: 199
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Liebe Bibi,

ja, da hast Du recht. In dem Moment erscheint einem ein Titel passend und zwei Minuten oder zwei Monate später hat sich vieles geändert und man fragt sich, wie man darauf gekommen ist...

Und bezüglich der Angst. Für mich ist das Nichtwissen das, was mir Angst macht. Die Situation für meinen Paps ist - medizinisch/sachlich betrachtet (wie furchtbar sich das wieder anhört) - jetzt schlechter. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Chemo nicht anschlägt und er ist mittlerweile sehr sehr eingeschränkt in seinem Leben. Dennoch psychologisch betrachtet, scheint er mittlerweile besser mit seiner Krankheit zurechtzukommen bzw. nimmt er sie anders und besser an, als in den Wochen nach der Diagnose. Und auch für mich als Angehörige ist die Zeit (noch) meine Freundin.
LG
Ypsi
Mit Zitat antworten
  #891  
Alt 06.10.2008, 15:11
östel östel ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 15.11.2007
Beiträge: 842
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Liebe Bibi, bin total gespannt auf das Thema auch wenn ich vielleicht nicht so viel beitragen kann.
Als ich bei Lissi las, Peter hätte erst die Palliativstation die Angst nehmen können, glaubte ich mich in einer Hirarchie, von ambulanter Hospitzpflege bis zu stationärer Palliativstation. Von Pflegen am Anfang bis maximaler Schmerzbekämpfung. Auch die Kostenübernahmen sind ja wohl unterschiedlich. ich glaube die TK zahlt von Anbeginn das hospitz?

Ich bin völlig überrascht, dass Deine Ma erst seit 3 Wochen Morphin bekommt, ich bekomme es mit Unterbrechungen seit 1,5 Jahren, quasi seit meiner Diagnose. Die Knochenmetas mussten halt schnell behandelt werden und zusätzlich wurde ich palliativ bestrahlt.
Da kann ich ja nur eine ganz lange Hochzeitsphase wünschen mit allem was dazu gehört. Auf jeden Fall, wir erleben mit. liebe Grüsse regina
Mit Zitat antworten
  #892  
Alt 06.10.2008, 18:40
ninpa ninpa ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 01.01.2008
Ort: NRW
Beiträge: 1.410
Standard AW: Lebenslauf kleinzelliger Lungenkrebs SCLC

Liebe Bibi,
wenn auch verspätet - aber nicht weniger herzlich -
richte deiner Mama bitte nachträglich alle lieben Wünsche zu ihrem runden Geburtstag aus!

Das schönste Geburtstagsgeschenk wird sie dann aber wohl am kommenden Wochenende erhalten....
dafür wünsche ich euch allen schon jetzt eine wundervolle Zeremonie!

Liebe Grüße
Beate
Mit Zitat antworten
  #893  
Alt 06.10.2008, 19:14
Mapa Mapa ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 29.01.2008
Beiträge: 1.087
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo Ihr Lieben,
möchte zu dem Thema gerne auch was schreiben. Zuerst möchte ich betonen, dass es selbstverständlich richtig ist, dass es mehr als wichtig, bzw. sogar das Wichtigste ist, dass man durch die Palliativbehandlung schmerzfrei, schmerzarm, lebensverlängernd, usw. eingestellt wird. Mit den richtigen Medikamenten, Maßnahmen, usw.
Zitat:
in der Zeit, die ich inzwischen mit Euch hier verbringe, ist mir aufgefallen, dass ambulante Palliativdienste und Palliativstationen eigentlich nie, bzw. nur selten Thema sind. In vielen Beiträgen lese ich außerdem die Gleichstellung von palliativ mit Hoffnungslosigkeit.
Warum das selten ein Thema ist, weiß ich zwar auch nicht, jedoch die Gleichstellung von palliativ mit Hoffnungslosigkeit möchte ich kurz, zumindest aus meiner Sichtweise erklären.
Es kommt darauf an, wie man das Wort Hoffnungslosigkeit in diesem Zusammenhang interpretiert. Wenn Du, liebe Bibi, damit meinst, dass es bedeutet, man hat Angst davor, qualvoll mit Schmerzen sterben zu müssen, dann ist diese Hoffnungslosigkeit nicht angebracht. Vom Gesamtbild gesehen jedoch ist die Hoffnungslosigkeit nicht unberechtigt. Der Unterschied besteht für mich darin: Jeder, der die Diagnose bekommt, hofft doch darauf, dass sich herausstellt, dass er ein Stadium hat, in dem er noch geheilt werden kann oder zumindest, in dem er wenigstens die Chance hat, evtl. nach Bestrahlungen, OP, usw. für lange Zeit krebsfrei zu bleiben. Hier ist Hoffnung angebracht auf definitive Heilung oder zumindest Stillstand für einen sehr großen Zeitraum. Sobald jedoch dieses Wort palliative Behandlung auftaucht, bekommt das Wort Hoffnung eine andere Bedeutung. Dann ist es nur noch Hoffnung auf Zeitverlängerung oder auf ein Wunder. Ich versuche mal ein Beispiel zu geben:
Jemand hat einen Unfall und ist gelähmt. Der Arzt sagt zu ihm: sie sind im Moment gelähmt, aber es besteht die Möglichkeit zu 50 %, dass sie eines Tages wieder laufen können. In diesem Fall kann man noch recht zuversichtlich daran glauben, dass man tatsächlich eines Tages wieder laufen kann und man hat Hoffnung. Fall 2, wieder ein Unfall, wieder gelähmt. Hier sagt der Arzt: Tut mir leid, sie werden für den Rest des Lebens querschnittsgelähmt sein. In diesem Fall kann man doch nur noch an ein Wunder glauben. Leider sind Wunder seltener, aber es gibt sie!
Ich möchte damit eigentlich nur erklären, warum das Wort palliativ so oft mit Hoffnungslosigkeit verbunden wird. Gut gemeinter Trost kommt auch immer mit dem Vergleich Diabetes, der ja auch palliativ behandelt wird. Trotzdem ist die Aussicht, dass ein Diabeteskranker noch 20 Jahre oder länger lebt, kein Wunder, sondern eine berechtigte Hoffnung.
Das Recht, auf Wunder zu hoffen, hat aber meiner Meinung nach jeder Einzelne. Auch wenn es nur selten ist. Mir fällt auf, dass es hier manchmal Hinterbliebene gibt, die anfangs, als sie selber noch die Hoffnung hatten, ganz anders geschrieben haben, als sie es jetzt tun. Mag es aus einer gewissen, verständlichen Verbitterung heraus, vielleicht gar nicht so gemeint sein. Aber es kommt oft sehr hart rüber, vor allem bei neuen Usern, wenn man gleich die Sätze wie "die Zeit nutzen" usw., gesagt bekommt. Kein Wunder, wenn das Wort "palliativ" jeder so angstvoll betrachtet.
Auch hätte ich noch eine Frage. Ich finde es gut, dass es die Palliativmedizin gibt. Ich finde es auch gut, wenn hier viele Trost bei dem Verlust eines Angehörigen gefunden haben durch die Tatsache, dass es ein friedlicher, schmerzloser Hinübergang war. Andererseits fällt mir aber bei dem größeren Teil auf, dass geschrieben wird: Endlich haben die langen Qualen ein Ende, endlich von den Schmerzen erlöst, usw. Wo war denn da die Palliativmedizin? Oder lag es dann an der fehlenden Patientenverfügung?
Abschließender Satz: Palliativmedizin ist eine sehr gute Sache. Trotzdem hat das Wort palliativ für jeden Betroffenen oder eben auch den Angehörigen dazu immer einen bitteren Beigeschmack. Nicht, weil die Sache nicht gut wäre, sondern weil das Ziel eben anders ist.
Liebe Grüße
Mapa
Mit Zitat antworten
  #894  
Alt 06.10.2008, 21:37
Häsi Häsi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.11.2007
Beiträge: 26
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo Ihr Lieben,

zu diesem Thema möchte ich auch ein wenig beitragen. Als das Wort Palliativstation oder Hospiz das erste Mal durch die Ärzte gefallen ist, haben wir alle einen ziemlichen Schock bekommen. Mit sehr mulmigen Gefühl sind meine Mama und ich vorab auf die Palliativstation in München und haben uns erst mal schlau gemacht - bevor wir rein sind, haben wir uns fest an der Hand genommen und uns Mut gemacht. Aber wir wurden positiv überrascht und von Anfang sehr herzlich und offen behandelt worden - zum ersten Mal seit Beginn der Krankheit wurde uns in einem Krankenhaus "Zeit zum Zuhören" geschenkt und wir konnten somit mit einem sehr guten Gefühl im Bauch nach Hause fahren... und dieses positive Gefühl auch an meinen Papa weitergeben. Zunächst haben wir ihm aber auch versprochen ihn nicht wegzugeben - solange wir es daheim selber schaffen. Irgendwann kam aber leider der Zeitpunkt an dem es einfach nicht mehr ging... und mein Papa wollte selbst auf die Palliativstation.

Von Anfang an wurde er absolut respektvoll und ich möchte sagen fast liebevoll betreut worden. Von Ärzten und Pflegern. Ich kann nur den Hut ziehen vor den Menschen die dort arbeiten - sie tun das aus Berufung und ich werde ihnen nie vergessen was sie für uns getan haben. Damit ich die Nacht bei meinem Papa bleiben konnte, wurde der zweite Patient in ein anderes Zimmer verlegt... sie brachten mir Decken und haben nachts immer wieder nach mir geschaut. Selbst den eigenen Kaffee haben sie morgens um 5 Uhr mit mir geteilt. Als es dann in der dritten Nacht zu Ende ging (ich war nach zig Stunde im KH für ein paar Stunden zum Schlafen heimgefahren) wurden wir angerufen und wir sind natürlich sofort losgefahren - als wir reinkamen, saß eine Schwester an seinem Bett und hat ihm die Hand gehalten. Sie haben ihn nicht alleine gelassen bis wir da waren... und er hat gewartet bis alle seine Lieben bei ihm waren. Und dank der kleinen Engel auf dieser Station war es möglich, dass er schmerzfrei und sehr human gehen durfte. Wir konnten ihn bei seinem letzten Gang begleiten und in Ruhe Abschied nehmen.

Ich schreibe das so ausführlich weil ich vorher so viel Angst vor dieser Station und der Situation an sich hatte - heute aber so froh bin, dass wir diesen Weg gegangen sind. Das hat ihm so viel Leid erspart. Man muss also keine Angst haben... es sind die eigenen Geister und Bilder im Kopf die einen Vorbehalte haben lassen... dies ist aber wirklich unbegründet.

Ach ja, ich schreibe hier von der Palliativstation der Barmherzigen Brüder in München - ein ganz großes Danke schön!!!

Ich wünsche Euch allen alles Liebe und ganz viel Kraft!
Sandra
Mit Zitat antworten
  #895  
Alt 06.10.2008, 22:55
Lissi 2 Lissi 2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Beiträge: 1.348
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Liebe Mapa,
ich gebe Dir Recht das der Vergleich mit der Diabetes so ziemlich hinkt,aber ich finde wenn ein bis dahin völlig unbedarfter Mensch das erste mal mit dem Wort Palliativ konfrontiert wird ist auch ein solch hinkender Vergleich erlaubt.Auch darf man ja nicht vergessen das es für viele Erkrankte gleich zu Beginn heißt"nur"noch palliative Behandlung.So war es bei uns,so ist es bei vielen hier.Peter bekam die Chemo palliativ,die Bestrahlung palliativ usw.Uns war mit diesem Wort von Anfang an klar was es bedeuten kann,auf der einen Seite noch einige Jahre oder eben nicht.Und da war kein Glauben an ein Wunder sondern berechtigte Hoffnung,wie es hier so viele ja zum Glück als Beispiel gibt.Und das mit der Zeit nutzen,dass habe ich gehasst wie die Pest wenn es mir gesagt wurde.Was heißt hier Zeit nutzen,wir haben sie immer genutzt,vorher und auch noch am Anfang,als es ihm noch einigermaßen ging,nur dann ließ es diese sche..Erkrankung nicht mehr zu.
Zuletzt fragst Du wo die Palliativmedizin vorher war.Ich für meinen Teil kann nur sagen sie war da,von Anfang an,siehe oben,nur ist das eine völlig andere Palliativmedizin.Als Peter zum sterben am 09.09. nach Hause kam hatten wir fast eine rund um die Uhr Betreuung durch unsere Ärztin,auch ausgebildet in Palliativmedizin,aber es gibt halt leider im häuslichen Bereich Grenzen und die muss man schweren Herzens sehen.Ja ich bin froh das Peter zum Schluss doch auf einer Palliativstation war und da auch wirklich selber hin wollte,gegen seinen Wunsch hätte ich es nie gemacht.Ich hab mich lange mit den Ärzten und dem Pflegepersonal auf dieser für mich vorbildlichen Palliativstation unterhalten und deren Aussagen lief immer darauf hinaus das es eben auch zwischen Palliativ und Palliativ einen Unterschied gibt,auf der einen Seite die Palliativbehandlung bei ganz vielen Erkrankungen und auf der anderen die palliative Begleitung Schwerkranker.Es gibt viele Menschen die sich auf solch einer Station wieder erholen und auch wieder entlassen werden,was unter einer anderen Behandlung nie erreicht werden könnte und es gibt auch viele die dort ihren letzten Weg entspannt und würdevoll zu ende gehen können.Aus beiden ziehen die Ärzte und Schwestern dort die Kraft ihren schweren Dienst zuleisten.Ja und ich bin froh darüber das nun das Leiden für Peter ein Ende hat,ich kann darin nichts schlimmes sehen und glaube auch nicht das ich verbittert bin.

LG
Lissi
__________________
Wege entstehen dadurch,dass man sie geht.
Franz Kafka

Meine Beiträge stellen lediglich meine Meinung dar. Niemand muss sie akzeptieren, jeder darf es. Meine im KK-Forum veröffentlichten Bilder und Texte sind (auch in PN's) mein geistiges Eigentum. Ansonsten berufe ich mich auf die Nutzungsbedingungen des KK.

Geändert von Lissi 2 (06.10.2008 um 23:22 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #896  
Alt 07.10.2008, 08:47
Ypsi Ypsi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 19.12.2006
Beiträge: 199
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Ich glaube, dass für viele hier, das Gefühl "Er/sie durfte gehen" nichts damit zu tun hat, das der Betroffene physische Schmerzen hatte, von denen er/sie nun erlöst wurde.
Ich trau´ es mich fast nicht zu schreiben und ich hoffe sehr, dass ihr diese Worte nicht falsch versteht... Wenn ich meinen Paps ansehe, weiß ich, dass vieles in ihm, vieles von ihm schon nicht mehr da ist. Mein Paps ist nicht mehr mein Paps, wie er mal war. Ich trauere jetzt schon um ihn, weil er eben so anders ist. Ich vermisse meinen Paps - trotz all der Misslichkeiten und Schwierigkeiten, die wir in der Familie haben.
Andererseits lerne ich nun einen anderen, neuen Vater kennen.

Ich glaube, palliativ jagt uns deshalb einen solchen Schrecken ein, weil - wie soll ich sagen - es tut sich der Boden unter den Füßen auf. Der Verdacht, die endlosen Untersuchungen, dann die Diagnose (man weiß es eigentlich, will es nicht wahr haben, hängt an den Lippen des Arztes) und dann kommt leider für viele Betroffenen die Diagnose: unheilbar. Keine Sekunde später fällt das Wort palliativ.

LG
Ypsi
Mit Zitat antworten
  #897  
Alt 07.10.2008, 09:57
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Ort: Bonn
Beiträge: 1.497
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo ihr Lieben,

das zeigt mir doch, wieviel Redebedarf über unausgesprochene Dinge herrscht.

Liebe Lissi,

Mapa wird sich sicherlich noch selbst äußern, aber ich glaube nicht, dass sie Dich mit dem geschriebenen angesprochen hat, wir haben Anteil gehabt an Peter und Dir und sind mindestens ebenso erleichtert wie Du dass er wenigstens die letzten Schritte schmerzfrei gehen durfte. Deine Begleitung war absolut einzigartig, Deine Nähe und Deine Kraft die Du aus ungeahnten Reserven geholt hast ebenso.

Liebe Mapa,

ich sehe es ein bißchen anders als Du. Bitte bedenke wie es ist, sich ganz neu mit vielen der Themen, die uns hier schon seit Monaten und Jahren beschäftigen, auseinanderzusetzen. In einem anderen Thread hatten wir dieses Thema bereits. Die Sichtweise ändert sich ein wenig mit der Zeit, Dinge, die uns am Anfang schier den Atem verschlagen werden zur Normalität, weil sie ab jetzt Bestandteil des ganzen sind. Ich erinnere mich noch genau als ich am Anfang mit Freuden über die Diagnose meiner Mutter sprach und dann die Frage kam "Also wird sie daran sterben?" oder schlimmer noch "Wieviel Zeit bleibt?". Ich hätte vor Wut am liebsten blind um mich geschlagen, denn es braucht einen sanften Einstieg in manche Themen weil einfach alles andere manchmal einen Schock Zustand auslöst oder schlimmer noch, man rennt in die andere Richtung davon.

Und es stimmt schon, palliativ ist eben auch die Behandlung von Diabetis. Ich las gerade Reginas Beitrag, hast Du gewusst, dass sie schon so lange Morphium bekommt? Ich nicht, aber vielleicht habe ich einfach nicht genau genug gelesen, oder aber mein Hirn wollte sich damit nicht auseinander setzen? Palliativ KANN auch bedeuten, dass man dennoch Schmerzen aushalten (möchte) muss. Meine Mutter beispielsweise hat sich sehr gegen Morphium gewehrt - genau dies gab mir auch den Anlass, dieses heikle Thema hier anzufassen. Sie hat sich ebenso gewehrt wie ich es (innerlich) auch getan habe, eben weil wir noch die alten "Monster" im Kopf haben. Schmerzbehandlung vor 15 Jahren bei meinem Vater ist nicht die gleiche wie heute. Unterschiedliche Ursachen benötigen außerdem unterschiedliche Behandlung.... Irgendwann werden wir vermutlich an dem Punkt sein wo meine Mutter, um keine Schmerzen haben zu müssen, den Weg geht das Risiko einzugehen, dass sie nicht mehr ganz so bewusst wahrnehmen kann wie jetzt. Sie hat diese "Grenze" erst in der letzten Woche aufgehoben, denn sie hatte furchtbare Angst, mit einem Schlag die Umwelt, vor allem ihren Mann und mich nicht mehr wahrnehmen zu können. Ich habe auch meine eigenen großen Monster. Das Forum war für mich oft schwer, "Kleinzeller", mit denen ich mich seit Beginn ausgetauscht habe sind nun alle nicht mehr da. Der Leidensweg, ihn zu sehen, zu begreifen... es ist schwer, nicht automatisch einen Ablaufplan für sich selbst daraus zu erstellen und das Kopfkino jedesmal aufs neue auszuschalten. Schwerer noch, überhaupt heraus zu kristallisieren wann es ein Kopfkino ist.

Und ja, im Moment nimmt alles einen guten Lauf. Ich kann mir sehr gut vorstellen wie manch einer das jetzt nicht verstehen wird, denn vor ein paar Wochen hätte ich ebenso reagiert. Ich insbesondere rede jetzt vom SCLC meiner Mutter. Von Anfang an war uns klar, dass wir nicht allzu lange den Kampf gewinnen werden.

Und wieder hallt es in meinem Kopf "Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben". Und bisher hat meine Mutter - und damit auch wir einfach sehr viel Glück gehabt. Bisher war sie bis auf die ersten Wochen in der Diagnose und die Woche, die sie jetzt zur Einstellung der palliativen Medikation im KH war, schmerzfrei. Bisher hatte sie kaum Nebenwirkungen von der Chemo, keine Übelkeit, keine Kopfschmerzen.... Es waren Nebenwirkungen da, keine Frage. Aber sie standen in einem geringen Verhältnis zu der Zeit, die gut verlaufen ist. Wir haben Glück gehabt dass es so verläuft. Und ich bin sehr dankbar für die palliative Behandlung. Obwohl unsere Zeit bisher so gut war, geht es ihr dennoch jetzt so viel besser als das ganze letzte Jahr. 1,5 Jahre sind es bald. Sie ist gelöst, sie fühlt sich gut, sie hat keine Schmerzen, sie ist nicht mehr so schlapp... Morphium wirkt auch euphorisierend bei ihr. Und das ist gut. Es tut ihr einfach gut.

Und gerade weil ich sehe, wie gut palliative Medizin sein kann - und zwar nicht erst dann, wenn man die letzten Schritte geht, möchte ich den Schrecken nehmen. Meine Mutter bekommt eine Kombi die ich noch hier reinsezten werde. Es ist nicht viel bisher - wie man uns versicherte, aber es ist sorgfältig auf sie abgestimmt - und das perfekt. Denn sie nimmt AKTIV am Leben teil, da ist keine Spur von Bewusstseinsverlust, Lethargie... und das ist mir so wichtig. So wichtig es anderen zu sagen wie gut die Erfahrung sein kann sie ganz ohne Beschwerden das Leben GUT zu erleben. Und genau das ist doch der Moment, wo es keine Rolle spielt (in meinen Augen) wie lange die Zeit ist. Hauptsache, sie ist gut.
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
Mit Zitat antworten
  #898  
Alt 07.10.2008, 10:07
Benutzerbild von Blume68
Blume68 Blume68 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.03.2008
Beiträge: 1.752
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

"Das Forum war für mich oft schwer, "Kleinzeller", mit denen ich mich seit Beginn ausgetauscht habe sind nun alle nicht mehr da."


Liebe Bibi,

lese grad ganz flüchtig deinen Beitrag - in Ruhe ein andermal.
Wen meinst du genau mit "Kleinzeller"? Ich "bin" zwar kein Kleinzeller, aber die Erfahrung trage ich sehr wohl mit mir herum, auch die der palliativen Versorgung - sei es im Krankenhaus, oder in einem Hospiz. (sie mag sich so sehr
von einer Palliativstation wohl nicht unterscheiden.) Und ich bin noch da, sprich hier.

Aber das meintest du sicher nicht...zwinker.

Alles liebe für dich!
Blümchen
__________________
In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)

Geändert von Blume68 (07.10.2008 um 10:09 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #899  
Alt 07.10.2008, 10:22
Benutzerbild von Bianca-Alexandra
Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2008
Ort: Bonn
Beiträge: 1.497
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Hallo Blümchen

nein, Du hast Recht, so hab ichs nicht gemeint. Aber Deine Ma, Engelchens Pa, Siegrids Mann.... Weißt Du? Das meine ich. Das macht eben schon Angst. Und dann versuch ich wieder, alles nicht zu übertragen. Aber trotzdem, es ist dann so, als hätte man dem häßlichen, kleinen, wuseligen Angstmonster das schon so vertraut wirkt ein Leckerchen zugeworfen.

Ich weiß dass ihr für mich da seid und das ist auch gut so. Nur hab ich manchmal ein bißchen Hemmungen auf Euch zuzugehen, ebenso wie auf Lissi weil ich einfach denke, ihr müsst ein bißchen Zeit haben um zur Ruhe zu kommen.

Ich drück Dich, liebes Blümchen ...
__________________
Liebe Grüße - Bibi
*********************
Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
Mit Zitat antworten
  #900  
Alt 07.10.2008, 10:36
Benutzerbild von Blume68
Blume68 Blume68 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 27.03.2008
Beiträge: 1.752
Standard AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste

Zur Ruhe kommen, ist ohne Frage nötig. Aber noch ist alles ziemlich frisch,
und noch kann ich hier und da was von meiner Erfahrung weitergeben, wenn es gewünscht ist. Es ist halt "beides".

Blümchen
__________________
In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 11:08 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55