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  #1  
Alt 04.02.2007, 11:56
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Ylva Ylva ist offline
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Standard die Zeit danach

Hallo,

ich erstelle diesen Beitrag,weil ich nicht weiß wohin mit meinen Gedanken und Gefühlen und weil ich nicht weiß wie ich das Gedankenchaos in meinem Kopf ordnen kann...

Es ist jetzt fast 4 Jahre her. Vor fast vier Jahren hat meine Mutter die Diagnose Brustkrebs bekommen.
Es war eine schlimme Zeit,ich muss es nicht näher schildern,weil sich jeder hier sicherlich vorstellen kann,was ich damit meine.

Vor fast vier Jahren,dachte ich,mir würde der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Ich fiel in ein rabenschwarzes Loch und das berühmte Licht am Ende des Tunnels war nicht zu sehen.

Es waren Stunden,Tage,Monate des Hoffens und des Verzweifelns..und der ständige Begleiter war die Angst.

Jetzt sind schon fast vier Jahre vergangen und ich fühle mich trotzdem kein bisschen besser. Anders. Aber nicht besser.

Die Angst ist immer noch da. Das Hoffen und das Verzweifeln. Es ist alles da.
Wird es immer so bleiben?

Ich wehre mich dagegen,ich will nach vorne schauen,aber wenn ich nach vorne schaue muss ich unweigerlich auch dem "Krebs in die Augen schauen".
Er ist überall. In der Vergangenheit,in der Gegenwart und in der Zukunft.

Es ist nichts so,dass ich nichts mehr auf die Reihe bekommen würde,oder resignieren würde. Im Gegenteil,ich funktioniere fast einwandfrei und niemand in meinem Umfeld würde jemals auf den Gedanken kommen,dass mich all das so beschäfftigt.
Sollte ich es mal ansprechen ,käme wohl "Ach,dass ist doch jetzt so lange her,deine Mutter ist wieder gesund". "Das ist doch jetzt alles vorbei" "Schau nach vorne" (ich schaue nach vorne,aber die Gedanken begleiten mich)

Aber irgendwie,ist alles anders.

Habt ihr auch solche Gedanken?
Wie geht ihr damit um?
Bin und denke ich falsch?

Ylva
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  #2  
Alt 05.02.2007, 11:51
Heike3112 Heike3112 ist offline
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Standard AW: die Zeit danach

Liebe Ylva

Ich kenne diese Gedanken und Gefühle nur zu gut.
Vor mehr als 10 Jahren, mit der Diagnose Brustkrebs bei meiner Mutti,
fingen diese Gedanken an. Bei den ersten Nachuntersuchungen wurde die Hoffnung größer.
Später, als meine Mutti die Diagnose Metastasen bekam, Verzweiflung und Angst.
Mit jeder Untersuchung wurde die Angst größer. Auch jetzt, meine Mutti verstarb im Juli 2006, werde ich diese Ängste und Verzweiflung nicht los. Ich sehe überall nur noch „Krebs“.
Auch ich versuche nach vorne zu schauen. Ich funktioniere fast einwandfrei und keiner in meinem Umfeld würde jemals auf den Gedanken kommen, dass mich das alles so beschäftigt. Für den Alltag benötige ich aber sehr viel Kraft. Ich schaffe es irgendwie jeden Tag auf Arbeit. Aber nach 8 Stunden will ich nur noch meine Ruhe. Meine Freunde und den Haushalt vernachlässige ich ganz schön. Ich muss einfach nur neue Kräfte sammeln. Ich weiß, so geht es nicht weiter. Aber wie soll ich was ändern, wenn mir einfach die nötige Kraft fehlt.

Liebe Grüße
Heike 3112
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  #3  
Alt 05.02.2007, 13:19
AM25 AM25 ist offline
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Beiträge: 209
Standard AW: die Zeit danach

Hallo Ylva,

ja das Gefühl kenne ich auch, und das Umfeld kennt diese Ängste, die man bei dieser Krankheit hat nicht, wenn sie es nicht selbst durchgemacht haben....

Bei meinem Vater ist es bald soweit, er hat Anfang März erst die erste Nachsorge....jeder sagt, der Tumor sei doch weg, da kommt nix mehr....er ist gesund....ha, ich wär der glücklichste Mensch, wenn das so wäre....aber ich hab eben nur Angst, dass wieder irgendwas gefunden wird...und dann gehts wieder von vorne los...man kann an nix anderes denken...muss stark sein, dabei möchte man gleich selber losheulen.....

Naja, zumindest hilft das Forum etwas, da merkt man, dass man doch nicht alleine ist....

LG
Anna
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  #4  
Alt 05.02.2007, 13:32
HeikeHH HeikeHH ist offline
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Beiträge: 127
Standard AW: die Zeit danach

Hallo,

ich kenne das Gefühl auch: Mein Vater geht heute zur ersten (14.00 Uhr, also in einer halben Stunde) und dann wieder am kommenden Montag in die Klinik zur zweiten Nachuntersuchungen. Chemo und Bestrahlung liegen ca. 6 Wochen zurück). Je näher der heutige Tag gerückt ist, desto größer meine Angst vor dem was vielleicht kommt. Die Welt um mich rum (Arbeit und Kollegen) steht neben mir, ich fühle mich außen vor, nicht dabei, habe andere Sorgen. Heute Abend weiß ich vielleicht schon mehr, spätestens kommenden Montag. Mein früheres Leben ruht, so ein Gefühl habe ich dabei. Bin auch froh, hier lesen und schreiben zu können.

Alles Gute, Heike
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  #5  
Alt 06.02.2007, 13:23
AM25 AM25 ist offline
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Beiträge: 209
Standard AW: die Zeit danach

Hallo Heike,

drück Deinem Papa ganz fest die Daumen - wird schon gutgehen!!!!!

Meldest Dich, wenn ihr Bescheid habt!!

Ich kann mir gut vorstellen, wie es Dir geht - ich glaube, ich werd auch kurz vor der Untersuchung tot umfallen vor Aufregung - aber ich muss stark bleiben, geh mit meinem Dad gemeinsam in die Klinik, damit er nicht alleine fahren muss.....aber ich weiß schon wie es mir das erste Mal dort ging, als noch nicht klar, war, dass es sich wirklich um nen Tumor handelt....er hatte ein Sarkom im Oberschenkel.....

Alles Gute für Euch!!
LG Anna
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  #6  
Alt 06.02.2007, 18:16
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: die Zeit danach

Hallo,

Danke für Eure Antworten.

Mir fällt es so schwer,mir all das einzugestehen. Mir einzugestehen das ich eben diese Gedanken und Gefühle und vorallem die Ängste haben,weil mein Umweld sagt "Jetzt vergiss es endlich,es ist vorbei"
Es ist aber doch nie vorbei und vergessen kann man das alles doch schon gar nicht?!
Es war eine so schlimme Zeit,mir kommen immer wenn ich daran denke die Tränen und Bilder...Mama mit Glatze,Mama wie sie weint,Mama wie sie bricht,Mama nach der OP,Mama verzweifelt...

Ich glaube,dass schlimmste für mich,ist zu wissen das es Mama so schlecht damit geht auch wenn sie es nicht zeigen will...es tut mir so leid.ich wünschte ich könnte ihr helfen,ihr all das Leid abnehmen...
aber es geht nicht,ich kann nichts tun.

und wenn ich mich jemandem anvertrauen will..heisst es,dass ist lange her,versinke nicht im selbstmitleid...

ich wünsche euch alles gute,schreibe später nochmal ausführlicher!

Ylva
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  #7  
Alt 16.02.2007, 22:16
samira 25 samira 25 ist offline
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Standard AW: die Zeit danach

Hallo Ylva,

ich habe leider das Pech, dass ich schon mehrmals mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde: mein papa jetzt das 3. Mal, mein Opa gleichzeitig jetzt, meine Oma vor 3 Jahren und meine Mutter vor 12 Jahren. Ich habe für mich einen Weg gefunden, besser damit klar zu kommen. Ich denke immer nur an heute: heute ist meine mama gesund, heute leben mein papa und mein Opa noch. Ich sag's dir ganz ehrlich daraus kann ich sehr, sehr viel Kraft schöpfen. Niemand weiß was morgen ist, ich habe es aufgegeben langfristige Pläne zu schmieden sondern lebe viele spontaner und habe mich damit abgefunden dass man die Dinge manchmal nehmen muss wie sie kommen. Ich habe auch gelernt, mich mit den Dingen erst dann auseinanderzusetzen wenn sie eintreffen. Vorher macht es keinen Sinn, weil es gut sein kann, dass alles gut ist, dann ist es ein Grund zur Freude aber es auch nicht so toll sein kann und dann brauche ich wirklich all die Kraft, die ich aus "demHeute" geschöpft habe . Ich weiß nicht ob dieser Weg etwas für dich ist, würde mich aber freuen, weil es mir sehr, sehr viel hilft so zu denken.
Lb. Grüße
Samira

Geändert von samira 25 (16.02.2007 um 23:30 Uhr)
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  #8  
Alt 17.12.2008, 13:07
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: die Zeit danach

da bin ich mal wieder.
Es ist noch immer die Zeit danach.
Ich bin froh das Mama bisher kein Rezidiv hatte obwohl die Ärzte uns vorgewarnt hatten, dass es bei ihr eine Warscheinlichkeit von nahezu 85% gibt.

Immer wenn Mama über Rückenschmerzen klagt oder Kopfschmerzen denke ich jetzt ist es soweit.
Leider oder zum Glück (?) ist mir durch meinen Beruf nicht viel fremd. So das ich mir nichts vormachen muss. Obwohl ich doch manchmal lieber ahnungslos waeren.
Alles in allem geht es Mama körperlich gut. Klar, sie hat ihre Einschränkungen, ist nicht mehr so agil wie vor ihrer Erkrankung, vergisst einiges schnell etc. aber ansonsten geht es ihr gut. Und es ist wirklich schön, dass sagen zu können.

Sie ist nicht mehr die alte Mama. Das alles hat sie verändert. Mich auch. Uns alle.

Für unsere Familie ist es kein Thema mehr. Es wird totgeschwiegen. Das Mama oft "heimlich" weint scheine nur ich zu bemerken, dass Mama nicht mehr herzhaft lacht scheint auch nur mir aufzufallen.

Und ich? Bei mir hat sich nicht viel verändert! Nur das ich mich unheimlich einsam fühle. Untröstlich irgendwie. Und unverstanden. Denn es ist doch alles überstanden. Es ist doch alles gut.
Ich schaue auch nach vorn. Aber manchmal versperren mir grosse dunkle Wolken die Sicht. Und in diesen Momenten hoffe ich auf Verständnis...Verständnis das ich vergebens suche.

Ylva
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  #9  
Alt 17.12.2008, 14:01
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Lalesus Lalesus ist offline
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Standard AW: die Zeit danach

Hallo Ylva,

ich weiss genau wie Du Dich fühlst, bei mir ist es meine mittlerweile fünf Jahre alte Tochter und der Krebs hat uns schon zweimal eingeholt. (Näheres dazu findest Du im Forum für Angehörige dort hab ich alles genau aufgeschrieben)

Jeder Husten, oder jede andere noch so normal erscheinende Krankheit löst bei mir Panik vor Metastasen etc. aus. Mittlerweile lerne ich damit umzugehen auch meiner Kinder zu liebe. Ich will sie ja nicht in Watte packen und sie sollen ein möglichst normales Leben führen. Ich erlebe oft, daß meine Angst nicht so richtig verstanden wird, so nach dem Motto: Dem Kind geht es doch gut, und so wie sie sich entwickelt kommt da bestimmt nichts mehr.... Aber Krebs ist nunmal unberechenbar und niemand kann vorraus sehen was passiert. Man kann immer nur das Beste hoffen.

Ich hab schon überlegt, ob ich mir professionelle Hilfe suchen soll, weil das ist nunmal ein Trauma, das der einzelne mehr oder weniger erfolgreich alleine bewälltigt, oder sich jemanden zu reden sucht.

Ich wünsch Dir und Deiner Mama ganzm viel Kraft mit allem so gut wie möglich klarzukommen.

Liebe Grüsse

Susanne
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  #10  
Alt 17.12.2008, 17:50
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: die Zeit danach

Hallo Susanne und vielen Dank für deine Antwort, es tut gut auf Verstaendnis zu stossen. Sicherlich ist es mit einem Kind noch tausendmal schwerer. Meine Mutter, selbst Krankenschwester, kann ihre Situation auch gut einschätzen und sich äußern, was bei kleinen Kindern ja oftmals schwierig ist.
Du hast vollkommen Recht, dass man lernen muss, mit der Angst zu leben aber man muss aufpassen es darf nicht sein das die Angst mit uns lebt. Und momentan beherrst die Angst mich und nicht ich sie. Ich war schon mehrmals bei Therapeuten, auch wegen anderen Problemen aber u.a auch wegen der Angst um meine Mutter. WENN man die richtige Person findet ist es ungemein hilfreich!

Ganz liebe Grüße an Dich,
Ylva
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