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Alt 18.05.2018, 19:15
Koalabär Koalabär ist offline
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Registriert seit: 18.05.2018
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Standard Schwiegervater ZNS-Lymphom

Hallo zusammen,

es geht hier um meinen Schwiegervater. Er ist 63 Jahre alt und wir haben seit ca. 2 Monaten ENDLICH die Diagnose PZNSL (nach Biopsie, die viel zu lange immer wieder verschoben wurde). Die Vorgeschichte ist so lang, ich weiß gar nicht wie ich die kurz herunterbrechen soll. Ich versuche es mal einigermaßen:

Mein Schwiegervater war immer sehr aktiv. Joggen, Tanzen, Volleyball... Also Sport mehrfach die Woche, gesund bis auf Bluthochdruck.
Vor ziemlich genau einem Jahr fing es an, dass er sich zunehmend schlechter fühlte. Plötzlich hatte er zu niedrigen Blutdruck (obwohl er sonst immer zu hohen hatte!), war müde, schlapp, blass. Dann kam letzten Herbst starker Nachtschweiß hinzu und er baute zusehends ab, wurde unkonzentriert, schlief extrem viel. Mehrere Blutwerte waren außer der Norm (Schilddrüse, Leber, Niere, Testosteron) aber alle nur so leicht - ein sehr diffuses Bild. Man gab L-thyroxin, ein Hormongel, aber lange wusste keiner was los ist.

Er war 2 mal kurz im KH - dort wurde im Herbst dann festgestellt, er habe Hämochromatose. Er bekam dann Infusionen und später Tabletten gegen das viel zu hohre Ferritin im Blut. Wir haben dann all seine Symptome auf diese Krankheit geschoben und die Ärzte sagten, das kann bis zu 2 Jahre dauern ehe das Ferritin abgebaut ist - also warteten wird. Aber wurde nicht besser, es wurde schlechter. Erst so schleichend, Unkonzentriertheit, extreme Müdigkeit, dann sah er zu Weihnachten auch schon sehr schlecht aus (mager, extrem blass), geistig war er aber soweit voll orientiert, nur strengte eben alles an.
(Im letzten Herbst wurde auch ein gutartiges, hormoninaktives Hypophysenadenom festgestellt, wo aber alle Ärzte sagten, das solle man ignorieren, das wäre nicht verantwortlich dafür und keine Gefahr.)

Im Januar hat er dennoch noch recht ausgelassen seinen Geburtstag gefeiert, eine Woche später war er plötzlich innerhalb weniger Tage so verwirrt, als sei er schwerst dement (wollte tiefgekühltes Essen essen und wurde sehr grantig auf Nachfrage, ob er das nicht erst aufwärmen möchte). Und hatte Gangunsicherheiten. Meine schwiegermutter brachte ihn ins KH und dort ist seit dem 20.1. 4 Monate jetzt! Und wir sind langsam am Ende.

Es wurden immer wieder MRT gemacht, Blut abgenommen - trotzdem ist 2 Monate niemand auf dein ZNSL gekommen. Im ersten KH wurden entzündliche Prozesse im Gehirn und eine Demyelinisierung "festgestellt", man gab Steroide, es brachte wenig außer einen kleinen epileptischen Anfall, daher setzt man das wieder ab.

Er wurde dann mit Verdacht auf Hurst-Syndrom zu einer Plasmapherese (Blutwäsche auf Proteine) in ein anderes KH überwiesen.
Dort wurde er aber plötzlich auf Schlaganfall behandelt, erst als der Zustand unter dieser falschen Behandlung immer schlechter wurde - Binnen 2 Wochen erkannte er niemanden mehr, musste künstlich ernährt werden, schlief nur noch, reagierte nicht mehr, fiel schrittweise in tiefe Somnolenz, fast wie im Koma, nur dass er noch selbst atmete - machte man endlich die Plasmapherese.
Diese Plasmapherese brachte einen wahnsinnigen Erfolg! Er sprach schon eine Stunde nach der Behandlung wieder, er konnte sich wieder aufsetzen, selbst zur Toilette gehen, selber Essen, am Rollator durch das KH laufen usw. Geistig war er allerdings nicht ganz klar. Zwar erkannte er alle und freute sich auch über Besuch seiner Enkel, lachte mal, aber er hielt sich nicht an Anweisungen, riss sich Kanülen raus, vergaß auf dem Weg zum Klo warum er dort hin wollte. Und er hatte schreckliche Unruhesymptome. Mir tat das schon bei 5 minuten zuschauen weg zu sehen, dass er keine 10 Sekunden in einer Lage verbleiben konnte. Drehen rechts, links, aufdecken, zudecken - extremes Unruheverhalten. Er musste auch tlw. im bett fixiert werden, da er sich die Beine am Laken blutig rieb.
Die weiteren 4 Plasmapheresen brachten wenig weitere Besserung und schließlich verschlechterte sich das Befinden wieder massiv. Er trübte immer weiter ein bis er schließlich wieder wie im Koma lag. Es erfolgte eine Sepsis, eine Lungenentzündung, ein versehentliches Punktieren der Lunge beim Setzen eines Portes(?), immer immer wieder Fieber und man wusste nicht warum. Immer wieder Antibiotika und daher immer wieder Verschiebung von weiterer Diagnostik. Vor 2 Monaten hat man dann in einer fieberfreien Phase eine Biopsie gemacht und das PZNSL festgestellt - auf etlichen MRT war das angeblich nicht zu sehen!? Als wir die Diagnose hatten, ist trotzdem wochenlang nichts passiert, da immer andere Baustellen da waren. Eben das immer wieder aufflammende Fieber, die Lungentzündung, dann noch eine schwere Darminfektion (Giardien oder sowas?) mit starkem Darmbluten... Er nimmt alles mit.

In den 2 Monaten seit Diagnosestellung hat er 2 mal Rituximab bekommen (in ca. 6 Wochen Abstand), beides mal hat er mit Fieber reagiert und wurde dann auf intensiv verlegt. Eine "echte" Chemo wäre zu riskant für ihn, heißt es. Bestrahlung wäre nicht mehr Methode der Wahl und keine Option.

Aufgrund der letzten Lungenentzündung ist er noch immer intubiert. Er kann nicht sprechen, sich aber inzwischen mit Nicken/Kopfschütteln bemerkbar machen und auf einfache Fragen antworten. Große Zusammenhänge "beantwortet" er so korrekt - er weiß, dass er verheiratet ist, Kinder und Enkel hat, erkennt Fotos und kann Videos schauen und Fragen dazu "beantworten" und grinsen, wenn man einen Witz erzählt. Über eine Buchstabeltafel kann er komminizieren und z.B. zeigen, wo er Schmerzen hat usw. Er weiß nicht wie alt er ist und welches Jahr wir haben. Da scheint ihm einfach ein Abschnitt zu fehlen. Die Unruhesymptome sind weg. dieser Zustand ist seit wochen unverändert, mal ist er einen Tag schlapper, dann wieder besser drauf. Aber weder kann er inzwischen sprechen noch sehr mehr bewegen als die Arme.

Wir haben den Eindruck, er fängt gerade an sich aufzugeben. Seit ca. einer Woche sabotiert er jede Behandlung. Reißt sich wieder Kanülen raus, muss fixiert werden, reagiert "böse" und genervt. Kann ich verstehen. Seit 4 monaten liegt er im Bett und es "passiert nix richtiges". Immer ein kurzes Auf und dann langes wieder ab... Wir haben bereits die Verlegung vor WOCHEN beantragt (denn in diesen KH ist er ja gekommen, weil die auf die Plasmapherese spezialisiert sind, für ein PZNSL wäre eine andere Klinik eher spezialisiert), aber das KH blockt - er sei ja gar nicht verlegungsfähig :-(

Und so langsam verlieren auch wir alle Hoffnung. Wo man auch liest, heißt es, unbehandelt führt ein ZNSL in Wochen bis Monaten zum Tod. WENN tatsächlich auch die ersten Anzeichen schon dadurch bedingt waren, laboriert mein Schwiegervater jetzt seit 1 Jahr damit rum. Selbst wenn erst die rapide Verschlechterung dadurch bedingt war sind es 4-6 Monate. Und es wurde (außer mit 2 mal Einzelgabe Rituximab) noch nicht mal eine Chemo begonnen!

Wir sind so hilflos. Das ganze dauert so lange, der Zustand ist insgesamt so labil, ständig neue Infektionen - gibt es überhaupt noch Hoffnung? Die Ärzte reden ja kaum mit uns... Ich weiß nicht, was ich meinen Kindern sagen soll. Sie fragen nach dem Opa. Ob und wann er wieder gesund wird. Ob sie ihn besuchen können (im jetzigen Zustand eher nicht, als er nach der Plasmapherese kurzzeitig fitter war, waren sie ein paar mal da). Was soll ich ihnen sagen? :-(

Danke für's Lesen! Liebe Grüße Natalie

Geändert von Koalabär (18.05.2018 um 19:22 Uhr)
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Alt 19.05.2018, 10:32
vintage vintage ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 29.05.2009
Beiträge: 745
Standard AW: Schwiegervater ZNS-Lymphom

hallo natalie,

das ist wirklich...eine lange dauer von allem.

ihr könnt deinen schwiegervater ja "auf eigene/eure verantwortung" entlassen
und einen krankentransport in das andere KH organisieren. das darauf spezialisierte KH hilft euch evtl. bei der orga.

habt ihr die nötigen vollmachten, damit euch auskunft erteilt werden darf und ihr so handeln dürft?
gibt es eine (ehe)frau?

ob es noch hoffnung gibt:
ihr habt sicherlich schon viel im internet gelesen.
und eine ahnung, wie es um ihn steht.

den kindern immer so den stand erzählen, wie er ist oder ihr ihn wisst, sie spüren sowieso alles.
evtl., wenn er wieder einen guten moment hat, mal ein foto oder kurzes video für die kinder machen.

und ja, natürlich auf einen echten termin drängen, wo auskunft gegeben wird.
es ist tatsächlich oft so, das menschen nicht am eigentlichen krebs sterben,
sondern an der schwächung des körpers, organversagen etc., also an den "begleiterscheinungen".
ist dein schwiegervater zu schwach aufgrund von infektionen etc.,
verhindern diese die behandlungen wie chemo, bestrahlung etc.

viel kraft euch!
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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