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  #1  
Alt 08.12.2014, 22:24
Lichtkind Lichtkind ist offline
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Registriert seit: 08.12.2014
Beiträge: 9
Idee Was hilft Trauernden?

Liebe Leser,
Liebe Angehörige!

Nach langer "stiller" Lesezeit habe ich mich heute in diesem Forum registriert.
Vielleicht erscheint es etwas anmaßend, gleich mit einer Threaderöffnung in Erscheinung zu treten und dann auch noch mit einer Bitte.

Zugegebenermaßen verlange ich mit meinem Thread nicht wenig, sondern sogar sehr viel. Das Öffnen der eigenen Gefühlswelt, um einen Fremden daraus lernen zu lassen.

In meinem Leben bin ich immer wieder mit dem Thema Krebs in Berührung gekommen. Mein eigener Weg nahm diese Erfahrung mit, mein beruflicher Weg wird von dieser Erkrankung begleitet und ich habe meinen Papa in diesem Jahr an der Erkrankung verloren.
Egal zu welchem Zeitpunkt, ich habe öfters in diesem Forum gelesen, als Betroffene, als Interessierte, als Angehörige und nun als Hinterbliebene.

Es war für mich nicht einfach, meinen Papa auf seinem letzten Stück Lebensweg zu begleiten. Es war ein sehr langer Weg und ab einer Stelle wussten wir, dass wir nicht mehr umkehren konnten.
Auch wenn man sich vornimmt stark zu sein, so ist das unmöglich.
Mein Papa hat sehr viel Kraft aus seiner Betreuung durch die Familie gezogen, aber auch aus der palliativen Begleitung und der Sterbebegleitung.
Auch wir als Familie haben davon profitiert und hatten das Gefühl, dass wir ab und an auch selbst mal etwas loslassen durften und ein bisschen Verantwortung abgeben durften.

Nach dem Tod meines Vaters habe ich mich entschlossen, selbst eine Ausbildung in Sterbe- und Trauerbegleitung zu absolvieren, um später ehrenamtlich unterstützen zu können.

Im Moment lerne ich die komplexen Vorgänge der Trauer kennen, was passiert im Körper, wie sieht es auf biochemischer Ebene aus?
Sicherlich ist es wichtig das alles zu verstehen. Doch Gefühle lassen sich nicht nur auf dieser Ebene beschreiben.
Ich würde gerne wissen, was den Menschen hinter dieser Trauer hilft, wie ich später am Besten helfen kann.

Vielleicht wäre es möglich das aufzuschreiben, was euch in eurer Situation hilft? Was wünscht ihr euch? Was tut ihr, um euch nicht in der Krankheit zu verlieren?

Ich kann natürlich beginnen und kann aufschreiben, was mir in der Zeit geholfen hat, als es meinem Papa nicht gut ging:

Menschen, die ehrlich Anteil nahmen: Wenn man gefragt wurde, ob man Hilfe benötigt und auch spürte, dass es ernst gemeint war

Eine "krebsfreie" Zeit: Auch wenn die Gedanken daran übermächtig sind und alles darauf abgestimmt werden muss. So habe ich mir bewusst Zeit genommen und diese Zeit mit Dingen gefüllt, die "nur für mich" waren. Lesezeit, Spaziergänge, Sport

Die Trauer zulassen: Was man unterdrückt, ist immernoch da und gräbt sich irgendwo ein. Dann doch lieber bewusst zulassen und das Recht eingestehen, so fühlen zu dürfen.

Offene Gespräche: Mir hat es geholfen mit den Betreuern offen zu sprechen. Auch über den Tod und das, was danach kommt.
Was wird auf uns zukommen, was müssen wir beachten, worauf Wert legen und wer sind die Ansprechpartner?

Gibt es etwas, was euch hilft? Was ihr euch wünschen würdet?

Liebe Grüße an alle!
__________________
Gute Reise, Papa!

Man sieht die Sonne langsam untergehen
und erschrickt doch,
wenn es plötzlich dunkel ist.

Franz Kafka
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  #2  
Alt 09.12.2014, 12:07
Benutzerbild von BerliNette
BerliNette BerliNette ist offline
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Registriert seit: 24.07.2014
Ort: Berlin
Beiträge: 545
Standard AW: Was hilft Trauernden?

Lieber Verfasser,

wir sind noch nicht soweit - wir kämpfen noch und wollen auch noch nicht das das Danach denken. Zum Trauern ist es Zeit wenn die Zeit gekommen ist. Deine Anfrage ist im Hinterbliebenenforum sicher besser aufgehoben.
__________________
Verweile nicht in der Vergangenheit, träume nicht von der Zukunft. Konzentriere dich auf den gegenwärtigen Moment!
Buddha

__________
mein Schatz:
Lungenkrebs ED: 06/2014 - ALK-Mutation (zurzeit Behandlung mit Xalkori)
Speiseröhrenkrebs ED: 07/2015 - 16 x Bestrahlung, vollständige Ernährung mit PEG
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  #3  
Alt 09.12.2014, 12:18
Lichtkind Lichtkind ist offline
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Registriert seit: 08.12.2014
Beiträge: 9
Standard AW: Was hilft Trauernden?

Liebe/r BerliNette,

vielen Dank für die Antwort und den wertvollen Tipp.
Für euren Kampf wünsche ich euch viel Kraft!

Die Frage habe ich bewusst ins Angehörigenboard eingestellt, weil für mich Trauer nicht an den Sterbeprozess gebunden ist, sondern auch krankheitsbegleitend ist, zumindest für mich.
Ich war sehr oft traurig, als es mir nicht gut ging und noch um einiges mehr, als es meinem Papa getroffen hat.
Natürlich spielt die Trauer nochmals eine ganz andere Rolle, wenn man einen geliebten Menschen gehen lassen muss, keine Frage.
Für mich ging es in erster Linie darum, was Angehörige fühlen und was sie benötigen, während sie kämpfen.
Vielleicht war der Titel nicht ganz glücklich gewählt.

Liebe Grüße, ich schicke euch gedanklich ein kleines Kraftpaket
__________________
Gute Reise, Papa!

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Franz Kafka
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  #4  
Alt 10.12.2014, 09:05
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
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Registriert seit: 04.08.2014
Beiträge: 505
Standard AW: Was hilft Trauernden?

Liebes Lichtkind,

ich sehe das ähnlich wie Du, auch für mich begann die Trauer bei der Diagnosestellung (Mutter Pankreas-Ca), mag sein weil diese Erkrankung ja wirklich eine schlechte Prognose hat. Jeder hat da seinen eigenen Weg.

Ich habe gemerkt, dass mir gutes Zureden von Freunden ("wird schon wieder", vielleicht lebt sie ja noch 5 Jahre" ) nicht hilft da ich einfach nicht daran glaube. Mir hilft aussprechen zu können, dass es eben bald zu Ende sein kann dass man aber jeden Moment genießen sollte. Das Annehmen der Erkrankung mit einem möglichen baldigen Ende finde ich leichter als die Hoffnung dass doch alles gut wird. Letztendlich ändert eine Krebserkrankung nicht dass wir alle nicht wissen wie lange wir leben! Das Leben ist endlich für uns alle, durch den Krebs wird uns das nur bewusster. Daher versuche ich jeden Tag, jeden Moment für sich zu erleben ohne Furcht vor dem Morgen ( gelingt mir aber nur selten ;-)).
Ansonsten hilft mir ebenfalls mir auch eine "krebsfreie Zeit" zu nehmen, es gibt eben auch ein Leben abseits davon und es gibt jede Menge schöner Augenblicke.

Ich möchte betonen dass jeder einen eigenen Weg geht und dass das denke ich als Trauerbegleiter das schwierige ist. Bei mir ist "nur" meine Mutter und meine beste Freundin betroffen, mag auch sein dass ich bei meinem Mann anders wäre. Ich glaube , da wäre mir eine krebsfreie Auszeit nicht möglich.
Ich denke, es gibt keinen generellen Weg.
Sicher macht es Sinn, die Menschen einfach zu fragen was ihnen guttut, ich finde viele eiern so rum anstatt einfach mal zu fragen was helfen würde.

Ganz liebe Grüße!

Jana
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  #5  
Alt 10.12.2014, 15:21
Lichtkind Lichtkind ist offline
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Registriert seit: 08.12.2014
Beiträge: 9
Standard AW: Was hilft Trauernden?

Liebe Jana,

danke für deine Antwort.
Ich habe mich sehr gefreut diese lesen zu dürfen.

Kaum vorstellbar wie es sein muss, wenn gleich zwei Bezugspersonen gegen diese Erkrankung kämpfen müssen.
Ich wünsche euch allen viel Kraft und alleine aus den geschriebenen Worten ist bemerkbar, was für ein großer Gewinn du für deine Freundin und deine Mama bist!
Deine Einstellung und den Mut jeden Moment zu genießen finde ich sehr schön. Es ist sicherlich alles andere als einfach und wohl auch nicht immer umsetzbar. Aber du wirst viele schöne Momente sammeln, auf die du dein ganzes Leben zurückgreifen kannst.

Liebe Grüße!
__________________
Gute Reise, Papa!

Man sieht die Sonne langsam untergehen
und erschrickt doch,
wenn es plötzlich dunkel ist.

Franz Kafka
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  #6  
Alt 10.12.2014, 16:54
LiebesHerz LiebesHerz ist offline
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Beiträge: 505
Standard AW: Was hilft Trauernden?

Liebes Lichtkind,

danke für deine warmen Worte!

ja es ist schwierig, gleich zwei Menschen krank zu erleben. Zumal die beiden einer der Hauptsäulen in meinem Leben sind. Dass beide die Diagnose Krebs in so kurzem Abstand bekommen, hat mein Leben gehörig durcheinander gewirbelt. Das schwierigste finde ich dabei so machtlos zu sein. Aber es hat mir die Augen geöffnet, wie wertvoll und schön das Leben ist!
Sehr tröstend fand ich auch die Worte einer Freundin, die sagte "Elternliebe stirbt nie!", da hatte ich das Gefühl, dass meine Mutter gar nicht ganz gehen kann, sie wird IMMER in meinem Herzen weiterleben und ihre Liebe wird mich tragen. Einen schönen Satz finde ich auch "Ein Leben mit Trauer muss kein trauriges Leben sein".

Ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber möchtest Du auch erzählen was Dir passiert ist?

Herzliche Grüße von Jana
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  #7  
Alt 10.12.2014, 17:28
Lichtkind Lichtkind ist offline
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Registriert seit: 08.12.2014
Beiträge: 9
Standard AW: Was hilft Trauernden?

Liebe Jana,

wir werden immer mit unseren Lieben verbunden sein, egal wohin wir gehen und auf welcher Seite wir stehen.
Trauer überdeckt manchmal das Gefühl, aber sie kann das unsichtbare Band auch durchaus verstärken.

Vor einigen Jahren musste ich selbst erfahren, was es heißt, plötzlich und unerwartet eine solche Diagnose zu erhalten.
Die Therapie schlug sehr gut an und obwohl ich meine "Durchhänger" hatte, wusste ich, dass ich eine gute Chance habe es zu überstehen.
Eigentlich dachte ich immer, ich habe es gut verarbeitet und es als ein Teil von meinem Leben angesehen.
Dann erkrankte mein Paps und auch hier war die erste Diagnose und Einschätzung nicht ganz so niederschmetternd. Wir waren alle in voller Hoffnung, dass auch er es schaffen wird.
Doch es kam ganz anders, es wurde ein weiterer Tumor entdeckt, Metastasen kamen zum Vorschein und wir wussten, dass die Heilung nicht mehr im Vordergrund stand.
Ganz tapfer ging er seinen Weg und man hat zeitweise sogar verdrängt, dass es der letzte Abschnitt auf seinem Lebensweg war.
Sein Zustand stand zuerst nicht im Verhältnis zur Diagnose und ich glaube die Hoffnung war da, dass doch alles anders kommen kann.

Doch dann ging es zum Schluss sehr schnell, wegen einer schweren Lungenentzündung musste er in die Klinik und ich redete mir ein, dass er gestärkt wieder herauskommen wird. Irgendetwas sträubte sich in mir, ihn dort zu besuchen und mir fielen unendlich viele Gründe ein, aber die Wahrheit zeigte sich erst beim Betreten der Klinik.
Plötzlich war der metallische Geschmack wieder in meinem Mund, das lähmende Gefühl in meinen Armen und die Angst, die sich durch meinen Körper frisst. Ich wurde an meine eigene Erkrankung erinnert und genau das wollte ich nicht. Es war wie ein Aufwachen, denn ich wusste, dass eben nicht alles wieder gut werden würde und mir wurde bewusst, dass ich meinen Paps verlieren werde.
Alle um mich herum versuchten das Gefühl noch zu verdrängen, sich einzureden, dass es wieder gut werden wird und ich stand verloren dazwischen und fühlte mich einsam. Die Sterbebegleitung in der Klinik hat uns sehr unterstützt, jeder bekam eine eigene Zeit, in der es nur um die eigenen Gefühle ging. Auch mein Paps möchte die Gespräche und hat sich sehr darauf gefreut.
An seinem letzten Tag war er richtig gut drauf, er machte Witze, erzählt mir noch von seinen Plänen. Wir haben uns ganz feste gedrückt uns angelächelt und wussten wohl beide, dass es unsere letzte Begegnung auf dieser Welt sein wird.
Mein Paps trat wenige Stunden später seine letzte Reise an.

In dieser Zeit habe ich unendlich viel über mich gelernt, auch was es heißt loszulassen und zu verzeihen (auch sich selbst).
Irgendwie wünscht man sich oft, dass man schon zu Lebzeiten einige Dinge anders angegangen hätte. Aber was war kann man nicht mehr ändern. Was man teilweise beeinflussen kann ist das was kommt und auch wenn eine Erfahrung unendlich schmerzhaft ist, kann man fast immer etwas finden, mit was man die Zukunft daraus positiver gestalten kann.

Danke nochmals für die vielen Antworten, auch per PN.
Es freut mich sehr, dass ihr eure Erfahrungen teilt.
__________________
Gute Reise, Papa!

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Franz Kafka
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