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  #76  
Alt 15.05.2007, 13:03
Stefans Stefans ist offline
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Registriert seit: 27.01.2007
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Standard AW: Schulmedizinische und geistige Heilung

Hallo Norbert,

Zitat:
Zitat von nobbidobbi Beitrag anzeigen
Du scheinst es momentan nicht viel besser zu haben als Deine frau, wenn es auch kein krebs ist...
Stimmt, aber das ändert sich auch wieder. Ich denke, darin schlägt sich nieder, dass die Zeit seit der Diagnose meiner Frau (Anfang 2007) für uns beide nicht ganz einfach war - und immer noch nicht ist. Davon abgesehen: ich denke schon lange, dass es völlig egal ist, _was_ es ist. Es kommt darauf an, ob/wie man damit 'gesund' umgehen kann. Woran jemand nun verzweifelt oder nicht, finde ich austauschbar.

Zitat:
etwas zum thema psycho-onkologischer betreuung muss ich dennoch loswerden. dies ist eben nicht mit einer "normalen" psychotherapeutischen behandlung vergleichbar. es ist z.b. nicht daran gelegen, irgendwelche leichen aus dem keller zu holen etc. hat man doch gesehen, dass die herkömmliche therapie dem krabskranken nichts bringt. stattdessen werden nur 2, für die genesung sehr wichtige ziele pragmatisch verfolgt: die mentale stabilisisierung des patienten + die revitalisierung eines lebenswunsches. interessant ist vielleicht zu hören, dass diese art der betreuung denn auch zumeist nicht von psychotherapeuten angeboten wird. es sind eher sozialarbeiter/ seelsorger etc mit einer zusatzausbildung...
Ich denke, mit 'herkömmlicher' Therapie meinst du das, was Kassen da zahlen: die sog. 'tiefenpsychologisch fundierten' Therapien. Meine Frau und ich haben seit langem hinreichend 'Therapieerfahrung', um dem gegenüber grundsätzlich skeptisch zu sein - nicht nur bei Krebs. Die basieren halt alle auf Freud, wenn auch mehr oder weniger abgewandelt. Und ich halte nicht nur Freuds Theoriekonstrukte für Blödsinn, sondern auch den retrospektiven Blick, der diesen Therapien meist eigen ist, für häufig kontraproduktiv. Und die Therapeuten, die sowas veranstalten, leider mitunter für selbst behandlungsbedürftig :-/ Da gibt's ein schönes Buch von Eva Jaeggi: "Und wer therapiert die Therapeuten" - und noch ein schönes von Thomas Szasz: "Mythos Psychotherapie" ;-)

Soll heissen: zu sowas gehen wir seit langem nicht mehr, ob Krebs oder was anderes. Das was du sagst, ist in etwa das, was ich meine mit "mit den Füßen voran gehen". Und IMHO ist es egal, welche formale Qualifikation so ein Seelsorger hat, solange er Respekt und Einfühlungsvermögen für seine Patienten aufbringen kann. Und pragmatisch denken und arbeiten kann. Und das sind menschliche Qualifikationen, keine fachlichen. Die kann ein Pfarrer oder Sozialarbeiter genau so gut oder schlecht wie ein Psychoanalytiker. Oder eher besser, weil erstere näher am realen Leben sind.

Ich weiss nicht, ob die 'revitalisierung eines lebenswunsches' in so einer Therapie gelingen kann. Zumindest nicht in Fällen, bei denen der schon seit langer Zeit auf Sparflamme kocht. Bei meiner Frau hat sich nach der Krebsdiagnose dieser Lebenswille von selbst eingestellt. Weil sie mit einem 'jetzt erst recht!' reagiert hat. Und deswegen auch keine Therapie, ob psychoonkologisch oder sonstwas, möchte.

Ich habe für sowas Haustiere ;-) Und nicht zufällig eine Liebe zu Papageien (die nach Menschenaffen die intelligentesten Tiere sind, die man kennt - und deshalb auch recht anfällig für psychische Krankheiten). Wenn ich Lebenswillen sehen will, dann 'brauche' ich dafür nur einen Papagei, der so vernachlässigt / misshandelt wurde, dass er sich vor lauter Frust sämtliche Federn augerissen hat, oder sogar schon angefangen, sich selbst blutig zu beissen (bei Menschen würde man das wohl als 'Borderline-Syndrom' bezeichnen). Um dann zu sehen, dass man eigentlich gar nicht viel tun muss, damit er sich erholt. Halbwegs artgerechte Umgebung, nicht mehr quälen, sondern Vertrauen aufbauen und ihn bei allem, was er tut, nach Kräften ermutigen und loben. Erstaunlich, was man damit (im Gegensatz zum Menschen) hinbekommt. Bei unserem Tierheim-Hund, der von Geburt an 4 Jahre lang isoliert im Zwinger und an der Kette gehockt hat, ist das ähnlich.

Ein Paradebeispiel für 'tierische' Lebensfreude sitzt gerade unter meinem Schreibstischstuhl und zerpflückt mit Begeisterung meinen Teppich :-) Ein alter Graupapagei (in 'Menschenjahren' über 70), seit 10 Jahren blind. Er kann nichts mehr von dem, was für Papageien das Wichtigste von der Welt ist: fliegen, sehen, einen Artgenossen als dauernden Lebenspartner haben. Aber: der ist trotzdem immer gut drauf (sofern nicht Niere oder Kreislauf mal wieder versagen), und er kennt keine Angst. Das unten auf dem Bild ist er. Der läuft in der Gegend rum, erklettert alle Hindernisse mit Begeisterung... und wenn er mal nicht weiter weiss, kräht er nach mir. Weil er gelernt hat, grenzenloses Vertrauen in seinen Menschen zu haben. Was immer passiert: Stefan kommt schon, um ihm in einer evtl. Notlage beizustehen ;-)

Egal. Auch, wenn ich wieder abgeschweift bin, und Mensch-Tier-Vergleiche 'eigentlich' überhaupt nicht mag, frage ich mich doch: wieso ist das mit Tieren (zumindest für mich, der ich Menschen sowieso nicht besonders mag) so 'einfach', und bei Menschen nicht. Das ist ja auch eine Form der 'geistigen Heilung': Vertrauen, Zuwendung, Bestärkung, Sicherheit, Geborgenheit zu fühlen bzw. zu geben. Und, auch wenn es im Zusammenhang mit Tieren kitschig klingt: Liebe. Mit dem Geier habe ich sowas wie ein Gleichgewicht - er gibt mir ebenso viel wie ich ihm. Insofern ist er der beste Therapeut von allen...

Viele Grüße,
Stefan
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  #77  
Alt 15.05.2007, 13:13
nobbidobbi nobbidobbi ist offline
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Standard AW: Schulmedizinische und geistige Heilung

hi stefan!
nun, Eure einstellung zum thema therapie muss man sicherlich verstehen + akzeptieren. was die haustiere angeht, so denke ich auch manchmal, das meine gute katze klüger + schlauer ist als so mancher mensch: sie kennt ihre bedürfnisse + setzt sich dafür ein, sie erfüllt zu bekommen, sei es futter oder auch zuwendung...

Dir alles gute,
Yours truly
norbert
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  #78  
Alt 15.05.2007, 16:15
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Schulmedizinische und geistige Heilung

Hallo Norbert,

Zitat:
Zitat von nobbidobbi Beitrag anzeigen
nun, Eure einstellung zum thema therapie muss man sicherlich verstehen + akzeptieren.
Noe, muss man nicht - zumindest nicht verstehen. Aber wenn du mir sagen würdest, was dich konkret daran 'stört', könnte ich nochmal darüber nachdenken...

Viele Grüße,
Stefan
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  #79  
Alt 17.05.2007, 08:48
nobbidobbi nobbidobbi ist offline
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Standard AW: Schulmedizinische und geistige Heilung

hi stefan!
ich weiß nicht, ob mich etwas "stört". doch, sicherlich ist dies ein gutes wort dafür. ich empfinde es als wichtig + auch bedeutsam, jede wirkliche hilfe anzunehmen, die es gibt. vielleicht stört es mich auch deshalb, weil Eure situation schon so vertrackt ist durch Euer beider "handicaps" + als solche hilfe empfinde ich eben die vorgenannte betreuung. gerade weil ich gestern die 1. "richtige" sprechstunde in der psycho-onkologischen betreuung gehabt habe kann ich nun die unterschiede zur "normalen" psycho-therapie nicht nur aus den büchern heraus herunterleiern sondern aus erster hand weitergeben + bekräftigen. es ist halt eben keine therapie + es hat schon gar nichts mit der althergebrachten schule a la freud, jung etc. zu tun. man schaut nur, was positiv ist/ war jenseits von krebsland, vielleicht tief verschüttet durch all das leid, welches die krankheit hervorgebracht hat + schaut, wie man es im alltag wieder integrieren kann um dem patienten wieder ein tiefes gefühl der lebensfreude zu geben. diese art der betreuung ist vollkommen pragmatisch + zielt nur auf das hier + jetzt + keinesfalls auf fragen wie: "warum ich, warum krebs?" etc.
natürlich spreche ich Deiner frau nicht ab, kämpfen zu wollen. gerade deshalb verstehe ich nicht, warum man nicht neben all den schulmedizinischen strapazen auch + gerade die mentale seite so stark wie möglich machen will/ kann.

sorry, dass ich gerade etwas stark missionarisch geklungen habe...! manchmal klinge ich lieber so um jemanden doch noch mal etwas überlegen zu lassen anstatt etwas einfach so bewenden zu lassen!

Euch allen einen schönen vatertag,
Yours truly
norbert
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  #80  
Alt 19.05.2007, 00:40
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Schulmedizinische und geistige Heilung

Hallo Norbert,

Zitat:
Zitat von nobbidobbi Beitrag anzeigen
ich empfinde es als wichtig + auch bedeutsam, jede wirkliche hilfe anzunehmen, die es gibt. vielleicht stört es mich auch deshalb, weil Eure situation schon so vertrackt ist durch Euer beider "handicaps" + als solche hilfe empfinde ich eben die vorgenannte betreuung.
Ist mir verständlich. Aber aus Sicht meiner Frau ist diese vertrackte Situation im Moment eher von Vorteil. Weil sie Depris seit langem kennt... die kamen nicht erst als Folge des Krebses oder als Nebenwirkung der AHT. Und die Stimmungstiefs, die sie jetzt mitunter hat, sind völlig harmlos gegenüber denen, die sie früher schon hatte. Die Erfahrung relativiert da halt einiges.

Zitat:
man schaut nur, was positiv ist/ war jenseits von krebsland, vielleicht tief verschüttet durch all das leid, welches die krankheit hervorgebracht hat + schaut, wie man es im alltag wieder integrieren kann um dem patienten wieder ein tiefes gefühl der lebensfreude zu geben. diese art der betreuung ist vollkommen pragmatisch + zielt nur auf das hier + jetzt
Glaube ich. Aber meine Frau tut das gerade schon 'von allein'. Sie hat mir schon in der Klinik kurz nach der Ablatio gesagt, dass jetzt für sie ihr 'zweites Leben' anfängt. Und dass sie, wenn sie mal wieder arbeitsfähig ist, nur noch halbtags arbeiten wird. Und zur Abwechslung ich mich bitteschön darum kümmern soll, wie wir trotzdem finanziell über die Runden kommen ;-) Das hat mir Respekt abgenötigt. Ich habe damals mit Seelenkrisen-Krankschreibung mehrere Monate gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass es Wichtigeres als Arbeit gibt...

Zitat:
gerade deshalb verstehe ich nicht, warum man nicht neben all den schulmedizinischen strapazen auch + gerade die mentale seite so stark wie möglich machen will/ kann.
Doch, soll man sicher. Aber diese mentale Stärke zeigt meine Frau z.Z. auch ohne Therapie. Dass sie die nicht will, hängt sicher auch damit zusammen, dass ihre bisherigen Erfahrungen damit ziemlich schlecht waren. Ist aber auch egal - im Moment hilft ihr halt die Heileurythmie mehr als Psychotherapie. Was ich verstehen kann. Bei mir funktionieren Sachen, die über den Körper laufen, auch besser als die, die den Verstand ansprechen...

Zitat:
sorry, dass ich gerade etwas stark missionarisch geklungen habe...!
Hast du für mich überhaupt nicht. Ausserdem hatte ich ja explizit nach Antwort gefragt... da darfst du dann auch gerne sagen, was du zu sagen hast; und so, wie du es zu sagen hast. Kein Problem. Wenn ich mich angegriffen fühle, sage ich das schon.

Viele Grüße,
Stefan
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  #81  
Alt 19.05.2007, 00:55
nobbidobbi nobbidobbi ist offline
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Standard AW: Schulmedizinische und geistige Heilung

hi stefan!
okay, so wie Du es schilderst tut Deine frau momentan alles, was ihr in ihrem sinne gut tut + empfindet den weg über den körper als das passende ding für sich. das kann ich gut verstehen. jeder weiß wohl, wie lebendig + zentriert man sein kann nach einem anstrengenden lauf oder dergleichen, auch in der yoga-schulung finden immer mehr ihren seelischen/ emotionalen ausgleich neben ihrem alltagsleben. + auch ich empfand z.b. therapien wie musik-therapie oder körper-therapie als teilweise viel ent-täuschender (im positiven sinne!)als jede art des gespräches, sagt der körper doch teilweise dinge, die man in der sprache gerne zensiert...
auch kann ich verstehen, dass wenn man sich verdeht fühlt durch eine fehlgeleitete therapie man eine lebens-beratung - in welcher form diese auch gestaltet sein mag für sich ablehnt.

ich wünsche Euch alles gute + natürlich auch, dass Du auch immerzu schaust, gut für Dich zu sorgen! (einer der leitsprüche in der psychosomatischen klinik damals!),
Yours truly
norbert
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