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  #1  
Alt 08.02.2009, 19:38
Benutzerbild von Christa
Christa Christa ist offline
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Standard Ich will mein Leben zurück

es ist sonntag, 8.2.09, kurz nach 19.00 uhr....

mein LG ist mit seinen kindern bei den großeltern, ich bin mit unseren 2 katzen alleine hier daheim.

seit wochen quälen mich zwei dominante gedanken. der erste ist, dass ich gerne hinausgehen würde und laut schreien würde "ich will mein leben zurück". ich will, dass alles nur ein traum war, dass ich das alles gar nicht erlebt habe. ich will wieder rettungsdienste fahren dürfen als sanitäterin, will wieder meine flugambulanzdienste machen können, möchte meinen patienten in ihrem leid beistehen können und ihnen mut machen können. ich möchte wieder so unbeschwert lachen können, wie vor dem 10.10.2008. ich möchte mein leben wieder so genießen können wie vorher. ich möchte wieder nähe mit meinem partner erleben können, möchte wieder kuscheln und zärtlichkeiten erfahren. möchte andere themen als krebs und krankheit haben dürfen. ich möchte, dass die gefühle, im mittelpunkt stehen zu wollen, endlich verschwinden. ich möchte, dass meine gefühle, nach wie vor bemuttert und umhätschelt werden zu wollen, verschwinden. ich möchte, dass ich wieder so stark bin wie zuvor. ich mag nicht so schwach sein und oft weinen, das ist für mich selbst schon unerträglich. ich war so ein starker mensche!

der zweite gedanke ist, wie lange ich wohl noch habe? ich hatte jetzt unheimliches glück, keine chemo, keine strahlen, nur AHT. aber wie lange noch? wann und wo werden die ersten metas auftauchen? werde ich schmerzen haben? was kann ich noch alles erleben, was nicht mehr? wann muss ich gehen?

ich habe nicht mal sonderlich abenteuerliche pläne oder ziele in meinem leben, ich möche einfach, dass es so, wie es ist, in ruhe und gesundheit möglichst lange weiterläuft. dann wäre ich schon glücklich!

verzeiht, dass ich heute so nachdenklich bin, aber diese gedanken kreisen seit wochen in mir herum. ich darf nicht übers sterben reden, darf es nicht mal erwähnen, das will niemand hören. alle würgen diese worte gleich wieder ab. also dachte ich mir, ich schreibe sie hier einmal nieder, vielleicht tut mir das schon gut.

eine etwas nachdenkliche christa
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Leben ist das, was passiert, wenn ich eigentlich was anderes vorhatte...
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  #2  
Alt 08.02.2009, 20:04
Karen43 Karen43 ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Liebe Christa,

du sprichst mir so aus der Seele ...

Am liebsten hätte ich gleich eine Runde geheult, aber nein, meine Tochter sitzt neben mir, da kann ich mich nicht gehen lassen .

Ich habe die gleichen Ängste und Wünsche wie du. Ich will doch nur leben und diese sch... Angst nicht mehr haben. Ich will nicht ständig mich fragen müssen, ob ich einen Rückfall bekomme oder Metas.

Ich will leben, ich will leben, ich will leben ...

Mit meinem Mann und den Kindern kann ich darüber auch nicht reden. Mein Mann würgt solche Gespräche immer gleich ab. Ich soll nicht so viel lesen, was mir Angst macht und angeblich nicht gut für mich ist. Ich bin jetzt gesund und damit basta. Zumindest habe ich ihn schon so weit, dass er akzeptiert, das ich selber entscheide, welche Therapien ich mache. Am Anfang wollte er mir doch glatt die Chemo und Betrahlung ausreden. Ich denke allerdings, das war nur die erste hilflose Reaktion. Noch mehr Chemie. Er wollte mich einfach nicht leiden sehen und ganz ohne das es einem schlecht geht, gehen nun mal die Therapien nicht ab ...

Tja, und die Kinder haben mit der Diagnose schon genug zu tun. Ihnen kann ich mit meinen Ängsten erst recht nicht kommen. Also spiele ich zu Hause die fast immer fröhliche, starke und optimistische Frau und Mutti weiter. Und wenn ich heulen muss, weil mich meine Ängste doch mal einholen, dann mache ich das, wenn es keiner sieht.

Liebe Christa, ich habe zum Glück nicht solche Probleme mit meinen Wunden, wie du. Ich kann mir vorstellen, dass das dann noch mehr an der Moral zehrt. Irgendwann ist einfach die Luft raus und man will einfach nur mal weinen und alles Elend rausschreien.

Ich wünsche dir und mir und uns allen, dass unsere Wünsche wahr werden und unsere Ängste sich irgendwann in Luft auflösen. Das alles gut wird

Liebe Grüße
Karen
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Diagnose: BK 08/2008; invas. dukt. und lobul. Karzinom, ger. intraduktuale Komponente; pT2 pN2a M0 L1 V0
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  #3  
Alt 08.02.2009, 20:44
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Christa Christa ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

hallo karen, hallo edyta!

danke, dass ihr mir das gefühl gebt, mit diesen gedanken nicht alleine zu sein! das tut schon mal gut!

mein LG war immer an meiner seite, ich konnte immer mit ihm reden, allerdings hab ich dann vorige woche das ausmaß seiner belastung erfahren. wir saßen in einem lokal und zwei liebe freunde, beide krankenpfleger, waren dabei. die haben wir ne weile ned gesehen, also wollten sie natürlich wissen, wie der stand der dinge bei mir ist.

nach 20min., als ich noch ein getränk bestellen wollte, pfauchte der meinige auf einmal, dass es jetzt genug sei, er könne das alles nicht mehr hören, ich soll meine bestellung stornieren, er möchte heim. und am heimweg habe ich mir dann angehört, dass ich doch jetzt gesund sei, dass nur mehr diese kleine wunde sei, dass man doch nicht mehr ununterbrochen darüber reden müsse. er könne das schon nicht mehr hören.

tja, und die anderen schwarzen gedanken, gefühle...die lassen halt nicht los, die krieg ich nicht an. mein LG meint zwar immer, ich solle reden mit ihm, er würde gerne immer wissen, was mich beschäftigt, aber wenn ich mit der angst vor dem sterben und metas komme...oh mein gott!

oder wenn ich ihm erzähle, dass mich das eine oder andere schicksal hier im forum unendlich berührt, dass ich geweint habe, mitgefühlt, dann höre ich auch, ich soll mir das nicht antun, das würde meine schlechten gedanken nur verstärken.

ich habe eine psychologin, aber die lebt natürlich nicht bei mir ! denn wann bräuchte ich sie? nämlich dann, wenn sie garantiert nicht in meiner nähe ist. und wenn ich dann bei ihr bin, dann geht es mir meistens gut und ich weiß nicht, was ich mit ihr reden soll.

dafür hilft mir mein freundeskreis sehr, die hören immer geduldig zu. ich liebe sie dafür, mehr, als sie glaub ich wissen!

ich wünsche uns allen kraft! danke euch für eure unterstützung! es tut gut, hier alles niederschreiben zu können....

christa
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  #4  
Alt 08.02.2009, 21:08
Karen43 Karen43 ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Ja, zum Glück gibt es die Freunde. Ich bin ihnen auch sooo unheimlich dankbar.

Ich habe seit meiner Diagnose auch schon so viele positive Erfahrungen gemacht. Da kamen und kommen von so vielen Seiten Aufmunterungen und gute Wünsche, da kann man gar nicht anders, als gesund werden. Auch von Menschen, mit denen ich vorher gar nicht viel zu tun hatte. Und mir hilft das Reden darüber.

Da steht plötzlich jemand vor der Tür mit einem Strauß Blumen oder zum Quatschen, da kommt ein Anruf oder eine Mail oder eine SMS. Das Unerwartete ist meist am wirkungsvollsten. Es ist einfach nur wunderbar. Man fühlt sich nicht so allein gelassen, nicht so verlassen, nicht so dieser Diagnose ausgeliefert...

Und zum Glück gibt es hier im KK immer wieder jemanden, der einen aufmuntert.

Alles Gute für dich, liebe Christa

Liebe Grüße
Karen
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  #5  
Alt 08.02.2009, 21:28
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suze2 suze2 ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

liebe christa,

na klar willst du dein leben zurück - eines, in dem einfach "alles okay ist", und man keinen gedanken an so etwas wie "endlichkeit" verschwendet.
ich war auch immer relativ stark, positiv, aufbauend usw. - und es dauert erstmal, bis man sich damit "anfreunden" kann, dass man diesmal nicht die tröstende ist, sondern auf der anderen seite gelandet ist.

4 jahr ist meine diagnose her, naja, es gab aufs und abs, angst und auch das gefühl, jetzt lasse ich den krebs los und lebe "einfach" mein leben weiter.
naja, ich glaube, ich hab keinen tag auf die angst vergessen, aber auch nicht darauf, wie wertvoll das leben ist und wie wertvoll ich bin.

mein haupt-thema in der psychotherapie war jedenfalls die angst. plötzlich war eben nix mehr klar - nix mehr einfach - und das liedchen "kuckuck kuckuck sag mir doch, wieviel jahre leb ich noch" wurde zum ohrwurm.

ich schick dir (und auch allen anderen hier) einen lieben gruß!
suzie
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  #6  
Alt 08.02.2009, 21:34
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andile2412 andile2412 ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Hallo Christa!

Du bist nicht allein... auch ich kenne diese Gedanken! Genauso wie Du es beschreibst! Ich möchte auch nur einmal alles rausschreiben, jemanden anschreiben...!
Weißt Du, von meiner Familie hat mich bestimmt seit nem viertel Jahr keiner mehr gefragt, wie es mir geht! Es nervt mich total an, dass ich für die wohl wieder die Alte bin! Für die ist der Krebs schon vergessen... aber für mich nicht - noch lange nicht! Z.B. gestern war ich bei meiner Mutter und meine Nichte (31 Jahre alt) war auch dort! Ich bekomm wieder eine Hitzewelle und was ist der Kommentar??? "Na, sooo warm ist's doch noch gar nicht"!!! Eigentlich könnte ich das auch in die "dümmsten Sprüche" schreiben!
Keiner fragt mehr, keiner hat ne Ahnung, wie es mir unter der AHT geht, die wissen nicht mal, dass ich sowas mache. Für die schluck ich halt Tabl., wohl damit der Krebs nicht mehr kommt! Warum mir jeder Knochen weh tut u.s.w.! Diese Ignoranz ko... mich so an!! Für was hat man Familie??? Ich kann mehr auf meine Freunde zählten... traurig sowas! Bei mir vergeht kein Tag, wo ich nicht über mein weiteres Leben grüble, wie lange noch?? Wie geht es weiter? Wann kommt ein Rückfall? Kommt überhaupt einer?? Diese permanente Angst ist doch eigentlich schon Strafe genug... oder??
Mein Arzt wundert sich, weil meine Angst bei den Nachsorgen immer grösser anstatt kleiner wird!! Tja, ich denke immer "Hm, dieses mal ist noch alles ok und was ist nächstes mal?? Ich rücke meinem Rückfall mit jedem mal näher"! Ich weiß, das sollte ich nicht, aber ich kann nicht anders! Die Angst frisst mich manchmal auf! Ich erwache nachts mit einer totalen Todesangst und habe ein ganz schreckliches Gefühl in mir! Dann denke ich "Fühlt es sich so an, wenn ich sterbe"??
Nein, ich werde auch nie wieder so unbekümmert sein, wie vor diesem Scheiß-Krebs! Das ist das aller- aller- allerschlimmste!! Der Riss ist da und ist nie mehr zu kitten!!

Auch nachdenkliche Grüsse, Andrea.
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Hoffnung ist die Fähigkeit, die Musik der Zukunft zu hören.
Glaube ist der Mut, in der Gegenwart danach zu tanzen.
Und Glück ist die gute Fee, die aufpasst, dass wir dabei nicht ins Stolpern geraten. (Peter Kuzmic)
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  #7  
Alt 08.02.2009, 22:46
parallele parallele ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Hallo Ihr Lieben,
ich reih mich mit ein. Genau so empfinde ich es auch. Nur nach Rausschreien war mir nie, mehr nach endlosem Klagelied.
Zwischen den Angstzeiten lebe ich (zum Glück) "normal", so dass mich die Angst nicht ganz auffrisst. Da ist Alltag. Da ist Beruf. Familie. Freunde. Ich vergesse den Krebs und die Angst vor Rezidiv, Metastasen, qualvollem Ende. Bis es mich plötzlich einholt. Harmlos von einem Ereignis im nächsten Jahr redend, hängt sich das "wenn ich dann noch lebe" an. Und die Psychologin? Ich fühle mich sehr gut verstanden und aufgefangen. Aber es geht mir ebenso wie Dir, Christa, wenn ich die verzweifelten Stunden habe, bin ich weit weg vom Therapietermin. Und sitze ich ihr gegenüber, ist mir gerad fröhlich und so, als wenn nichts wäre. Da lässt sich die Verzweiflung nicht herbeiholen, da käme ich mir wie ein reproduzierender Künstler vor, wenn ich darüber rede - und die Gestimmtheit ist inzwischen eine ganz andere.

Auch die Erfahrung mit Freunden, Familie, Bekannten kommt mir soo bekannt vor. Niemand fragt mehr, wie es mir geht. Nicht, wenn ich die Jacke von mir werfe und zum Fenster stürze, Luft, Luft. Nicht, wenn ich humple und - nach den vorherigen Handgelenkschmerzen - nun vom wehen Knie erzähle, mich nicht bücken, nicht in die Hocke gehen kann. Oder wenn ich die dritte Migräne in einer Woche habe. Und wenn ich von mir aus erzähle und anfüge, dass die AHT so vieles auslöst - dann ist nicht viel Interesse da. Oder vielleicht ist es auch Angst auf ihrer Seite, dass sie nichts davon wissen wollen. Und vom Sterben? Von Rückfällen? - Du doch nicht! - Davon wollen alle gar nichts wissen. Ich arbeite ja voll und bin jetzt immer ab halb vier ziemlich am Ende (Arbeitszeit geht bis sechs). Gern legen Freunde oder Bekannte nah, ob ich nicht aufhören wolle oder halbe Tage anstreben will. Was aus Existenzgründen nicht geht. - Aber denkt mal nur nicht, dass mir (meinen lieben Mann mal ausgenommen) irgend jemand etwas abnimmt an Tätigkeit oder Verantwortung. Nicht die Freunde. Nicht die Kollegen im Büro, nicht andere, mit denen ich zu tun habe, ich mache noch eine Reihe von Steckenpferddingen. Überall will man mich offensichtlich, jetzt, wo ich den Krebs überlebt habe, nur so voll und ganz und gesund und wie früher - so, wie ich eben nicht mehr bin. (Christa: ich will mein Leben wiederhaben)

Ich empfinde auch eine seltsame Haltung der Mitwelt. Früher haben sie jeden, von dessen Krebs sie erfuhren, als sicheren Todeskandidaten angeguckt und möglichst nur hinterm Rücken über ihn/sie geredet. - Heute, wo die hoffnungsvollen Erfolge der Medizin melden, man muss nicht mehr am Krebs sterben - nehmen sie deine ganze Hand, du bist ja jetzt gesund und da wollen wir fein nicht mehr von der Sache reden und du verhältst dich bitte auch (pflegeleicht und unkompliziert) wie eine voll belastbare, eine gesunde, eine gutgelaunte, eine fröhliche und starke Person.

Auch begegnet ist mir öfter dies: dass man mir normal und normalfordernd und achsofröhlich begegnet und erklärt, dass man das nur so handhabe, damit man mich aus Trübsal hole (die ich meist zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht habe und äußere!) und ich nicht mehr an "das Schlimme" denken müsse - ich aber merke, dass der Hauptantrieb dieser lieben Mitmenschen ist, dass ich ihnen in meiner Krankheit und mit meinen Gedanken zu unbequem bin. Sie möchten es gern einfacher. (für sich) Und überhaupt ist man heutzutage ja die Generation der "we are the winner". Also gib Dir gefälligst Mühe, mindestens nicht wie ein Looser zu wirken.

Der Zwiespalt auch für mich: manchmal wünsche ich mir, ich würde mich einfach nur wie gesund und normallebig fühlen und so leben, so leben, als ob nichts wäre - und auf der anderen Seite empfinde ich, alles hat sich geändert, und i c h möchte hundert Dinge verändern (die sich nicht ändern lassen) und anders leben und möchte Zuwendung und Stütze erfahren und meine Schwächesituation und fehlende Kraft anerkannt wissen.

Und jetzt berappel ich mich wieder. Ich versuche es. Immer wieder. Denn ich weiß, ob ich drei Jahre habe oder dreiundzwanzig: wenn ich der Angst-Sicht zu viel Raum gebe, sind drei Jahre, sind dreiundzwanzig Jahre traurige und furchtsame Jahre mit wenig Lebenswert für mich.
Also: nächster Versuch.

Alles Liebe Euch,
die parallele
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  #8  
Alt 08.02.2009, 22:48
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Rosmarin Rosmarin ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Ich überlege gerade, ob es klug ist, etwas Vergangenes zurück zu wollen. Das hieße ja, daß das Leben zurückginge. Ich habe seit der Krebsdiagnose so viel Schönes erlebt, das möchte ich nicht missen . Und ich selbst bin auch eine Andere geworden.

Natürlich ist es manchmal sehr sehr schwer. Manchmal habe ich nicht gewußt, ob ich es schaffe, meine Kleinen früh zum Schulbus zu schaffen, wenn ich so elend war und das Wetter so wild und kalt, die Öfen so schlecht angingen und ich nur einen kleinen Krob Holz und Kohlen auf einmal tragen konnte, und deshalb öfter gehen mußte. Wenn nienmand außer mir hier die Kleinen versorgen und betreuen konnte und ich nur schlafen wollte, schlafen...Ich bin um 4 Uhr aufgestanden, um es zu schaffen, mit ihnen um 7 Uhr am Bus zu sein, da alles so viel, langsamer ging

Sehr viel ist mir nicht mehr möglich. Wobei die OP das wenigste war, sondern die Chemotherapie mit ihren Nebenwirkungen und den Nebenwirkungen der Medikamente, die war wirklich belastend. Ich schreibe dies(und das ist nur eins meiner Probleme) um zu zeigen, daß es mich auch sehr getroffen hat.

Doch diese Krankheit gehört nun zu mir dazu. Ich habe viel gelernt dadurch, über mich und andere.

Mich kotzt dieser Krebs auch an...aber mein früheres Leben wünsche ich mir nicht zurück, sondern ein zukünftiges Besseres.

Und das möchte ich auch anregen...nach vorne zu schauen. Trauer muß sein, und das schmerzt natürlich. Man spricht auch davon, einen Verlust zu verschmerzen...doch jeder Verlust schafft auch Platz für etwas Neues.

Das sieht man manchmal nicht, wenn man zu sehr sich auf das Verlorene orientiert.

LG, Anne(die in 2 Wochen umzieht und dadurch Vieles leichter hat*freu*)
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  #9  
Alt 08.02.2009, 23:19
parallele parallele ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Hallo Christa,

jetzt habe ich auch Deinen zweiten Beitrag
Zitat:
Bitte, ich will mein Leben wieder zurück.....
gelesen, nachdem ich mich vom ersten schon so angesprochen gefühlt und geantwortet habe.

Zweimal habe ich jetzt hier den Eintrag in Öffentliche Tagebücher gelesen, gedacht, ah, hier steht er. Also wird es weitergehen. Weitere Einträge. Ein Verlauf. Und das hat mich irgendwie zufrieden gemacht und zuversichtlich!

Und auf einmal war mir (für mich) klar: es ist die falsche Formulierung. Dies: Ich will mein Leben zurück. Natürlich wissen wir beide, dass das nicht 1:1 möglich ist, aber unser Wesen wieder bekommen, das fröhlich, positiv, aufgeschlossen, stark gewesen ist. Auch ein paar Äußerlichkeiten (diese Sch...kilos z. b.).
Die passendere Formulierung für mich muss heißen:

Ich hole mir mein Leben zurück.

(mit der Einschränkung, dass ich vielleicht manches ein wenig anders gewichten will)

Und mit der Einsicht, dass das ein schönes Stück Arbeit sein wird und nur in kleinen Zügen passieren und mehr werden kann.
Mich selbst zurückerobern. Mir Taktiken aneignen, meinen früheren Wertigkeiten wieder den Weg zu bahnen.

Mal sehn. Eigentlich bin ich schon dabei, wenn es mir gelingt, nach solchen Angst- und Verzweiflungsstunden zu sagen: genug jetzt. Davon wird es nicht besser. - Und mir selbst etwas Gutes tue (ein Buch kaufen, Musik hören, Schokolade essen (große Ausnahme), meine Tochter anrufen, ins Bett gehen, obwohl da eine Arbeit anstände) - um den Kreislauf zu unterbrechen. Damit sich diese aussichtslose Gestimmtheit nicht weiter verfestigen kann.

Aber abgesehen davon bin ich der Meinung, dass man ab und zu unbedingt seiner Angst oder seinem Leid eine Stimme geben muss. Aussprechen. Klagen. Ich finde, man darf das eigene beklagenswerte Geschick auch anprangern. - Um dann wieder die Kurve zu kriegen. Denn wenn ich etwas ein bisschen in der Hand habe, dann meine Sicht der Dinge. Und von dieser Sicht hängt die Qualität meiner Tage und meines Lebens ab. Also weiter dran arbeiten. Sag ich mir. Hinfallen. Aua-aua schreien. Weinen. Aufstehen. Weiterstrampeln.

Lieben Gruß
von der parallele
und Danke!! Dein Eintrag hat mir sehr geholfen gerade!!
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  #10  
Alt 08.02.2009, 23:36
Äpfelchen Äpfelchen ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Hi,

ich kann das auch nur zu gut nachvollziehen. Ich hatte immer das Gefühl "ich hab nix und ich krieg nix" - ich war nie krank vorher und mit krank sein habe ich keine Gedanken verschwendet.
Nun ist es seit 2 Jahren völlig anders. Ich will nicht mein altes Leben zurück, aber das Lebensgefühl, das Urvertrauen, das Gefühl unverwundbar zu sein, das hätte ich gerne wieder.
Klar habe ich auch viele schöne Erlebnisse gehabt, die ich ohne Krebs evtl. nicht gehabt hätte - keine Ahnung - aber ehrlich gesagt, würde ich jedes dieser Erlebnisse sofort eintauschen für Gesundheit.

Liebe Grüsse
Beate
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  #11  
Alt 09.02.2009, 00:19
Benutzerbild von Christa Martina
Christa Martina Christa Martina ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Hallo Christa,

ich glaube dass wir Alle, die Krebs haben, dieses Gefühl kennen.

Ich lebe inzwischen 6 Jahre damit, habe auch schöne Zeiten gehabt, aber zwischendurch habe ich auch den Wunsch gehabt, so zu sein, wie früher.
De Angst kommt meist dann, wenn die Psychologin nicht in der Nähe ist, wie du schon sagtest, und mein Mann meint auch dass ich gesund bin und nicht daran denken soll. Das habe ich immer getan, aber der Krebs kam wieder, nur wo anders, und denn fragt man sich, werde ich jemals wieder gesund, wie alle Freunde meinen.

Diese Gedanken kommen und gehen, und je länger man die Krankheit hat, umso weniger kommen sie.

Ich wünsche dir und uns allen, die Kraft um unser Leben zu kämpfen, auch wenn es manchmal schwer fällt!!!

Liebe Grüsse, Christa
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  #12  
Alt 09.02.2009, 00:46
patzi patzi ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Zitat von Christa Martina
Zitat:
Diese Gedanken kommen und gehen, und je länger man die Krankheit hat, umso weniger kommen sie.
Liebe Christa, das kann ich genau so bestätigen!
Vielleicht hilft Dir die Aussicht auf bessere Zeiten!

Lieber Gruß,
patzi
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  #13  
Alt 09.02.2009, 01:32
Schachspielerin Schachspielerin ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Zitat:
Zitat von patzi Beitrag anzeigen
Vielleicht hilft Dir die Aussicht auf bessere Zeiten!
Verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht euer Problem.

Ist es nicht so, dass man sein Leben noch viel besser genießt, wenn man die Diagnose BRUSTKREBS irgendwann bekommen hat und diese Zeit der vielen Fragen bzgl. der möglichen Metastasen und Rezidive mittlerweile besiegt hat?

Was für "bessere Zeiten" meinst du, patzi?
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  #14  
Alt 09.02.2009, 08:06
Benutzerbild von friebe
friebe friebe ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Zitat:
Zitat von Rosmarin Beitrag anzeigen
Ich überlege gerade, ob es klug ist, etwas Vergangenes zurück zu wollen.
Wenn ich so darüber nachdenke, frage ich mich auch, ob ich jetzt mit meinem alten Leben überhaupt glücklich sein könnte. Es ist vielleicht so, wie mit einem inniggeliebten Kleidungsstück. Man lässt es Jahr für Jahr im Schrank hängen, weil es doch so toll war. Was wäre aber, wenn man es heute anziehen würde und sich damit im Spiegel betrachtet? Vielleicht wäre das eine große Ernüchterung?

Irgendjemand im Forum (ich weiß leider nicht mehr wer) hat mal geschrieben, es wird einem die Illusion der Unsterblichkeit genommen. Das, finde ich, trifft es sehr gut. Manchmal denke ich, ich habe nicht einfach Angst, in einem überschaubaren Zeitraum an Krebs zu sterben, sondern ich habe einfach überhaupt Angst, dass ich sterben werde und das möglicherweise in einem überschaubaren Zeitraum. Früher konnte ich so etwas wunderbar ignorieren, heute geht das nicht mehr. Ich weiß eben, das es sein kann. Ich möchte glauben, dass ich von Jahr zu Jahr besser damit leben kann und mir geht es heute schon besser als noch vor einem halben Jahr.

Ich wünsche uns ganz viel Kraft
Liebe Grüße - Klara
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  #15  
Alt 09.02.2009, 08:22
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Löwin69 Löwin69 ist offline
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Standard AW: Ich will mein Leben zurück

Hallo Christa,
dir,den anderen und auch mir,uns geht es allen gleich ,wir haben alle die gleichen Gefühle,auch ich will mein altes Leben zurück.Bei mir war die Diagnose vor 1 1/2 Jahren und am Anfang war die Zeit schlimmer,die Ängste,Sorgen,Fragen und der Wunsch mein altes Leben wieder zu Haben,der Gedanke wie lange Lebe ich noch,wieviel Zeit habe ich noch,was darf ich noch erleben...Auch heute hab ich immer noch diese Gedanken,aber die Tage an denen ich sie habe werden weniger,und ich fange an wieder zu planen,nicht so weit im voraus,aber es geht wieder,ich habe wieder Hoffnung und den Wunsch zu leben,es zu geniessen.Und ich versuche das Thema Krebs etwas zu verdrängen,es ist noch da,aber es wird mich nicht unterkriegen.So langsam kommt der Alltag wieder,wir planen die Konfirmation unseres Sohnes,den 18.Geburtstag meiner Tochter,eine neue Küche,den Sommer...
und ich habe kein schlechtes Gewissen,ich frage mich nicht mehr ob ich das erlebe,ich werde es wieder erleben,Stück für Stück...und wenn nicht..so denke ich das könnte auch wirklich jedem passieren,ein Autounfall,ein Herzinfarkt,oder oder...Das ist meine Art damit fertig zu werden.
Ich wünscshe dir das auch du mal so denkst,das es wieder einigermassen "normal" wird und das bei dir jetzt erstmal alles heilt...
Viele Grüsse Tina
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