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Alt 15.04.2003, 21:59
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Standard schlimme gedanken

Hey Ihr Lieben,
ja, Mucki, wird wohl was mit unseren ganzen Erwartungshaltungen immer zu tun haben.
Genau so wie wir Krebspatienten manchmal erwarten, dass alle jederzeit ZEIT für uns haben, ... erwarten die Angehörigen von UNS in der Regel eher, dass wir wieder lächeln und so sind wie früher.
Oder wenn man um einen lieben Menschen trauert, dann erwartet auch alle Welt, dass man da "endlich darüber weg kommt" und wieder lächelt und so funktioniert wie früher.

Wo ist welche Erwartungshaltung einfacher zum "Ablegen"?
Ich persönlich empfinde es "leichter", auf die Erwartungen des Funktionierens, eines Lächelns oder eines Verzeihens zu verzichten, ... als die Erwartung, dass sich da jemand Zeit für mich nimmt, weil ich Krebs habe. Das Problem hier ist einfach grösser.
Zumindest sieht man "sich selber" als grösseres Problem an, wenn man selber Krebs hat. - Das wird wohl der Unterschied sein.
Selber Krebs zu haben ist so bedrohlich, dass man sämtliche "anderen" Problemchen schneller zur Seite schiebt, oder sie als "weniger wichtig" betrachtet.
Die "Sicht" verschiebt sich irgendwie.
Auch wenn man fest um jemanden trauert, verschiebt sich die "Sicht". Nicht im negativen, sondern der "Schwerpunkt" ist anders.

Kerstin, ja, das kann ich mir gut vorstellen. Da hast Du Dir Mühe gegeben, hast Dich um Deinen Vater gekümmert und alles mögliche versucht, um für ihn DA zu sein, und er ... hat es "genommen", er hat Deine Hilfe angenommen! Kein Wunder, kommst Du auf den Gedanken, dass sich nun alles zwischen Euch bessern könnte.
Aber man muss natürlich daran denken, dass er Hilfe braucht, dass er sie von allen Seiten gerne annimmt, und warum auch nicht von seiner Tochter? Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass er das negativ empfunden hat, egal wie er sonst halt auch als Mensch sein mag. Krebspatienten brauchen das DA-Sein von anderen, egal wie "schlimm" sie selber auch sein mögen.
Aber da steht jetzt natürlich Deine Wut dazwischen, das kann ich verstehen.
Du kannst Dich jetzt einfach mal fragen, ob Du ihm weiterhin helfen möchtest, ihn begleiten möchtest, mit dem Risiko, dass sich zwischen Euch beiden halt vielleicht nicht besonders viel zum Besseren ändern wird, ... oder Du kannst Dich dazu entscheiden, Dich weiterhin in Deiner "Wut" zu wälzen, mit dem Risiko: Je länger Du Dich jetzt nicht bei ihm meldest, um so grösser wird auch wieder die Kluft zwischen Euch.
Wo fühlst Du Dich wohler?

Ich möchte Dir jetzt gerne den folgenden Tip geben, aber ich weiss nicht, ob Du dazu bereit bist. Versuch's mal "locker" zu überdenken:
Du rufst ihn an, oder besuchst ihn wieder, enschuldigst Dich für Deine Abwesenheit in den letzten Tagen und sagst freudig und schmunzelnd: 'Hey, ich hab da hintenrum erfahren, dass Du geheiratet hast! Finde ich echt SUPER! - Aber wäre doch schön gewesen, wenn ich's auch erfahren hätte. Ja warum hast Du denn nichts gesagt?'
Mal gucken, was er darauf sagt.


Hi Conny, ja da steckt viel Tiefes in Dir drin. Wobei Du nicht mal was dafür kannst. Und Du kannst ja nicht den Zeitpunkt des "Erkennens" oder was auch immer, selber wählen. Der kommt eben dann, wenn er kommt. (Meistens im dümmsten Moment, hm-hm!)
Aber gell, Du möchtest auch gerne alles verstehen? Du bist da ähnlich wie ich. Nur manchmal denk ich, ich mache mir wahrscheinlich auch oft viel zu viele Gedanken, die vielleicht gar nicht nötig wären.
Als Beispiel: Weil mich meine Mutter früher immer so viel geschlagen und verprügelt hat, ... so sass das natürlich tief in mir, und ich konnte es NIE wirklich verstehen. Ich habe sie auch nie gefragt, WARUM sie das eigentlich früher getan hat. Aber wenn ich ehrlich bin: WAS hätte sie mir darauf auch antworten sollen?
Hätte sie mir dann gesagt: "Weisst Du Kind, ich musste da halt meine Agressionen irgendwo raus lassen!" ?
Nee, wahrscheinlich nicht. Sie hätte höchstens gesagt: "Du warst halt IMMER so eine unartige Tochter!" - Womit für sie - und für mich - alles geklärt hätte sein müssen. - Toll!

Solche krassen Erfahrungen sind nur schwer zu klären oder auszusprechen. Da geht's um tiefe Schuldgefühle und all das mögliche, und im Angesicht einer Krebskrankheit geht das dann oftmals ZU tief.
Also lohnt es sich manchmal gar nicht, hier zu lange daran herum zu grübeln. Ich kann mir viele Antworten darauf selber "ausdenken", vielleicht sind sie richtig, vielleicht sind sie aber auch falsch. - Von dem vielen Grübeln wurde ich damals dann auch bald mal sehr müde, und irgendwann kam der Punkt, wo ich sah, es bringt eigentlich nichts, es ist eh vorbei. Vergangenheit. Das einzige, was übrig blieb, war eben diese Wut, dieser Groll. Und da ich ja nach Vorne schauen musste (und nicht dauernd zurück), war es auch wichtig, dass es MIR wieder gut ging, dass diese Wut und dieser Groll ein wenig weg kam. Ich WOLLTE nicht mit diesem ewigen Wut/Groll-Gefühl weiter machen, das war mir zu mühsam, zu belastend.
Wie ich schon beschrieben habe, benötigte ich damals fast zwei Jahre, um meiner Mutter verzeihen zu können. Das ging also auch nicht so einfach von heute auf morgen. Aber der Gedanke daran, es zu TUN, war ein guter Gedanke, der mir gefiel. Der meinem "Inneren" gefiel.
Die Frage war einfach "wie?"!
Es war auch ein ganz "dummer" Zeitpunkt, aber eigentlich war er ja auch ERST da, als meine Mutter Leukämie bekam. Vorher hatte ich dieses "Erkennen" auch nicht gehabt.

Hm, uns gehen wohl schon immer erst in so "harten" Momenten ein bisschen die Augen auf. Aber wären diese Momente NICHT da, dann würden wir noch weiter so "blind" oder "taub" herum laufen. Also hat das Schlechte wenigstens auch was GUTES, gell?

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen, dass Ihr das Gute im Schlechten sehen und finden könnt, ja?
Es ist Da-ha!
Irgendwo steckt es, das Gute!
Ganz liebe Grüssli an Euch
von der "krassen" Brigitte

PS. Jutta, sooooo schön hast Du es in Worte beschrieben, was verzeihen und vergeben heisst!
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