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  #31  
Alt 03.04.2003, 12:13
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Standard schlimme gedanken

apropos schlechtes Gewissen..das bedrückt mich nicht nur bei schlimmen Gedanken, denn es passiert auch, dass ich mich mit dem kranken Menschen streite, weil er fordert und fordert und fordert und ich habe eben auch noch Bedürfnisse. Manchmal platzt mir dann einfach der Kragen und ich werde total ungeduldig. Danach fühl ich mich dann schlecht und gemein. Ich will ja auch immer ein offenes Ohr haben, aber jedes Gespräch endet in einem unendlichen Lamento über Krankheit Schmerz Schuld und akuten Problemen...ich kann manchmal einfach nichts mehr aufnehmen, denn im job muss man auch weiter funktionieren....manchmal komm ich da wirklich an die Grenzen meiner Nerven.
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  #32  
Alt 03.04.2003, 18:05
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Standard schlimme gedanken

Hi Anke,
uh ja, das kenn ich!
Ich kenne das noch von früher, als ich noch keinen Krebs hatte. Ich hatte auch schon immer ein offenes Ohr für andere Menschen (was ja auch total okay ist), aber manchmal gab es da auch schon mal Grenzen, wo ich selber sagen musste: "Jetzt wird's mir zuviel, das geht mir zu Nahe!"
Das geschah nicht mal unbedingt nur bei Menschen mit einer schweren Krankheit, sondern auch bei "gesunden" Menschen, die halt vielleicht gerade ein ziemlich intensives Problem hatten.

Wie's halt so ist, wenn sich jemand in einem intensiven Problem wälzt, (das kann jetzt z.B. eine Trennung vom Partner sein, Scheidung, oder solche Dinge) dann wälzt er sich meistens gleich zünftig, und dann "steckt" er momentan und manchmal halt auch für eine längere Zeit in diesem Problem feste drinnen! In seiner "kleinen Welt" wo das Ich zum einzig Wichtigen wird. Und er wälzt sich und wälzt sich und möchte die ganze Zeit nur darüber quatschen, weil ... er sucht Verständnis, er sucht Lösungen, usw. Und DAS eigentlich so lange, BIS das Problem sich irgendwie endlich gelöst HAT.
Gell?

Jetzt musst Du Dir vorstellen, wie das aber sein muss, wenn da jemand nicht NUR ein übliches kompliziertes Problem hat, sondern ... Krebs!
Das ist MEHR als nur ein Problem, das ist ein ANDAUERNDES Problem!
Aus der Sicht des Krebsbetroffenen wird aus seiner "kleinen Welt" eine "kleine grosse Welt", und aus dem üblichen "darüber Reden wollen" wird oftmals ein "dauerndes darüber Reden wollen". Aus dem früheren "Verständnis suchen" wird plötzlich ein "verzweifelndes Suchen", und aus dem "Lösungen suchen" wird sehr oft ein ... "Es gibt hier keine Lösung!"!
Das ist hier eben der (krasse) Unterschied. Den habe ich nun mit meinem Krebs kennen gelernt. Wenn man mal Krebs hatte, erscheint einem alles andere als "harmloses Problem". Manchmal kann man da als Krebsbetroffener gar nicht richtig verstehen, DASS da jemand nicht zuhören will! Weil ... man hat doch schliesslich Krebs, oder?

Aber wir Krebsbetroffene erwarten vielleicht manchmal eben auch zuviel von unseren Lieben, doch weil wir so in unserer "kleinen grossen Welt des Ich's" drinnen stecken und uns dauernd herum wälzen, können wir manchmal eben gar nicht anders.
Weisst Du, wenn es mir z.B. psychisch sehr schlecht geht, und meine Lieben wissen das, dann krieg ich manchmal halbe Zustände, wenn ich mir IHR Gejammer anhören muss, weil sie so eine "stressige" Woche hinter sich hatten und soooo müde sind!
Das ist ja auch verständlich, früher habe ich da auch so gejammert. Aber heute ist's umgekehrt, denn dauernd liegt die Frage auf meinen Lippen:
"Okay, Du armer gestresster Mensch, wie wär's, wenn Du mit mir tauschen würdest?"
Nun, manchmal SAG ich das dann auch! Und weisst Du, was ich dann zur Antwort bekomme?
"Du bist doch nicht alleine auf der Welt!"
Da verschlägt's mir dann die Sprache. Weil ... einerseits hat derjenige ja recht und er hat ja auch sein Recht zu jammern, ... aber ich als Krebsbetroffene empfinde SEIN Problem halt als völlig HARMLOS!

Hm, manchmal wär mir lieber, weisst Du, wenn mir jene Leute ehrlich sagen würden: "Hey, im Moment wird mir Deine Krankheit ein bisschen zu viel, es geht mir zu nahe. Ist's Dir recht, wenn ich ein oder zwei Tage mit Freunden weg gehe, einfach, um mal abzuschalten und Pause zu machen? - Am Samstag bin ich dann wieder für Dich da, frisch und gestärkt, und dann machen wir was zusammen!"

Doch ... das sagt mir nie jemand! Warum eigentlich nicht? Ich würd's verstehen. Es wäre ehrlich. - Und ich müsste mir dann auch nicht anhören müssen: "Du bist doch nicht alleine auf der Welt!", wobei ich mir dann ziemlich mies und egoistisch und klein vorkomme. Wo ICH mich aufrege, wo der ANDERE sich aufregt ..., wäre doch alles gar nicht nötig.

Versuche vielleicht deshalb zwischendurch Pausen zu machen, Anke, denn dann muss Dir nicht dauernd der Kragen platzen, Du kannst ein bisschen Deinen eigenen Bedürfnissen nachgehen, Du brauchst Dich auch nicht schlecht und gemein zu fühlen, Du hast dann weniger "schlimme Gedanken", ... weisst Du, wie ich meine?

Ich sende Dir jedenfalls eine dicke Umärmelung und hoffe, ich habe Dich nicht auch noch an die Grenzen Deiner Nerven gebracht ...? ;-)
Ganz liebe Grüsse
von der "krassen" Brigitte
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  #33  
Alt 04.04.2003, 13:29
C laudia
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Jetzt muss ich auch mal meinen Senf dazugeben, weil mich dieses Forum hier sehr beeindruckt hat!

Ich bin 23 Jahre alt und hatte Krebs. Derzeit gelte ich als geheilt, wenngleich ich noch eine Zyste am Eierstock untersuchen lassen muss. Ich habe fast drei Jahre gegen den Krebs gekämpft und durch dieses "dauernde darüber sprechen wollen", liebe Brigitte, habe ich viele Freunde verloren. Ich habe von ihnen einfach zu viel abverlangt, denke ich mir im Nachhinein, ich wollte immer Trost und Zuspruch, Hoffnung und Hilfe. Ohne zu berücksichtigen, dass diese Menschen auch noch Bedürfnisse haben und mit mir auch mal über etwas anderes sprechen wollen.

Einerseits tut es mir jetzt leid, dass ich mich so verhalten habe. Andererseits: ist das denn nicht irgendwo verständlich? ist das denn wirklich zuviel verlangt, von seinen Freunden in Zeiten der Not und der absoluten Hilflosigkeit ein offenes Ohr zu verlangen? Damals hat man mir nicht mal mehr ein halbes Jahr gegeben und jetzt - fast drei Jahre danach - bin ich gesund. Ist das denn in einer solch schwierigen Situation wirklich zuviel verlangt???

Die Freunde, von denen ich spreche, waren zu diesem Zeitpunkt nach meinem Verlobten die wichtigsten Personen in meinem Leben (für mich) und sie haben dem Druck nicht standgehalten und sind gegangen. Aber was soll ICH denn sagen? ICH war schließlich krank, nicht sie!!!

Ich bin wohl immer noch sehr traurig über diese Entwicklung, wenn gleich ich mir denke, sie waren es wohl nicht wert. Ich habe die Tage auch wieder versucht Kontakt aufzunehmen, aber sie wollen anscheinend nichts mehr mit mir zu tun haben. :-(

Liebe Grüße

von der Claudia
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  #34  
Alt 04.04.2003, 17:14
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Hallo Zusammen,

was wären wir denn ohne diese "schlimmen" Gedanken? Und die Forderung an Andere, ob mit gutem oder schlechtem Gewissen?

Ich habe auch bei Brigitte eingefordert, obwohl ich wusste, dass sie Krebsbetroffene ist. Mir hat (und tut noch) der Austausch mit ihr sehr gut, obwohl mich auch zwischendurch das Gewissen plagt. Meine Angst bei dem nächsten Arztbesuch oder der nächsten OP NICHT so viel Glück gehabt zu haben, die Begleitung meiner Freundin, die jetzt ihre 2. Chemo hinter sich hat, treibt mich mir Hilfe zu holen. Durch den Austausch mit Brigitte lerne ich vieles dazu, kann auch mit meiner Freundin anders umgehen.

Bei mir wurden heute Polypen im Darm entdeckt, habe beide Eltern an Darmkrebs verloren. Und ich werde es vorerst niemanden ausser meinem Mann (und natürlich hier) mitteilen. Anfang März hat man mir einen Tumor, mit mutierenden Zellen, aus der Brust geschnitten. Da habe ich mich vetrauensselig an sogenannte gute "Freundinnen" gewandt - und was kam, ein Nachmittag mit Kaffeeklatsch (über den alten Arbeitsplatz gesprochen). Hier in der Umgebung habe ich keinen Freundeskreis, da wir noch nicht so lange hier wohnen. Ich hole mir meine Streicheleinheiten dann eben per Telefon bei meinen 2 einzig ehrlichen Freundinnen, sie wohnen etliche hundert Kilometer weit weg. Meine Geschwister sind auch abgeschrieben, ich machte zig Versuche, aber nun bin ich ein Einzelkind geworden.

Ich spüre, wie ich innerlich härter und verbitterter werde, und genau weiss, dass ich für Keinen, der nicht für mich DA war, vorerst DA sein werde. Fragte mich die letzten Wochen, warum muss ich immer für Andere da sein (meine Freundin ist eine Ausnahme), wenn es sie keinen Deut interessiert, wie es mir geht. Mir tut eine große Runde Selbstmitleid mehr gut, als ein geheucheltes: "Na, wie gehts?" So wendet sich das Blatt.

@Anke: Bist Du ausgebrannt und hast selbst eine Portion Abstand nötig? Mir ging es bei der Begleitung meiner Eltern des öfteren so. Ich hatte keine Kraft mehr, ich fand keine Energiereserve.
Ich nahm mir dann einfach ein Auszeit, um meine Gedanken und Gefühle zu sortieren, neue Energie zu tanken. Nehme Dir eine Entspannungszeit, falls es möglich ist. Meine Mutter war wohl wegen meiner Auszeit etwas sauer, aber ich erklärte ihr klipp und klar, wenn ich keine Kraft sammeln kann, kann ich auch nicht für sie da sein. Es dauerte einen halben Tag, aber dann hat sie es eingesehen und verstanden. Ihr war dann meine Ehrlichkeit lieber, als ein Gesicht wie eine Essiggurke um sie herum, und nur halbherzig und kraftlos bei ihr zu sein.

es grüßt Euch
Jutta
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  #35  
Alt 04.04.2003, 17:29
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Hi Claudia,
... nun, ich glaube, von all den Freunden, die Du verloren hast (durch das "dauernde darüber sprechen wollen"), würdest Du wahrscheinlich, bei genauerem Hingucken, entdecken, dass die Mehrheit davon nicht wegen DIR weg ging, sondern weil SIE selber nicht damit klar kamen.
Das klingt jetzt für diese Freunde vielleicht ein bisschen vorwurfsvoll, doch wenn man sie FRAGEN würde, WARUM sie sich zurück gezogen haben, würden die wenigsten zugestehen, dass sie damit nicht klar kamen, dass das "ewige" Problem für sie viel zu gross war. - Nein, sie würden sagen, es läge an DIR!
Hier stelle auch ich mir immer wieder die Frage: "Wieviel MUSS eigentlich an den Krebspatienten alles selber liegen?"

Naja, daher auch mein Beispiel aus dem letzten Beitrag. (Der "Unterschied" zwischen üblichen schweren Alltags-Problemen und dem dauernden Krebsproblem.)
Da erzähle ich Dir wahrscheinlich nichts Neues, Claudia, gell? Doch da hier Angehörige im Forum sind, möchte ich auch ihnen gerne unsere "Sicht" zeigen.

Man kann sich auch als Beispiel (ob man jetzt gesund oder krank ist) vorstellen, man kennt da einen guten Freund. Der gute Freund hat eines Tages einen Nervenzusammenbruch, und dann wird er psychisch krank.
Seien wir ehrlich: Wie lange schaffen wir es, dem guten Freund beizustehen, und zusehen zu müssen, wie er unter seiner psychischen Krankheit leidet? Haben wir die Kraft dazu? Haben wir diese Energie, diesem Freund täglich zuzuhören?
Aus meiner Erfahrung (genau auch ein solches Beispiel), "flüchten" die meisten Leute vor sowas. Das geht zu nahe. VIEL zu nahe! Ich persönlich habe das aber mal durchgestanden. Habe eine schwer psychisch kranke Frau begleitet. Eine Freundin. Habe ihr täglich zugehört. Täglich daselbe. Täglich das selbe Problem. - Ich war die EINZIGE, die das für sie tat!
Und es war hart, es war echt hart! Aber sie war eine Freundin! Und ich wusste genau, SIE würde auch das SELBE für mich tun!
Irgendwann geriet aber auch ich an eine Grenze, an einen Punkt, wo es mir zu viel wurde. Es GIBT da nur die eine Lösung, mal für eine Weile Pause zu machen. NICHT davon laufen, sondern mit der Betroffenen REDEN und ihr sagen, dass man mal ein bisschen Pause braucht.
Und SO hat's geklappt! Echt! So super! Diese Frau ist heute wieder gesund, und wir sind noch immer Freundinnen!

Wirklich, ALLE haben sich von ihr abgewendet! Als sie in die psychiatrische Anstalt kam, hat sie keiner besuchen wollen. Vielleicht schämten sich die Leute, so eine Psychiatrie zu betreten? Oder WOLLTEN sie sich nicht mit so was "verrücktem" abgeben?
Ist es DAS, was jemandem in so einer Situation helfen sollte? Sich von ihm Abwenden? Und dann auch noch IHM die Schuld dafür geben?
Das ist immer sehr einfach. Es ist "einfach" für denjenigen, der sich zurückzieht. ER hat die Rückzugsmöglichkeit, ... der oder die Betroffene jedoch NICHT.

Genau so geht es auch mit dem Krebs. Wenn man Krebs hat, kann man nicht so locker "flüchten" wie die anderen, ja, man kann nicht mal Pause machen! Unmöglich! (Zumindest nicht in der Anfangszeit, oder wenn es sehr schlimm mit der Krankheit ist.) Das "Karusell" im Kopf dreht sich immer nur um das selbe, es geht gar nicht anders, und es fällt einem oftmals schwer, sich auf was anderes zu konzentrieren. Kaum hat man aber mal einen "ruhigen" Moment erwischt, muss z.B. schon wieder eine Arztuntersuchung her, und dann ist eben das "Karusell" bereits von neuem wieder in Betrieb.
Das ist diese "kleine GROSSE Welt", in welcher sich der Krebspatient befindet, und WIE soll ER da bloss raus kommen?
Eigentlich geht es NUR durch "Heilung" oder Gesundheit. Durch die ZEIT, die einem die Genesung und die Verarbeitung richtig zulässt.

Aber ich weiss, dass es natürlich auch an jedem selber ein bisschen liegt, denn es gibt auch Krebsbetroffene, die müssen nicht die ganze Zeit nur DARÜBER reden wollen. Die WOLLEN das gar nicht, weil sie sich NUR mit schönen Dingen beschäftigen wollen. - Ob dies jetzt Verdrängung oder völlige Akzeptanz ist, spielt eigentlich keine Rolle.
Und dann gibt es Krebsbetroffene, die müssen BEIDES haben, also "darüber Reden" und dann auch wieder "nur Schönes haben und leben wollen", ... die haben dafür dieses ewige Auf und Ab, (heute schlecht, morgen super gut drauf), und das ist für Angehörige dann auch wieder sehr schwierig, auf diese dauernden Auf- und Ab Stimmungen eingehen zu müssen.

Es ist für beide Seiten sehr schwierig, aber ich weiss, Claudia, wenn man EINMAL die Betroffenen-Seite selber kennen gelernt hat, versteht man die "wahre Not am eigenen Körper" erst richtig, und wie wichtig es ist, Menschen um sich zu haben, die einem Zuhören, ... auch wenn man fünfmal am Tag mit dem selben Thema anfängt.
Wenn da jedoch Freunde "flüchten", sich hinterher nie mehr melden, und UNS dafür dann auch noch die Schuld geben, ... das finde ich SEHR krass! Ich habe das auch erlebt, Claudia, Du bist da also nicht alleine.
Suche die Schuld daher nicht alleine bei Dir, denn Du magst vielleicht Deinen kleinen Beitrag zu ihrer Flucht mitgegeben haben, aber für diesen "Beitrag" kannst Du nichts dafür. Du kannst nicht einfach aus einem "fahrenden Karusell" aussteigen, und schon gar nicht auf Befehl.
Auch SIE tragen schliesslich eine Verantwortung für ihr Handeln, nicht wahr?
Zumindest empfinde ich das so.
Oder was meinst Du dazu?

Ganz liebe Grüsse
von der "krassen" Brigitte
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  #36  
Alt 07.04.2003, 07:34
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Liebe Brigitte!

Natürlich, Du hast sicher irgendwie Recht, dass die Schuld wohl nicht nur bei mir liegt, dass sich ehemalige Freunde von mir abgewandt haben. Klar, ich habe meinen Beitrag schon auch dazu geleistet, aber was soll das?! Das rechtfertigt eine solche Handlung doch bei weitem nicht! Wo hört Freundschaft denn auf? Hört sie bei Krebs auf??? Hört sie da auf, wo man nicht mehr jeden Tag lachen kann, wo man glaubt vergessen zu haben, wie Lachen überhaupt geht? Wo die Welt nur noch grau in grau ist und es keine Farbnuancen mehr zu geben scheint?

Nein, ich persönlich habe, vielleicht auch durch meine Krebserkrankung, eine andere Definition für Freundschaft. Wenn ich eine kranke Freundin oder einen kranken Freund hätte, ich würde ihm auch beistehen, so wie Du es getan hast, Brigitte, denn das gehört zu einer Freundschaft dazu, auch wenn es sehr sehr hart ist!!!

Ich möchte Dir an dieser Stelle sagen, wie toll und selbstlos ich es finde, dass Du Deine Freundin nicht im Stich gelassen hast!!!

Liebe Grüße,
vom "Mäh-Schäfchen" :-)
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  #37  
Alt 07.04.2003, 08:06
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Sorry - hatte mich oben vergessen anzumelden, bin natürlich auch ich gewesen!

Liebe Grüße,
vom "Mäh-Schäfchen" :-)
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  #38  
Alt 07.04.2003, 11:34
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Hallo Claudia,

für mich hört Freundschaft dort auf, mit oder ohne Krebs,
wo ich keine Grundlage einer Freundschaft mehr sehe.
Wo es kein Geben und Nehmen mehr gibt.
Wo Stille und Gedanken nicht mehr stattfinden können.
Wo es kein gemeinsames Lachen und Reden mehr gibt.
Wo ich nicht als Jutta verstanden und genommen werde, aber verlangt wird, dass ich immer alles verstehen muß.
Wo meine Meinung zu deren werden soll.
Einfach, wo ich nicht mehr ich sein kann, und das nicht verstanden wird.

in diesem Sinne,
liebe Grüße,
Jutta
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  #39  
Alt 07.04.2003, 11:54
C laudia
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Hallo Jutta,

kommt es denn dann nicht auf den Zeitraum an, indem es kein Geben und Nehmen mehr gibt, wo es kein gemeinsames Lachen und Reden mehr gibt? Ist es denn nicht trotzdem verständlich, dass für einen kranken Menschen, gerade bei Krebs, die Erkrankung in den Mittelpunkt rückt? Heißt Freundschaft denn nicht auch, in solchen Zeiten zu einem zu stehen? Was heißt denn keine Grundlage mehr für eine Freundschaft? Ist denn die Grundlage einer Freundschaft nur Lachen und Positives? Leider wird das Leben auch von Negativem überschattet, es ist nicht immer eitel Sonnenschein, wie Du ja selber weißt. Wenn ich etwas falsch verstehe, bitte ich um Entschuldigung, aber es hört sich für mich so an, als wenn dies eine Rechtfertigung ist für all jene Leute, die ihre kranken "Freunde" allein mit ihren Sorgen lassen. Natürlich muss jeder so egoistisch sein und auch auf sich selber schauen, was er selber tragen kann, aber man sollte doch niemals vergessen, was der ANDERE zu tragen hat!
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  #40  
Alt 07.04.2003, 12:22
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Hallo Claudia,

Du hast mich da leider missverstanden. Ich habe für mich diese Grenzen gesetzt, wann ich eine Freundschaft beende und wann für mich Schluß ist mich mit Menschen auseinandersetzen zu müssen, die nur an sich selbst denken, und von mir immer nur Verständnis, Hilfe und alles mögliche wollten, aber nie etwas zurück kam, wenn ich mal eine Hand, ein nettes Wort, eine Schulter benötigt hätte.
Meine Einstellung ist nur die Ehrlichkeit mir gegenüber, das Abzulegen, was mir weh tut oder was mir weh getan hat. Und sollte niemandem das Recht geben, sich den Freunden gegenüber fies zu verhalten.

Eine Freundschaft ist für mich etwas ganz ganz Besonderes!
Zum Verständnis, ich begleite meine beste Freundin momentan, und SIE bestimmt, wo IHRE Grenzen und IHRE Wünsche sind, meine sind zweitrangig. Ich bin für SIE da, da gibt es kein Aufrechnen.
Und wenn sie um 3 Uhr nachts mit mir reden, lachen oder weinen will, ist das für mich in Ordnung. Lachen und Postives ist ein wichtiger Teil jeder Freundschaft, egal in welcher Lage man sich befindet.

Claudia, ich habe eine knochenharte Zeit hinter mir (und evtl. wieder vor mir), und habe dabei noch deutlicher erkannt, WAS Freundschaft für mich bedeutet. Deshalb habe ich mir meinen Rahmen gesetzt, wem ich die Freundschaft kündige, und welche Freundschaft es mir wert ist weiterhin Bestand zu haben, denn da sind alle für mich und meiner Freunden wichtigen Werte Priorität.

liebe Grüße,
Jutta
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  #41  
Alt 07.04.2003, 12:36
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Liebe Jutta,

was die knochenharte Zeit angeht, so kann ich da durchaus mithalten. Ich verstehe dich nun jedoch etwas besser und du hast recht, man muss sich selber Grenzen setzen, ehe man selbst daran zerbricht. Dass Du Deine beste Freundin begleitest finde ich GROßARTIG!!! Ich habe mir immer jemanden gewünscht, der mich begleitet und mich an seinem Leben teilhaben lässt. Alles Gute für Deine Freundin!
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  #42  
Alt 08.04.2003, 19:06
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Hallo an alle,

jetzt will ich doch meine Gedanken auch mal hier ausdrücken. Mein Vater ist vor 2 1/2 Jahren an Lungenkrebs gestorben. Er hat mir in meiner Kindheit schlimme Dinge angetan, die unverzeihlich sind - zumindest habe ich es bis jetzt noch nicht geschafft. Ich bin deshalb seit Jahren in Therapie.
Als mein Vater schon krank war, habe ich ihm einen Brief geschrieben, weil ich das Bedürfnis hatte, mit ihm über diese Dinge zu sprechen und vielleicht vor seinem Tod unsere Beziehung zu klären. Der Brief war nicht böse oder ungerecht.
Seine Reaktion war "ich würde aktive Sterbehilfe leisten, ihn ins Grab bringen". Er war nicht bereit, ein Gespräch zu führen, sondern hat den Kontakt im Bösen abgebrochen. Das war ein halbes Jahr vor seinem Tod und ich habe ihn nicht mehr gesprochen.

Ich mache mir keine Vorwürfe, sondern denke, er hat diese Entscheidung getroffen, den Problemen weiterhin aus dem Weg zu gehen. Wenn ich ehrlich bin, geht es mir besser, seit er nicht mehr da ist. Auch wenn das hart klingt. Ich habe bisher auch nicht um ihn trauern können.
Was mich interessiert. Habt ihr alle so gute Beziehungen zu den Betroffenen bzw. Angehörigen, dass ihr die Krankheit mit ihnen tragen könnt? Ich hätte es nicht gekonnt. Oder muss man im Angesicht dieser Krankheit alles verzeihen können?

Liebe Grüße,
Conny
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  #43  
Alt 08.04.2003, 19:36
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Hallo Conny,

Ich freue mich über Deine offenen Worte.

Ich glaube kaum, dass jeder Hinterbliebene nur Friede, Freude, Eierkuchen in den Beziehungen mit den Betroffenen oder Angehörigen hatte. Wir hatten bestimmt alle mehr oder weniger auchh schmerzliche Zeiten. Doch wenn, wie Dir, unverzeihliche Dinge angetan wurden, heißt das noch lange nicht, dass Du verzeihen mußt, auch nicht im Angesicht der Krankheit oder des Todes. Besonders nicht, wenn Du versucht hast, damit ins Reine zu kommen und Du keine für Dich befriedigende Resonanz erhalten hast.

Ich denke, das einzig wichtige für Dich ist, einen Abschluß für Deinen Seelenfrieden zu finden.
Zu versuchen Deinem Vater zu vergeben, was er Dir angetan hat, mehr nicht.
liebe Grüße,
Jutta
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  #44  
Alt 10.04.2003, 10:35
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Hallöchen Ihr Lieben,
Hi, Conny, ja, ich glaube, ich weiss, was Du meinst. Wenn's um's Verzeihen geht, dann fragen wir uns nämlich auch oft: MUSS man denn immer alles verzeihen?
Und es fällt einem manchmal sehr, sehr schwer. Je schlimmer einem etwas "angetan" wurde, um so schwerer kann man das verzeihen.
Ich konnte damals zwar meiner Mutter verzeihen (vielleicht war das wirklich ein Segen oder sowas für mich), aber ich bin auch heute noch oft am kämpfen mit sowas. Wenn mir also eine Ungerechtigkeit wiederfährt, dann kann ich nicht einfach so locker darüber stehen und sagen: Jaja, ist gut, ich verzeihe Dir!
Da stehen also auch bei mir heute noch viele "Situationen" offen, wo ich verzeihen müsste, um MIR selber den Frieden zu geben, aber ... ich kann eben auch nicht immer.

Ich glaube, dazu braucht es schon eine innere Bereitschaft oder so.
So wie Du aber damals Deinem Vater diesen Brief geschrieben hast, so warst Du ja bereit dazu, irgend etwas zu tun, UM verzeihen zu können. Du wolltest die Dinge klären, darüber sprechen, und wenn Dein Vater offen dafür gewesen wäre, so hättest Du vielleicht verzeihen können.
Weil er's aber nicht war, so hat er Dir damit gleich nochmals ein's auf's Dach gegeben, gell? Das ist bestimmt sehr verletzend für Dich.
Aber ich denke, er war sich wohl seiner "Schuld" irgendwie bewusst, und konnte sie selbst kurz vor seinem Tod nicht damit auseinander setzen. Vielleicht war ihm das DA jetzt - im Angesicht seiner schweren Krankheit - auch total zu viel.

Ich kann aber verstehen, dass Du gleichzeitig ein "frohes" Gefühl haben kannst, dass er nicht mehr da ist. Denn Du wirst nie wieder von ihm verletzt werden, und für Dich ist das ja positiv.
Das sind dann eben diese zwei Seiten, denn einerseits geht's darum, dass der eigene Vater gestorben ist (und wer bitteschön freut sich da schon darüber, schliesslich hat man nur einen Vater), aber andererseits geht's auch darum, dass man selber von seinen Verletzungen endlich erlöst wird, und dann kann man wieder sehr froh darüber sein. - Aber das hat hier eigentlich nichts mit der Trauer um das Sterben eines Menschen selbst zu tun, sondern es sind die eigenen Erfahrungen und Gefühle, die da noch mitspielen.

Bei meiner Mutter waren es auch solche "Mischgefühle", denn obwohl ich ihr verziehen hatte, und ich wusste, ich hatte ja nur EINE Mutter, ... war da natürlich schon auch eine sonderbare "Erleichterung" da. Nämich jene, dass dieses "negative Erfahren" mit meiner Mutter nie wieder vorkommen kann! Und warum soll man darüber auch nicht erleichtert sein dürfen?

Aber "Verzeihen" heisst auch nicht, dass man einfach alles VERGISST oder so. Ich kann mich nämlich noch SEHR gut an all ihre Schläge erinnern, die ich als Kind erleiden musste. An ihre Unfairnes, an ihr Gezeter und Geschreie. An jenes also, das mir irgendwie "geschadet" hat. - Doch das "Verzeihen" hatte immerhin meinen Groll und meine Wut genommen, den ich ihr gegenüber empfunden hatte.
Und das war ein sehr, sehr wichtiger Schritt. Denn mit Groll und Wut im Bauch das Leben weiter zu gehen, ist ja auch nicht gerade angenehm. Man hat dann immer das Gefühl, dass da noch was DA ist, das ungeklärt geblieben ist, und das kann schon sehr belasten.

Aber wie gesagt, es ist nicht einfach, ich weiss, ich hätte da auch noch manches zu "verzeihen" an anderen Menschen, und da habe ich mich auch noch nicht durchgerungen. Da mach ich auch weiter mit meiner Wut und meinem Groll.
(Ist aber GAR nicht gesund, nein-nein!)

Ich sende Dir jedenfalls eine dicke Umarmung, Conny, und wünsche mir für Dich, dass Du das "Verzeihen" oder "Vergeben" für Deinen Vater doch noch schaffst. Es z.B. NUR schon mal auszusprechen: "Papa, ich verzeihe Dir!" gibt schon ein bisschen eine Erleichterung. Willst Du's mal versuchen? :-)

Ganz liebe Grüsse (auch an Jutta hier)
von der "krassen" Brigitte
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  #45  
Alt 11.04.2003, 10:28
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Liebe Jutta, liebe Brigitte,
vielen Dank für Eure Antworten, die mir sehr geholfen haben. Und Brigitte, danke für Deine Umarmung, hat gut getan...:-)
Obwohl ich auch denke, dass ich alles versucht habe was mir möglich war, mache ich mir natürlich immer noch viele Gedanken um meinen Vater. Er hat sich nicht friedlich von dieser Welt verabschiedet. Sein Gesichtsausdruck war sehr gequält und ich hatte immer noch Angst vor ihm, selbst im Tod wirkte er furcheinflößend.
Und ihr könnt euch sicher vorstellen, was es für ein Spießrutenlauf in dem Dorf war, in dem er aufgewachsen ist und auch beerdigt wurde. Die böse Tochter, die den Vater "auf dem Gewissen hat". Er hat sich noch über den Tod hinaus an mir "gerächt", indem er fast jedem die Geschichte von seiner bösen Tochter erzählt hat. Ich wurde von fremden Menschen, die ihn kannten, böse angesprochen oder beschimpft. Es wurde auch kein Beileid ausgesprochen, auch nicht von der Familie. Es war wirklich sehr schlimm für mich.
An ein Verzeihen ist für mich da (noch) nicht zu denken. Für mich geht es immer noch darum zu begreifen, dass er keine Macht mehr in meinem Leben hat. Oh, jetzt bin ich aber sehr ausgeschweift... es tut gut, sich das mal von der Seele zu schreiben. Danke fürs "Zuhören".
Liebe Grüße an alle,
Conny
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