Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 13.08.2008, 19:41
johannes75 johannes75 ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 28.01.2008
Beiträge: 4
Standard War ich egoistisch?

Hallo ihr alle,

ich würde mich freuen, ein paar Gedanken und ehrliche Meinungen von euch zu bekommen, denn mich bedrückt der Tod meines Vaters seit einem dreiviertel Jahr ganz schrecklich.
Ich habe hier drin auch schon mal geschrieben vor einiger Zeit, habe gedacht, irgendwann werden meine Gewissensbisse vielleicht aufhören, aber nichts ist geschehen, es wurde eher immer schlimmer.
Folgendes ist passiert: Mein Vater hatte Prostatakrebs diagnostiziert bekommen im Januar 2005. Er fiel daraufhin für ein halbes Jahr in eine schwere Depression. In dieser Zeit bin ich von meinem Studienort wieder zu meinen Eltern gezogen, um für meinen Vater da zu sein. Im Sommer 2005 beschloss ich, mein Referendariat (bin Hauptschullehrer) in meinem Heimatregierungsbezirk (Unterfranken) zu machen. Zwei weitere Jahre habe ich bei meinen Eltern gelebt, um mir Zeit für meinen Vatr zu nehmen. Im Sommer 2007 stand für mich eine schwere Entscheidung an: Ich war zu diesem Zeitpunkt 32 Jahre alt und mit meinem Leben als Single total unglücklich. Daher hatte ich den großen Wunsch, in eine andere, eher städtische Gegend zu ziehen, um dort einen neuen Bekanntenkreis und vielleicht eine liebe Freundin zu finden. Andererseits ging es meinem Vater zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich schon sehr schlecht. Es standen viele Untersichungen an, die zwar allesamt recht positiv ausfielen, jedoch hatte mein Vater schon starke Rückenschmerzen und es stand im Raum, das diese Schmerzen vielleicht doch etwas mit dem Krebs zu tun haben.
Ich sprach mit meinem Vater über meine Gefühle und er machte mir daraufhin Mut, mich wo anders hin zu bewerben. So "verlies" ich im Sommer 2007 meinen Vater und zog nach Oberbayern, 300 km weiter in den Süden, um dort an einer neuen Schule anzufangen. Ich fuhr allerdings jedes Wochenende nach Hause, um für meinen Vater da zu sein. Im Oktober verschlechterte sich der Krankheitszustand meines Vaters rapide und am 9. November 2007 verstarb er. Ich konnte meinen Vater in den letzten beiden Wopchen seines Lebens noch pflegen, war rund um die Uhr bei ihm und war geade dabei, einen unbefristeten, unbezahlten Pflegeurlaub zu beantragen. Der Tode meines Vaters machte allerdings den Antrag dann nicht mehr notwendig.
Seit dieser Zeit habe ich schreckliche Angst: Ich versuche, mich meinen Mitmenschen gegenüber sozial und hilfsbereit zu verhalten. Und ich wünsche mir so sehr eine liebe Freundin, der diese sozialen Werte genauso arg wichtig sind. Ich habe allerdings eine rießen Angst, genau bei diesen Frauen mir alle Möglichkeiten einer Partnerschaft verbaut zu haben. Ich habe Angst, dass eine Frau, die mich kennenlernt und der ein mitmenschliches Verhalten ihres potentiellen zukünftigen Partners sehr wichtig ist, dass eine solche Frau von mir abgeschreckt wäre. Abgeschreckt deshalb, weil ich auch noch bei meinem Vater hätte bleiben können und fortzog. Weil ich meinen eigenen Wünschen in dem Moment den Vortritt gab, obwohl mein Vater schon sehr krank war.
Vielleicht hört sich das alles komisch an, aber vielleicht habt ihr auch Verständnis für meine Angst, die wirklich rießig ist.
Über eure, bitte ehrliche Meinung, wäre ich sehr dankbar, auch wenn sie schmerzhaft sein sollte.

Johannes
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 13.08.2008, 20:45
Benutzerbild von Dany30
Dany30 Dany30 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.12.2007
Beiträge: 297
Standard AW: War ich egoistisch?

Lieber Johannes,

bitte quäl Dich nicht so mit Selbstvorwürfen..... Du hast für Deinen Vater alles getan, was in Deiner Macht stand. Du warst die letzen Wochen Tag und Nacht bei Ihm, hast Ihn gepflegt, umsorgt. Und Du warst bei Ihm als er starb.
Dein Vater kann und ist mit Sicherheit sehr sehr stolz auf Dich.....
Ich schliesse mich Tina an...die Frau die Dein Verhalten als egoistisch ansieht, hat Dich nicht verdient.....
Mein Papa und ich hatten auch eine Distanz von 450km, ich war so oft es ging bei Ihm, und auch als er starb war ich bei Ihm.....das war und ist für mich sehr wichtig. Ich hab mich auch oft gefragt, ob ich genug für meinen Vater da war, ich kann Dich also ganz gut verstehn...
Aber Deine Zweifel sind unbegründet...glaub mir........ Du hast so wie Du gehandelt hast, genau dass richtige getan.....Und Dein Vater sieht das bestimmt genauso...

Ich wünsch Dir alles alles Gute......
Liebe Grüße Dani
__________________
DAS WAS MAN TIEF IM HERZEN BESIZT, KANN MAN DURCH DEN TOD NICHT VERLIEREN.

Mama 1939-2000
Papa 1935-2007

DANKE FÜR ALLES!!!!
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 15.08.2008, 20:40
Benutzerbild von Ramonali
Ramonali Ramonali ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.03.2008
Ort: Berlin
Beiträge: 257
Standard AW: War ich egoistisch?

Lieber Johannes,
erst einmal mein aufrichtiges Beileid zu deinem Verlust! Und nein, auch du bist in meinen Augen keineswegs egoistisch gewesen...sondern warst da in schwierigen Momenten und hast deinen Vater gepflegt, bis zum Schluß...Das ist leider nicht in jeder Familie möglich...Du hast alle menschenmögliche getan und ich glaube dafür ist dir dein kleiner Paps sehr sehr dankbar!
Ganz liebe Grüße...
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 17:23 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55