Warum???

[bernhardiner]

Ich habe oft und lange in der letzten Zeit in diesem Forum gelesen. Es dauert eine Weile bis man den Mut findet, sein innerstes offen zu legen. Meine Frau erhielt im Frühjahr die Diagnose Gallenblasenkarzinom mit Einstreuungen in die Leber sowie Metastasen an den Lymphknoten. Es folgte eine Odyssee durch verschiedene Klinken, bevor man endlich feststellte, inoperabel. Dann kam eine Serie von 13 Chemo-therapien. Danach eine erneute CT mit der ernüchternden Diagnose, die Metastasen an den Lymphknoten sind zumindest nicht gewachsen, dafür sind an der Leber neue Stellen dazugekommen die bereits vorhandenen sind gewachsen. Meine Frau hat körperlich total abgebaut. Nach der Chemo hat sie über 30kg abgenommen. Zur Zeit wird sie künstlich ernährt. Jede Nacht bekommt sie einen Tropf. Sie bekommt starke Schmerzmittel, dadurch schläft sie fast den ganzen Tag. Wir sind jetzt seit 40 Jahren zusammen, hatten noch so viele Pläne. Nun sitze ich hilflos an ihrem Bett und versuche immer noch sie aufzubauen. Dabei wissen wir beide, nur ein Wunder könnte jetzt noch helfen. Nach Gesprächen mit der Arbeitsgruppe biologische Krebstherapie wurde uns eine Mistel-Therapie empfohlen. Aber der Körper meiner Frau ist schon so geschwächt, sie würde die Therapie nicht verkraften.
Ich liebe meine Frau auch noch nach 40 Jahren über alles und kann mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen.

[Katharina]

Hallo Bernhardiner,
es ist schön zu lesen, dass Du Deine Partnerin nach 40 Jaren immer noch so sehr liebst. Dass wird Ihr sicher helfen.
Die Mistel ist sicher einen Versuch wert. Sie soll das Allgemeinbefinden verbessern und die Abwehrkräfte stärken.
Ich drück Euch ganz fest die Daumen.
Viele Grüße

[bernhardiner]

Hallo Katharina,
vielen Dank für Deine Zeilen. Heute geht es meiner Frau nicht so gut. Ihr ist furchtbar schlecht und sie hat Schmerzen. Trotz der starken Schmerzmittel. Aber wir haben trotz allem auch sehr schöne Momente. Dann liegen wir einfach nebeneinander und reden kein Wort. Einfach nur die Hände halten. Leider holt uns aber die Realität schnell wieder ein. Wir verbringen aber auch Zeit miteinander und weinen um die Wette. Es ist eine Achterbahn.
LG Bernhardiner

[bernhardiner]

Diese Nacht haben wir beide sehr wenig geschlafen. Die Schmerzen wurden ziemlich heftig. Ich halte meine Frau dann ganz fest. Ich habe aber immer Angst, ich könnte plötzlich aufwachen und sie atmet nicht mehr. Dann schaue ich ganz vorsichtig zu ihr hinnüber. Wenn ich dann sehe, sie schläft ganz ruhig, bin ich wieder entspannt.
Neuerdings schläft unsere Hündin die ganze Nacht neben dem Bett von meiner Frau. Das hat sie früher nie gemacht. Nun aber scheint auch sie zu spüren, wer ihre Zuwendung braucht. Hunde haben eben doch ein feines Gespür.
LG Bernhardiner

[bernhardiner]

Die Dosis der Schmerzmittel reicht nicht mehr über die Nacht. Wir wollen heute mit der Hausärztin besprechen, was man tun kann. Es gibt ja auch Schmerzpflaster, aber die führen oft zu Darmträgheit und meine Frau hat da sowieso schon Probleme. Ich habe aber auch Angst, je stärker die Schmerzmittel werden, um so weniger nimmt meine Frau noch von ihrer Umgebung wahr. Ist das jetzt schon ein Abschied auf Raten? Man steht so hilflos daneben.

[bernhardiner]

Das Wochenende war genau geteilt. Am Samstag war meine Frau kaum ansprechbar. Sie hatte Schmerzen und vorallem war ihr sehr übel. Dagegen war der Sonntag für unsere Verhältnisse ausgesprochen schön. Wir haben gemeinsam Tee getrunken und das Haus ein wenig adventsmäßig geschmückt.

[bernhardiner]

Ich wollte mich einfach mal wieder melden. Vielen Dank denen, die uns hier Trost zugesprochen haben. Der Zustand meiner Frau verschlechtert sich immer mehr. Sie nimmt immer noch ab, trotz der künstlichen Ernährung, aber die bringt ja auch nur eine Grundversorgung. Sie hat kaum noch Kraft und kann sich eigentlich nur mit Mühe auf den Beinen halten. Dadurch liegt sie nun die meiste Zeit im Bett. Um die Schmerzen einigermaßen zu kompensieren, wurden die verabreichten Schmerzmittel gesteigert. Das hat zur Folge, das sie die meiste Zeit nicht richtig ansprechbar ist. Sie vermischt ganz enorm Realität und Traum. Ich habe Angst, das ich all dem irgendwann auch nicht mehr gewachsen bin. Ich möchte meiner Frau sogern helfen und wenn ich aus dem Schlafzimmer gehe, heule ich wie ein Schlosshund. Wir hätten jetzt noch einmal ein CT machen sollen. Aber die Hausärztin hat uns abgeraten. Sie sagte nur, das wollen wir doch nicht wissen, wo jetzt noch Metastasen hinzugekommen sind. Wir haben uns dann beraten und haben uns dazu entschlossen, dieses CT nicht mehr machen zu lassen. Es ist eine zusätzliche Belastung und ändern kann es auch nichts. Es wird ein trostloses Weihnachtsfest in diesem Jahr. Ich werde zwar versuchen, es doch noch einigermaßen schön zu machen, aber es wird immer etwas über uns schweben.
Ich werde sogar versuchen, zum ersten mal in meinem Leben eine Ente zu zubereiten. Meine Frau wird zwar sowieso nichts davon essen, aber bei uns gehört das eben dazu.
Herzliche Grüße
Siegfried

[saddaughter]

Lieber Siegfried,

ich möchte dich erstmal in Gedanken drücken, denn ich kann mir so gut vorstellen, wie es gerade in dir aussieht.

Das Päckchen, welches du zur Zeit zu tragen hast, ist schwer. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.

Mein Papa ist am 7.Dezember an diesem Mistvieh von Krebs gestorben, nur 3 Monate nach der Diagnose.

Ich weiß, wie oft man selbst an seine physischen und psychischen Grenzen gerät, auch wenn man für seine Angehörigen stark sein will.

Der Berg vom Parkplatz zur Spezialklinik, in der mein Vater lag, schien für uns auch jeden Tag steiler zu werden.

Man möchte zu 100% für seine Lieben dasein, ist aber oft selbst nahe an einem Zusammenbruch.

Ich möchte dir Mut zusprechen, für den schweren Weg, der noch vor dir und deiner Frau liegt.

Ich weiß, wie schwer es ist, jemanden leiden zu sehen, den man so sehr liebt, und selbst teilweise einfach hilflos zu sein.

Dieses Gefühl war in den letzten Wochen und Monaten mein ständiger Begleiter.

Ich wünsche euch beiden, dass ihr noch ein, den Umständen entsprechend, schönes Weihnachtsfest zusammen erleben könnt.

Genießt eure Zeit zu zweit so bewusst, wie es geht.

Ich denk an euch!

LG!

saddaughter

[Clivia]

Hallo Bernhardiner
Nach dem "Warum?" darf man im Leben nicht fragen-das gibt es nicht. Als mein Mann vor ein paar Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist,dachte ich mir auch-das wars-ohne ihn gab es für mich keine Perspektive mehr im Leben. Ich lernte meinen jetzigen Lebensgefährten kennen,und das Leben ging weiter. Aber nun ist er unheilbar krank,und dieser Teufel von Krebs hat sich auf seinem kleinen Stückchen Leber, das er noch hat, breitgemacht.
Seine Schmerzen sind trotz Morphine manchmal so heftig,daß er nachts stundenlang unter der warmen Dusche im Bad sitzt und weint.Leider bin ich der Prellbock für seine Stimmungsschwankungen,und er weiß oft nicht,wie sehr er mich damit verletzt. Man möchte helfen und kann es nicht,man sitzt daneben und weiß keinen Rat. "Gute" Freunde haben sich zurückgezogen,da sie mit dieser Situation nicht umgehen können. Ja,man muß alleine damit klarkommen.Hilf Dir selbst,sonst hilft Dir keiner.
Nun hat er seit geraumer Zeit mit Wasseransammlungen im Körper zu kämpfen. Seit seiner Leisten-Op sitzt ihm das Wasser auch noch im Hoden,so daß er manchmal kaum gehen kann.Er mußte dort operiert werden,da er sich beim Pressen auf der Toilette zu sehr angestrengt hatte,und es dadurch zum Leistenbruch gekommen ist.Mittlerweile nimmt er ein mildes Abführmittel mit Namen Movicol.
Ich wünsche Dir viel Kraft,und versuche,trotz allem,in ruhigen Momenten zu entspannen-ich mach das auch. Drück dich in Gedanken,und wünsche Dir,und allen anderen Leidensgenossen in diesem Forum ein friedliches uns schönes Weihnachtsfest!
Alles Liebe
Clivia

[bernhardiner]

Erst einmal vielen Dank denen, die mir geschrieben haben. Es ist schön zu wissen, da gibt es Menschen, die fühlen mit einem. Ich wünsche allen für das neue Jahr, dass all Eure Wünsche in Erfüllung gehen mögen und sich Eure Vorsätze umsetzen lassen.
Meine Frau ist jetzt seit einer Woche im Krankenhaus. Heute hat man ihr einen Stent in den Gallengang gesetzt. Wie ich glaube viel zu spät. Man hätte ihr sicher viele schlimme Stunden ersparen können. Nun hoffe ich, es gibt keine Komplikationen. Sicher ist alles nur ein Hinausziehen und Verlängern, aber ich finde jeden gemeinsamen Augenblick, den wir noch verleben dürfen, so ungeheuer wertvoll. Deshalb bin ich auch jeden Tag für 6-8 Stunden im Krankenhaus. Wenn es nun noch gelingt, sie einigermaßen beschwerdefrei zu bekommen, ist schon viel erreicht.
Liebe Grüsse
Siegfried

[bernhardiner]

Ich weiß nicht, ob ich wirklich so ein starker Mann bin. Ich versuche nur, es meiner Frau so leicht wie irgend möglich zu machen. Und ich versuche unserem Sohn, der das alles sehr schwer nimmt, eine Stütze in dieser Zeit zu sein.
Meine Frau ist nun schon ein paar Tage aus dem Krankenhaus entlassen. Das mit dem Stent hat beim 2. Anlauf funktioniert und der Erfolg war kurzfristig ganz toll. Sie konnte am nächsten Tag schon wieder feste Nahrung zu sich nehmen. Wir hatten schon auf eine richtige, anhaltende Besserung gehofft. Leider war das alles schon am Sonntag wieder vorbei. Seit dem dämmert sie nur noch vor sich hin, ißt und trinkt nichts, wird also wieder komplett über den Tropf versorgt. Die Ärzte sagen, der Krebs hat ein neues Stadium erreicht, nämlich das Endstadium. Jetzt versuchen wir nur noch, sie möglichst Beschwerdefrei zu halten. Irgendwann wird sie dann hinüber dämmern und an der Regenbogenbrücke wieder aufwachen. Sie wird über die Brücke gehen und dort alles, was sie geliebt hat, ob Mensch oder Tier, und diesen Weg schon vor ihr gegangen ist, wieder treffen.

[rudi1970xxx]

Ich bin zutiefst erschüttert ob eures Leides das ihr ertragen müsst.
Du bist so stark,bewundernswert.
Auch meine Frau ist schwerkrank,auch wir haben ein Kind(eine Tochter),so kann ich zumindest ansatzweise mich in Eure Situation hineinfühlen.
Ich wünsche euch weiterhin alles nur erdenklich Gute!
Lieben Gruss

[bernhardiner]

Gestern Abend um 18.15Uhr ist meine Frau ganz ruhig eingeschlafen. All die Qual und Schmerzen haben nun ein Ende. Ich habe ihre Hand gehalten und sie hat einfach aufgehört zu atmen. Trotzenden kann ich es immer noch nicht fassen. Wir kannten uns 40 Jahre und waren davon 37 Jahre verheiratet. Karin fehlt mir schon jetzt an allen Ecken und Kanten. Mein einziger Trost ist, das sie nun über die Regenbogenbrücke gegangen ist und nun all die lieben Menschen und Tiere getroffen hat, die schon lange vorher den Weg gegangen sind. Ihre Mutti, unsere Susi, meine Schwester Veronika und noch viele mehr.
Ich wünsche allen in diesem Forum, gebt die Hoffnung nie auf. Es gibt Spontanheilung und viele andere Sachen mehr. Laßt Euch nicht unterkriegen.
Ich wünsche Euch alles liebe und Gute, auch im Namen meiner Karin. Sie hat wirklich gekämpft, obwohl der Kampf von Anfang an aussichtslos war.

Liebe Grüße, Siegfried

[Dirk1973]

Lieber Siegfried,

mir fällt es immer ausserordentlich schwer die "richtigen" Worte bei solch traurigen Nachrichten zu finden. Denn keines meiner Worte wird Deinen Schmerz, Deinen Verlust mildern können.

So lasse ich Dich einfach nur wissen, dass es mir sehr leid tut und ich Dir alle Kraft der Welt wünsche.

[Clivia]

Sende Dir,lieber Siegfried,stille Grüße und wünsche Dir,daß Dir die Zeit hilft mit Deinem schweren Verlust umzugehen.
Du bist ein starker Typ,der seine Frau bis zuletzt nicht losgelassen hat,und sie durch ihre schwere Zeit begleitet hat.So viel Kraft haben nicht viele.
Alles erdenklich Gute auf Deinem Weg.
Liebe Grüße
Clivia