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  #1  
Alt 30.07.2003, 22:08
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Standard Abschied nehmen...

Am 1. Mai 2003 abends ist mein Vater im jungen Alter von 55 Jahren an Leberkrebs gestorben.
Ich hatte die letzen 2 Jahre keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Es ist eine lange Geschichte, die ich euch hier nicht "antun" möchte. Als ich erfuhr, dass er (mal wieder) im Spital ist, es diesmal aber wirklich schlimm um ihn steht, bin ich über meinen Schatten gesprungen, und habe ihn besucht. Er sass da... so abgemagert.. konnte nicht mehr sprechen, und sah mich nur mit grossen Augen an. Aber er hat mich erkannt, das merkte ich. Er freute sich auch über meinen Besuch, das war unübersehbar. Von da an, habe ich ihn sehr oft besucht, und es war ein wundervolles Erlebnis, wie er von Tag zu Tag wieder aufblühte, wieder reden und lachen konnte, so dass wir doch noch die Gelegenheit hatten, einiges zu bereinigen. Wir haben uns gegenseitig verziehen und ich wusste, dass jetzt alles gut kommt. Da der Krebs aber schon in fortgeschrittenem Stadium war, gab ihm der Arzt noch ca. 1 Jahr... es könne aber auch nur ein Tag sein.
Wir haben von da an wirklich jeden Tag genossen, wie nie zuvor. Niemals in meinem ganzen Leben, habe ich soviel Liebe von meinem Vater zu spüren bekommen wie in diesem letzten halben Jahr... ich habe es richtig genossen - und er auch.
Seine Fortschritte gingen immer weiter.. als ich ihn eines Tages im Heim, in welches er inzwischen verlegt wurde, besuchte, kam er mir laufend entgegen, wo er doch noch die Woche zuvor im Rollstuhl herumfuhr... ich hab nur noch geweint vor Freude, und er hat mir stolz zugezwinkert, als er mir entgegenlief....

Irgendeines Tages mussten wir uns gemeinsam mit der Heimleitung entscheiden, meinen Vater wieder in den Spital zu verlegen, da sich das Wasser wieder angesammelt hatte. 2x wurde ihm Wasser entzogen, aber es kam immer gleich wieder...sein Zustand verschlechterte sich nach ca. 2 Wochen Spitalaufenthalt auf einmal rapid. Meine Stiefmutter rief mich an, am späteren Nachmittag vom 1. Mai 2003 und teilte mir mit, dass es meinem Vater nicht gut gehe, wir sollten sofort in den Spital kommen, was wir natürlich auch gleich taten. Er war inzwischen ins' Koma gefallen... Zirka 5 Stunden verbrachte ich noch bei ihm, hielt seine Hand, streichelte sein Gesicht, küsste seine Wangen und sprach mit ihm. Kurz nach 20.00 Uhr, durfte er dann friedlich einschlafen....

Es sind 3 Monate vergangen seither und ich fühle mich noch immer total leer. Dieser "Seelenschmerz" tut unglaublich weh und ich habe das Gefühl, als könnte ich nur noch weinen. Ich vermisse ihn so, und frage mich immer wieder wieso? Ich bin sicher froh, dass wir noch Frieden schliessen konnten, bevor er gehen musste. Aber dies hilft mir auch nicht über die Trauer hinweg. Ich vermisse sein Lachen, sein Witz, sein Charme, seine Liebe... seine Güte, seine Offenheit, seine Art... ich vermisse alles an ihm. Ich weiss gar nicht wie ich ohne ihn weiterleben soll. Jeder Tag vergeht wie wenn "alles beim alten" wäre, aber für mich ist kein Tag mehr so, wie er zuvor war. Ich werde ihn nie vergessen und weiss heute noch nicht, wie ich jemals all das verarbeiten soll. Wenn doch nur dieser Schmerz endlich mal ein bisschen nachlassen würde!!?
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  #2  
Alt 31.07.2003, 11:15
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Abschied nehmen...

Liebe Yvonne,

wie schön, dass Du Dich mit Deinem Vater versöhnen konntest und ihr noch eine wunderschöne liebevolle Zeit miteinander haben konntet. Das ist ein großes Geschenk. Dass Du traurig bist, ist ja völlig verständlich. Aber sieh es einmal so, vielleicht hättet ihr diese "gute" Zeit sonst gar nicht mehr haben können.

Ich habe meinen Vater vor 3 Jahren an LK verloren, wir hatten auch keinen Kontakt mehr. Er ist gegangen ohne Abschied, wollte mich nicht mehr sehen und hat allen Verwandten erzählt, dass ich schuld bin, dass er sterben muß, weil ich so eine böse Tochter bin. Ich mag das jetzt nicht in allen Einzelheiten schreiben, aber Du kannst Dir sicher vorstellen, was da in einem kleinen Dorf bei der Beerdigung abgegangen ist. Er hat sich auch nach dem Tod noch an mir gerächt, indem er alle gegen mich aufgehetzt hat.
Und das alles nur, weil ich auch versucht hab, wieder Kontakt aufzunehmen und ihm aber auch ein paar Dinge gesagt habe, die ihm nicht gepasst haben. Ich hatte einfach das Bedürfnis nach Klärung. Dafür bin ich von ihm "bestaft" worden.

Deine gemeinsame Zeit mit Deinem Papa ist so wertvoll - behalte sie in Deinem Herzen. Du darfst traurig sein, mach die Trauer nicht weg, nimm Dir die Zeit, die Du brauchst. Der Schmerz wird weniger werden und die Erinnerung bleibt.
Ich denke an Dich.
Liebe Grüße,
Conny
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  #3  
Alt 31.07.2003, 23:14
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard @ Conny

Hallo Conny

Deine Antwort hat mich tief berührt... ich glaube ich kann sehr gut nachvollziehen, was du durchmachst/oder machen musstest. Mein Vater wäre nie und nimmer auf mich zu gekommen, das weiss ich. Mein Vater war nicht immer einfach und ich habe viel schlechtes erlebt, wegen ihm. Und trotzdem bin ich froh, dass ich noch mit ihm Frieden schliessen durfte. Zum ersten Mal in meinen 26 Jahren, hat er wirklich Gefühle gezeigt.. ich weiss dass ihm das nicht leicht gefallen ist, und daher schätze ich das auch so sehr.
Ich will nicht über deinen Vater "herziehen" oder ihn schlecht machen, weil er dich so behandelt hat, oder sich so an dir "gerächt" hat... Ich weiss aber wovon ich spreche, wenn ich sage, wie schwer es ist einen solch "schwierigen Vater" zu haben. Vielleicht fällt es dir schwer, mir folgen zu können, wenn ich das jetzt sage, aber ich hoffe dennoch, dass du deinem Vater verzeihen kannst. Ich glaube fest daran, dass er - egal wo er jetzt ist - stolz auf dich herabblickt, und sich darüber ärgert, dass er so ein Dickkopf war. Ich kenne deine "Geschichte" nicht, und will mir überhaupt nicht erlauben, über etwas resp. jemanden zu urteilen, den ich überhaupt nicht kenne, aber wenn mein Vater solche Gefühle zeigen konnte, kann es bestimmt jeder... irgendwann!!

Ich denke auch an dich! Vielen Dank für deine Antwort.

Yvonne
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  #4  
Alt 01.08.2003, 23:20
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Standard Abschied nehmen...

Hallo Yvonne,
ich danke Dir für Deine netten Zeilen.
Wie schön, dass du meinem Vater freundliche Gefühle zutraust, ich glaube da ehrlich gesagt nicht daran. Zumal er mir häufig im Traum begegnet und auch im Traum immer noch sehr böse ist. Das sind für mich meistens schlimme Alpträume.
Er hat mir Dinge angetan, die nicht zu verzeihen sind, ich denke, Du hast eine Ahnung davon.
Und ob ich jemals dahinkommen werde, ihm zu verzeihen... ich kann es mir zur Zeit nicht vorstellen.

Alles Gute Dir, Dein Vater passt sicher auf Dich auf und ist bei Dir. Ich finde es sehr schön, dass er über seinen Schatten springen konnte.
Liebe Grüße,
Conny
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  #5  
Alt 02.08.2003, 14:18
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Beiträge: n/a
Standard @ Conny

Hallo nochmals Conny

Ich weiss nicht, ob ich einfach so über deinen Vater urteilen darf/kann, da ich ihn ja überhaupt nicht kannte. Wenn ich sage, dass ich hoffe, dass du ihm eines Tages verzeihst, dann ist das einfach so "dahin geredet", weil es halt schön wäre, und ich mir sicher bin, dass du so irgendwann "loslassen "könntest. Wenn du aber im "Unreinen" bist mit deinem Vater, werden dich gerade solche Albträume wohl noch lange verfolgen... jedenfalls denke ich das jetzt einfach mal so.
Weisst du, mein Vater hat mir auch vieles angetan, wovon ich noch bis vor ca. einem 3/4 Jahr dachte, das sei unverzeilich, aber irgendwann musste ich mir sagen, dass ich nun alt genug und selber für mein Leben verantwortlich bin. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass niemand perfekt ist und auch "Eltern" nicht perfekt sein können... natürlich brauchte ich lange, ihm verzeihen zu können, aber heute bin ich froh hab ich's getan. Ich glaube nicht dass es zu spät ist, deinem Vater irgendwann - selbstverständlich erst wenn du bereit bist dazu - zu verzeihen... er wird es "hören" können!!?

Ich weiss nicht.. ist einfach so das, was mir gerade so durch den Kopf geht, wenn ich deine Postings lese... kann natürlich auch völliger Schwachsinn sein - wer weiss das schon!
Wichtig ist einfach, dass du das tust, was du tun willst, und so wie es für dich stimmt!!? Ich denke einfach, dass es für dich noch nicht stimmt, so wie es ist, denn darum verfolgen dich ja diese Albträume... glaubst du nich tauch!!?

Danke für deine Worte.

Yvonne
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