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  #1  
Alt 12.01.2014, 16:47
bella 75 bella 75 ist offline
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Registriert seit: 10.01.2014
Beiträge: 3
Standard Hilflos, Traurig,Verzweifelt

Hallo liebe Foris,
Ich habe mich hier angemeldet weil ich mit der Situation nicht mehr klar komme. Leider stelle ich fest das im privaten rahmen niemand in der Lage ist offen zu reden. Jeder verdrängt es, obwohl wir seit Freitag die Gewissheit haben das mein Bruder, 46 Jahre unsere Familie verlassen wird. Endstadium Lungen krebs. Metastasen im Kopf, wirbelsäule, arme, beine, hoden...

Die ärzte meinten man kann jetzt jeden Tag damit rechnen. Das alles ist einfach unvorstellbar. Ich fühle mich als wär das ein Film. Das alles geht so schnell und wäre nicht der Schmerz und diese hilflosigkeit wäre es so unwahr.

Gestern war ich im kh meinen Bruder abholen, er darf heim die ärzte meinten er muss wenn er will nicht zuhause sterben. Ich bin geschockt von soviel ehrlichkeit.

Aber was das schlimmste ist, ich weiß nicht wie ich ihm gegenüber damit umgehen soll. Er hat gestern auf der fahrt nachhause das Thema angesprochen weil er ja auch 2 kleine Kinder (1 und 3jahre) hat. Er ist gefasster als wir, seine familie. Meine Mutter ist am Bodenzerstört und sagt ich könnte nicht verlangen das sie als Mutter mit ihrem Kind über den Tod reden kann. Sie hat es versucht, aber es ging nach hinten los. Sie brach bitterlich in Tränen aus. Für meinen Bruder und mich das erste mal das wir Mama haben weinen sehen. Auch unser Bruder, wir sind 4 Geschwister, kann nicht damit umgehen. Auch er heult sich vor ihm die Augen aus, was meinem Bruder nicht gut tut. Er meinte gestern er fühlt sich schuldig...das finde ich bedenklich.

Habe ihm gestern tapfer zur Seite gestanden, ihm zugehört, geantwortet auf seinen Wunsch das wir nach seinem Tod uns bitte weiterhin um seine Frau und Kinder kümmern. Das alles ist ihm wichtig zu erwähnen, auch wenn er weiß das unsere Familie wie ein Fels ist, er wollte es auch hören.
Ich habe innerlich so einen Druck verspürt, es ist alles einfach so ungerecht. Ich bin die jüngste von allen, biologisch muss man damit rechnen das ich sie alle zu grabe bringe, aber doch nicht jetzt schon.

Ich hoffe das andere angehörigen mir tipps geben können wie ich mich verhalten kann und wie nicht. Das sein Tod kommen wird ist unaufhaltbar, aber wie verhalte ich mich? Wie gehe ich mit dem Schmerz um, wie kann ich meiner Mutter beistehen und wie meinem Bruder wenn er wieder darüber reden will. Ich weiß das ich die einzige bin die offen mit ihm über den Tod reden kann, aber wie redet man mit einem sterbenden???

Das alles macht mich fix und fertig weil ich damit alleine bin. Auch im Privatleben oder Freundeskreis ist das Thema ein Thema wo das Thema gewechselt wird.

Ich komm mir so hilflos und verzweifelt vor.

Euch allen einen ruhigen abend, bella
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  #2  
Alt 13.01.2014, 07:41
Kolibri62 Kolibri62 ist offline
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Beiträge: 281
Standard AW: Hilflos, Traurig,Verzweifelt

Liebe bella!
Es tut mir so leid, dass ihr auch alles durchmachen müsst!
Glaube mir, du bist nicht alleine. Auch wenn es dir im Moment nicht viel hilft!
Wenn dein Bruder reden will, rede mit ihm! Das ist ganz wichtig!
Seid alle für ihn da.....und redet!

Ich habe alles leider hinter mir!
Es ging alles sehr schnell, ich wollte meinem Mann seinen Wunsch erfüllen, nach hause zu kommen und zu hause zu sterben!
Wir hatten noch so viel zu bereden! Und plötzlich lief alles aus dem Ruder und er starb innerhalb von 18 Stunden!

Es tut mir im Herzen weh, wenn ich lese, wie klein die Kinder deines Bruders sind!
Aber leider hat das Leben und diese schwere Krankheit kein Erbarmen!
Versucht ihm den Abschied so leicht wie möglich zu machen!
So schwer wie es ist, er ist jetzt die Hauptperson, es geht um ihn, nicht um euch!!

Ich schicke dir ganz viel Kraft! Und ihr werdet sie haben!
__________________
Meine Liebe, mein Joachim
26.11.1962-03.01.2014
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  #3  
Alt 14.01.2014, 05:13
Kolibri62 Kolibri62 ist offline
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Beiträge: 281
Standard AW: Hilflos, Traurig,Verzweifelt

Liebe Bella!
Ich habe immer alles ganz "normal" gemacht. Vom Alltag zu hause und auf der Arbeit gesprochen. Davon, wie ich die Möbel umstelle, damit ein Pflegebett reinpasst und er alles einfach erreichen kann!
Wir haben weiter Pläne gemacht, obwohl es klar war, dass es nur noch Monate sein werden.
Die Lungenentzündung hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht!
Ich habe es immer noch nicht verstanden, dass er gegangen ist!
Sicherlich funktioniere ich, weil ich muss. Ich habe so viel zu tun, dass ich kaum zur Ruhe komme.
Allerdings bin ich auch dankbar, dass es so schnell ging!
Es ist ihm und auch mir vieles erspart geblieben.
Ich glaube, man kann es kaum vergleichen! Es sind kleine Kinder da! Eine Familie wird auf die brutalste Art und Weise auseinander gerissen!
Ich kann dir keine tipps geben!
Ich kann nur sagen, was für uns gut war!
__________________
Meine Liebe, mein Joachim
26.11.1962-03.01.2014
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  #4  
Alt 14.01.2014, 09:06
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Beiträge: 203
Standard AW: Hilflos, Traurig,Verzweifelt

Hallo Bella,
es tut mir sehr leid für Dich. Ich denke, es ist für Deinen Bruder wichtig, dass er über den Tod sprechen kann. Es gab Zeiten, da wollte meine Frau nicht über das Thema sprechen, dann habe ich sie auch in Ruhe gelassen. Aber dann gab es Tage, da wollte sie sprechen. Sie sagte "Ich will leben, aber nicht in diesem Zustand. Ich bitte Gott, dass ich entweder wiederr gesund werde oder bald sterbe." In ihren letzten Wochen wußte sie, dass sie nicht wiederr gesund wird. Sie hat einiges geregelt und wollte dass auch. Diese Möglichkeit sollte man einem Sterbenden geben. Sie war dann froh, dass sie im Hospiz war.
Liebe Grüße
Hermann
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  #5  
Alt 14.01.2014, 10:10
Benutzerbild von Rachel
Rachel Rachel ist offline
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Beiträge: 1.504
Standard AW: Hilflos, Traurig,Verzweifelt

es tut mir so leid das ihr all das durchmachen müsst. auch mein mann ist an einem adenokarzinom gestorben. mein mann wußte seit märz 2013 das er sterben wird und ist dann am 27.7.2013 gestorben. ich habe bis zuletzt gehofft auf ein wunder, daß alles nur ein irrtum ist und er wieder ganz gesund wird. ich wollte es nicht glauben das er so schwer krank ist.

die letzten wochen habe ich ihn zu hause gepflegt, auch mein mann hatte große angst ersticken zu müssen, dafür hat er den sauerstoff bekommen (der hat zum schluß aber auch nicht mehr gereicht) und morphium das ihm die angst nehmen sollte. Was uns niemand gesagt hat, sobald man morphium nimmt, ist der mensch nicht mehr derselbe. ich konnte mit meinem mann keinen vernüftigen satz mehr sprechen, es war einfach schlimm und so fehlt mir die richtige verabschiedung bis heute, was mich jedoch tröstet ist, daß dieses morphium meinem mann wahrscheinlich die angst vor dem tode genommen hat. er hatte nie angst davor bzw. hat nie davon gesprochen - aber er war auch in einer anderen welt.

was ich dir aus erfahrung mitgeben kann. sprecht viel, sprecht über alles soferne es dein bruder möchte. nimm ihn in den arm, er muß das gefühl haben nicht alleine zu sein und das immer jemand da ist der ihm zur seite steht. auch das für die familie alles getan ist und wird, daß wird ihm den frieden geben und ansonst kann man ihm nur wünschen, das er friedvoll in die andere welt - ohne schmerzen und angst - hinübergleiten darf.

ich weiß wie stark der schmerz ist, wie weh es tut. es bringt einem fast um den verstand.

lg gitti
__________________
mein Mann: Adenokarzinom

man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt trotzdem wenn es dunkel ist - Kafka
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  #6  
Alt 14.01.2014, 15:58
bella 75 bella 75 ist offline
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Beiträge: 3
Standard AW: Hilflos, Traurig,Verzweifelt

Hallo ihr lieben, wenn ihr wüsstet wie sehr ihr mir hilft, vielen lieben dank. Ich wünschte ich könnte was zurück geben.

@Kalibri, du sagst du kannst keine Tipps geben, dabei gibst du sie mir seit deiner ersten antwort. Es tut gut zu erzählen wovor ich Angst habe und dann zu sehen das es nix unnormales ist. Das es nicht verwerfliches ist nicht zu wissen wie man mit der Belastung umgehen soll. Wir sind zwar 4 Geschwister aber er und ich sind uns so gleich. Mein Bruder war/ist wie ein Wachhund über mich. Uns trennen 7 Jahre und meine Mutter meint der war von meiner Geburt an wie ein Luchs. Eben ein Beschützer. Deshalb ist es mir so wichtig ihm auch jetzt nah zu sein. Er hat mir das laufen beigebracht, meine ersten Schritte begleitet, nun will ich stark sein um seine letzten Schritte mitzugehen.

@ Rachel, danke für deine antwort. Das mit deinem Mann tut mir sehr leid. Darf ich fragen wie alt er wurde? Sauerstoff hat mein Bruder auch aber die Ärzte sagten ihm schon das es irgendwann nicht mehr ausreicht, deshalb hat er ja die Angst. Manchmal schockt mich die ehrlichkeit... Seit ca.3 Wochen hat er diese Heiserkeit, man versteht ihn nur noch mühevoll. Die Hoffnung mit dem Irrtum kann ich Unterschreiben. Wir reden uns teilweise ein das die Zeitangaben von Ärzten oft genug nicht gestimmt hätten. Das es ja auch nur Menschen sind die ja irren können. Im nächsten Moment holt uns dann wieder die Realität ein weil man es im tiefsten inneren ja spürt und auch weiß. Du triffst den Nagel auf den Kopf, mein Bruder sagt er will es nicht nur wissen, er will es hören das wir für die Kinder da sind. Er bräuchte das für seinen inneren Frieden. Das du keinen richtigen abschied nehmen konntest Schmerzt schon bei der Vorstellung. Ich versuche mich immer zu Verabschieden als wäre es das letztemal aber ich habe die Befürchtung wenn der Tag kommt hätte ich ihm soviel mehr sagen wollen. Nun sitze ich doch wieder hier mit tränen in den Augen...

Ich danke euch für Eure warmen Worte, und wünsche euch von Herzen alles Gute!
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