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  #61  
Alt 23.07.2007, 02:37
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Gärtner Gärtner ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Ich konnte nochmal mit meiner Ärztin telefonieren. Sie hat sich entschuldigt und wohl eingesehen, dass sie mir mit der halben Information keinen guten Dienst erwiesen hat. Sie hat mir den Befundbericht gefaxt und ich weiß nun genauer, wenn auch nicht genau, woran ich bin. Es gibt eine Leber-Läsion und mehrere Verdachte auf Lymphknoten-Metastasen nahe der Bauchaorta. Die sind 5-8 mm groß. Da wird es mir wohl so gehen wie Irmgard, dass man die noch nicht punktieren kann. Ich weiß auch nicht, ob man so nahe an der Aorta überhaupt punktiert. Na ich werde nach dem Urlaub ja weitersehen. Jetzt mache ich erstmal einen schönen Urlaub. Nachdem ich den Bericht in Händen halte bin ich tatsächlich ruhiger und freue mich auf den Urlaub.
Danke an alle für die guten Wünsche!

__________________
Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich glaube an Letzteres. (Einstein)
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  #62  
Alt 23.07.2007, 10:43
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peter3 peter3 ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo Gärtner
Ich wünsche dir einen wunderschönen urlaub und erhole dich gut..Ich hoffe das sich bei dir alles zum guten wendet.ich muß morgen ins Kh zur untersuchung bin mal gespannt was es gibt
Alles Alles gute
Peter
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  #63  
Alt 23.07.2007, 11:37
jani1944 jani1944 ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo Gärtner,
Ich wünsche Dir ebenfalls einen wunderschönen Urlaub und das sich bei Dir alles zum Guten wendet.
P.s. Machst Du schon eine Misteltherapie ? Wenn nicht ist das vielleicht doch eine Hilfe im Kampf gegen diese Krankheit.
Liebe Grüße
Jani

Hallo Peter
Alles Gute für die morgen durchzuführende Untersuchung und daß das
Ergebnis deinen Wünschen entspricht.
Liebe Grüße
Jani
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  #64  
Alt 23.07.2007, 21:28
irmgard05 irmgard05 ist offline
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Daumen hoch AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo Gärtner, ich freu mich, dass es jetzt ein bisschen klarer ist. Es wird dir sicher trotzdem auf der Seele liege, aber es ist nicht ganz so vage und nebulös und daher , denke ich ein bisschen weniger beängstigend. Auch, wenn die Angst natürlich da ist, was wird sein.
Wo geht es in deinem Urlaub hin? Was Beschauliches oder Aktiveres? Erhole dich gut und lass dir das Essen schmecken. liebe Grüße Irmgard
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  #65  
Alt 24.07.2007, 10:34
estella estella ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr Lieben,

zunächst: viel Glück allen, die jetzt untersucht werden (Peter, Irmgard, Mark...)!!!!

Morgen ist die Chemo meines Vaters beendet. Um 8.30 haben wir ein abschließendes Gespräch beim Onkologen. Der dritte Zyklus hat meinen Vater zwar nicht umgehauen, aber doch leicht ins taumeln gebracht. Er versucht vor "uns Kindern" ganz der Alte zu sein, aber seine Haut ist gelb und transparent und er ißt nicht ein ganzes Steak, sondern nur ein halbes. Er klagt über Rücken-, bzw Beinschmerzen. Genau konnte oder wollte er mir den Verlauf des Schmerzes nicht erklären. Als Angehöriger ist man nie entspannt, jede Bemerkung gibt Anlass zur Sorge und wenn der Betroffene einen schonen will und sich nicht mitteilt, dann wird jedes Zucken zum Beben. Ich hoffe, dass die Schmerzen, die er hat tatsächlich nicht mit dem Krebs in Verbindung stehen - sein Arzt, mit dem ich telefonierte, meinte, dass er letztes Jahr ähnliche Beinschmerzen gehabt hätte (was ich natürich auch nicht wußte) und es eine Nervenentzündung sei...

Kaum zurück aus dem Mini-Urlaub, hat der Alltag mit der Angst um meinen Vater inklusive, uns wieder. Dabei waren es wichtige sechs Tage, denn Adrian und ich haben seitdem die Diagnose kam, kaum Zeit füreinander gehabt. Das Lesen von Artikel im Netz, die Gespräche mit Bekannten und Freunden über das Thema Krebs, die Recherche zum SPK, der Besuch meiner Mutter, meine Kündigung, mein neuer Job, dazwischen unser Sohn, die Besuche im Virchow, die Besuche beim Onkologen - all das hat meine Zeit völlig beansprucht und ich habe Adrian sehr vernachlässigt. Dabei ist er ein wunderbarer "Begleiter" der Situation: er leidet mit, er freut sich, er unterstützt mich, er macht alles, damit es uns gut geht. Er ist dabei so herzlich, so freundlich und lustig. Und dass, obwohl er selber sehr viel arbeiten mußte.

Es war gut ein paar Tage abschalten zu können.Die Krankheit spielte keine Rolle, wir waren baden (der Fleesensee liegt in Mechlenburg Vorpommern, in einer wunderschönen Landschaft), spazieren, haben sehr gut gegessen, das Hotel war perfekt - ich konnte sogar einen Roman lesen. Pablo wollte gar nicht mehr aus dem Wasser raus und war überglücklich mit uns beiden rumtollen zu können.

Am Donnerstag fliegen Pablo, mein Vater, mein Onkel und ich nach Spanien. ich fahre für elf Tag in die Heimatstadt meines Vaters. Ort, wo ich 8 Jahre nicht war, denn ich bin meistens in Madrid, bei meiner Mutter. Ich freue mich sehr auf meine Familie. Eigentlich bin ich den Nordspaniern ähnlichiger als der Familie meiner Mutter, sowohl äußerlich, als auch charakterlich. Man sieht die genetische Nähe zu meine Cousinen im Norden. Mein Vater freut sich unendlich auf die Reise, denn kaum bin ich mit Pablo weg, kommt mein Bruder mit meien Nichten. Wäre nicht das Gefühl, dass es das letzte Mal ist, dass wir alle gemeinsam im Norden sind, dann wäre auch meine Freude größer.
Zeitgleich ärgert mich mein Pessimismus! Warum sollte es die letzte Reise sein?!! "Genieße den Besuch und hör rumzuspinnen...", sag ich mir.
Wir werden soragr die Fiestas mitmachen - eine Woche versinkt die Stadt in ekstatische Feierlaune, dagegen ist der Köllner Karneval eine lahme Veranstalltung...ehrlich! Eien ganze Stadt imrausch von Musik, Rummel, Stierkampf (ja, ja..auch das), Stierläufe, Umzüge...keine Ecke, an der nicht gefeiert, getrunken, gegessen, getanzt wird.
Pablo wird aus dem Staunen nicht raus kommen...

Mein Onkel hat mir übrigens sein orangenes T-Shirt geschenkt.Gewaschen und gebügelt: ich war sehr gerührt. Er kommt im September wieder.

Ist lang geworden, merke ich gerade...
Liebe Grüße,
e
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  #66  
Alt 25.07.2007, 11:35
estella estella ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr Lieben,

der Onkologe meinte eben zu meinem Vater:"Ich bin beeindruckt! Besser kann eine Chemo nicht laufen! Ihre Nierenwerte sind während der Therapie sogar besser geworden!".
Mein Vater saß neben mir und glühte vor Stolz und ich glühte gleich mit. Die Harnwerte waren vor der Chemo nicht übermäßig gut, da mein Vater -wie viele- zu wenig Wasser trank. Das hat er durch die Chemo geändert. Sowohl im Virchow als auch Dr.Schwaner haben uns eingebläut, dass es sehr wichtig ist, die Nieren zu schonen, in dem man viel Flüssigkeit zu sich nimmt. Unglaublich, dass trotz der Belastung seine Nieren so gut reagieren!

Auch die anderen Werte sind wohl hervorragend - wenn die Chemo gewirkt haben sollte und der Tumor tatsächlich geschrumpft sein sollte, dann ist alles optimal gelaufen. Weniger Nebenwirkungen kann man kaum haben, meinte der Onkologe. Mein Vater wird sich von den Strapazen der Chemo in den fünf Wochen, bis er eingewiesen wird, gut erholen können und dementsprechend kräftig in diese aufwendige OP gehen können.

Am 20. ist der Termin beim Radiologen. Ich hoffe so sehr, dass die Chemo irgendeine Wirkung gezeigt hat!!!! Die Schmerzen im Bein sprach ich an, aber Dr. Schwaner versicherte mir, dass sie nicht vom Tumor oder von einer möglichen Metastase herühren, sondern eine "Nervenreizung" (mein Terminus) sind. Er nahm sich viel Zeit, hat alle Fragen, die wir hatten beantwortet und uns mit einem positiven Gefühl entlassen.
"Mitte September sehen wir uns wieder!" meinte er lachend.

Mein Vater freut sich darauf, ordentlich und lange duschen zu können. Trotz der guten Nachricht, ist er seltsam gedämpft. Ich glaube, dass ihn die bevorstehende OP beschäftigt. Gut, dass wir so lange wegfahren. Am 16. kommt er zurück, am 20., ist die CT, am 27. wird er eingewiesen.

Jetzt kann auch ich mich ungetrübt auf unsere Reise freuen - positive Meldungen sind wirklich wichtig, um Mut zu schöpfen,

liebe Grüsse,

estella
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  #67  
Alt 25.07.2007, 14:25
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Gärtner Gärtner ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Liebe Estella,
ich freue mich sehr, dass Dein Vater die Chemo so gut verträgt. Wollen wir hoffen, dass auch das Erfolg dementsprechend ist! Mit Deiner frohen Art hilfst Du ihm sicherlich sehr, die Belastung zu verkraften und seine Tapferkeit hilft umgekehrt Dir, mit der Belastung fertig zu werden. Macht weiter so!
Und schreibe ruhig weiter so viel! Die Normalität, die Ihr lebt, trotz der Ungewissheit, hilft auch allen anderen bestimmt, mir jedenfalls, selber weiter froh in die Welt zu schauen.
Schönen Urlaub!
__________________
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  #68  
Alt 25.07.2007, 18:54
jani1944 jani1944 ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo Estella,
schön das von deinem Vater zu hören. Ich wünsche Euch einen wunderschönen Urlaub und freue mich schon auf Deine Urlaubsberichte.
Bis bald
Jani
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  #69  
Alt 03.08.2007, 12:49
estella estella ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr Lieben,
huete fangen die fiestas an -die ganze Stadt wird weisse Kleidung tragen, mit einer roten Scherpe und einem roten Tuch um den Hals und weisse Stoffschuhe mit roten Baendern. Der Urlaub ist ein Traum: das Wetter warm tagsueber und kuehl nachts, meine Familie ist vorallem von meinen Sohn begeistert und Pablo wird die ganze Zeit bespielt, herumgetragen, beschmust und verwoehnt. Dementsprechend lacht er die ganze Zeit, plappert ohne UNterlass und erfreut alle mit seiner Freude. Mein Vater ist der stolzeste Grossvater der Welt! Ihm geht es blendend! Natuerlich ist er schlank, da er weniger als sonst isst, aber er laueft ueberall mit Energie hin und gestern abend sah ich ihn mit einer seiner alten Flamme an der Plaza der Stadt. Don Juan wie er nun mal vom Wesen her ist, flirtete er ganz im alten Stil...
Nordspanier reden ungerne ueber Krankheiten (anders als der Rest der Bevoelkerung, die sehr detailliert alles besprechen), daher wird er fast gar nicht auf den Krebs angesprochen. Alle bewundern ihn hingegen, sie finden, dass er besser aussieht denn je und das bringt ihn immer wieder zum lachen!

Die Stadt brummt vor Menschen, die nichts anderes wollen als eine gute Zeit zu haben- genau wie wir! Ganz in Weiss gehen wir gleich auf die Strasse und feiern mit...
Gruesse an alle,
e
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  #70  
Alt 03.08.2007, 13:05
Lilly78 Lilly78 ist offline
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Daumen hoch AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo Estella!!



Hört sich richtig gut an.
Freu mich mit euch und wünsche euch noch alles Liebe und viel Spaß ganz in Weiß!!!!

LG Lilly
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  #71  
Alt 03.08.2007, 13:55
jani1944 jani1944 ist offline
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Hallo Estella,
dein Urlaubsbericht hört sich richtig gut an. Am liebsten würde ich dabei sein. Noch eine schöne Zeit.
Liebe Grüße
Jani
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  #72  
Alt 03.08.2007, 20:58
irmgard05 irmgard05 ist offline
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Daumen hoch AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Eine schöne Zeit, in der ihr manchmal fast die Probleme vergessen könnt, selbst wenn es nur für kurz ist. Das ist schön!!!!!!!!!!!!!!! Liebe Grüße Irmgard
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  #73  
Alt 07.08.2007, 13:26
estella estella ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr Lieben,

wir sind gestern Abend zurück aus Spanien. Mein Vater bleibt bis zum 16. August in Spanien und freut sich auf meinen Bruder, der am 11 in Estella (so heißt die Stadt, aus der mein Vater stammt) ankommen wird. Es war ein schöner, bunter Urlaub - mein Sohn ist heute ganz durcheinander. Meine Familie hat sich so rührend um ihn gekümmert, kein Wunder, dass er alle vermißt.

Acht Jahre war ich nicht in Estella. Vieles hatte sich geändert. Die Stadt ist sehr gewachsen, die alten Häuser sind weitgehend rennoviert und man spürt, dass das Problem mit den Basken größer geworden ist. Estella liegt mitten in Navarra, einer kleineren Provinz im Norden Spaniens. Da ein Teil des Jacobswegs durch Estella führt, gibt es viele prächtige Kirchen. Ein Fluss fließt durch das Städtchen, dass auf mehreren Hügeln errichtet wurde. Die Gassen sind eng und schattig, die Plätze haben meist einen Brunnen in der Mitte. Der Hauptplatz ist hingegen groß und flächig. Arkaden umsäumen die Plaza. Überall gibt es Cafés und Kneipen und Läden und Restaurants. Donnerstags ist Markt, dann kommen Bauern aus der Region und verkaufen ihre Waren. Mein Vater liebt den Markt, weil er so lebendig ist.

Nordspanier sind wegen ihrer Dicköpfigkeit berühmt, sie sind derb, lachen viel, feiern noch lieber, essen gerne gut und reden viel über das Essen. Die Männer machen alberne Witze, die Frauen belächeln die Männer deswegen. Sie sagen geradeaus das, was sie denken und ihre Art hat immer etwas poltriges. Typisch für die Region ist die "Jota", der Tanz, der auf allen Fiestas getanzt wird. Außerhalb Spaniens kennt man hauptsächlich den Flamenco, aber jede Region des Landes hat einen eigenen Tanz und die "Jota" ist die Tanzform des Nordens. Anders als der Flamenco, der traurig, sehnsuchtsvoll und leidenschaftlich ist, ist die Jota ein durchweg lustiger Tanz. Männer wie Frauen hüpfen umeinander herum, werfen die Beine in die Luft, wirbeln um die eigene Achse, wirbeln um einander und man kann nicht anders als mitwippen. Die Jota zu tanzen ist wegen der vielen Sprünge anstrengend - es ist jedoch eine Freude zuzuschauen. Nicht die Gitarre, sondern ein Blasinstrument, dass irgendwie quäkig klingt ist das Instrument der Jota. Dazu gibt eine Trommel den Takt an. Ich liebe die Jota, weil sie so schwungvoll ist. Leider kann man Musik so schwer beschreiben...

Mein Vater und seine Brüder sind, vielleicht weil sie in ein Internat geschickt wurden, nicht typische Navarra-Männer. Die beiden Schwestern meines Vaters hingegen, blieben in Estella und wurden Schneiderinnen. Alicia, meine ältere Tante (jetzt 76) bekam vier Kinder mit einem herzensguten, aber sturen "Estelleso" namens Florentino. Meine jüngere Tante Florinda, heiratete einen Basken. Leider hat das die Familie entzweit: viele Basken beanspruchen die politische Unabhängigkeit und unterstützen deswegen die Terrorgruppe ETA. Meine beiden Tanten, die jeweiligen Kinder und Enkel reden kaum miteinander. Darunter leidet vorallem mein Vater. Selbst jetzt, da er krank ist, haben wir es nicht geschafft die ganze Famile an einen Tisch zu bringen. Wir aßen mal im Haus einer Tante, mal im Haus der anderen. Die Onkel sind beide uneingeschränkt auf Seiten der Anti-Basken, was auch nicht wirklich zur Verständigung beiträgt...

Abgesehen davon haben wir den Aufenthalt sehr genossen. Die Spuren der Chemo sind zweifelsohne spürbar. Mein Vater schläft viel mehr als früher. Wenn er müde wird, fällt sein Gesicht zusammen, er wird bleich und die Augen glänzen nicht. Wenn er sich erholt, sieht er allerdings sehr gut aus. Kräftig, braun, fast jünger als vorher. Er macht ein recht normales Leben: er geht aus, er redet mit seinen Kumpel auf der Straße, er trifft abends seine "Flamme" und ihre Clique. Zu den Eigenheiten Navarras gehört, dass man von Jugend an in einer Clique ist. Die meisten heiraten untereinander, die Kinder sind dann ebenfalls miteinander befreundet. Man geht am Wochenende mit der Clique aus und feiert die Fiestas in der Clique - bis ins hohe Alter bleibt das so. Die Clique der "Flamme" meines Vaters besteht mittelerweile nur aus Frauen (sie sind alle älter und verwitwet). Mittendrin: mein Vater. In T-Shirt und Jeans. Jeden Abend sitzt er in einem Café der Plaza, während die Stadt an ihnen vorbei zieht. Um elf Uhr abends, also recht früh für spanische Verhältnisse, geht mein Vater zu meiner Tante Alicia, die mittlerweile ebenfalls verwitwet ist und bei der wir alle gewohnt haben.
Nordspanier reden anders als alle anderen Spanier NIE über Krankheiten und nur ungerne über Negatives. Man berichtet einander nur Gutes. Das führte dazu, dass ALLE so taten als ob sich mein Vater lediglich von einen Leistenbruch erholen müsste. Anfangs nervte mich diese Haltung, später jedoch merkte ich, dass es meinem Vater gut tut, mal nicht an diesen blöden Krebs denken. Er kann so ganz der Alte sein - er wird nicht nur auf Chemo, Krebs, Metastasen und dergleichen reduziert. Die Beschäftigung damit kommt noch früh genug. Irgendwann einmal konnte auch ich "Urlaub" von der Krankheit machen. Ich habe fast vergessen, dass mein Vater SPK hat. Das tat wirklich gut!!! Seit Ende April gibt es eigentlich nur dieses Thema in meinem Kopf. In Estella war ich hauptsächlich Mutter von Pablo, der wie jedes Kind viel Blödsinn macht. Abends konnte ich sogar ausgehen und traf "meine" Clique, die die Clique meiner Cousine Ana ist. Ich hatte viele über zehn Jahre nicht gesehen und es war trotzdem so, als wäre ich lediglich zehn Tage weggewesen. Interessanterweise war alles so wie immer: die mittlerweile ergrauten "Jungs" blödeten die ganze Zeit herum und die "Mädels" taten so, als würden sie sich für ihre Männer schämen. Ich traf auch die Kinder meiner Clique. Die Menschen in Estella heiraten alle sehr jung und kriegen schnell Kinder. Als ich das letzte Mal dort war,waren die Kinder 3,4, 5 Jahre. Jetzt traf ich auf großgewachsene Jungendliche, die oft so aussahen wie die Eltern, als sich meine Clique formte. Es war bewegend, denn zum ersten Mal konnte ich mir vorstellen, was meine Eltern berührt, wenn sie uns mit unseren Kindern sehen. Wir erinnern sie an die Zeit, da sie selber junge Eltern waren.

Meine baskische Tante hat angekündigt, dass sie im September nach Berlin kommen wird. Sie ist die Lieblingsschwester meines Vaters, der ihre politischen Ansichten absurd findet, sie jedoch als Mensch mag. Mein Lehrer-Onkel kommt bereits Ende August.

Der Uraubsbericht ist lang geworden....

Alles Liebe,
e
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  #74  
Alt 17.08.2007, 17:20
estella estella ist offline
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr Lieben,

mein Vater ist zurück aus Spanien. Ich finde, dass er sehr gut aussieht, sogar etwas zugenommen hat und wenn ich ihn mir so anschaue, dann hasse ich dien Krebs mehr als ohnehin. Wie unverschämt sich in dem Körper meines Vaters einzunisten, denke ich. Natürlich ein äußerst alberner Gedanke, aber ich kann das, was passiert manchmal immer noch nicht fassen.
Die Tage mit meinen Nichten und meinem Bruder waren genauso bunt wie die Tage mit meinem Sohn und mir. Die Familie bestaunte meine beiden extrem hübsche und süße Nichten, die Mädchen spielten mit ihren Cousins und Cousinen, mein Bruder besuchte in viel zu kurzer Zeit viel zu viele Menschen.
Nächsten Montag ist der Termin beim Radiologen. Dann wird die CT zeigen, ob der Tumor geschrumpft ist. Ich habe solch eine Angst, dass mir wortwörtlich schwindelig wird. In den letzten Wochen kam manchmal die Illusion auf, dass alles so wie früher ist, dass es die Krankheit und die Bedrohung, die von ihr ausgeht, gar nicht gibt.
Jetzt in Hinblick auf den Termin am Montag, kommt die Angst mit voller Wucht wieder hoch...
Werde berichten und grüße alle,
e
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  #75  
Alt 18.08.2007, 12:34
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PrinzessinAqua PrinzessinAqua ist offline
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Lächeln AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo Estella,
ich kann mir denken was dich nun für Gefühle plagen, auch ich habe das alles Hinter mir mit meinem Dad, immer diese Angst im Rücken.

Aber so wie sich das Anhört geht es deinem Dad ja wircklich sehr gut und da sist das alles beste wo nur passieren kann und für den Weg wo ihr noch habt die besten Vorrausetzungen, ich wünschte bei meinem Dad wäre das auch so.

Ich wünsche euch alles alles gute und das ihr das alles weiterhin so gut schafft.

Viele Grüße

Manu
__________________
Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man durch den Tod nicht verlieren. Für uns bleibst du unvergessen, in unseren Herzen lebst du weiter!!

Papa Geb: 20.08.1942 - Gest: 15.09.2007
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