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  #1  
Alt 18.07.2018, 16:33
Papstanwärter Papstanwärter ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Liebe Mitstreiter,

was war es in der Vergangenheit doch einfach, hier ein paar "launige" Zeilen zu schreiben...
Ich gestehe, die Ärzte machen es mir auch immer schwerer.
Freitag vor zwei Wochen hatte ich einen Termin zum CT. Ich wunderte mich etwas, war ich doch für den folgenden Montag zum PET-CT in der gleichen Klinik angemeldet. Um mir womöglich einmal die zwei Stunden Anfahrt zu ersparen, fragte ich telefonisch bei meinem Doc nach. Die Vorzimmerdame bestätigte mir beide Termine, das "habe der Chef mit Absicht gemacht!".
Nun ja, ich verließ am Freitag um neun das Haus um dann gegen elf mit dem Kontrastmittel zu beginnen. Parallel wurde auch Blut abgenommen und der Port angeschlossen. Um 12:30Uhr war der eigentliche CT-Termin, aber wie nicht anders zu erwarten: mit zwei Stunden Verspätung lag ich denn auf der Gerätschaft. Bevor es losging fragte mich dann die Dame, ob ich wüsste, das am Montag ein PET-CT anstehen würde. Ich bejahte. Daraufhin kam ein "ich frag erstmal den Radiologen" und ich harrte angestöpselt der Dinge, die da kommen sollten. Und kamen! Nach fünf Minuten wurde ich wieder abgestöpselt, und ich konnte unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen. Der Radiologe meinte, das wäre alles doppeltgemoppelt und eine unnötige Strahlenbelastung.
Ich hatte einfach keine Lust, über diesen Unsinn zu diskutieren und war denn um 17Uhr wieder zuhause... ohne irgendein Ergebnis erwarten zu können.

Am Montag fand aber tatsächlich das PET-CT statt.
Ich bekam eine gebrannte CD mit den Bildern direkt mit (für die Radiologie in Gütersloh zwecks Entscheidung Bestrahlung) und hatte noch ein Gespräch mit "meinem" Professor. Bevor er uns die Bilder zeigte, mutmasste ich schonmal vorab:" Wenn die Bilder das zeigen, was ich fühle, wird es eine Menge zu sehen geben!"
Und so war es auch. Die Bauchhöhle leuchtete gelb und rot, als wenn man von oben auf ein Feuerwerk blickt, das im Tal abgefeuert wird.
Eine Lebermetastase ist mittlerweile Kiwi-groß, eine zweite hat sich dazugesellt.
Der Übergang vom Magen zum Dünndarm leuchtete hell. Das erklärte dann auch, warum ich immer mehr Probleme beim Essen bekomme. Wenige Bissen, und der Magen quittiert es mit stechendem Druckgefühl, als wäre die Passage gestört. Da war die Bestätigung.
Am Dickdarm ebenfalls einige helle Stellen, in der Leiste und auf die Bauchhöhle verteilt an vielen Stellen im Bauchfell.
Puh, wir saßen mit offenem Mund vor den Bildern und bemerkten erst jetzt, das der Doc nur hin und wieder bemerkte, welche Stelle das jeweilige Bild zeigte. Mehr kommentierte er nicht. Als Schlusssatz sagte er nur, er wolle die endgültige Auswertung den Radiologen überlassen. Am Freitag wäre ja ohnehin Chemotermin, da könnte man dann näher darauf eingehen.

Lange Rede, kurzer Sinn: die Radiologie in Gütersloh hat nach Erhalt der Bilder eine Bestrahlung abgelehnt. Es würde keinen Sinn machen

Der Professor sah die Beurteilung genauso. Warum einen Brandherd bekämpfen, wenn es an 20 anderen Stellen ebenfalls lodert.
Die zu dem Zeitpunkt noch aktuelle Chemo wurde wegen Wirkungslosigkeit eingestellt. Übermorgen soll ich zum ersten Mal den von Heidelberg vorgeschlagenen Höllencocktail bekommen.
Hätte ich doch nur nicht nach den Nebenwirkungen gegoogelt. Sehr schwere und sehr häufige erwarten mich.
Ich hatte zwischenzeitlich überlegt, diese letzte aller Möglichkeiten überhaupt anzutreten. Aber: wenn ich es nicht ausprobiere, werde ich nie erfahren, ob es vielleicht gewirkt hätte! Hätte, hätte, Fahrradkette...

In letzter Zeit ertappe ich mich bei sehr verwunderlichen Gedanken. Es gibt Dinge, die ich vor meinem Ableben einfach nicht mehr hinkriege, sei es aus körperlichen, zeitlichen oder finanziellen Gründen.
So haben wir uns zwar vorgenommen, nächstes Jahr noch einmal das Ziel Lofoten anzupeilen, doch ich bin mir fast sicher, das nicht mehr zu schaffen. Meine körperliche Entwicklung lässt darauf schließen.
Ich tröste mich immer auf den Zeitpunkt nach dem Sterben . Als wäre es ein Termin und danach geht alles weiter und man kann sich alle Wünsche erfüllen, die man im irdischen Dasein genau abwägen muß. Unglaublich, oder? Vielleicht haben die vielen Chemos ja doch etwas in der Gedächtnishalle durcheinander gebracht!?

Aber da wären wir auch schon beim Wohlbefinden.
Länger als 15 Minuten stehen fällt mir sehr schwer, laufen nur im Schlenderschritt über kürzere Distanzen. Anstrengungen quittiert meine Hülle mit extrem schnellem Leistungsabfall. Die benötigten Pausen werden immer länger, und die Schmerzen nehmen beständig zu.

Nun ja, ich werde mal berichten, wie mir der neue Energydrink bekommt.

Bis dahin wünsche ich allen eine schmerzfreie Zeit und die Möglichkeit, dieses heisse Wetter unbeschadet zu überstehen.

Ralf
  #2  
Alt 18.07.2018, 18:30
Benutzerbild von Kaffeetrinkerin
Kaffeetrinkerin Kaffeetrinkerin ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Hallo Ralf,
muss mich einfach bei dir melden und mein Mitgefühl und meine Bewunderung für dich aussprechen. Unglaublich wie du der Situation trotzt. Ich weiß genau wie du dich fühlen musst. Und wenn Heidelberg mit im Boot ist mit einem neuen Chemovorschlag klingt das doch nach einem Weg.
Es gibt wohl auch die Möglichkeit einer personalisierten Immuntherapie. Angeblich ganz neu bei Darmkrebs und mit guten Erfahrungen in Freiburg. Wenn du mehr wissen willst ist Rach aus dem Forum der Ansprechpartner bzw. seine Frau.
Ach Ralf, ich wollte es könnte dir besser gehen.
Nina

Geändert von gitti2002 (18.07.2018 um 23:19 Uhr)
  #3  
Alt 18.07.2018, 18:47
fluturi fluturi ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Lieber Ralf,

ich kann mich Nina nur anschließen. Ich finde es gut und richtig, Heidelberg zumindest zu versuchen.

Ich schicke dir ganz viel Kraft!
__________________
Die höchste Form der Hoffnung ist die überwundene Verzweiflung. - Albert Camus
  #4  
Alt 18.07.2018, 21:06
zebra01 zebra01 ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Lieber Ralf,
das ist so schrecklich, ich bin so traurig über die vielen neuen Herde.
Gerade heute habe ich meinen Mann von dir erzählt und ihn getröstet, wie stark du der Krankheit trotzt.
Ich wünsche dir so sehr, dass diesmal bei der Höllenchemo die Nebenwirkungen gering, die Wirkung aber umso größer ist und deine Kraft wieder zurückkehrt.
Lieben Gruß
Katharina

P.S: Bei meinem Mann gibt es leider auch wieder Rezidive in Leber und Lunge, und eine Passagestörung hat er auch. Es wird wohl auf Chemo hinauslaufen
  #5  
Alt 19.07.2018, 20:12
lunetta lunetta ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Lieber Ralf!

Ich bewundere dich aus tiefstem Herzen für deine immer humorigen Worte zu einer für dich doch bedrückenden Situation.

Wünsche dir alles alles Liebe!
  #6  
Alt 09.08.2018, 21:24
Papstanwärter Papstanwärter ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Liebe Mitstreiter,

nach dem Höhepunkt der Hitzewelle geht es jetzt wesentlich entspannter zu.
Die Temperaturen haben meinen ohnehin schon labilen Kreislauf dermaßen unterdrückt, dass ich vorläufig die Nase vollhabe vom ständigen Achterbahnfahren.

Die neue Form der Chemo ist ja nun, wie soll ich sagen, eigentlich auch schon nicht mehr aktuell.
Vor der ersten Gabe wurde noch ein EKG sowie ein Herz-Echo gemacht.
EKG ohne Auffälligkeiten, beim Echo die erste Aussage: ihre Herzklappen sind undicht. Aber macht nichts, ich sehe gerade, wie alt sie sind!

Ähm, hallo? Sagen sie es mir bitte so, ohne das ich jetzt irgendetwas reininterpretieren kann?! Steht bei Ihnen auch, das ich 49 Jahre alt bin?

Ach so, ja... die Undichtigkeit ist minimal und für einen Mann ihres Alters absolut alterskonform. Kein Grund zur Sorge.

Puuh, da habe ich ja Glück gehabt.

Rein körperlich stand einer Gabe also nichts im Wege.
Mein Onkologe gab mir direkt noch Rezepte mit, da die zu erwartenden Hautprobleme direkt von Anfang an gemildert werden sollten.
Und bei ersten Anzeichen von "außergewöhnlichen Entwicklungen" sollte ich mich unverzüglich melden.

Eine Stunde, und die Mixtur war durch die Vene gespült.
Zuerst spürte ich nichts, bei der zweistündigen Rückfahrt machten sich dann erste Schmerzen, allerdings erträglich, in der Bauchhöhle bemerkbar.
Zuhause angekommen schaffte ich es gerade noch auf die Couch.
Meldeten sich bisher immer vereinzelte Hotspots in Form von Schmerzen zu Wort, schien jetzt das ganze Konvolut einen Chor anzustimmen. Schön, wenn sich die Krebszellen einig zeigen und versuchen mir zu zeigen, wo es langgeht.
Naja, es ging nicht weit, wie gesagt nur auf die Couch, doch das reichte auch schon. Nach gefühlt ewiger Zeit fand ich endlich eine Position, die am wenigsten Beschwerden verursachte.
Jetzt zeigte ich es dem Schalentier und...schlief ein.
Zum Abend hin wurde es besser. Gerade rechtzeitig, die erste "Mahlzeit" in Tablettenform stand ja auch noch an. Drei winzig kleine Pillen. Mit einem Happs waren sie weg.
Tagelang wartete ich auf Veränderungen der Haut: Fehlanzeige.
Direkt nach Einnahme der Tabletten stellte sich jedoch massiver Durchfall ein.
Nach einer Woche rief ich in Essen an und schilderte mein Problem.
Ergebnis: Tabletten absetzen und massiv etwas gegen den Durchfall unternehmen. Loperamid wurde mein zweiter Vorname, nutzte jedoch nichts.
Schwierig wurde es, das sich der Flüssigkeitsverlust durch das Wetter nicht gerade verringerte und ich kaum, nein, gar nicht, dagegen antrinken konnte.
Letzten Freitag also wieder in Essen, folgende Probleme kamen auf den Tisch:

- Durchfall
- ansteigender Schmerzpegel
- die letzten acht Wochen 10kg Gewicht verloren
- körperlich nicht belastbar

Der Onkologe sah mich an: dann werden wir Ihnen doch mal ein paar Tage Ruhe gönnen und stationär aufnehmen. Zum aufpäppeln.

Ich dachte, nicht richtig zu hören. Stationär? Nur über meine Leiche, und so weit ist es noch nicht.
Nun ja, Kurzform der Lösung:
- Tabletten bleiben abgesetzt, Loperamid weiter konsumieren
- veränderte Schmerzmitteldosierung: morgens und Abend jeweils 20mg Morphin, alle sechs Stunden Novalgin und ein schnell wirkendes Morphin zusätzlich "für zwischendurch"
- parenterale Ernährung über den Port mit 1200kcal sowie 1,5ltr Flüssigkeit

Und an dem Tag halt doch noch die Infusion mit dem Antikörper.
Zuhause angekommen entwickelte es sich zuerst wie beim ersten Mal.
Komisch wurde es, als ich bei 36 Grad Aussentemperatur anfing zu frieren.
Zum Abend zeigte das Fieberthermometer muntere 39,9Grad.

Da begann für Wanja ein kleiner Telefonmarathon. Zuerst Anruf beim palliativen Notdienst. Die wünschten sich weitere Infos aus Essen. An einem Freitagabend Infos zu besorgen ist schon ein kleines Abenteuer.
Drei Bänder in Folge wiesen auf den Feierabend hin. Der letzte Hinweis betraf die Station in der Bettenklinik. Der dort versprochene Rückruf des diensthabenden Arztes erfolgte tatsächlich innerhalb fünf Minuten. Sämtliche Daten konnte er im System abrufen und stellte fest, das das Blutbild vom Morgen wesentlich erhöhte Entzündungswerte zeigte. Darauf kam dann noch die Infusion und siehe da: ich brodelte vor mich hin. Er empfahl ein Antibiotikum, die Ärztin des palliativen Notdienst kam vorbei und stellte das Rezept aus.
Dann noch schnell zur Notapotheke im Nachbarort und die Pillen (sehen eigentlich fast wie Zäpfchen aus, ich hoffe ich nehme sie korrekt ein) lagen auf dem Tisch.
Seit Freitagabend nehme ich jetzt also das Antibiotikum, das Fieber ist weg, dafür der Durchfall in verstärkter Form wieder da.
Und letzte Nacht kam ich das erste Mal in den Genuss der Flüssignahrung.
Mal schauen, was es bewirkt.

Manchmal sitze ich auf der Terrasse und schaue voller Wehmut auf die Ecke, die eigentlich zum Umbau in die Open-Air-Küche geplant war. Nun ja, der Wille war da...

@Kaffeetrinkerin
Liebe Nina,

ich habe mich besonders gefreut, von Dir zu lesen. Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute

@fluturi und lunetta
Vielen lieben Dank für die guten Wünsche.

@zebra01
Liebe Katharina,

ich wünsche Dir und Deinem Mann viel Kraft und die Möglichkeit, anhand der Chemo dem Schalentier ein Schnäppchen zu schlagen. Welche Therapie soll denn versucht werden?
  #7  
Alt 10.08.2018, 11:14
lunetta lunetta ist offline
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Standard AW: Raus damit!

Hallo!

Schön dass du geschrieben hast!

Ich wünsche dir, dass es nun mit etwas kühleren Temp. aushaltbar ist, und dass du mit der Flüssignahrung etwas zu Kräften kommst!

Alles Liebe und du weißt eh: IMMER weitermachen und Kopf hoch!

GLG!
  #8  
Alt 11.08.2018, 08:15
Benutzerbild von Kaffeetrinkerin
Kaffeetrinkerin Kaffeetrinkerin ist offline
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Beiträge: 95
Standard AW: Raus damit!

Lieber Ralf,
ich drücke dir so die Daumen. Diese Krankheit ist so unfair.
Fieber, hohe Entzündungswerte und Durchfälle scheinen dabei normal zu sein. Ich hoffe, du kannst noch normal essen und das nutzen.
Bleib tapfer.
Nina
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bauchfellkrebs, hipec, lebermetastasen, peritonealkarzinose


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