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  #1  
Alt 20.02.2002, 09:15
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Hallo!
Vielleicht hat der eine oder andere meine Geschichte schon gelesen (grosszelliges Lungenkarzinom v. 27.10.2001). Mittlerweile hat mein Vater den Kampf gegen den Krebs aufgegeben. Nachdem die letzte Chemo nichts gebracht hat, sondern ihn körperlich nur noch schlimmer zugerichtet hat, wollte er nicht mehr. Wir hatten vorher ausgemacht, das er diesen einen Versuch noch startet, und ich nicht weiter bohre wenn es nichts bringt. Das hatte ich ihm versprochen. Mit dieser Situation klarzukommen ist schon schwer genug, aber ich schreibe deshalb heute hier weil ich einfach nicht weiss, wie es weitergehen soll. Ich pflege meinen Vater seit Oktober. Sicherlich, das hört sich nicht lange an. Mir kommt es vor wie Jahre. Die Unterstützung die ich am Anfang noch durch meine Schwester hatte, hat sich erledigt. Sie ist aus unserem Elternhaus ausgezogen, macht beruflich Karriere und lässt sich nicht mehr grossartig blicken. Mein jüngerer Bruder hat sich bisher um die Einkäufe gekümmert, aber nach einem Krach mit meinem Vater (mein Vater kann sehr ungerecht sein) hat sich das wohl ebenfalls erledigt. Mein grosser Bruder lässt sich zwei-dreimal im Monat blicken und spielt dann den grossherzigen Unterhalter. Ich gehe Vollzeit arbeiten, und wenn ich nachmittags/abends nach Hause komme kümmere ich mich um meinen Vater. Wenn ich dann fertig bin, mit der Pflege und der normalen Versorgung, gehe ich in meine Wohnung und muss praktisch auf Abruf erreichbar sein. Meinem Vater ist einfach wohler dabei, wenn jemand da ist, was ich auch verstehen kann. Am Wochenende siehts ähnlich aus, ich mache Frühstück, putze die Wohnung, mache nachmittags oft Kaffee und abends das Essen warm (Gottseidank kocht meine Oma). Zwischendurch gehe ich für ein paar Stunden in meine Wohnung, und versuche was für mich zu tun. Letzte Woche hab ich dann versucht ein Gespräch mit meinen Brüdern zu führen. Meine Bitte war, mir doch einen freien Tag in der Woche freizuschaufeln. Ein Tag an dem ich mal abschalten kann. Der Kommentar meines Bruders war wie folgt: Er wüsste garnicht was ich wollte, er wolle ja meine "Leistung" nicht schmälern, aber so dolle wär das doch alles garnicht, und ich hätte nunmal die "Arschkarte" gezogen, da ich nunmal mit im Haus wohne und früher Feierabend hätte als alle anderen. Ausserdem sei ja bei dem bisschen Pflege nichts dabei. Er würde das ohne Murren machen, und es würde ihm auch nichts ausmachen solche Sachen wie den Toilettenstuhl leeren und säubern zu erledigen. Das wäre doch alles gaaaanz easy. Aber ich wäre nunmal diejenige, die am nächsten dran ist und die meiste Zeit hat.Punkt. Ich kann nachvollziehen, das ich den grössten Teil der Pflege übernehmen muss. Will ich ja auch...ich will meinen Vater ja garnicht im Stich lassen! Aber ist es denn zuviel verlangt, ein bisschen Hilfe zu bekommen? Der nächste Punkt ist der, das mein Vater die Pflegestufe II nicht beantragen will. Nicht weil es nicht langsam Zeit würde (waschen kann er sich kaum noch, benutzt zu 95% nur noch den Toilettenstuhl, kann nicht mehr laufen, einfachste Bewegungen führen zur totalen Atemlosigkeit) sondern weil er keine Fremden um sich haben will. Was kann ich dagegen schon ausrichten? Wenn der Gutachter kommt, und mein Vater erzählt ihm (wie auch schon beim Gespräch zu Pflegestufe I - gottseidank war mein Onkel dabei und konnte noch was umbiegen) wie toll es ihm doch geht, nur weil ich ihm als Pflegerin lieber bin, was soll ich denn tun? Ich komme mir zur Zeit von allen Seiten sabotiert vor...von meinem Vater und auch von meinen Geschwistern. Was meinen Vater angeht, habe ich noch Verständnis dafür...er hat irgendwie den Sinn zur Realität verloren, und sieht einfach nicht wieviel zu tun ist. Er meint das sich alles um ihn drehen muss. Das er so fühlt kann ich schon nachvollziehen. Mein Vater ist todkrank, und ich weiss nicht wie ich mich in dieser Situation verhalten würde. Aber was für ein Recht haben meine Geschwister, sich so zu verhalten?
Mein grosser Bruder steht auf dem Standpunkt, das er seine Freizeit nicht opfern will. Meine schon. Das sie später Feierabend haben, ist richtig. Dafür fange ich aber auch morgens schon um 7 Uhr an. Das ich im Haus wohne, und es mir deshalb leichter fällt, mal eben raufzuhüpfen, ist auch richtig. Tu ich doch auch....will ich auch...aber ist ein freier Tag die Woche denn wirklich zuviel verlangt? Mittlerweile hab ich schon ein schlechtes Gewissen, weil ich mir so egoistisch vorkomme. Ich versuche das zu unterdrücken, weil mir mein Verstand was anderes sagt. Schreibt mir doch bitte mal Eure Meinung dazu....ein bisschen Objektivität könnte mir vielleicht helfen.
Liebe Grüsse
Alex
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  #2  
Alt 20.02.2002, 09:37
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Hallo Alex!

Zunächst einmal tut es mir sehr leid, daß Dein Vater den Kampf aufgegeben hat, diese Tatsache allein ist eigentlich schon schlimm genug.

Das ist ja wirklich eine vertrackte Geschichte mit Deinen Geschwistern und ich muß Dir in allen Punkten Recht geben. Du brauchst soviel Kraft für die Pflege Deines Vaters und hast ein Recht auf Erholungsphasen, damit Du wieder ein wenig auftanken kannst. Woher soll die Kraft denn kommen wenn sich Dein Leben nur noch um Vater und Arbeit dreht? Du solltest vielleicht noch einen Versuch starten und es Deinen Geschwistern (vielleicht auch unter Tränen!?) so drastisch darlegen. Sie sind sehr bequem und ich schätze, Du machst ja auch alles ohne groß zu Murren.

Ich habe keine Geschwister und wünschte mir manchmal welche, weil ich immer dachte, man würde sich abwechseln können und alle Sorgen teilen, aber wenn ich Deine Geschichte lese, bin ich eigentlich froh, ein Einzelkind zu sein, denn dann brauche ich mir über solche Geschichten nicht auch noch den Kopf zu machen...

Vielleicht solltest Du auch selbst mit den Mitarbeitern vom Sozialdienst sprechen und Eure Situation offen darlegen, daß Dein Dad halt nicht möchte, daß Fremde in sein Haus kommen usw. aber Du einfach überfordert bist. Ich schätze, die erleben sowas bestimmt häufig und wissen dann, was zu tun ist, damit die Situation für Euch erträglicher gestaltet werden kann.

Vergiß Dein schlechtes Gewissen, Du hast ein Recht auf ein kleines Stück "eigenes Leben". Und ein gewisser Egoismus ist auch eine Schutzfunktion.

Hoffe, ich konnte Dir ein klein wenig helfen. Wenn Du magst, schreib zurück.

Bis dahin liebe Grüße und "1000 Tonnen Kraft"
Biggi
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  #3  
Alt 20.02.2002, 09:46
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Hallo Alexandra,
Es ist wirklich schlimm, daß es deinem Vater so schlecht geht und du den allergrößten Teil der Arbeit erledigen mußt. Da dein Vater mittlerweile keine Chemo mehr haben möchte (kann ich sehr gut verstehen) und sein körperlicher Zustand offensichtlich sehr schlecht ist, solltest du zumindest damit rechenen, daß seine Leiden nicht mehr lange gehen. Das mag sich jetzt hart lesen, aber ich habe mit meinem Vater einen ähnlichen Krankheitsverlauf mitgemacht. Er bekam Anfang November 2001 die Lunkenkrebsdiagnose, erhielt Mitte November seine erste und einzige Chemo und hat daraufhin extrem mit seiner Kondition abgebaut. Sein Gesamtzustand wurde rapide schlechter und er ist leider vor 3 Wochen gestorben. Obwohl er mit uns zusammen um jede Lebensminute gekämpft hat, waren wir trotzdem froh, daß ihm ein gnädiger schneller Tod gekönnt war. Das ändert nichts daran, daß wir unendlich traurig sind und er uns so fehlt. Da ich ca. 300 km von meinen Eltern entfernt wohne, konnte ich ihn nur 1 mal pro Woche besuchen, bzw. 2 mal täglich mit ihm telefonieren.
Heute bin ich dankbar um jede Sekunde die ich mit ihm Kontakt hatte. Es tut mir wahnsinnig leid, daß ich nicht mehr Zeit mit ihm verbringen konnte.
Wenn du deinen Vater liebst, solltest du deine jetzige wirklich harte Zeit als Privileg betrachten. Auch wenn es noch so schwer für dich zur Zeit ist (kann ich wirklich nachvollziehen), so wirst du zu gegebener Zeit auch um jeden Augenblick froh sein, den du mit deinem Vater verbringen konntest. Ignoriere das Verhalten deiner Geschwister. Du kannst nichts erzwingen und jeder muß mit seinem Verhalten selbst klar kommen. Streitereien kosten dich jetzt nur zuviel Kraft.
Im Rahmen deiner Verhandlungen mit der Pflegeversicherung solltest du zu den Gesprächen ggf. einen Arzt hinzuziehen.
Zumindest wäre ein Termin bei deinem Vater zu Hause sinnvoll, an dem tu teilnehmen solltest und entsprechend die Realität schilderst (mein Vater hat auch jedem erklärt wie gut es ihm ging, obwohl ihm zwischen jedem Wort die Luft ausging).
Ich wünsche dir und deinem Vater alles Gute und voel Kraft.

Peter
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  #4  
Alt 20.02.2002, 10:55
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Hallo!
Danke Euch erstmal für die schnellen Antworten, es ist sehr lieb wie ausführlich ihr geantwortet habt. Birgit, ich habe das Gespräch mit meinen Brüdern schon unter "Tränen" geführt, nicht um diese als Druckmittel einzusetzen, sondern weils einfach nicht anders ging. In mir ist eine ungeheure Wut hochgestiegen, als mein Bruder von meiner "Leistung" sprach. Und wenn ich wütend bin heule ich meistens, vor allem wenn so viel Gefühl dabei im Spiel ist. Mein Bruder wollte sich jetzt wohl mal erkundigen, wie das mit dem Pflegedienst aussieht (auch gegen den Willen meines Vaters), allerdings fliegt er am Woe für 14 Tage nach Thailand, und bis er wiederkommt tut sich dann eh nix...bzw. wer weiss ob sich danach was tut. Ich sehe es nicht als "Leistung" an, was ich da mache, sondern als selbstverständlich. Nur bin ich wohl die einzige in meiner eh schon kleinen Familie die das so sieht. Peter, Deine Meinung dazu teile ich, mir ist auch klar das es nicht ewig so bleiben wird, und ich die Zeit mit meinem Vater irgendwann schmerzlich vermissen werde. Nur möchte ich bestimmte Konsequenzen dieser Überforderung vermeiden. Dadurch das ich kaum noch Freizeit habe, vernachlässige ich auch meine Freunde. Das heisst auch das ich kaum noch Ablenkung habe. Ich grüble ständig, und der Tod (so pathetisch sich das jetzt auch anhören mag) ist mein ständiger Begleiter. Und was ich in garkeinem Fall möchte: das ich meinen Vater nicht mehr als geliebten Menschen ansehe, sondern als Belastung...mit der Konsequenz das ich womöglich noch erleichtert bin, wenn er stirbt. Ja, auch darüber hab ich mir schon Gedanken gemacht. Vielleicht bin ich ein Weichei, und nehme mir das alles auch zu sehr zu Herzen. Das jedenfalls sagte mein Bruder zu mir...aber dann doch lieber ein Weichei als ein Organklumpen ohne Gefühl. Ich möchte mich gerne um meinen Vater kümmern können, aber irgendwie hab ich im Moment nur das Gefühl, von meinen Geschwistern ausgenutzt zu werden. Die Blöde macht das schon. Und mich ärgert es einfach, das sie sich so aus der Verantwortung stehlen. Mir sagte mal jemand, ich sei egoistisch keine Kinder haben zu wollen. Kinder seien doch eine Bereicherung, und im Alter hat man dann jemanden. Was soll ich mit 4 Kindern, wenn sich nur eine kümmert? Und was, wenn nicht mal die eine diese Verantwortung wahrnimmt? Mir gehts auch garnicht so sehr um die Arbeit, sondern eher um die seelische Seite. Tagtäglich dreht sich bei mir alles nur noch um meinen Vater, um den Krebs, um Toilettenstühle, Sanitätshäuser, Stomabeutel, Windeln, Berge von Wäsche. Ich muss trösten, aufbauen, organisieren, erledigen. Und wer ist für mich da? Ich habe hier einen tollen Kontakt aufgebaut...mit Dagmar, und ich möchte ihr auf diesem Weg mal danke sagen, sie hört sich mein Wehklagen geduldig an und hilft mir soweit es geht. Auch mein Freund ist soweit er kann für mich da, leider wohnt er 360km weit entfernt und kann meist nur übers Telefon trösten. Müssten nicht gerade meine Geschwister da sein und mich verstehen? Mag sein das ich wehleidig klinge, aber so empfinde ich im Moment. Und ich achte auch darauf, das mein Vater von alldem nichts mitbekommt. Ich trage meine schlechte Laune, meine Enttäuschung nicht vor mir her. Er merkt also nichts davon...soweit er sich nicht selber Gedanken macht, wo seine Kinder abgeblieben sind. Aber ich fühle mich sehr leer, ausgebrannt. Im Übrigen habe ich auch das Thema Urlaub in dem Gespräch mit meinen Brüdern angeschnitten. Ich möchte nämlich im April und im Mai jeweils ein Woe verreisen d.h. meinen Freund und danach eine Freundin besuchen. Auf meine Frage wer sich denn in dieser Zeit kümmert, kam nur ein Achselzucken. Aber 2 Wochen Thailand sind drin für meinen Bruder. Ich habe meine ursprünglichen Reisepläne von je 2 Wochen schon drastisch auf jeweils ein Woe gekürzt, aber anscheinend ist mir nicht einmal das gegönnt. Ich weiss, es muss sich für manche sehr ICH-bezogen anhören, was ich hier zu sagen habe. Aber mein Leben dreht sich schon nur noch um meinen Vater, und dieses Schreiben hier....das tu ich für mich. Danke für den Tipp mit dem Arzt, ich werde sehen ob das so klappt:-)

Liebe Grüsse
Alex
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  #5  
Alt 20.02.2002, 13:44
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Hallo Alex,
ich bin mir sicher, daß du alles richtig machst.
In Bezug auf deine Freunde solltest du dir nicht so viele Gedanken machen. In einer Situation wie der deinen zeigt sich, wer deine wirklichen Freunde sind. "Freunde" die ein Problem damit haben, daß du momentan weniger mit Ihnen unternehmen kannst, die solltest du eh abhaken.
Du brauchst auch dahingehend kein schlechtes Gewissen haben, daß du darüber nachdenkst, daß beim Tod deines Vaters für dich einiges einfacher wird. Dies ist immerhin unbestritten. Ich weiß aus vergleichbaren Situationen (Pflegefälle) im weiteren Familienkreis, daß Gedanken in dieser Richtung bei solch hohen Belastungen normal sind. Und die Belastungen denen du momentan ausgesetzt bist sind wirklich sehr hoch - also ruhig auch ab und zu mal jammern - du hast es verdient. Das Verhalten deiner Geschwister kann ich persönlich nicht nachvollziehen, du hast aber definitiv Recht, wenn du auf sie sauer bist.
Ich weiß allerdings nicht, ob es für irgend jemand aus deiner Familie Sinn macht, wenn sich deine Brüder gezwungenermaßen um deinen Vater kümmern - sie werden es ihn spüren lassen.
Sorry, da habe ich keinen sinnvollen Vorschlag für dich.

Viele Grüße und alles Gute

Peter
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  #6  
Alt 20.02.2002, 13:45
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Peter, das mit Deinem Vater tut mir sehr leid. Ich denke auch, das Du durch die weite Entfernung sehr gelitten hast, gerade weil Du gerne mehr Kontakt gehabt hättest. Das ist das eine Extrem, bei mir ist es halt das andere Extrem. Ich liebe meinen Vater wirklich, aber ich stecke bis zu den Haarspitzen drin, und ich fühle mich einfach nur im Stich gelassen. Ich denke mal, wenn wenigstens mal einer von den dreien fragen würde: sag mal, wie gehts Dir denn, ist alles i.O., ich würde mich gleich besser fühlen. Ausserdem, und ich glaube das kam in meinen vorherigen Beiträgen nicht ganz rüber: mir tut es auch für meinen Vater leid. Wie gesagt, wir reden da nicht drüber, ich sage ja auch nicht das es mich ärgert, und ich mache auch keine sticheligen Bemerkungen...aber ich glaube schon das er merkt wie wenig sie sich kümmern. Und wenn ich ihn dann so da sitzen und leiden sehe...da schiessen mir die Tränen in die Augen.

Liebe Grüsse
Alex
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  #7  
Alt 20.02.2002, 13:49
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Hallo Peter!

Es ist nicht schlimm, das Du keinen "sinnvollen" Vorschlag für mich hast....allein das Schreiben und eine Antwort darauf helfen schon ungemein weiter. Danke Dir!

Liebe Grüsse und auch Dir alles Gute
Alex
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  #8  
Alt 20.02.2002, 14:13
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Hallo Alex,
Gott sei Dank war das für meinen Vater in Ordnung. Er wußte, daß wir immer, und wenn es nur im Gedanken war, bei ihm waren.
Mir ist noch ein Punkt eingefallen, über den du mit deinen Geschwistern doch mal reden solltest.
Da muß ich allerdings ein wenig ausholen.
Ich habe in den letzten Wochen nach dem Tod meines Vaters sehr viel mit meiner Frau über Sinn und Unsinn des Lebens und der Familie philosophiert. Ich war der Meinung, daß mein Vater in seinem Leben ganz viel verpaßt hat, weil er ein große Familie zu ernähren hatte (5 Kinder). Dies war materiell gesehen sicher richtig, er konnte sich sein ganzes Leben lang nicht allzuviel leisten. Aber er hatte immer eine Familie die den Kontakt aufrecht gehalten hat. Es ist wahrscheinlich kaum ein Tag in seinem Leben vergangen, an dem er kein Kind oder Enkel gesehen hat. Das war ihm sehr wichtig und hat ihm viel Freude gemacht. Im nachhinein bin ich mir hundertprozentig sicher, daß ihm das das Wichtigste und Freudvollste in seinem Leben war. Wir konnten ihm also in seiner 2ten Lebenshälfte etwas von dem zurückgeben, was wir von ihm (und unserer Mutter) erhalten haben. Aufgrund euerer Familiengröße (4 Kinder?) könnte die Situation ähnlich wie bei uns gewesen sein.
Ich bin mir sicher, daß auch deine Eltern auf viel verzichtet haben, um ihre 4 Kinder großzuziehen. Jetzt ist es an der Zeit, etwas davon zurückzugeben. Sollten dies deine Geschwister nicht einsehen, kannst du nichts mehr machen.
Auf jeden Fall gibst du sehr viel zurück und dein Vater wird entsprechend glücklich darüber sein. Es wird für Ihn auch die Freude über deine Unterstützung ganz sicher die Enttäuschung über das Fernbleiben deiner Geschwister klar überwiegen.
Ich glaube auch nicht, daß dein Vater in seiner jetzigen Situation deinen Geschwister grollen wird - auch wenn du aufgrund deines Einsatzes dies als ungerecht empfinden wirst.
Ich wünsche dir noch viel Kraft und hoffentlich doch noch Unterstützung durch deine Geschwister.

Viele Grüße

Peter
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  #9  
Alt 20.02.2002, 16:30
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Hallo Alex,

das ist tatsächlich ne reichlich verzwickte Situation und ich kann gut verstehen, dass Du mächtig sauer auf Deine Geschwister bist. Ich fürchte nur, dass Du da momentan nicht weiterkommst und es zusätzlich Energie kostet, Dich zum jetzigen Zeitpunkt ergebnislos weiter mit ihnen rumzustreiten.

Allerdings muss schnell eine Lösung gefunden werden und ich finde Deinen Wunsch wenigstens einen Abend in der Woche Zeit für Dich zu haben mehr als legitim.

Vielleicht solltest Du doch noch einmal in aller Ruhe mit Deinem Vater darüber sprechen, dass er die Pflegestufe II beantragt. Es muss ja gar nicht darum gehen, dass dann tatsächlich xx Stunden am Tag ein Pfleger ins Haus kommt. Stattdessen könntet Ihr Euch das Geld ja auszahlen lassen - steht Euch zu, da Du die Pflege übernommen hast - und dafür verwenden, jemanden privat zu engagieren, der einen Abend in der Woche Deinen Vater betreut.

Das hätte den Vorteil, dass nicht irgendein fremder Mensch - womöglich noch nicht einmal täglich der gleiche - ins Haus kommt, sondern dass Ihr ganz gezielt jemanden suchen könnt, den Dein Vater mag und dem er vertraut. Und Du hättest zumindest einen Tag/Abend in der Woche ein wenig Zeit für Dich, um Kraft zu schöpfen.

Pass auf Dich auf! Liebe Grüße, Josefine
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  #10  
Alt 20.02.2002, 18:10
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Hi Alex!

Muß mich auch noch mal schnell melden, obwohl grad nicht so viel Zeit vorhanden!

Wollte Dir nur sagen, daß dieses Forum Dir auch helfen kann, ein wenig "Luft abzulassen" oder Dir einfach nur den Frust von der Seele zu schreiben.

Das mit dem Urlaub kenne ich... Auch ich war seit beinahe einem Jahr nicht mehr weg, habe alles abgesagt wegen meinem Vater aber manchmal kommt auch in mir mein Ego hervor, das sagt, daß auch wir mal eine Auszeit nötig haben. Vielleicht solltest Du Deine Geschwister nicht fragen, sondern sie einfach vor vollendete Tatsachen stellen und sagen von dann bis dann bin ich weg - Punkt. ?! Es ist so schwer Eure familiäre Situation zu beurteilen als Außenstehender....

Hast Du eigentlich Kontakt zu dem Hausarzt Deines Vaters?

Liebe Grüße
Biggi
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  #11  
Alt 22.02.2002, 07:44
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Hallo!
Gestern abend war mein Bruder nochmal da, ich hatte schon garnicht mehr mit ihm gerechnet. Er fliegt ja heute um 10 Uhr Richtung Thailand. Wir haben uns dann nochmal vernünftig und ohne Tränen meinerseits unterhalten. Anscheinend gabs zumindest einen kleinen Meinungsumschwung bei ihm. Keine Ahnung ob seine Freundin ihm den Kopf gewaschen hat oder er von ganz alleine umgedacht hat. Zumindest hörte es sich dahingehend besser an, das er sagte, er würde nach dem Urlaub mit mir zusammen ein Gespräch mit Papa führen...damit Papa den Pflegedienst zulässt. Er würde mich unterstützen und meinem Vater wenn nötig auch sagen, das es ihm nichts bringt wenn ich nervlich am Ende bin. Er hat sich auch über Pflegedienste in unserer Stadt informiert und machte einen relativ engagierten Eindruck. Ich hoffe es tut sich was. Er wollte gestern abend auch noch zwischen den "verzankten" Parteien, also zwischen meinem kleinen Bruder und meinem Vater vermitteln, was daraus geworden ist weiss ich nicht...werde ich aber heute erfahren. Ich danke Euch für Eure Tipps, ich bin mir sicher ich kann den einen oder anderen gut gebrauchen. Meine Schwester hat sich gestern kurz gemeldet, aber nur um zu erfahren ob bei mir Post für sie angekommen ist.

Liebe Grüsse
Alex
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  #12  
Alt 25.02.2002, 23:32
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Hallo Alex,

gibt es denn niemand in eurem Bekanntenkreis, den dein Vater akzeptieren würde? Einen Freund oder eine Tante? Jemand, der einfach für ein paar Stunden bei ihm sein kann, während du etwas für dich tust?

Ansonsten kann ich dir noch den Tip geben, dich mal an die örtliche Hospitz zu wenden. (Gibt's in jeder größeren Stadt.) Das sind Menschen, die speziell auf den Umgang mit sterbenden und ihren Angehörigen geschult sind. Sie kommen für ein paar Stunden ins Haus um den pflegenden Angehörigen zu entlasten. Helfen im Haushalt, gehen für dich einkaufen usw. Und das ganze auch noch ehrenamtlich.
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  #13  
Alt 07.03.2002, 23:06
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Hallo....
heute abend um ca. 19 Uhr ist mein Vater auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Die Notärzte sagten mir, er sei eingeschlafen. Ich habe ihm nie gesagt das ich ihn liebe, oder das ich ihn lieb habe. Ich hatte mir fest vorgenommen, ihm das vor seinem Tod noch zu sagen. Ich hatte keine Zeit mehr dazu, alles ging so schnell, und ich weiss das ich das immer bereuen werde. Ich habe es ihm nicht gesagt....
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  #14  
Alt 11.03.2002, 23:03
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Hallo Alexandra,
es tut mir sehr leid, dass Dein Vater verstorben ist. Ich weiß, was Du durchmachst, bei mir war es vor 4 Wochen, dass mein Vater eingeschlafen ist. Ja, man hat immer irgenwelche Dinge, die man doch noch sagen wollte. Ich habe meinem Vater gesagt, dass ich ihn lieb habe, sogar des öfteren habe ich ihm das gesagt. Er wusste es! Aber mir fielen nach dem Tod immer wieder Dinge ein, die ich ihm noch hätte sagen wollen. Nun ist er nicht mehr da und es hat mich krank gemacht, wenn ich darüber nachgedacht habe. Aber rede einfach mit ihm, wenn Du alleine bist. Das hilft auch. Sage ihm alles, was Dir auf dem Herzen liegt. Ich bin ganz sicher, dass Dein Vater bei dieser Pflege, die Du seit Oktober übernommen hast, gemerkt hat, dass Du ihn liebst. Sie merken so vieles.Mein Vater war auch oft ungerecht und unzufrieden mit allem und doch, spüren sie mehr, als wir ahnen.

Ich wünsche Dir viel Kraft und alles Liebe und denke daran, Dein Vater wusste, wie lieb Du ihn hattest!!!

Ganz liebe Grüße Monika
meine mail-adresse:
naber-sauer@t-online.de
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  #15  
Alt 02.07.2009, 16:58
peterfranz peterfranz ist offline
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Hallo Alexandra!
Ich kann Dich gut verstehen, in meinem Haushalt ist eine ähnliche Situation. Ich,58 Jahrea alt, stolzer Vater einer 27 Jahre alten Tochter, habe einen inoperablengroßzelligen Lungenkrebs mit allerlei Metastasen, in nden Nebennieren und was es schlimm macht in der Wirbelsäule.Nach 4 Chemos und 10 Bestrahlungen versagen die Beine immer mehr und ich kann nicht mehr gehen. Meine Tochter und meine Frau, beide berufstätig, pflegen mich so gut es geht ohne zu murren. Doch ich spüre,obwohl ich weis das sie es gerne für mich machen, das es eine unheimliche Belastung für sie ist. Ob ich an ihrer Stelle es könnte weis ich nicht. Ich bin dankbar und bewundere sie und wenn ich könnte würde ich die Sache beenden. Ich weis jedenfalls wie es Dir geht und ich bin voller Bewunderung für Dich und ich würde wünschen jedem Kranken wünschen er hätte so jemanden. Meine Hochachtung für Dich und Dankeim Namen aller Kranken die es nicht sagen können.

Viele gute Wünsche,peterfranz!
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