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  #61  
Alt 24.04.2005, 22:35
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Standard Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

hallo, ich antworte Dir schnell um Dich zu beruhigen, daß Du ganz bestimmt nicht egoistisch bist und keinesfalls irre wirst. Nicht Du handelst verrückt, die Situation ist ver-rückt. Was Du und Deine Mama erlebt ist eine extreme Situation, in der vieles anders ist, anders wird. Aber nicht alles.

Du fragst ob andere so etwas erlebt haben. Also ich kenne erkrankte Menschen, die aus ihren Beziehungen ausbrechen, sich in etwas stürzen,was "Leben" verheißt, ich kenne einen lieben, biederen Ehemann, der sich nach dem Tod seiner Frau in Bordelle begeben hat, junge Erwachsene die sich nach dem Tod ihrer Eltern nichts so sehr wünschten wie ein Kind und dann damit glücklich wurden, oder auch nicht, ich kenne Witwen die ihren Kummer im Alkohol ertränkten, es gibt vieles. Es gibt aber auch Gutes, Positives im Erleben, im Aushalten, im Dabeisein bei Krankheit und Sterben.

Liebe Saphir, es ist verständlich wenn Du plötzlich mit Deinem Leben nicht mehr zufrieden bist. Wenn Du sagst, Du möchtest plötzlich Dein gesamtes Leben umstürzen, könnte es nicht sein, daß Du Dein altes Leben wieder möchtest? Eine Zeit, in der die Zeit endlos vor Dir liegt, mit Deiner Mama, ohne große Sorgen.

Ich glaube nicht, daß Du unfähig bist zu lieben. Vielleicht bist Du auch zu müde, zu angefüllt mit Kummer, vielleicht erlaubst Du es Dir selbst nicht? Warum sagst oder schreibst Du ihm nicht das was Dich bewegt?

Nun hoffe ich, daß Dir jemand schreibt, der in Deinem Alter ist. Das "Wechselbad der Gefühle" kenne ich auch, das hat mit dem Alter nichts zu tun. Es gibt eine Sache die ich am zunehmenden Alter ungemein schätze und das ist eine gewisse Gelassenheit und die Erfahrung, daß wenn ich heute so empfinde, so muß das morgen nicht gleich gut, oder gleich schlimm sein. Ich weiß (nicht mehr!) ob es in Deinem Alter möglich ist, sich selbst einfach mehr Zeit zu geben, das ganze ruhig anzugehen. Also heute den Koffer auspacken, die Sachen für das Studium zusammen stellen, in der nächsten Woche dies und dann das...... Und ein bißchen nett zu sich selber sein!

Alles Liebe, und NUR MUT!
Briele
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  #62  
Alt 25.04.2005, 08:44
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Standard Russisch Roulette.......

Hallo Saphir,

ich kann mir schon vorstellen wie es Dir geht, aber ich denke keine Aussenstehender kann wissen WAS da genau bei dir passiert. Ich denke Du musst herausfinden WAS es ist: bist Du "nur" verwirrt und durcheinander und vielleicht überfordert und und und... dieser Zustand wird sich irgendwann wieder ändern und dann wäre es sicher nicht gut gleich alles über Bord zu schmeissen. Aber genauso kann es sein dass die Situation mit Deiner Mutter Deinen Blick fürs Wesentliche geschärft hat - das ist ja meistens so... man wird sich der eigenen Endlichkeit plötzlich SEHR bewusst, ich habe mich seit der Krankheit und dem Tod meines Vaters auch (innerlich) neu orientiert... es ist durchaus auch plausibel dass man plötzlich erkennt: HALT STOPP das kann es nicht gewesen sein, will ich so weiter leben, vielleicht beendet man eine Beziehung die ohnehin schon nur noch vor sich hindümpelte... Aber das kannst nur Du beurteilen, wie dauerhaft die Empfindungen vermutlich sein werden die Du da hast. Das Leben ist zwar nie wieder wie vorher, aber vieles wird sich auch wieder normalisieren.... auch wenn Du niemanden (auch körperlich) an Dich heranlassen kannst wird sich auch das wieder ändern... ist die Frage ob Du DIESEN MANN nicht mehr in Deinem Leben willst oder brauchst.... stellt Dir Dich selbst ohne ihn vor...wenn das für Dich verlockender oder stimmiger ist, tja dann ....

Ich denke auch nicht dass Du da jetzt egoistisch bist oder sowas. Du erlebst eine einschneidende Zeit in der sich vieles verändern und einiges aufbrechen kann. Ich würde vielleicht nichts überstürzen aber es ist doch absolut legitim zu sagen: ich muss mich jetzt auf mich selbst und meine Mutter konzentrieren und kann das alles besser allein machen. Mit den Konsequenzen muss man dann halt auch klarkommen aber das kann man lernen (also allein zu sein). Auffallend finde ich dass Du schreibst vorher hattest Du Angst vor dem Alleinsein - warst Du deswegen mit Deinem Freund zusammen....? Wenn es jetzt ein richtiges Bedürfnis ist allein zu sein, Dich auf Dich selbst zu konzentrieren, dann mach es. Man wächst auch an dieser Zeit. Ich selbst habe mich z.B. (auf etwas unschöne Art) durch den Tod meines Vaters endlich mal von meiner sehr dominanten Mutter abgegrenzt... ist alles ziemlich unangenehm im Moment, aber wahrscheinlich war es überfällig, und dann ist es eben jetzt so......

Überlege was Du wirklich willst und dann tu das was Du tun musst. Irre ist es bestimmt nicht, plötzlich alles ändern zu wollen, es sollte natürlich gut überlegt sein (damit Du es nicht hinterher bereuen musst), aber es ist ja schliesslich Dein gutes Recht. Wenn es jetzt so ist, dann ist es jetzt eben so.

Alles Gute
Kerstin
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  #63  
Alt 08.05.2005, 21:34
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Ihr Lieben,

hauptsächlich schreibe ich Euch, um zu zeigen, dass es mich noch gibt. Und meine Mutter.
War wieder in Frankfurt, und habe sie dann heute mit nach Hause genommen. Sie muß sich alle 4 Wochen in Frankfurt vorstellen, und hat ein neues Mittel bekommen. Bis das "tolle", neue Medikament auf dem Markt ist. Freitag haben wir eine Perücke gekauft, dass hat ihr wirklich gut getan, denn sie sieht sehr gut damit aus. Damit ist der seelische Zustand ein wenig mehr gefestigt. Mein Bruder war auch mit, was uns allen gut getan hat. Auch ihm. Und mich macht es glücklich, dass er vielleicht doch was von meinen Worten angenommen hat, und Mama jetzt nicht mehr so davon "laufen" wird. Oder dem Krebs.....
Naja, Mama geht es nicht so besonders. Die Schmerzen, dann das Erbrechen von den Schmerzmitteln, dann wieder die Neueinstellung neuer Schmerzmittel wegen der Übelkeit, etc. Trotzdem kämpft sie weiter, wie ich auch. Bin momentan auch ziemlich abgehärtet, und ziehe meinen "neuen" Lebensabschnitt auch durch. Schon komisch. Einerseits zermürbt einem der Krebs all die Substanz, die man meint zu haben, andererseits setzt er auch ungeahnte Kräfte in einem frei. Ich glaube, so viel Kraft in meinem tiefen Inneren hatte ich noch nie. Ich hoffe, dass bleibt auch so. Mehr kann ich jetzt nicht schreiben, bin sehr kaputt. Euch alles Liebe, Saphir
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  #64  
Alt 09.05.2005, 13:29
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Liebe Saphir,

erst einmal will ich Dir sagen, ich war echt froh von Dir zu hören, d.h.zu lesen.Und dann, ich weiß nicht ob Dir das auffällt, ist es geradezu beeindruckend wie viel Du in wenigen Zeilen an Eindrücken übermittelst. Da ist alles drin, das Auf und Ab, das Hoffen und Bangen,die Kraft und die Schwäche. Du bist eine liebe Tochter und eine tolle junge Frau!

Ja, das ist so, einerseits ist man zermürbt, kaputt, andrerseits wachsen einem Kräfte, das hätte man vorher nicht für möglich gehalten. Man denkt, ach ich würde gerne auf die gewonnenen Kräfte, Erfahrungen, Einsichten verzichten, wäre doch alles so wie vorher. Warum es so ist weiß ich nicht, aber wirklich weiterbringen in seinem "Menschsein", das tun nur die dunklen Stunden. Man muß dabei auf eines ein wenig aufpassen, daß einem das alles möglichst stark macht, und stark bleiben läßt und nicht hart!

Ich wünsche Deiner Mama, Dir und auch Deinem Bruder alles Gute, viel Kraft und ich denke oft an Euch.

Briele
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  #65  
Alt 09.05.2005, 21:18
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Liebe Saphir,

auch von mir ganz liebe Grüße an dich und deine Mama, wie schön, dass du dich gemeldest hast! Habe auch immer wieder mal nachgeschaut,ob es einen Eintrag gibt von dir und mich gefragt,wie es euch wohl geht.
Das mit der Kraft,die einem "irgendwie" zufällt, das habe ich auch so erlebt und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich trotz mancher verzweifelter Momente darauf verlassen kann, dass auch später immer wieder Kraftnachschub kommt.Das hat wohl auch viel mit der Liebe zu tun, die man für seinen Kranken empfindet,mit dem Gebrauchtwerden und vielleicht kommt sie auch noch von woanders, je nach Glauben.
Du packst das und wie schön wird es sein, wenn du und deine Mutter später mal erschöpft aber glücklich auf diese Zeit zurückblicken könnt!

Alle guten Wünsche für dich und deine Mama,
Alina
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  #66  
Alt 11.05.2005, 08:58
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Liebe Briele, liebe Alina,

einfach nur DANKE. Jetzt muß ich den Spiess mal umdrehen. Ich weiß, dass ich bei Euch immer so liebevoll und unterstützend aufgefangen werde, und das nur, weil IHR so tolle Frauen seid. Ihr habt diese Lebensphase schon durchlebt, und trotz all den damit verbundenen Schmerzen, steht Ihr mir so rührend bei! Und das meine ich wirklich ernst. Ich weiß nicht wie viele andere Menschen dazu in der Lage wären.
Auch wenn ich falsch damit liege, aber ich glaube, nur Menschen, die schon einmal in der gleichen Situation gesteckt haben, können einem wirklich helfen. Und Eure Worte sind so hilfreich und wertvoll für mich. Und wann kann man in der heutigen Zeit noch sagen, dass es Menschen gibt, die einfach so (ohne einen zu kennen), für einen einspringen???? Es ist schwer Worte dafür zu finden, was Ihr mir mit Euren einzelnen Sätzen und Wörtern an Rückhalt gebt. Zum Glück habe ich mich damals getraut, hier zu schreiben.
Ich habe noch eine große Neuigkeit: meinem Bruder hat die Zeit in Frankfurt wohl viel gebracht. Er will jetzt (mit 22 Jahren) zurück zu meiner Mutter ziehen. Das gibt mir viel Erleichterung, für beide.
Liebe Alina, ich hoffe, dass ich die Chance habe, mit meiner Mutter auf die schreckliche Zeit zurück zu gucken, und zu sehen, was wir doch alles geschafft haben. Aber wenn das nicht der Fall sein sollte, habt ihr mir doch auch so manches halb geschlossene Auge geöffnet. Denn ich weiß, die Zeit, in der ich und meine Mutter uns so nah gekommen sind, kann mir keiner mehr nehmen. Und die Liebe, die wir beide uns gegenseitig gegeben haben, auch nicht.
Jetzt begebe ich mich schon wieder auf eine gefährliche Ebene, weil ich wieder auf den Todesgedanken stoße...der Gedanke soll noch möglichst weit entfernt bleiben. Aber Ihr wißt ja, was ich meine.
Auch ich denke viel an Euch, und wünsche Euch alles Gute!!! Viele Grüße, Saphir
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  #67  
Alt 12.05.2005, 22:28
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Liebe Saphir,

Danke für Deine lieben Zeilen, einfach DANKE für Dein schön geschriebenes DANKE.
Es ist - wie Alina schon einmal schrieb - ein Geben und ein Nehmen. So wie man sich freut wenn man jemanden mit einem Geschenk, einer Aufmerksamkeit Freude bringen kann, so freue ich mich wenn Du sagst ich kann ein bißchen Trost oder Zuversicht geben. Ich bin, wie du der Meinung, daß einen nur jemand verstehen kann, der in der gleichen Situation war. Aber das gilt auch für andere Situationen. Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht wirklich in die Situation eines Arbeitslosen hinein versetzen.

Ich freue mich über den Entschluß Deines Bruders, das ist bestimmt eine große Erleichterung und Beruhigung für Dich. Hat sich in Eurem Umfeld (Verwandte) etwas geändert?

Liebe Saphir, Du machst das alles nicht nur so gut wie Du kannst, ich wüßte nicht wie man es besser und aufmerksamer machen könnte. Du darfst Dir aber ALLE Gedanken erlauben und es ist völlig normal, ich würde sagen sogar richtig, daß Du auch den Gedanken an den Tod zuläßt. Das sollten wir alle immer wieder tun. Die Gedanken, sie kommen und sie gehen, sie kommen und sie gehen.

Alles Liebe Euch drei und viele gute Wünsche.
Briele
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  #68  
Alt 12.05.2005, 23:18
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Liebe Saphir,

auch ich will dir sagen,dass mich deine Worte gefreut haben und von ganzem Herzen wünsche ich euch,dass es positiv weitergeht.Einen tollen Bruder hast du ( bitte ausrichten !),meiner ist zwar auch ein lieber Kerl, aber während der Krankheit meiner Mutter ist er leider "abgebogen", er zog es vor, Workoholic zu werden.
Saphir, wie auch immer es ausgeht, diese Zeit kann euch wirklich durch nichts und niemand genommen werden, es ist Eure Zeit.Es gibt wohl kaum sonst Situationen,in denen man die Liebe zueinander so intensiv und mit allen Sinnen wahrnimmt und auch sich selbst so deutlich erfährt.Klingt vielleicht ein bißchen dramatisch,aber ich empfinde es wirklich so, noch viel klarer jetzt als Hinterbliebene

Für heute eine gute Nacht,
Alina
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  #69  
Alt 15.05.2005, 15:37
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Liebe Saphir,

Ich hoffe es geht Euch gut und was ich damit meine, das weißt Du ja. Man möchte diesen Worten immer Nachsätze anhängen.

Heute schreibe ich um Dir zu sagen, daß ich ab Dienstag, dem 17.5. für 10-14 Tage ohne Laptop bin - dies nur als Information, damit Du Dich nicht wunderst, wenn ich Dich ohne Antwort lasse.

Alles Gute und liebe Grüße
Briele
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  #70  
Alt 16.05.2005, 12:00
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Liebe Briele,

lieb von Dir. Fährst Du in den Urlaub? Wenn ja, wünsche ich Dir viel Spass, und eine tolle Zeit. Nein, die wünsche ich Dir so oder so. Immer.
Bei uns ist es ein wenig komisch. Komisch ist es zu sehen, wie alle jetzt auf den Anblick von Mama reagieren. Ich habe sie ja die ganze Zeit gesehen, und deswegen ist es ein wenig verblüffend für mich. Da sie nun ohne Haare ist (im Haus trägt sie die Perücke oft nicht), und auch schmaler geworden ist, oft glasige Augen vom Morphium hat etc., hat sie sich natürlich schon verändert.
Aber wenn dann Mamas beste Freundin vor mir auf einmal zu weinen anfängt, macht mich das irgendwie verrückt. Klar, es ist schön zu sehen, dass Mama Menschen so am Herzen liegt, aber mich bedrängt deren Trauer. Werde dann einfach wütend, denn ich will nicht, dass sie jetzt weinen. Sie sollen einfach froh sein, dass es noch Hoffnung für Mama gibt. Dieses Weinen gibt mir das Gefühl, sie haben schon mit Mama abgeschlossen. Bin ich unfair??? Ich habe schon länger nicht geweint, denn ich lebe jetzt soooo tief in der Hoffnung. Lasse keinen Schmerz an mich ran. Glaube, sonst könnte ich mein Leben (Alltag) garnicht aufrecht erhalten.
Ich weiß noch, als sehr junges Mädchen habe ich das Buch "Zwei Frauen" gelesen. Danach war ich so schockiert, ich dachte, niemals kann/darf es so eine Hölle für mich geben. War so froh, dass ich und mein Umkreis vor so etwas verschont waren.
Tja, daran muß ich jetzt so oft denken. Wie schnell die Zeit vergeht, und wie sich das Leben so verändern kann. Nun sitze ich hier, und kann mir garnicht vorstellen, dass es ein "einfaches" Leben geben kann. Das scheint mir so wahnsinnig weit entfernt.
Liebe Briele, irgendwie schaffst Du es immer, allein mit Deiner Anwesenheit in meinem Thread, ganz tiefe Gefühle aus mir heraus zu kitzeln. Wozu bräuchte man da noch eine Therapie? Das ist als großes Kompliment gemeint, aber das weißt Du sicherlich. In dem Sinne, alles Liebe, Saphir
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  #71  
Alt 16.05.2005, 19:43
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Liebe Saphir,

danke für Deinen lieben Brief! Nein, ich fahre nicht in den Urlaub, ich überlasse jemanden meinen Laptop für 10-14 Tage.

Deine Beschreibung über das Verhalten von Menschen in Eurem Leben verstehe ich gut. Ich war auch einige Male hin und hergerissen zwischen dem Gefühl der Rührung, daß andere so betroffen sind und weinen, und einer gewissen Ungeduld, bzw. dem Gedanken, sie mögen sich doch bitte ein bißchen zusammenreißen und daß Disziplin durchaus auch eine Tugend sein kann. Ganz arg fand ich, wenn mich jemand beiseite nahm und mir zuraunte, wie "richtig erschrocken" er oder sie über meine Mama oder meinen Papa sei. So eine Mitteilung hilft und nützt keinem, ist unnötig wie ein Kropf.

Nach Mamas Tod war ich noch einmal erstaunt wenn ältere Frauen, die in keinem nahen Verhältnis zu Mama oder mir standen, im Gespräch mit mir in Tränen ausbrachen. Zuerst dachte ich die sind angerührt weil ich so traurig und arm bin, dann verstand ich, daß die alle um die eigene verstorbene Mama weinten, auch wenn es 30 Jahre zurücklag.

Wenn die Freundin Deiner Mama weint, dann kann es sein, daß sie nicht nur aus Mitgefühl und Angst um Deine Mama weint, vielleicht weint sie auch ein wenig aus Angst und Entsetzen was mit einem (selbst)ruckzuck passieren kann.

Mach Dir keine Gedanken ob Du weinst, oder nicht weinst und warum nicht. Wenn die Tränen hochkommen kann man erst einmal kräftig schlucken, aber kein zweites Mal, liebe Saphir, wenn sie fließen wollen, laß sie fließen.

Das Buch die "Zwei Frauen" kenn ich nicht, aber ich habe es auf meiner Bücherliste notiert. Wenn ich an Dich denke, Dir schreibe, dann denke ich auch immer,daß ich in Deinem Alter nur kleine Sorgen um mein Wohlergehen hatte.Mein bisheriges Leben rückblickend betrachtet glaube ich sagen zu können, daß sich die sorgenfreien Jahre wie eine Art Einheitsbrei in meiner Vergangenheit ausnehmen. Damit will ich nicht sagen, daß Sorgen und Kummer positiv sind, aber es gibt nichts, was nur eine Seite hat. Wie gefällt Dir der Spruch: das Leben kann nur vorwärts gelebt und rückwärts verstanden werden?

Über allen, sozusagen on top, steht die Hoffnung für Deine Mama, daß jeder Tag so gut bewältigt wird wie es nur geht. Ist Dein Bruder schon bei Mama?

Deinen letzten Satz empfinde ich durchaus als großes Kompliment.
Alles Liebe
Briele
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  #72  
Alt 16.05.2005, 21:26
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Liebe Saphir,

kleiner Nachtrag: Danke für das Kompliment.
Briele
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  #73  
Alt 28.05.2005, 11:46
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Gegenwart und Zukunft würden wesenlos,
wenn die Spur des Vergangenen aus unserem Bewusstsein
gelöscht wäre.
(Klaus Mann)
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  #74  
Alt 29.05.2005, 20:47
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Liebe Saphir,

mein laptop ist wieder bei mir und ich bin wieder bei Dir, obwohl ich natürlich nie weg war.

Wie geht es Euch, der Mama, Dir, dem Bruder?

Alles Gute, liebe Grüße
Briele
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  #75  
Alt 01.06.2005, 12:15
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Ihr Lieben,

ich würde sagen, da hat Klaus Mann etwas sehr Treffendes ausgesprochen. Danke, Gast!
Tja, muß heute wohl mal wieder etwas nicht ganz so Positives hier schreiben. Es liegt daran, dass ich wie schon geschrieben, in den vergangenen Wochen sehr in der Hoffnung gelebt habe.
Seit wir wieder einen Kontrolltermin (CT und Skelettzintigramm)in unseren Kalender notiert haben, ist die Hoffnung von einer sehr schwarzen Wolke verdrängt worden. Und ich hatte in der letzten Woche richtige Nervenzusammenbrüche, habe am Abend plötzlich soooo intensive Weinkrämpfe bekommen, und dachte, ich schaffe es nicht mehr. Ich schaffe nichts mehr (habe auch unabhängig von der Krankheit viel Streß),will auch nichts mehr schaffen. Also ich war (bin) von von einer Stimmung in eine extrem schlechten Stimmung gefallen, hin und her....Seit dieser Termin fest steht, ist die verfluchte Panik wieder da. Man kann es auch vereinfachen: Wir stehen wieder vor einem "Russisch Roulette"-Tag. Und je näher der Termin rückt, desto weniger habe ich mich unter Kontrolle. Freitag ist es soweit. Bei sowas kann man wohl keine Routine bekommen, die große Angst wird mich wohl immer fertig machen. Schade, dass man seine Gedanken und Gefühle nicht in den Griff kriegen kann. Und dazu kommt, dass ich ausgerechnet Freitag wieder einmal anderswo arbeiten muß. Obwohl mein tiefes Inneres zittert, muß ich meine "gute Laune- Maske" aufsetzen, und darf mir nichts anmerken lassen.
Aber mein Bruder begleitet meine Mutter, zum Glück. Weiß nur nicht, ob er damit fertig werden kann.....?!?
Wißt ihr was? Je tiefer meine emotionalen Schmerzen, umso "abgebrühter" und kälter begegne ich meiner Umwelt. Wenn jemand wegen irgendeiner Kleinigkeit klagt, werde ich so wahnsinnig wütend. Jeder, der in dem Sinne keine größeren Probleme hat, soll das Leben doch genießen. Wer weiß, wann das "Schicksal" bei demjenigen auch mal zuschlägt! Ich wünsche mir so oft, dass ich auch mal wieder ein unbeschwertes Leben haben kann. Ob ich das werde? Jetzt diese ewige Angst, das ständige hin und her, und dann der Gedanke, wenn Mama den Krebs nicht besiegen wird. Dann habe ich ein Leben umhüllt von Trauer und Sehnsucht nach ihr...Tut mir leid, wenn ich so viel schlechte Gedanken hier verbreite. Aber all das spukt momentan bei mir rum. Bitte drückt uns die Daumen für Freitag. Alles Liebe, Saphir
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