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  #1  
Alt 17.03.2009, 23:23
Aenkman Aenkman ist offline
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Registriert seit: 17.03.2009
Beiträge: 2
Standard Und irgendwann überrollt es dich

Hallo zusammen,
ist grade ziemlich seltsam mich hier ein zu klinken aber heute hat mich alles einfach überrollt!
Mein Papa hatte 3 Jahre lang Krebs und es ist ein Wunder das er noch lebt. Das ist selbst die Meinung der Ärzte. Jetzt ist er seit ca. 1 Jahr frei von Krebs. Ich müßte also frohlocken und glücklich sein.
Diese Angst welche ich 3 Jahre lang hatte versuche ich immer wieder mehr schlecht als recht zu verdrängen und ich möchte mich auch nicht mehr damit beschäftigen müssen sondern diese Zeit einfach begraben. Bis jetzt gelang mir das auch super.
Seit ca.einem Monat aber kommt diese Angst aber immer wieder hoch und es überkommt mich tiefe Trauer (WARUM?! ER LEBT DOCH!!!). Heute bin ich jedoch total überrollt worden. Wir hatten heute einen Tag der religiösen Orientierung, habe einen christlichen Arbeitgeber, Thema war "geborgen sein" Für mich schwebte über allem eine riesengröße Trauer und ich bekam diese Gedanken und Gefühle nicht in Griff. Zum Schluß durften wir aus einem großen Beutel Psalme ziehen und ich muß sagen was ziehe ich :"Denn ich bin gewiss, das weder Tod noch Leben....uns trennen kann". Von da an war nur noch weinen möglich und nichts anderes. Ich habe mich so schlecht gefühlt weil Papa doch lebt also was soll das?! Das ist doch lächerlich. Dieses Gefühl steht Menschen zu die Verloren haben, nicht mir.
Meine Kollegin meinte das es ein Wink mit dem "Zaunpfahl" war und ich mich dem stellen müsse. Aber Wie? Und was soll ich tun ich habe keine Ahnung, bin ratlos und hilflos. Stehen mir diese Gefühle eigentlich zu. Warum steht über dem Glück, über der Dankbarkeit soviel Trauer?
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  #2  
Alt 18.03.2009, 00:07
Benutzerbild von Ylva
Ylva Ylva ist offline
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Registriert seit: 21.10.2005
Ort: Hessen
Beiträge: 3.113
Standard AW: Und irgendwann überrollt es dich

Hallo Aenkman,

ich kann jedes deiner Worte nachvollziehen.
Auch meine Mama wurde 2004 mit der Diagnose Krebs konfrontiert und überrollt. Heute, geht es ihr wieder gut. Mit Höhen und Tiefen. Aber es geht ihr gut, trotz der eher schlechten "Prognosen" der Ärzte. ABER die Uhr laesst sich nicht zurück drehen und die Zeit von damals bleibt, lebt in uns.

Das es Mama gut geht - darüber bin ich sehr, sehr glücklich ABER auch über mir schwebt die Angst, die Trauer über das alte Leben das wir damals verloren haben. Und gerade WENN ich hier lese, die Trauer der anderen lese, lese welch schlimme Zeiten sie durchgemacht haben, welchen Verlust sie erleiden mussten DANN komme ich mir unheimlich falsch und undankbar vor.

Ich BIN glücklich und dankbar das es meiner Mutter inzwischen wieder gut geht, auch habe ich dadurch gelernt intensiver zu leben. Intensiver zu fühlen und zu lachen. Mehr zu genießen, die kleinen Dinge zu sehen, die so wertvoll sind.

ABER der Krebs wird immer ein Teil unseres Lebens sein. Verdrängen funktioniert nicht auf Dauer, dagegen wehrt sich der Kopf und irgendwann auch der Körper. Arbeite es auf, sprich darüber, sprich über deine Ängste, deine Sorgen. Wir müssen diese Zeit hinter uns lassen aber vergessen können wir sie nicht. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns regiert aber auch wir dürfen (und das ist mir durch all die lieben Menschen hier klar geworden) Angst haben, Traurig sein, Verzweifeln. Nur nicht unterkriegen lassen, wieder aufstehen wenn es uns zu Fall gebracht hat, das Licht wieder anknipsen wenn es dunkel wird.

Wir sind dankbar für alles, für die Zeit die wir hatten und haben, dankbar und froh darüber wie es JETZT ist und doch sind wir anders als VOR der Diagnose die unseren liebsten Menschen getroffen hat. Auch uns hat diese Zeit geprägt. Es gibt gute und schlechte Tage. Unser Schmerz ist nicht so tief und er ist anders aber er ist da.
Ich habe oft ein schlechtes Gewissen, traurig zu sein ABER das muss ich nicht haben. Ich darf mich nur nicht darin verlieren. Aber man kann es abgrenzen, eingrenzen und das tust du auch! Du bist dankbar und voller Freude und Hoffnung weil es deinem Vater jetzt gut geht, fühle dich bitte nicht schlecht, wenn es dir mal schlecht geht. Rede mit Menschen darüber die es verstehen können, weine dich aus und lasse dann deine Tränen trocknen. Du fragst ob dir diese Gefühle zustehen!
DAS fragen uns die Gefühle nicht, sie überkommen uns. Denn genau das hast du treffen formuliert - und irgendwann überrollt es einen.

Wenn es mal wieder nicht hell werden will, und du den Lichtschalter suchst - versuche dir vor Augen zu halten, dass wir kostbare Zeit haben, die sich andere wünschen. Das besiegt die Traurigkeit meistens. Ich habe weiss gott vieles ausprobiert um nicht im Jammertal zu enden - nicht immer gibt es sofort einen Weg herraus - aber es gibt ihn. Wir können ihn gehen!!

Du hast einen ersten Schritt gewagt - über deine Gefühle zu schreiben.

#Ich wuensche dir alles,alles erdenklich Liebe,
Ylva

Geändert von Ylva (18.03.2009 um 00:11 Uhr)
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  #3  
Alt 18.03.2009, 17:11
Aenkman Aenkman ist offline
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Registriert seit: 17.03.2009
Beiträge: 2
Standard AW: Und irgendwann überrollt es dich

Hallo Yvla,

ich habe grade deine wundervollen Worte gelesen und bin sehr gerührt. Mehr als ein aus ganzem Herzen gesagtes DANKE kann ich im Moment gar nicht schreiben. Weine wieder aber diesmal mit einem guten Gefühl. Dem Gefühl nicht alleine zu sein und das es OK ist, ich muß einfach akzeptieren das es in Ordnung ist durch dieses Jammertal zu gehen und diese Zeit zu beweinen, sie gehört zu mir und hat mich zu dem gemacht was ich jetzt bin. Ich beginne im Moment glaube ich endlich zu verarbeiten was da an Angst war und Sorge und Schmerz. Für diese Gefühle hatte ich keine Zeit da ich versucht habe meine restliche Familie stabil zu halten während sie diese ausgelebt hat. Jetzt bin ich halt dran. Ich bin dankbar, und was soll ich sagen, ich bin heute zu meinem Papa gefahren und habe ihn einfach in den Arm genommen und gedrückt, und das tat so gut.

Danke noch einmal für deine Worte.
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  #4  
Alt 18.03.2009, 22:45
mahanuala mahanuala ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.05.2007
Ort: norddeutschland
Beiträge: 944
Standard AW: Und irgendwann überrollt es dich

liebe(r?) aenkman

ich finde ylva hat schon vieles geschrieben was ich auch sagen würde
aber vielleicht kommt auch noch dazu, daß du einfach in dieser schwierigen zeit auch deine unbeschwertheit verloren hast...und verlust macht einfach traurig

wir menschen sind in der heutigen zeit nicht mehr gewöhnt mit unserer *endlichkeit* konfrontiert zu werden...und es aber immer live vor augen zu haben ist schwer und macht auch traurig.
du hast ja sicher auch dein *früheres leben* mit papa verloren, innnerlich erleben wir als *kind* die eltern ja als irgendwie ein bißchen allmächtig oder *ewig*...auch dieses gefühl hast du ja schon *verloren*...auch davon kann deine trauer herrühren....

ich möchte dir nicht zu nahe treten , aber ich habe gerade mit der christlichen art, mit unserer endlichkeit umzugehen, sehr schlechte erfahrungen gemacht, für mich hat es oft etwas sehr zynisches....

...genauso wie ich die aussage deiner kollegin mit dem *wink mit dem zaunpfahl* sehr zynisch, wenig einfühlsam und taktlos finde...ich finde sogar, es steht ihr nicht zu, so mit dir zu reden.

jeder mensch hat seine/ihre gefühle, die kann man nicht einfach durch eine entscheidung etwas anzunehm umgehen...man kann lernen damit zu leben und jede/jeder kann in ihrem eigenen tempo lernen, situationen nach und nach zu akzeptieren.

gott, so wie ich ihn (oder sie?) heute verstehe hat es bestimmt nicht nötig winke mit dem zaunpfahl zu machen....wenn er/sie uns etwas zeigen will, dann befreit das und löst nicht angst oder vezweiflung oder streß aus....

daß du hier schreibst zeigt doch, daß du dich mit allem auf deine eigene art auseinandersetzt...mehr kannst du nicht tun!
und gott/die göttin oder das universum (oder wie immer man es nennen mag) ist ja unendlich und ewig und hat deshalb auch für dich jede menge geduld bereit!

liebe grüße
mahanuala
__________________
once you have tasted filght,
you will walk the earth with your eyes

turned skyward
for there you have been
and there you want to return

leonardo da vinci
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