Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Thema geschlossen
 
Themen-Optionen Ansicht
  #16  
Alt 12.11.2008, 10:36
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.09.2008
Ort: Fürstenfeldbruck
Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo ihr lieben,

vielen lieben Dank für eure Beiträge. Wenn ich hier reinkomme und neue Beiträge lese, die mir Mut machen, geht es mir gleich ein Stück besser.

Die Situation spitzt sich leider immer weiter zu. Mein weiss zwar, dass es immer schlimmer wird, aber wenn es dann so ist, tut es trotzdem sehr weh. Man kann sich nicht darauf vorbereiten. LEIDER.

Ich weiss nicht, ob ich das schon geschrieben habe, aber letzte Woche war ich mit Mama bei CT-Untersuchungen. Die haben ergeben, dass die Chemo nicht angeschlagen hat und die Lebermetastasen sogar noch schlimmer geworden sind. Am Tag nach den Untersuchungen hat die Onkologin meiner Mama gesagt, dass sie nun auch noch Magenmetastasen hat. Man müsse jetzt eine stärkere Chemo machen. Bei der bisherigen sind ihr ja nicht mal die Haare ausgegangen, aber dies würde nun der Fall sein. Das tut mir so leid für Mama. Sie hat soviel geweint. Wenn ich mir vorstelle, man würde mir die Haare abrasieren! Das wäre die Hölle für mich. Ich versuche sie ein wenig aufzumuntern, in dem ich ihr versprochen habe, dass wir schöne bunte Kopftücher kaufen. Mama regt sich auch immer tierisch auf, dass sie jeden Tag ihre Haare waschen und föhnen muss. Das hat sie immer gehasst. Ich habe ihr dann jetzt gesagt: "Schau Mama, dann musst du dich jetzt wenigstens nicht mehr ärgern, dir jeden Tag die Haare waschen zu müssen." Da konnte sie ein bisschen lachen.

Vorgestern Abend hat mein Papa mich verzweifelt angerufen. Die Mama schreit soviel und er weiss nicht, was er tun soll. Ich habe sie im Hintergrund gehört und bin sofort losgefahren. Sie hatte 5 Min. vorher Morphium genommen und wollte erst warten, bis es wirkt. Ich habe ihr gut zugeredet, sie ein bisschen gestreichelt, umarmt und getröstet und dann ging es wieder. Mein Papa stand in der Küche! Wo ist denn die Schwierigkeit, einen leidenden Menschen einfach mal zu trösten und zu beruhigen?? Wieso kann er das nicht? Meine Mama so zu sehen, hat mir schon sehr weh getan. Ich habe dann später nochmal angerufen, um zu sehen, ob alles ok ist. Da hat sie dann geschlafen und ich konnte einigermaßen beruhigt sein und auch ins Bett gehen. Zum Einschlafen habe ich sehr lange gebraucht, weil ich mir so viele Gedanken gemacht habe, da die Beschwerden immer schlimmer werden.

Gestern hätte sie zur Chemo sollen. Papa hat mir dann erzählt, dass sie in der Früh durch die Wohnung gefallen ist. Er ist dann zu Hause geblieben. Mama ist dann mit dem Taxi zur Chemo gefahren (da hätte er eigentlich mitfahren müssen, wenn es ihr so schlecht geht und er eh Urlaub genommen hat, der Blödmann). Mama muss dann dort auch durch die Klinik gewackelt sein. Die Onkologin hat dann gesagt, dass sie die Chemo so nicht macht, dass wäre ihr zu riskant (mir wäre das allein schon wegen ihrem Gewicht von nur noch 40 kg zu riskant, aber gut). Mama rief mich dann an. Sie sagte mir, dass die Chemo abgebrochen wird und sie in der Klinik bleiben muss - auf der Palliativstation!!!

Ich war wie gelähmt. Ich war gerade in der Arbeit. Ich bin nach draussen gegangen und habe geweint. Meine Kollegin kam nach und hat meinen Chef geholt. Das war mir total unangenehm. Sie haben mich dann sofort nach Hause geschickt. Ich habe im Auto so geweint. Ich wollte nur noch zu meiner Mama. Dann habe ich ihren Koffer geholt, habe ihr noch Blumen gekauft und Mandarinen (die mag sie so gern), damit sie sich ein bisschen freut und bin gleich zu Mama gefahren. Da war es dann ca. 11 Uhr. Die Ärzte haben gesagt, dass sie sie nur wegen der Schmerzbehandlung behalten wollen. Aber warum schicken sie ihr dann am Freitag einen Seelsorger?? Ich wollte mit der Ärztin sprechen, aber sie hatte keine Zeit. Heute Nachmittag habe ich einen Termin. Ich will endlich die Wahrheit hören.

Wenn sie meine Mama "nur" Schmerzmittel geben wollen, warum muss sie dazu auf die Palliativstation? Und wenn sie sagen, alles ist ok, wir brauchen uns keine Sorgen machen, warum hängt dann in der Station eine Broschüre, in der Sätze stehen wie "Aufnahmekriterium für Patienten in die Palliativstation ist eine fortgeschrittene, nicht heilbare Erkrankung, bei der alle therapeutischen Bemühungen auf Heilung oder langfristige Besserung ausgeschöpft sind....", "Palliativmedizin bedeutet das zugewandte und achtungsvolle Begleiten von Menschen in der letzten Lebensphase..." etc... Sie sollen bitte endlich ehrlich sein. Ausserdem habe ich die Berichte an 4 Ärzte, 2 davon Prof., geschickt. Alle unabhängig von einander haben mir gesagt, dass Mama nicht mehr geholfen werden kann. Das war aber schon vor 6 Monaten!

Auch war ich wiedermal total enttäuscht von meiner Familie! Mein Papa, der Urlaub hatte, kam so gegen 14 Uhr! Vorher war er in der Kneipe! Meine Schwester habe ich um 15 Uhr erst erreicht. Ihr Kommentar "Wenn mein Freund früher nach Hause kommt, kann ich sie vielleicht noch besuchen". Was hat ihr Freund damit zutun? Sie war dann gnädigerweise 30 Min. bei ihr. Heute zu dem Termin kann sie nicht mitkommen, weil sie Überstunden machen muss. Sorry, aber ich habe nur 1 Mama! Nen Job finde ich immer wieder! Ich habe schon in der Arbeit angekündigt, dass ich die Woche nicht mehr komme. Meine Mama ist mir wichtiger. Dann fragt meine Schwester mich noch wegen dem Termin "Schaffst du das alleine?". Ich mach doch eh alles alleine! Ich war den ganzen Tag bei ihr, bin kurz nach Hause und war abends nochmal da.

Auch heute und den Rest der Woche werde ich selbstverständlich so oft ich kann bei meiner Mama sein und sie nicht alleine lassen.

Ich verstehe das alles nicht. Wieso sind die Menschen so egoistisch, wenn sie wissen, dass sie von einem geliebten Menschen langsam Abschied nehmen müssen?

Oh je, jetzt ist der Text ganz schön lang und durcheinander geworden. Ich hoffe, ihr kennt euch noch aus.

Vielen Dank für eure Zeit, meine Beiträge zu lesen! Ich bin euch wirklich sehr dankbar dafür!


Viele liebe Grüße

Susanne
  #17  
Alt 12.11.2008, 11:06
Benutzerbild von caitlin
caitlin caitlin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.04.2008
Ort: am Rande des Ruhrpotts
Beiträge: 1.689
Standard AW: Hallo erstmal....

Liebe Susanne, leider kann auch ich Dir weder Last noch Sorgen abnehmen, aber ich schicke Dir ein paar Sonnenstrahlen und ein großes Kraftpaket. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie mies und alleingelassen Du Dich fühlst. Du schreibst Dein Vater sei Alkoholiker, dann war er doch "nur" in der Kneipe, weil er überfordert ist. Klar, und Du darfst es nicht sein... Hol Dir alle Hilfe, die Du kriegen kannst und tritt Deine Schwester mal ganz kräftig in den A... Fordere ihre Hilfe ein, sag Ihr, dass Du schon genug Abstriche machst und eigentlich schon gar nicht mehr kannst. Ich glaube, das begreift die Gute sonst nicht.
Alles Liebe
Caitlin
__________________

Alles Liebe
Caitlin

Geändert von caitlin (12.11.2008 um 11:29 Uhr)
  #18  
Alt 12.11.2008, 11:14
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.09.2008
Ort: Fürstenfeldbruck
Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Liebe Caitlin,

vielen Dank für die Sonnenstrahlen, die kann ich gut gebrauchen :-)

Gestern hat Mama gesagt "Immer wenn du durch die Türe kommst, geht die Sonne auf." Und dann hat sie gesagt "Ich glaube, du bist mein Engel. Immer wenn ich gerade denke, dass ich jetzt was brauche (gestern wars der Jogginganzug), kommst du ein paar Minuten später durch die Türe und bringst es mir".

Meine Schwester jammert ja jetzt schon immer, dass sie so überfordert ist. Ihr 7jähriger Sohn, ihr Halbtagsjob und meine Mama, das wäre ihr alles zu viel. Und wenn ich sie mal bitte, was zu machen, macht sie es immer so "wischiwaschi". Das will ich dann auch nicht. Bevor ich sie um Hilfe bitte, mir dann ihr Gejammer anhöre und sie meiner Mutter genau das nötigste hilft, mache ich es selbst. Naja und mein Papa ist ja sowieso ein Thema für sich...

Ich habe sehr viel Angst vor dem Termin mit der Ärztin heute. Ich weiss zwar, was auf mich zukommt, aber in dem Moment ist es immer schwerer, als man denkt.....

Viele Grüße


Susanne
  #19  
Alt 12.11.2008, 11:20
Tochter1980 Tochter1980 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.04.2008
Beiträge: 89
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo Susanne,

ich war bis vor kurzem hier im Angehörigen-Forum. Nun musste ich eine Etage höher gehen. Aber ich schaue noch ab und zu hier rein um zu sehen ob ich helfen kann so wie mir geholfen wurde.

Ich habe Deine Beiträge gelesen und mir kamen die Tränen. Ich kann so gut nachempfinden wie Du Dich fühlst, denn meine Erinnerung an diese Zeit ist noch sehr frisch.
Ich bin 28 Jahre und war/bin mit der momentanen Situation auch überfordert, aber glaube mir, dies ist ganz normal.
Und selbst bei der Überforderung finden wir immer wieder die Kraft für unsere Liebsten da zu sein und ihnen Mut zu machen.
Du bist eine sehr starke, junge Frau, die aus der Liebe zur Mutter alles für sie macht. Es ist nicht einfach vom Rest der Familie im Stich gelassen zu werden, aber mache Dir darüber nicht auch noch Gedanken. Tu das was Du für Richtig hältst, mehr zählt im Moment nicht.
Wie Du schon geschrieben hast "Ich habe doch nur eine Mama." wird es den Anderen spätestens dann bewusst, wenn sie nicht mehr da ist. Du hast Dir in dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen, denn Du machst alles richtig.
Ich habe das Glück, das ich einen tollen Papa und einen super Bruder habe. Zusammen haben wir uns um Mama gekümmert, waren immer für sie da und haben uns gegenseitig Halt und Kraft gegeben.

Und genauso wie Du war mir meine Arbeit immer mehr egal, je schlechter es meiner Mama ging. Und das ist gut und richtig so. Sei bei Ihr solange Du willst und kannst. Du musst nicht mit ihr reden oder sie aufbauen. Sei einfach da, das reicht. Halte ihre Hand, wenn ihre Schmerzen das aushalten und erzähl ihr vom Tag, von der Arbeit. Redet über Erinnerungen, die Ihr gemeinsam erlebt habt, über Urlaube oder auch Träume. Ich bin zum Beispiel unheimlich Dankbar dafür, dass ich meiner Mama vor ein paar Wochen gesagt habe wie Ihre Enkelkinder heißen werden, wenn sie irgendwann kommen. Jahrelang hatte ich die Namen schon und ich weiß bis heute nicht was mich veranlasst hat sie ihr zu verraten, aber ich bin froh, das sie dieses Wissen mitnehmen konnte.
Genieße die verbleibende Zeit mit Deiner Mama. Diese Dinge kann Dir niemand mehr nehmen, sie werden Dich prägen und sie werden Dich Dein Leben lang begleiten.

Deine Mutter ist mit Sicherheit sehr stolz auf Dich.

Ich kann Dir im Moment nicht mehr schreiben, da für mich heute kein guter Tag ist. Aber ich werde mich sicher wieder bei Dir melden. Natürlich kannst Du Dich auch bei mir melden wenn Dir danach ist. Ich würde mich freuen.

Fühl Dich ganz doll gedrückt und viele liebe Grüße
Susi
__________________
In Erinnerung an unsere geliebte und starke Frau und Mama
*28.02.1958 +18.10.2008
  #20  
Alt 12.11.2008, 11:36
Benutzerbild von caitlin
caitlin caitlin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.04.2008
Ort: am Rande des Ruhrpotts
Beiträge: 1.689
Standard AW: Hallo erstmal....

Liebe Susanne, ja es gibt so Menschen, die sind überhaupt nicht belastbar und jammern beim kleinsten Pups. Ich habe hier einen Kollegen, der hat schon Streß wenn er seinen Sohn von der Schule holen muß und beschwert sich, dass er keinen Feierabend hat, wenn er nach der Arbeit noch zur Massage muß... Mit dem Jammern erreicht auch er, dass unsere Chefin ihn von allem verschont und alles uns aufs Auge drückt. Aber so wie ich Dich einschätze, würdest Du Deines Lebens nicht mehr froh, wenn auch Du jetzt noch Deine Mama im Stich läßt! Du hast meine volle Bewunderung für das, was Du in Deinem jungen Alter an Verantwortung und Last übenommen hast.
Alles Liebe
Caitlin
__________________

Alles Liebe
Caitlin
  #21  
Alt 12.11.2008, 17:51
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.09.2008
Ort: Fürstenfeldbruck
Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Und nochmals darf ich mich für eure netten Worte bedanken :-)

Ich war jetzt im Krankenhaus. Die Ärztin hat nicht offen sprechen können, weil meine Mama dabei war :-( Aber die Nachricht, die sie mir übermitteln wollte, habe ich verstanden: Metastasen an Knochen, Leber, Magen und wohl auch schon im Kopf. Sie fressen Mama so viel Kalorien auf, dass sie trotz häufigem und deftigem Essen nun auf 40 kg runter ist. Sie bekommt nun zusätzlich künstliche Ernährung und neue Schmerzmittel. Die Chemo wird nochmal versucht, aber wenn Mama sie nicht verträgt, wird die Behandlung abgebrochen. Man kann mit der Chemo nur Zeit schinden. Sie wird definitiv sterben.

Heute habe ich dann sogar bei Mama geweint. Sie war noch nie der Gefühlsmensch und mit dem Trösten hat sie es auch noch nie so gehabt :-) Aber sie hat sich wie immer trotzdem Mühe gegeben, mich aufzumuntern.

Das war alles sehr viel heute. Ich bin total geschafft. Jetzt muss ich abwarten, was beim CT wegen ihrem Kopf morgen festgestellt wird... Oh je, da hab ich schon wieder Bammel davor... Obwohl ich genau weiss, dass es fast schon egal ist, was noch alles kommt, habe ich vor jeder Untersuchung Angst...
  #22  
Alt 13.11.2008, 13:38
Ronnya Ronnya ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.04.2008
Beiträge: 986
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo Susanne......

Mit Schrecken habe ich deine letzten Beiträge gelesen....
Und möchte dir hiermit meinen allergrößten Respekt aussprechen!

Du bist eine so tapfere junge Frau,die sich leider viel zu früh mit dem schrecklichen Thema Sterben beschäftigen muss....
Ich drücke dich ganz fest und halte deine Hand....

Das, was du da leistest bedarf einer großen Menge an Mut und Kraft und du wirst diese schlimme Zeit zusammen mit deiner Mutter durchstehen.....
Du machst so viel und du machst meiner Meinung nach alles richtig.
Versuche dich nicht mit den Problemen rund um deinen Vater und auch deiner Schwester zu belasten.Du wirst sie wohl kaum ändern ,auch wenn es schön für euch alle wäre.Dein Vater versteckt sich hinter seiner Sucht und deine Schweater scheint ihren "stressigen" Alltag vorzuschieben.
Sie denke sie haben beide große Angst und kommen aus ihrer Haut nicht heraus.
Wie es aussieht ,bist du diejenige die alles aushalten muss und vor allen dingen,sich der Situation stellst.Ich finde das richtig und gut,denn wie du schon sagst: Du hast nur eine Mama.....
Spreche ruhig offen mit deinem Chef.Die meisten Menschen haben großes Verständnis,wenn solche Situationen auftreten...Nur Mut.....

Susanne....es ist so unendlich schwer einen geliebten Menschen dort hin zu begleiten,wo du alleine zurückbleiben musst.
Du wirst deinen Mama loslassen müssen,und es ist und bleibt verdammt hart.
Sei bei ihr und zeig ihr deine Liebe....
Du wirst wachsen an den Aufgaben und reifen...
Diese Zeit wird dich zu einem anderem Menschen machen,und das nur im Positiven.Du bist jetzt schon eine Persönlichkeit für sich ,aber dich wird im Leben nichts mehr so leicht aus der Bahn werfen.
Glaube an dich,an deine Kraft auch wenn du meinst du hättest keine mehr...
Und wenn du dich ausheulen musst ,mach es hier.Du wirst hier verstanden und aufgefangen....
Ich freu mich ,wenn ich wieder von dir lese...
Alles Gute für deine Mama....
Lieber Gruß
Regina
__________________
______________________
Erinnerungen ,die nicht verblassen,
bilden ein festes Fundament in unserem Inneren
Mein geliebter Vater - 16.6.2008
Und immer sind da Spuren deines Lebens
  #23  
Alt 13.11.2008, 13:50
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.09.2008
Ort: Fürstenfeldbruck
Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo liebe Regina,

vielen lieben Dank für deine Worte. Wie gesagt: Durch eure Beiträge habe ich wieder mehr Mut und Kraft. Nur hier kann man das wirkliche Verständnis bekommen, das man braucht, denn hier weiss jeder, wie sich der andere fühlt. Ich habe heute sehr lange mit Mama telefoniert. Und nachdem die Ärztin uns gestern gesagt hat, dass man mit der Chemo nur Zeit schinden kann, haben wir heute über ihren Tod gesprochen. Sie hat mir gesagt, wie sie alles haben möchte. Das tat zwar weh, aber andererseits auch gut. Endlich ist das unausgesprochene ausgesprochen. Ich habe mir geschworen, Mama die Hand zu halten, wenn sie geht. Ich lasse sie nicht alleine. Einige haben gesagt, ich soll das nicht tun, denn ich werde diese Bilder nicht aus dem Kopf bekommen. Aber ich will das so. Mama und ich gehen diesen schweren Weg nun schon 1 1/2 Jahren. Und ich möchte bei ihr sein, wenn sie die Augen für immer schließt und das letzte Mal die Luft dieser Erde einatmet. Ich möchte mit ihr weinen, wenn sie merkt, dass es zu Ende geht und wenn sie Angst hat, rüber zu gehen. Ich möchte sie ganz fest in meinen Armen halten. Sie soll mit den Worten, dass ich sie liebe und für immer vermissen werde, gehen. Meine Familie wird sowieso nicht dabei sein wollen. Aber das stört mich nicht.

Gestern haben sie gesagt, sie versuchen es nochmal mit der Chemo. Heute bekommen wir das Ergebnis von ihrem CT am Kopf. Und es würde mich nicht wundern, wenn sie die Chemo dann erst gar nicht machen. Ich glaube, es hat keinen Sinn. Und ich will, dass Mama nicht mehr so viel leiden muss die letzten Wochen/Monate. Ich will, dass sie mir sagt, was sie alles noch machen will. Ich will, dass sie die letzte Zeit einigermaßen schmerzfrei erleben darf. Und die Chemo macht sie immer so kaputt. Durch die Chemo hat sie noch viel mehr Schmerzen. Ich werde heute mit ihr und der Ärztin sprechen, wenn das Ergebnis kommt. Wenn sie wirklich Metastasen oder gar einen Gehirntumor hat, werde ich die Ärztin fragen, was die Chemo noch bringen soll. Und ich werde Mama fragen, ob sie die Chemo machen will. Ich schaffe das mit ihr.

Viele liebe Grüße und danke für alles!!

Eure Susanne
  #24  
Alt 13.11.2008, 14:01
Benutzerbild von caitlin
caitlin caitlin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.04.2008
Ort: am Rande des Ruhrpotts
Beiträge: 1.689
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo Susanne, vielleicht wirst Du die Bilder nicht aus dem Kopf bekommen, aber so blöd es klingt, es kann auch positiv sein und stark machen. Und wenn Du aus Angst, die Bilder nicht loszuwerden, nicht bei ihr wärst, würde Dich etwas viel schlimmeres ein Leben lang begleiten, Selbstvorwürfe und ein schlechtes Gefühl einen Fehler gemacht zu haben, den Du nie wieder gut machen kannst....
Du machst das alles sehr gut. Laß mich ein wenig Deine Hand nehmen...
Alles Liebe
Caitlin
__________________

Alles Liebe
Caitlin
  #25  
Alt 13.11.2008, 16:57
Ronnya Ronnya ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.04.2008
Beiträge: 986
Standard AW: Hallo erstmal....

Hallo Susanne.....

Es ist einfach richtig ,bei ihr zu sein und und zu bleiben ,wenn es soweit sein sollte.....
Ich selber war die letzte Woche ,als sich abzeichnete ,das mein Papa es nicht mehr schaffen wird, immer bei ihm, saß stundenlang an seinem Bett,habe seine Hand gehalten,von früher erzählt,ich habe noch einen Kaffee mit ihm getrunken.Seiner war schon stark verdünnt und ich habe die Schnabeltasse gehalten,er hatte da schon nicht mehr die Kraft dazu.....
Heute denke ich oft an diese letzte Tasse Kaffee ,die wir gemeinsam getrunken haben.Keine 12 Std später war mein geliebter Papa dann auch tot. Leider war ich in seiner Todesstunde nicht bei ihm.Unser Arzt hat Sonntagsabends noch gesagt,sein Puls wäre stabil,und sein Herz wäre auch stark,da habe ich mich um 22Uhr entschlossen,nach Hause zu fahren,um am nächsten Morgen kurz zur Arbeit zu gehen.Ich habe schon Sonntags abends mit meinem Chef gesprochen,das ich alles wichtige bis 10 Uhr erledige,um dann zu meinen Eltern zu fahren.....Um 8.40 kam der Anruf meiner Mutter....
Mir ist vor Schreck das Herz stehengeblieben.....

Natürlich werde ich den Anblick meines toten Vaters nie wieder vergessen können...
Dieses Bild wird mich mein Leben lang begleiten.Aber es ist kein schreckliches Bild ,das mir erscheint wie ein Alptraum...Susanne eher das Gegenteil ist der Fall....
Ich trage es tief in meinen Herzen und es gibt Tage da schmerzt es wahnsinnig,aber es gibt mittlerweile auch schon Tage,da verspüre ich eine große Dankbarkeit meinen Papa auf diesem seinem letzten Weg begleitet zu haben.Seine Hand gehalten zu haben,so wie er meine Hand gehalten hat,als ich noch ein kleines Mädchen war.....
Ich habe mir so sehr gewünscht,in seiner letzten Stunde bei ihm zu sein.
Heute muss ich akzeptieren,das es einfach nicht hätte sein sollen...

Jetzt habe ich soviel von mir erzählt,aber ich wollte dir damit Mut machen....
Mut den Dingen ins Gesicht zu schauen,und sie anzunehmen....
Genieße jede Sekunde mit deiner Mutter.
Ich wünsche dir und seiner Mama von ganzem Herzen,noch eine schmerzfreie(!!!!!) Zeit ...Zeit um euch noch näherzukommen...
Eine Umarmung schick ich dir....
Regina
__________________
______________________
Erinnerungen ,die nicht verblassen,
bilden ein festes Fundament in unserem Inneren
Mein geliebter Vater - 16.6.2008
Und immer sind da Spuren deines Lebens
  #26  
Alt 14.11.2008, 08:11
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.09.2008
Ort: Fürstenfeldbruck
Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Guten Morgen,

gestern war so ein schrecklicher Tag. Mama hat eine Metastase im Kopf. Unter dem Stammhirn. Sie drückt auf den Sehnerv, warum Mama so schlecht sieht. Und auf Nervenzellen, warum Mamas Gesichtshälfte nun taub ist. Das schrecklichste: Sie können sie nicht behandeln! Operieren können sie nicht. Die Chemo schlägt im Kopf sehr schlecht bis gar nicht an. Und Strahlen würden mehr Schaden als Heilung bringen. Das Urteil: Sie hat noch ein paar Wochen. Wenn sie verdammt viel Glück hat, ein paar Monate. Meine Mama wird also bald sterben. Sie hat verloren. Die Ärzte haben gesagt, die Metastase kann auch auf das Atmungszentrum drücken, wenn sie wächst. Mama würde dann ersticken.... Ich habe schon mal von einem solchen Fall gehört. Zitat der Angehörigen "Kein Tier hätte je so leiden müssen". Das hat sie doch nicht verdient. Das hat kein Mensch verdient!! Ich wusste ja schon länger, dass sie es nicht schafft. Aber das es jetzt so schnell geht.... Papa hat es nicht gewusst. Gestern haben sie es ihm gesagt. Abends war ich noch bei ihm. Er hat so viel geweint. Er ist so verzweifelt. Mama hat gestern schon über ihre Beerdigung gesprochen. Sie war sehr gefasst. Ich habe so geweint und ihr gesagt, dass ich nicht will, dass sie geht. Dass ich so Angst habe, dass ich so alleine bin. Sie hat dann gesagt, dass sie immer bei mir sein wird und mich nie alleine lässt.

Ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können. Und wenn ich kurz eingeschlafen bin, habe ich von Mama geträumt. Mir ist alles so egal. Ich will nur noch bei ihr sein. Ich habe keine Motivation, in die Arbeit zu gehen. Heute bin ich noch zu Hause. Aber am Montag soll ich arbeiten. Ich will aber nur bei meiner Mama sein. Ich habe mir auch schon überlegt, ob ich mir beim Arzt was zur Beruhigung holen soll. Ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich bin so durcheinander.

Es ist so unfair. Ich verstehe die Welt nicht mehr... Ich hoffe, dass Mama Weihnachten noch schafft. Aber die Gewissheit, dass es das letzte Weihnachten sein wird, dass Mama vielleicht an meinem 24. Geburtstag nicht mehr da ist, dass sie keine 45 Jahre alt wird, dass sie nicht dabei ist, wenn ich mal heirate oder Kinder bekomme...

Ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich weiss nur, dass ich meine Mama nicht hergeben will!!

Eure verzweifelte Susanne
  #27  
Alt 14.11.2008, 08:34
Minchen83 Minchen83 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 26.06.2008
Ort: Hamburg
Beiträge: 26
Beitrag AW: Hallo erstmal....

Liebe Susanne,

wenn ich Deinen Text so durchlese bin ich ganz erschrocken, denn genau diese Gefühle kenne ich, vor 4 Jahren hätte ich ihn schreiben können...
Meine Mutter erkrankte mit 44 Jahren an Blasenkrebs, ihr Krankheitsverlauf war anders, doch die Gefühle sind gleich. Die folgenden zeilen schreibe ich aus Erfahrung und nicht, weil ich denke, dass das der einzig richtige Weg ist.
Wenn man weiß, dass es keine Chance auf Heilung gib, ist es etwas besonderes es nicht zu verdrängen, sondern es wirklich zu leben.
Ich bin grad noch sehr unsicher das hier zu schreiben, Ich möchte, dass Du mich richtig verstehst. Genieße die Zeit mit Deiner Mama, redet ganz viel, wenn Ihr mögt oder haltet Euch nur fest.
Du kannst mich gerne anschreiben, wenn Du Fragen an mich hast.
Fühl Dich gedrückt
Jasmin
__________________
RIP Mama 11.12.59-25.08.04
  #28  
Alt 14.11.2008, 09:20
Benutzerbild von Susanne85
Susanne85 Susanne85 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 20.09.2008
Ort: Fürstenfeldbruck
Beiträge: 165
Standard AW: Hallo erstmal....

Ich weiss nicht was ich tun soll. Seit 2 Stunden sitze ich hier und weine und weine und weine. Ich weiss nicht, wen ich anrufen soll, mit wem ich reden soll, ob ich zu Mama fahren soll, wenn sie doch sieht, dass ich so verheult bin. Ich bin einfach nur verzweifelt. Ich habe Angst.
__________________


Für meine geliebte Mama
13.06.1964 - 16.12.2008
http://de.youtube.com/watch?v=PP_NQPrbRvM
  #29  
Alt 14.11.2008, 09:48
Tochter1980 Tochter1980 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.04.2008
Beiträge: 89
Standard AW: Hallo erstmal....

Allerliebste Sanne,

Deine Gefhle sind meine Gefühle. Auch bei mir ist die Erkenntnis wie ein Stich ins Herz eingetreten, dass meine Mama mich nie im Hochzeitskleid sehen wird, dass sie nie ihre Enkelkinder kennen lernen darf und das meine Kinder nicht das Glück haben werden mit einer großartigen Oma aufwachsen zu dürfen.

Alle Deine Gedanken, Gefühle, Ängste und Sorgen sind ganz normal.

Und wenn Du nächste Woche nicht zur Arbeit gehen kannst, dann lass Dich krankschreiben. Gehe zu Deinem Hausarzt und schilder ihm die Situation. Kein Arzt wird Dich in dem Zustand zur Arbeit schicken. Warum auch? Arbeiten kannst Du nicht, denn Du bist nicht einsatzfähig. Lass Dich krank schreiben und genieße die Zeit mit Deiner Mama.

Fahr zu Deiner Mama. Sie wird sowieso wissen, dass Du geweint hast und auch Du musst diese Informationen erste einmal verarbeiten. Rede mit Deiner Mama darüber.

Sei ganz lieb umarmt.

Susi
__________________
In Erinnerung an unsere geliebte und starke Frau und Mama
*28.02.1958 +18.10.2008
  #30  
Alt 14.11.2008, 09:51
Benutzerbild von caitlin
caitlin caitlin ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.04.2008
Ort: am Rande des Ruhrpotts
Beiträge: 1.689
Standard AW: Hallo erstmal....

Liebe Susanne,
leider kann Dir niemand Deine Angst nehmen. Wenn Du zu Deiner Mama fahren möchtest, dann tu es auch, sie weiß sowieso, dass Du Angst hast und weinst. Glaubst Du, sie tut das nicht auch??? Geh zum Arzt, laß Dich erstmal krank schreiben, dann hast du die Arbeit auch zunächst mal aus dem Kopf... Wenn sich alles noch etwas stabilisiert, kannst Du ja die Arbeit wieder aufnehmen und wenn nicht, dann ist es gut, dass Du jetzt Zeit hast, Dich um sie zu kümmern. Tu, was Dein Herz Dir sagt, aber vergrab Dich nicht in Deiner Verzweiflung, dann wird es nur noch schlimmer. Ich selbst nehme Antidepressiva, Dein Arzt weiß vielleicht auch eine Hilfe für Dich.
Fühl Dich ganz fest umarmt.
Alles Liebe
Caitlin
__________________

Alles Liebe
Caitlin
Thema geschlossen

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 19:45 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55