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Alt 16.09.2009, 22:53
schnatz69 schnatz69 ist offline
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Registriert seit: 31.08.2009
Ort: Ober-Mörlen
Beiträge: 37
Standard Krebs: Hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Angst!

Ich habe jetzt schon einige Zeit in diesem Forum verbracht und mitgeweint, Hoffnung geschöpft und mich auf neue Beiträge von tollen Menschen gefreut.
Mensch, was ist das für ein tolles Forum mit sehr sympatischen Menschen.

Da ich niemanden den Raum nehmen möchte, habe ich mich für ein neues, eigenes Thema entschieden.
Natürlich mit der Hoffnung, dass sich auch auf „meine“ Geschichte Menschen melden, die verstehen, wie er mir und meiner Familie geht…

Ich rede von meinem Vater und schreibe einfach mal die Fakten auf:
Er hat vor 7 Jahren die Diagnose Kehlkopfkrebs bekommen, wurde operiert und mit Chemo und Bestrahlung therapiert.
Es wurden der Kehlkopfdeckel, Teile des hinteren Zungenbereiches und alle Lymphknoten am Hals entfernt.
Er hat bis heute unter den Folgen der Bestrahlung zu leiden, aber ansonsten hatte er immer gute Werte und die Ärzte vermeldeten immer „Wir haben den Krebs besiegt“.

Ich muss an dieser Stelle sagen, dass mein Vater diverse Vorerkrankungen hat, die aber von großer Bedeutung sind.

Ich zähle sie mal auf, weil vielleicht ja auch hier jemand Ideen dazu hat:
• Durchblutungsstörungen in den Beinen, es droht ständig die Amputation
• Entfernung von 2/3 des Magens, dadurch Lactoseintoleranz – hochkalorische Zusatznahrung auf Fruchtbasis verträgt er aber nicht, weil die Bestrahlungen seine Zunge kaputt gemacht machen
• Seit der Kehlkopf-OP eine ausgekugelte Schulter, die nicht erkannt und dadurch auch nicht therapiert wurde
• Abgemagert auf 48 kg
• Asbestose, aber bereits anerkannte Berufskrankheit, die Berufsgenossenschaft zahlt alle Schmerzmedikamente incl. Marinol, 1x im Jahr 1 Kur mit Begleitung durch meine Mutter etc. Den First-class-Status hätten wir ihm aber gerne erspart!!!

Nun hat mein Vater vor 11 Wochen die Diagnose „verschleppte“ Lungenentzündung bekommen und das, obwohl er 2 Wochen zuvor wegen der Asbestose beim Lungenfacharzt zur Routineuntersuchung war und dieser sehr zufrieden war.

Nachdem er wegen seines „schwierigen Magens“ 2 Wochen lang weder eine Antibiose noch sonst eine andere Therapie bekommen hatte, wurde er vor 9 Wochen notoperiert.
Entfernung von 60% des linken Lungenflügels und Entfernung des kompletten Rippenfells, mit der Aussage des Chefarztes „das hätte er keine weiteren 4 Wochen überlebt“! Die pathologische Untersuchung der eingeschickten Gewebeprobe hat zum Glück keine neue Krebsdiagnose hervorgebracht! Auch die Asbestose soll nicht der auslösende Grund gewesen sein.

2 Wochen später weitere Not-OP, weil sich eine Tasche mit entzündlichem Material gebildet hatte und auf das Herz drückte. Weitere 25 % des linken Lungenflügels wurden entfernt.
Eine Vollnarkose bei Patienten ohne Kehlkopfdeckel ist ja auch noch besonders schwierig und unangenehm.
Die Drainageschläuche im OP-Bereich liegen auch bis heute!

Mein Vater ist morgen vor 14 Tagen in die AHB an die Kieler Bucht geschickt worden (meine Mutter begleitet ihn). Die Ärzte dort sagten „der Antritt der AHB war mindestens 1 Woche zu früh!“
Am zweiten AHB-Tag war sein Entzündungswert im Blut bei 239 statt bei max. 5. Eine tägliche Blutkontrolle wurde angeordnet – Blut bekommen sie aber nur noch aus der Leiste.

Die letzten 7 Jahre war jeder Gang auf die Personenwaage mit der Angst um eine weitere Gewichtsabnahme verbunden. Heute hat er 8 kg mehr als vor der Lungen-OP, aber leider nur durch eingelagertes Wasser in den Beinen, welches ihm weder Schuhe noch Strümpfe ermöglicht => 3x Lymphdrainage pro Woche und Wassertabletten sind die Therapie.

Heute gab es eine Röntgenuntersuchung des Thorax und die Blutkontrolle. Beide Ergebnisse waren so dramatisch, dass er morgen wieder zurück geschickt wird. Er muss also die AHB abbrechen und wird wohl am Freitag wieder operiert werden.
Es wurde ihm gesagt, dass ihm vermutlich 6 Rippen entfernt werden und wer weiß was noch…

Als ich meinen Vater Ende August das letzte Mal sah (wir wohnen 400km auseinander) hat er gesagt, dass das sein schwerster Kampf der letzten 10 Jahren ist und das er Angst hat, diesen Kampf zu verlieren und eigentlich auch nicht mehr kämpfen möchte.
Er hat immer ganze Krankenhausstationen mit seinem Witz, Humor und Charme unterhalten – er hätte auch ein toller Krankenhausclown auf Kinderstationen sein können.
Jetzt hat er kaum noch Feuer in seinen Augen und ich habe Angst, dass ich vielleicht sagen könnte „Mach Dir keine Sorgen um uns, Du darfst gehen, wenn Du möchtest“.

Ich will nicht dass er geht!

Ich mache mir auch so große Sorgen um meine Mutter, die in den letzten Jahren eine ausgewachsene Depression entwickelt hat, viele Medikamente schluckt, aber zum Glück auch in Therapie ist.

Viel Text, wenn ich alles nochmal durchlese und eigentlich hat es gut getan, diese einzelnen Punkte einmal aufzuschreiben…

Aber was bleibt, ist diese Trauer und Angst die einen lähmt und die Hilflosigkeit, die zornig macht.

Ich habe aber auch noch Hoffnung.

Bitte schreibt mir alles, was Euch einfällt.

Herzliche Grüße und Gute Nacht!

Andrea

Geändert von schnatz69 (16.09.2009 um 22:56 Uhr) Grund: In Word geschrieben und dann reinkopiert. Habe das Grußwort an Euch vergessen - bin halt noch ein Frischling, sorry:-)
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