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  #1  
Alt 19.11.2011, 22:29
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Hallo liebe Foris,
schon seit Januar diesen Jahres verfolge ich eure Aktivitäten. Heute habe ich das Bedürfnis meine Angst und meine Traurigkeit mit euch zu teilen.
Kurze Zusammenfassung:
01/11: Diagnose Weichteilsarkom linker Oberschenkel
01/11: Biopsie, Diagnose: hochgradig pleomorphes Sarkom
02/11: OP mit Entfernung des Tumors und 50%iger Entfernung der Oberschenkelmuskulatur, Entfernung der Knochenhaut auf einer Länge von 20 cm, Schnittränder noch positiv
02/11: Radiotherapie, 33 x täglich mit Ausnahme der Wochenenden
05/11: am 06.05. letzte Bestrahlung
05/11: am 09.05. Kontrolluntersuchung: Feststellung Lungenmetas
05/11: beginn Chemo mit Doxorubicin, 6 x, alle 3 Wochen, Kontrolluntersuchungen nach jeder 2ten Chemo mittels Ct-Scan,
09/11: am 05.09. letzte Chemo: alles sttabil, kein Wachstum; keine Progrssion
10/11: 12.10./ Kontrolluntersuchung mitels Ct-Scan: alles stabil
10/11: mein Mann verhält sich eigenartig, läßt Türen offen stehen, sieht Gegenstände nicht die direkt vor ihm stehen, ist desorientiert etc., nachdem er dann Lähmungserscheinungen seiner linken Körperhälfte entwickelt bringe ich ihn in die Klinik: Feststellung von Gehirnmetas rechts, hochdosierte Kortisongabe, Empfehlung von Radiotherapie, die Symptome bilden sich relativ gut zurück, es bleibt eine Schwäche der linken Körperseite, sich selbst versorgen (waschen, anziehen, Treppen steigen etc. ist nur mit meiner Hilfe möglich). Wir dürfen die Klinik verlassen.
11/11: wir starten mit der Radiotherapie, nach 3 Bestrahlungen treten die Symptome verstärkt auf: unerträgliche Kopfschmerzen, keine Koordination in den Bewegungen, linke Seite vollkommen gelähmt, also wieder via Notaufnahme ins KH, Festellung von extremer Ödembildung und Einblutung in den Gehirnmetas, hochdosierte Kortisontherapie (160mg), Schmerzmittel, etc. Nach 3 Tagen fällt mein Mann in einen vorkomatösen Schlaf und die Ärzte geben ihm noch wenige Tage. Am Mittwoch dieser Woche erwacht mein Mann, die Ärzte und auch das gesamte Pflegeteam können es nicht glauben.
Ich habe so inständig alle irdischen und außerirdischen Kräfte um Hilfe gebeten das mein Mann nochmal wach wird und ich mit ihm reden kann und bin unendlich glücklich das dieses wahr geworden ist. Falls alles stabil bleibt darf ich meinen Mann am kommenden Dienstag nach Hause bringen lassen. Ich bin momentan dabei alles zu regeln: Krankenhausbett, Pflegteam etc. Ich weiß das unsere gemeinsame Zeit sehr begrenzt sein wird aber ich genieße das was im Moment ist: wir können miteinander reden, uns umarmen, über unsere gemeinsame Vergangenheit reden, Erinnerungen nach oben holen etc. Auf der anderen Seite bin ich unendlich traurig diesen wunderbaren Menschen zu verlieren, ihr müsstet sehen wie er auch in dieser für ihn schwierigen Situation seinen Humor und seine positive Haltung nicht verliert, wie er es schafft, jedem Menschen ein Lächeln zu entlocken, seine unendliche Geduld und sein Wille den Krebs zu besiegen. Ich habe den besten Mann vom ganzen Universum und ich bin unendlich traurig ihn gehen lassen zu müssen. Ich habe unvorstellbatre Angst vor dem was kommt, diese Lûcke zu spüren, es ist nicht zu beschreiben.

Traurige Grüße

Sjarissa
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  #2  
Alt 22.11.2011, 22:04
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Liebe Sjarissa,
von mir ganz liebe Grüsse.
Mein Mann hatte ein retroperitoneales Liposarkom, bei Entdeckung und histologischer Identifizierung 11, 5 cm groß "unauffällig" im Bauch gewachsen + 1 Metastase an der li. Niere. Neo-adjuvante Chemo ab 12/06. Verstorben 08/08 an Komplikationen (Chemoschädigungen + intraoperativer Bestrahlung) der Komplett-Entfernung des Primärtumors + linker Niere.
Zunächst noch viel Hoffnung...dann unter künstlichem Koma ("capillary leakage syndome"...) dennoch dann sanft im Multiorganversagen auf der ITS verstorben.

Zitat:
Zitat von sjarissa Beitrag anzeigen
Für uns ist im Moment jeder Tag ein Monat, so intensiv sind wir miteinander, wir leben absolut im Hier und Jetzt und freuen uns riesig über kleine Verbesserungen. Man lernt viele Dinge zu relativieren und das setzt wiederum unglaublich viel Energie frei für das absolut wichtigste: Einen guten Abschluß finden, versuchen, alle Falten die das Leben wirft zu glätten, ohne Groll im Herzen in eine andere Dimension zu wechseln. Es ist schön zu erfahren wie beliebt mein Mann ist, wie er jedem einzelnen Besucher etwas positives mit auf den Weg gibt. Das erfüllt mich selbst mit ganz viel grenzenloser Liebe und ich bin auch ein wenig stolz so ein großes Geschenk zu bekommen.
DANKE für Deine Worte - so ähnlich haben "wir" das auch gesehen. Ich wünsche euch beiden alle Liebe dieser Welt gemeinsam den Weg zu gehen!

LG
Morgana
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  #3  
Alt 31.12.2011, 11:56
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Der Jahreswechsel steht vor der Tür, Zeit euch zu schreiben.
Die zurückliegenden Wochen waren so unglaublich intensiv schön. In dem Bewustsein Abschied nehmen zu müssen haben wir unsere gemeinsame Zeit Revue passieren lassen und unseren Freudes- und Trauertränen freien Lauf gelassen um zur Essenz des Lebens durchzudringen. Diese Prozesse haben unser beider Leben unglaublich bereichert und es ist etwas, was ein jeder von uns mitnehmen kann auf seine weitere Reise. Ich selbst fühle mich so reich beschenkt und es hilft mir die anstrengenden Tage besser zu durchstehen.
Seit 3 Tagen sind die Kopfschmerzen unerträglich geworden und die Schmerzmedikation wurde wiederum erhöht. Guido schläft nun die meiste Zeit. Ich lege mich oft zu ihm: seine Hand halten, über seinen Rücken streichen, seinem ruhigen Atem lauschen, seine Körperwärme spüren, seinen Geruch wahrnehmen, das alles in mich aufsaugen und versuchen auf ewig zu bewahren.
Mein Diamant wird mich verlassen und ich werde ihn loslassen müssen. Und wir wären so gerne noch weiter gemeinsam durch´s Leben gereist. Abschiednehmen tut weh.

Allen Betroffenen, Angehörigen und Hinterbliebenen ein gutes, gesundes und friedvolles 2012.

Sjarissa
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  #4  
Alt 31.12.2011, 15:09
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Liebe Sjarissa,
ich wünsche euch heute zum Jahreswechsel alles Liebe und innige Nähe.
Ja, Abschied nehmen tut weh.
Geplatzt sind alle Träume von gemeinsamer Zukunft...
In Liebe loslassen und behalten...das, was dieser besondere Mensch Dir geschenkt hat. Dazu wünsche ich Dir all' die Kraft, die Du brauchen wirst.

Auch ich möchte allen Betroffenen, Angehörigen und Hinterbliebenen aus der Sarkom-Gemeinschaft ein gutes neues Jahr wünschen.

LG
Morgana
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  #5  
Alt 02.01.2012, 02:43
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Lieber Schmatte, liebe Morgana,
DANKE für eure Unterstützung. Ja, ich sollte auf meinem Feldbett liegen und den ach so nötigen Schlaf halten. Es gelingt mir nicht, immer wieder werde ich durch meinen Schmerz des Abschiednehmens nach wenigen Minuten wieder wach, schaue im Kerzenschein auf das friedlich schlummernde Gesicht von Guido, und dann rollen sie, die Tränen. Es tut so weh.
Heute hatte Guido viel Mühe mit dem Sprechen, er möchte noch soviel sagen und fragen. Jeder Besucher wird gefragt, was er als Erinnerung an ihn mitnimmt. Schade, viele können mit der Direktheit der Fragen nicht umgehen und mir zerbricht es dann fast das Herz, das er keine Antwort bekommt. Wie oberflächlich ist unser Mitmenschsein geworden? Dabei wäre es doch so einfach zu sagen, das einen diese Frage überrumpelt, das man in der Schnelle keine Antwort finden kann, das man erst mal Zeit braucht darüber nachzudenken, sich die Zeit nimmt um dann eine Antwort zu geben. Mir zeigt das, das wir in einer Welt von Floskeln leben und nicht mehr in der Lage sind tiefe Gefühle zuzulassen, lieber einen kurzen sinnlosen Satz und schnell weg. Reden über absolute Belanglosigkeiten, darin sind sie Meister geworden.
Vielleicht tue ich allen Unrecht an.....Dennoch haben wir von Menschen die uns nicht so nahe standen mehr Unterstützung und Ehrlichkeit und Echtsein erfahren als von den sogenannten guten Familienmitgliedern und Freunden. Und das tut guuuut...
Auch das Schlucken wird schwieriger, er verschluckt sich regelmässig an seinem Speichel. Abhusten ist problematisch, seine linke Lunge bekommt kaum noch Impulse aus der "Zentrale". Und das bedeutet: er kann seine Schmerzmedikamente bald nicht mehr einnehmen. Ok, es gibt die Schmerzpumpe, aber er kann dann auch nicht mehr essen und... das absolut Lebensnotwendige: trinken. Obwohl Guido schriftlich festgelegt hat das er keine lebensverlängerte Maßnahmen möchte, tue ich mich unglaublich schwer dieses umzusetzen.
In Liebe loslassen... ja, ich will es können, aber mein Meisterstück wird es nicht sein.

Traurige Grüße

Sjarissa
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Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, aber nicht der Liebe.

Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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  #6  
Alt 02.01.2012, 15:53
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Monika Rasch Monika Rasch ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Liebe Sjarissa

Zitat:
ja, ich will es können, aber mein Meisterstück wird es nicht sein.

DOCH...Du wirst es können...weil Du nicht anders kannst.
Es kommt der Punkt, an dem das Loslassen leichter wird als das festhalten.
Dann, wenn Du siehst, ER KANN NICHT MEHR LEBEN .

Wenn Du siehst, dass das leben nur noch qualvoll ist.

Dann wirst Du wissen, dass es Zeit wird, dass Du tapfer bist... und ihn mit einem Lächeln und Danke sagend gehen lassen wirst.

Du kannst das.
Mach es ihm leicht.

__________________
Mein Ehemann Georg+36jährig+1988(NHL)
Mein Liebster Joachim+42jährig+1997 (kleinzell. Bronchial Ca.)
Ich : 2002 DCIS re.Mamma, operiert, bestrahlt, AHT
Meine Schwester Heike +2011(Bronchialca)
Unsere Mama +2013(operiertes Glioblastom, Nierenversagen bei Temodal Therapie)
Meine Schwester Sandra(45),TN mamma Ca.metastasiert, +21.11.2015
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  #7  
Alt 02.01.2012, 18:15
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Liebe Sjarissa,
doch, Du bist gerade dabei Dein Meisterstück zu vollbringen - es kommt Dir nur nicht so vor....Es ist so unglaublich hart auszuhalten....und Du machst genau das in den letzen Wochen...auch wenn es Dich tief im Herzen schmerzt.
Nein, ich finde Du brauchst nicht tapfer zu sein...nur bei ihm sein...und das bist Du.
Du wirst den Moment spüren, wann er gehen will...und ich bin mir sicher, dass Du dann sehr schweren Herzens....zustimmen kannst.
Das Lächeln....in Dankbarkeit der Erinnerung an gute Zeiten...
das....kommt....viel später - doch: Es wird immer wieder winken, fast wie ein Trost. (So habe ich es erlebt).


Morgana
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  #8  
Alt 04.01.2012, 00:55
sjarissa sjarissa ist offline
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Standard AW: hochgradig pleomorphes Weichteilsarkom

Mein Mann ist gestern um 19:00 Uhr für immer eingeschlafen, ruhig, friedvoll, umringt durch die Menschen, die er am meisten liebte und wertschätzte.

Sjarissa
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Guido * 25.12.1953 + 03.01.2012
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  #9  
Alt 04.01.2012, 06:29
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Stille Grüsse
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