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  #46  
Alt 29.08.2012, 12:06
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

hejhej nochmal...

wir sind grad auf dem sprung. heute wird die zweitmeinung eingeholt. nicht, weil wir uns da wunder was erhoffen, sondern, ach, keine ahnung, weil wir sonst das gefuehl haetten, nicht alles moegliche getan zu haben. mein dad richtet grad seine frisur - solange er noch eine frisur hat, muss das auch gemacht werden.

natuerlich zerreisst es uns das herz. es sind unsere eltern. und egal, wie alt man wird, die sterblichkeit der eltern ist ein thema, mit dem man sich nicht befassen will. weil es unsere eltern sind. sie haben uns beigebracht, wie man laeuft, wie man rad faehrt, wie man nen nagel in die wand haut, wie man sich benimmt. so viel von dem, was wir heute sind, sind wir, weil sie uns dazu gemacht haben. und sie waren immer stark, wenn wir schwach waren. das war ihre aufgabe. superman und wonder woman. sie leiden, alt werden, krank werden zu sehen, ist absolut herzzerreissend.

aber es ist wichtig, und richtig, dass du heute fuer deinen dad da sein willst. mehr kannst du nicht tun. und mehr erwartet dein dad von dir nicht. vielleicht nicht einmal das. er ist wahrscheinlich nur unendlich dankbar, dass er dich hat.

viel glueck!
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  #47  
Alt 29.08.2012, 12:29
hope75 hope75 ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Lieber Carlos,

das ist ganz schrecklich - und dass Dir dieser Moment bevorsteht, in dem Dein Vater die Diagnose - mit Dir zusammen - hört, ist mehr als nachvollziehbar.

Natürlich wirst Du bei ihm sein, natürlich kommst Du da heute irgendwie durch - aber das ist schon eine verdammt harte Aufgabe, die Dir eine Menge abverlangt.

Ich wünsche Dir eine riesige Portion Kraft, und dass die Situation irgendwie erträglich sein wird. Pass auch auf Dich auf.

Liebe Grüße!
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  #48  
Alt 29.08.2012, 15:16
Dori09 Dori09 ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Lieber Carlos,

ich weiß wie Du Dich fühlst ich mache momentan das selbe mit meiner Schwiegermama durch und das ging jetzt auch in den letzten Wochen so verdammt schnell.
Der Arzt sagte vor zwei Tagen das wir damit rechnen müssen das sie die Woche nicht überlebt.
Aber dafür brauche ich keinen Arzt. Wenn man sie sieht, dann weiß und merkt man das. Ich sehe das in Ihren Augen...

Ich wünsche Dir Deinen Papa und der ganzen Familie ganz ganz viel Kraft für die nächste Zeit.

Und glaube mir, Du kannst Dir nicht vorstellen zu wieviel Kraft man in der Lage ist aufzubringen! Auch wenn man nicht das Gefühl hat!

Alles Gute für Dich und Deinen Papa

Dori
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  #49  
Alt 29.08.2012, 20:33
molüfunidami molüfunidami ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

ihr lieben!

es kostet so unglaublich viel kraft, all das leid, die angst, wut, verzweiflung, hoffnung durchzustehen! es ist für die meisten von uns die schlimmste zeit des lebens! wir sind dabei, einen teil unseres lebens zu verlieren, einen teil unseres kind-seins abgeben zu müssen..., auch trotz gestandenem alters, eigener kinder etc. erwachsen sein zu müssen, ohne die schützende hand eines geliebten elternteils.

ich möchte euch gerne mut zusprechen. man hat ganz viel kraft, auch wenn man es selber nicht glaubt, man wächst über sich hinaus!

vertraut auf euch, ich weiss selber wie schwer das ist, aber man hält so viel mehr aus, als man je gedacht hat!

von herzen alles liebe und unendlich viel kraft für euch!
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  #50  
Alt 31.08.2012, 20:14
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Zeilen, für eure Wünsche und euren Zuspruch.
Bitte seht mir nach, dass ich heute nicht auf jeden einzelnen Beitrag antworten werde, ich bin schlicht zu geschafft.

Mein Vater hat die Diagnose im Beisein meiner Mutter und mir von einer sehr einfühlsamen Ärztin erläutert bekommen. Sie war sehr deutlich und einfühlsam gleichermassen, bemerkenswert.
Alle meine Befürchtungen waren umsonst, mein Vater hat es uns sehr einfach gemacht. Er nahm die Diagnose absolut gefasst auf und sagte, er habe der bereits damit gerechnet. Er ist sehr tapfer.
Bei der Knochenuntersuchung wurden am Skelett zwar keine Metastasen gefunden, dafür aber etwas an der Blase, weswegen morgen noch einmal eine Blasenspiegelung gemacht wird. Die Ergebnisse der Hirnwassseruntersuchung stehen noch aus.
Eine Sonographie der Leber hat ergeben, dass es sich dort nicht um Metastasen handelt sondern um Zysten. Immerhin.
Mein Vater wusste noch nichts von den vermeintlichen Metastasen an der Leber und als die Ärztin ihm von den Zysten erzählte sagte er: "Scheisse, auch noch die Leber kaputt.", während ich dachte:"Puh, immerhin keine Metas." So verschieden kann die Wahrnehmung sein.

Heute wurde er auf die Onkologie verlegt und am Montag wird mit der Chemo begonnen.
Nachdem mein Vater anfangs überhaupt keinen Besuch wollte, lässt er mich jetzt dieses Wochenende die halbe Familie einbestellen.
Mein Vater befindet sich auf Abschiedstournee und ich denke er weiss das.

Etwas bemerkenswertes ist eingetreten. Wie ich hier schon oft gelesen habe, kommt es irgendwann zu einer Integration der Krankheit meines Vaters in den Alltag. Ich glaube, ich habe die Krankheit und den Weg meines Vaters akzeptiert, auch wenn es schwer ist. Es ist ein Stück "Normalität" geworden.
Schon krass.

Was mir weiterhin auffällt ist, wie anstrengend das alles ist.
Ich bin total geschlaucht, völlig erschöpft und immer müde. Auch wenn ich gut und ausreichend schlafe, esse und trinke.
In 15 Minuten werde ich ins Bett gehen.
Ich glaube, so früh war ich seit 30 Jahren nicht mehr im Bett.

Ich wünsch uns allen was.
Vielen Dank.
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  #51  
Alt 31.08.2012, 20:20
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Liebe Mari,

eines möchte ich doch noch loswerden.

Deinen Satz über Supermann und Wonderwoman gehört zum ergreifendsten, was ich je gelesen habe. Du schreibst mir damit directamente aus der Seele.

Ich habe deinen Beitrag bestimmt schon 100 mal gelesen und nicht einmal konnte und wollte ich mir das heulen verkneifen.

Vielen Dank.
Ich wünsche Dir, deinem Papa und deiner Familie eine ruhige, erholsame Nacht.
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  #52  
Alt 31.08.2012, 20:23
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

wow, ich wollt dir grad noch in den thread schreiben, weil ich mir schon sorgen gemacht habe...

freut mich, dass dein dad so gut mit der situation umgeht. und dass er jetzt auch noch den kontakt zur familie sucht, den er vorher abgelehnt hat. es ist halt einfach so ein ding, wenn man alle infos hat, und sich mit der situation abgefunden hat, tritt wirklich so etwas wie eine befremdliche normalitaet ein. bei weitem nicht normal, und sehr zerbrechlich, aber doch irgendwie normalitaet.

die abschiedstour ist ein schoenes bild. aber man weiss auch bei einer abschiedstour auch nicht, wie viele gigs anstehen. und guck dir mal die scorpions an, die haben doch mittlerweile 58 abschiedstouren gemacht. ich weiss, das klingt jetzt bloed, aber diese krankheit haellt halt viel in petto, meistens schlecht, manchmal aber auch gut. wie man hier so liest.

was fuer ne chemo kriegt dein dad? bei meinem haben sie sich fuer cisplatin/etoposit entschieden. rechnen die aerzte damit, dass dein dad irgendwann wieder nach hause kann? oder ist es zu frueh, da einen zeitpunkt festzulegen?

das mit dem kraeftezehren verstehe ich vollkommen. ich koennte zur zeit auch durchgehend schlafen. es ist wirklich anstrengend...

ich wuensche dir eine erholsame nacht!
habt ein richtig schoenes wochenende!

lg,
mari

jetzt hab ich erst deinen zweiten beitrag gelesen. ich danke dir! mein superman und wonder woman haben heute den ganzen tag ueber schwedenraetsel geloest, kaffe getrunken und kuchen gegessen, haben ein von mir gekochtes abendessen genossen, und jetzt gucken sie bestimmt irgendeinen quatsch im fernsehen. es war also ein super tag. und ich hoffe auf noch viele super tage. und wuensche dir und all den anderen, die hier mit uns leiden und mit uns fuehlen auch noch viele super tage!

Geändert von Larimari (31.08.2012 um 20:27 Uhr)
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  #53  
Alt 01.09.2012, 07:55
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,

freut mich zu lesen, dass das Gespräch mit der Ärztin so gut verlaufen ist. Vielleicht hat sie die richtigen Worte gefunden und dein Vater war bereit, diese anzunehmen. Ist bestimmt auch nicht einfach für Ärzte, diese Art von Gesprächen mit Patienten und ihren Angehörigen zu führen...

Dein Vater ist wirklich, wirklich tapfer und das Bild von der Abschiedstournee ist trotz der inbegriffenen Traurigkeit sehr schön... Und Mari hat recht, niemand kann sagen, wie ausgedehnt so eine Tournee verläuft und manchmal hält sie tatsächlich auch positive Überraschungen bereit. Der Verlauf dieser Krankheit ist oft eine emotionale Achterbahnfahrt. Wir freuen uns über jede gute Nachricht und sei sie noch so klitzeklein. Dann laufen wir zur Höchstform, auf um kurze Zeit später rasant schnell einen Abgrund hinunter zu brausen. Und dieser Zackzackkurs wiederholt sich ständig. Allein das zehrt extrem an den Kräften. Und diese Müdigkeit kenne ich auch noch. Eigentlich war ich immer müde und hätte ständig schlafen können ohne mich jemals ausgeschlafen und erholt zu fühlen. Teilweise geht es mir heute noch so...

Liebe Grüße
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #54  
Alt 02.09.2012, 23:14
anna81 anna81 ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos und ihr anderen,

ich lese mich schon seit Wochen und Monaten immer wieder durch die Beiträge hier und habe nach langer Zeit wieder das Bedürfnis, mitzuschreiben. Ich finde mich sehr darin wieder wie Du, Carlos, mit der Erkrankung deines Vater umgehst, in dem geringen bis nicht vorhandenen Raum für Hoffnung, dem "Organisationsmodus", nur das diese Phase bei mir schon länger andauert. In letzter Zeit komme ich aber an meine Grenzen, in den verschiedensten Situationen. Und sei es nur, wenn meine Kollegen lieb gemeint aber sehr betroffen nachfragen wie es meinem Vater geht und ich immer wieder das Thema präsent habe und fast noch das Gefühl habe, ich müsse meine Kollegen trösten. Am schlimmsten ist das gute Ratschläge abwehren...

(Eingentlich wollte ich nur kurz was zu meinem Vater schreiben aber jetzt ist es doch total lang geworgen, das tut mir leid! Ich mache die Schriftart mal klein, dann ist es bei Bedarf einfacher zu überlesen)

Mein Vater hat ebenfalls Lungenkrebs, Erstdiagnose im Nov. 2011. Damals Metastasen in den Lymphknoten und ich meine auch im Mittelfell, mittlerweile im Brustbein und wahrscheinlich auch im Kopf (Ergebnis bekommen wir wohl morgen). Mein Vater hat die vollen 6 Zyklen Chemo mitgemacht, währenddessen weitgehend weitergearbeitet (er ist/war selbstständig), trotz vieler Nebenwirkungen und mit großer Anstrengung. Die Lymphknoten und Metastasen sind während der Chemo geschrumpft, mein Vater war stets voller Hoffnung alles zu überstehen und noch Jahre zu leben. Leider konnte ich diese Hoffnung nie teilen, habe ihm davon aber nichts gesagt.

Vor ca. 5 Wochen hatte er dann einen zunächst unentdeckten Herzinfarkt, vor einer Woche wurde die Knochenmetastase festgestellt. Einen Tag bevor er sich wegen der starken Schmerzen hat ins Krankenhaus einliefern lassen hat er einen Krampfanfall mit Blackout von dem wir aber erst später erfahren haben da er allein zuhause war (Meine Mutter wird ebenfalls wegen Krebs behandelt, zu dem Zeitpunkt geplant stationär). Im Krankenhaus hatte er dann einen weiteren Krampfanfall mit Atemstillstand und Herzstillstand, es folgte eine Nacht auf der Intensivstation. Vermutung sind Hirnmetastasen, wie gesagt das Ergebnis bekommen wir morgen.

Mein Vater ist vor allem seit dem Herzinfarkt z. T. sehr anstrengend geworden, er plant weiterhin seine Rückkehr zu Arbeit, will Autofahren. Das ist natürlich alles nicht möglich, aber es ist sein Strohalm, der ihn nicht zusammenbrechen lässt. Mir macht das aber ziemliche Sorgen! Da meine Mutter gesundheitlich nicht in der Lage ist, ihn zuhause zu pflegen (und in wenigen Wochen auch wieder geplant stationär behandelt werden muss) und ich in einer anderen Stadt wohne und lebe ist mir dem Brückendienst besprochen, dass er in das Hospiz übersiedeln kann. Antrag ist gestellt, auch auf Pflegestufe. Der Brückendienst im Krankenhaus ist dabei wirklich sehr hilfreich und das auch ausführlich mit ihm besprochen. Uns gegenüber ändert aber oft seine Meinung, will wie schon geschrieben wieder nach Hause, arbeiten etc. Ich weiß nicht, was passieren soll, wenn er aus dem Hospiz wieder ausziehen will? Oder wenn er gar nicht erst einziehen will? Meine Mutter schätzt sein Erzählen so ein, wie den Strohhalm von dem ich schon schrieb, das er wisse, dass das alles nicht ginge. Ich bin da leider ein bißchen ängstlicher... Allerdings befürworten die Stationsärzte den Einzug in das Hospiz sehr und wissen auch von der Situation mit meiner Mutter (die übrigens in einer anderen Stadt im Krankenhaus behandelt wird).
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Dazu kommt viele finanzielle Dinge um die ich mich kümmern muss, mein Vater hat leider viele Schulden und offene Rechnungen. Zum Glück habe ich eine Vorsorgevollmacht und kann mich gut mit Behörden etc. auseinandersetzen, aber anstrengend ist es trotzdem, ich habe auch schon viel selbst bezahlt weil es einfach nicht anders ging.

Im Moment habe ich das Gefühl, dass das Planen und Organsieren und das Sorgen um Organisatorisches viel mehr Raum einnimmt, als das Sorgen und auch das vorgezogenen Trauern um meinen Vater. Was einerseits gut ist, mich aber aber oft auf die eifersüchtig sein lässt, bei denen keine zusätzlichen finanziellen Sorgen etc. bestehen. Ist wahrscheinlich Blödsinn, aber manche Gefühle kann ich gerade nicht abstellen.

Was wollte ich jetzt eigentlich mit meinem Beitrag bezwecken, ausser mir mal (ungeplant) alles von der Seele zu schreiben? Eigentlich nur, dass ich mich total in dem wiederfinden kann was Carlos geschrieben hat. Aber dazu hätte eigentlich auch ein Satz gereicht
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  #55  
Alt 03.09.2012, 20:36
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo ihr Lieben,

die ersten zwei Giggs der Abschiedtournee waren so lala. Vermutlich ähnlich wie wie ein Gig der Scorpions. Ich mochte Sie nie besonders, wobei ich zugeben muss, dass Winds of Change die Situation gerade ganz gut beschreibt.

Am Samstag war die Exfreundin meines Bruders mit Mann bei meinem Vater und es war ganz und gar zauberzart. Ein ziemlich ungezwungener Besuch, mit viel Lachen und Zuversicht.

Am Sonntag erhielten meine zwei Cousins, also die Neffen meines Vaters eine Audienz und sie waren sichtlich überfordert mit der Situation. Das Gute war, dass die herzensgute Onko-Krankenschwester meinen Vater überredete eine Weile in den Liege-Rollstuhl zu wechseln und so fuhren wir mit ihm nach draussen und genossen ein wenig die Nachmittagsonne. Ob mein Vater das wirklich genossen hat, weiss ich nicht genau. Er wirkte sehr taurig. Ich fürchte er dachte, dass er vielleicht das letzte mal frische Luft atmet und die Sonne auf der Haut spürt. Ich habe nichts gesagt und einfach seinen Arm gestreichelt.

Heute wurde dann die Blasenspiegelung gemacht und das Dingsbumms in der Blase entpuppte sich als Tumor. Ob Metastase oder eigenständig wird die Histologie dann demnächst klären.
Ausserdem habe am Freitag auf dem Aufklärungsbogen für die Chemo gelesen: kleinzelliges Bronchialkarzinom.

Komischerweise habe ich beides ziemlich ruhig zur Kenntnis genommen. Fast schon schulterzuckend. Ich glaube es macht sich ein gewisser Fatalismus hinsichtlich der Diagnose in mir breit. Vielleicht ist das gut so, ich weiss es nicht.
Mein Vater wird nicht mehr gesund und das einzige was ich tun kann, ist ihm bis zum Schluß beizustehen. Er schenkte mir das Leben, ich begleite ihn auf seinem letzten Weg. Klingt irgendwie richtig.

Ich weiss nicht genau, wie ich mit meiner Mutter umgehen soll. Ich glaube, sie hofft immer noch, dass mein Vater wieder gesund und alles gut wird. Und das obwohl ich ihr sehr deutlich gesagt habe, wie es aussieht. Vielleicht verdrängt sie das Ausmaß der Diagnose, was ich verständlich und verzeihlich finde. Sie sagt meinem Vater allerdings auch, dass er kämpfen muss und dann alles wieder gut werden kann. Ich weiss nicht, ob das richtig oder falsch ist. Einerseits finde ich, man sollte vorhandene Hoffnung nicht ersticken, andererseits finde ich es auch unangebracht falsche Hoffnung zu schüren.

Ich denke mein Vater weiss wie es um ihn steht und er ist tapfer für meine Mutter (und mich).
Heute hat er mich gefragt, ob er wieder gesund werden wird. Ich habe mein Innerstes auf einen Punkt fokussiert, um nicht loszuheulen und gesagt:" Ich weiss es nicht, Papa." Um dann hinterher zu schieben: "Aber einen Schnupfen hast du nicht gerade"
Er hat mich dann kurz traurig angeguckt, dann den Kopf weggedreht und meine Hand gedrückt.

Ich habe keinen blassen Schimmer wie ich mich richtig verhalten soll. Eigentlich tendiere ich dazu den ausweichend Ahnungslosen aber Ernsten zu geben, bis mich mein Vater zu Einzelheiten drängt.
Schwieriges Thema.
Aber wie gesagt, letztlich weiss er was die Stunde geschlagen hat, denke ich.
Vielleicht kann er nur das Ausmaß noch nicht wirklich überblicken.

Morgen früh gibt es die erste Chemokeule Cisplatin. Dann gibt es ein paar Tage Pause und dann wird die Blase ausgeschabt, dann einen Port und ein bisschen Erholung und dann weiter mit der Chemo.
Hallelujah.

Ich danke euch allen für eure Worte.
Es tut mir sehr gut, dass alles niederzuschreiben und mich mit euch auszutauschen.
Vielen Dank.
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  #56  
Alt 03.09.2012, 20:39
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Mari,

mein Vater bekommt den selben Cocktail wie deiner: Cisplatin/Etoposit.
Ist wohl die Standardline beim Kleinzeller.

Die Ärztin hat zwar schon mit uns gesprochen, wegen Pflegebett, Pflegestufe, SAPV und so, aber ob und wann mein Vater nach hause kann/darf hängt sehr stark vom Verlauf der nächsten Tage ab.

Mal gucken.
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  #57  
Alt 03.09.2012, 23:28
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

ui, bei euch gehts also auch morgen los.

na dann auch auf dieser baustelle toi, toi, toi!

ja, das mit der hoffnung ist so eine sache. bei uns gibts das 'gaenzlich gesund werden' als vorstellung gar nicht. da waren die aerzte schon zu deutlich. es geht um zeit, um gute zeit, die wir noch zusammen verbringen wollen. auch wenn uns mein dad gerade alle fuer eine zigarette verkaufen wuerde... meine mutter sagt, dass sie sich manchmal vorkommt wie im film, und das ganze noch nicht ganz realisieren kann. aber sie ist ja schicksalserprobt. sie hat auch ganz lange nach dem unfall meines bruders gehofft, dass er wieder ganz gesund werden wuerde. bis ihr ein arzt mal die ct aufnahmen von dem gezeigt hat, was vom hirn meines bruders uebrig geblieben ist. und dann ist sie primaer pragmatisch geworden. knabbert aber immer noch sehr an der situation.
wir sind da irgendwie ganz offen miteinander. ich hab meinem dad vorgestern sogar gesteckt, dass ich die vorstellung, dass er sich in der ecke des balkans, aus der er stammt, beerdigen lassen will, nicht so toll finde. weil a) am arsch der welt und b) nur nationalistische arschkrampen dort. manchmal haben wir schon komische themen.
und ich finde optimismus auch nicht verkehrt. halt immer im rahmen. und den fakt, dass man es einfach nicht weiss. man kann nicht voraussehen, wie lange es dauern wird, wie lange man noch zeit hat. ich habe fuer mich beschlossen, dass ich die tatsache, dass mein vater sterben wird, so gut es geht, ignoriere. und dass ich mich darauf fokussiere, jede unserer begegnungen zu geniessen, bewusst wahrzunehmen, fragen zu stellen und ihn erzaehlen zu lassen. um in meinem kopf und in meinem herzen ein ganz genaues bild von ihm zu entwerfen, etwas, was ich dann in 10 oder 20 jahren heranziehen kann, wenn ich meinen kids von ihrem opa erzaehle...
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  #58  
Alt 04.09.2012, 17:48
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Mirilena Mirilena ist offline
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Lieber Carlos,

schön, wieder etwas hier von dir zu lesen, auch wenn die Ergebnisse alles andere als schön sind... Tut mir sehr, sehr leid! Das fühlt sich einfach nur schrecklich an, wenn man solche Botschaften erhält und dein Papa so hilflos im Bett liegt... Ich musste schlucken als ich den Absatz las, da er dich fragte, ob er wohl gesund wird. Weißt du, ich denke auch, dass er weiß, dass er nicht mehr gesund wird, doch wahrscheinlich muss man sich ein gewisses Maß an Hoffnung und Optimismus bewahren, denn sonst hätte man wohl gar keine Kraft mehr weiter zu machen. Mir hat letztes Jahr ein junger Onkologe erklärt, dass sogar viele Krebskranke ihre Diagnose völlig negieren, obwohl sie mehrmals über die Krankheit und ihren Zustand aufgeklärt wurden. Das sei ein Schutzmechanismus der Seele. Insofern kann ich mir auch gut vorstellen, dass sich jeder, der eine solche Diagnose erhält, an jeglichen Strohhalm festklammert. Bei meinem Vater war's ähnlich. Und auch wenn ich rational schon längst begriffen hatte, dass alles kein gutes Ende nehmen würde, so habe ich insgeheim immer noch auf dieses Wunder gehofft (das leider nie eingetreten ist). Das ist auch diese emotionale Achterbahnfahrt, die wir Tag für Tag und Woche für Woche mitmachen.
Und ich denke, deiner Mutter geht es ähnlich. Um stark für deinen Vater zu sein, muss sie vielleicht ein Stück weit daran glauben, dass er wieder "gesund" wird. Eventuell hilft es ihr, mit der Situation umzugehen.
Ich hoffe sehr, dass dein Vater die Chemo ohne allzu heftige Nebenwirkungen verträgt und sich dann tatsächlich ein paar Tage erholen kann!

Maris Ansatz ist sehr, sehr hilfreich! Es ist zwar sehr schwer, aber wenn man es schafft, tatsächlich in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu sein, dann schafft man es irgendwie auch, nicht ständig an das Schlimmste zu denken. Denn dann konzentriert man sich auf das, was ist.

Liebe Grüße
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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  #59  
Alt 05.09.2012, 16:01
El_Desparecido El_Desparecido ist offline
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Hallo zusammen,

mein Vater hat bereits am Montagabend nachdem wir weg waren seinen ersten Chemotropf erhalten. Gestern auch und heute den letzten. Körperlich hat er es ganz gut weggesteckt, wenn man von der Müdigkeit absieht.

Gestern habe ich ihm auf seinen Wunsch hin dann den Schnurrbart abrasiert. Da bleibt immer das Essen drin hängen, sagte er. Schon komisch. Er sieht aus wie Kermit der Frosch jetzt. Darüber mussten wir immerhin beide lachen.

Mein Vater war gestern sehr aggressiv und unzufrieden mit allem, vor allem mit der Krankenschwester, die er nicht abkönne, wie er sagte. Ich habe mich sehr gewundert, zu welcher Energieleistung mein Vater noch im Stande ist, als er während des Motzens mit Vehemenz seine Hände auf die Bettgitter knallte. Ich habe dann versucht ihn zu beruhigen, was mir leidlich gelang.
Die Ärztin sagte mir dann, dass gesteigerte Aggressivität auch eine Folge der Chemo ist und wir versuchen sollen, dass an uns abperlen zu lassen.
Ne reine Weltidee, hab ich bei mir gedacht. Aber was bleibt.

Der weitere Fahrplan sieht nun so aus:
Wenn sich der Zustand meines Vaters nicht noch weiter verschlechtert und er die Chemo weiterhin "gut" verträgt, soll er am Wochenende oder Montag erstmal nach hause entlassen werden, um sich ein wenig zu erholen.
Am 16. soll er wieder ins Krankenhaus, am 17. wir die Blase ausgeschabt und die Histologie des Blasentumors entscheidet dann, ob es sich um eine Meta aus der Lunge handelt oder um einen eigenständigen Blasentumor.
Nach der OP gibt es wieder eine Pause und danach wieder Chemo.
Aber das ist mir alles viel zu weit in die Zukunft geplant. Erst einmal bereite ich uns darauf vor, dass mein Vater nach hause kommt.

Heute habe ich mit dem Entlassungsmanagement des Krankenhaus telefoniert und festgestellt, dass die auf Zack sind. Ich musste zumindest nur an wenige Dinge selbst erinnern und da haben sie sich umgehend drum gekümmert und zurück gerufen.
Wir bekommen also ein Pflegebett mit Weichlagerungsmatraze, einen Toilettenrollstuhl, Bettpfanne, ein Alarmsystem und son Schnickschnack.
Dazu wird per Eilantrag eine Pflegestufe beantragt, ein Pflegedienst beauftragt und eine SAPV Verordnung ausgestellt.
Heute abend bereite ich mit meinem Cousin das Zimmer für das Pflegebett vor und kaufe einen Fernseher.
Ich glaube, wir sind gut vorbereitet.
Als ich meinen Vater gestern fragte, wo er das Pflegebett hin haben möchte, sagte er bevor ich ihm die Möglichkeiten aufzählte: "In Opas Zimmer."

Ich musste schlucken.

Mein Opa - der Vater meines Vaters - hat die letzten 10 Jahre seines Lebens bei uns im Haus gelebt und das letzte Jahr hat ihn meine Mutter gepflegt.
Sein Zimmer ist seitdem Bügelzimmer meiner Mutter.
Und er möchte das jetzt Opas Zimmer nunmehr das seine wird.
Harter Tobak - aber nun gut. Er ist der Boss.

Ansonsten werde ich heute abend einen Arzt, der bei uns in der Nachbarschaft wohnt, bitten sich als Hausarzt meines Vaters anzunehmen. Ich hoffe, er wird das machen. Bin aber recht zuversichtlich.

Ansonsten fühle ich mich wie ausgekotzt, funktioniere aber immer noch wie ein Uhrwerk.
Am liebsten würde ich mich in eine Höhle verkriechen und in einen vorgezogenen Winterschlaf bis Mai fallen.
Dabei herrscht diese Ausnahmesituation gerade mal drei Wochen und das Anstrengendste liegt noch vor uns, wie ich vermute.

Ein Schritt nach dem anderen ist wohl die Devise.
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  #60  
Alt 05.09.2012, 16:11
belluzza belluzza ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,
ich bin erst wenige Tage hier angemeldet, doch habe deinen Therad gelesen und erkenne die jetzige Situation fast in meiner wieder. Allerdings geht es bei mir um meine Mutter. Es sind noch keine 2 Wochen seit der Diagnose dieper Zufall wegen Verdacht auf Schlaganfall mir Nachts mitgeteilt wurde. Winterschlaf wie Du nun geschrieben hast im letzten Posting ist genau das was ich auch gerne würde. Ich habe viel erlebt und gesehen, doch momentan die Situation von einem Elterneteil mitzuerleben, nicht zu wissen wie es weitergeht, wie man helfen kann die Angst zu nehmen und Mut zu geben ist ein kraftraubendes Gefühl. Ich wünsche Deinem Papa, Dir und der Familie viel Kraft und das noch viel Zeit miteinander erlebt werden kann... auch wenn Ärzte ggf. anderes sprechen.
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