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  #1  
Alt 06.06.2007, 18:22
alex_35LM alex_35LM ist offline
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Registriert seit: 06.06.2007
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Standard Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo und Grüße an das Forum....

....wie fange ich an - wie erkläre ich Euch was mein Problem ist - und doch denke ich, vielen von Euch sind meine Gedanken bekannt....

Also - meine Mutter(73) hat vor einem Jahr Lungenkrebs diagnostiziert bekommen. Man hat Chemo durchgeführt - mal wieder abgesetzt, weil sie es nicht so gut vertrug - dann wieder eine schwächere Dosis probiert. Eine Zeitlang ging es ihr recht gut - sie konnte sogar im April sich noch einen Traum erfüllen und eine Seereise machen. Doch seit dem geht es rapide abwärts und die Luftnot wird immer schlimmer. Zwischendurch hatte sie noch eine kleine Lungenembolie - nimmt seit dem Macomar. Jetzt lag sie mit extrem hohem Blutdruck im Krankenhaus, doch die "Götter in Weiß" wußten sich auch keinen anderen Rat als uns zu sagen, daß es nicht besser wird.

Jetzt liegt sie mit Sauerstoffgerät daheim, kann kaum noch aus der Wohnung, da sie leider 3 Etage wohnt und fängt langsam an, für eine Frau die zeitlebens sehr agil war, dahin zu vegetieren.

Auf meine Frage an die Ärzte wie ich ihr noch ein wenig Lebensqualität verschaffen könne, bekam ich nur ein Achselzucken.

Langsam versagt auch ihr Wille und es kommt der Wunsch danach würdig abzutreten und wenn es mit Hilfe einer Pille aus der Schweiz ist.

Daher meine Frage an Euch - was kann man tun - as sind Eure Erfahrungen - Ratschläge - Tipps um die letzte Zeit lebenswert zu gestalten und ggf. für ein selbstbestimmtes Ende vorzusorgen...

Wäre sehr dankbar für ein paar Hinweise....
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  #2  
Alt 06.06.2007, 19:32
Schnucki Schnucki ist offline
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Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo Alex,

das ist ein wirklich sehr sehr schweres Thema.

Ich bin momentan in der gleichen Situation. Meine Mutter hatte ihre Erstdiagnose im September 06. Es ging während der Chemos recht gut, aber es ging bergab. Stetig etwas mehr. Sie hatte Chemopause, der Tumor ist wieder gewachsen und nimmt auch ihr jetzt die Luft. Sie ist momentan zur Schmerztherapie in einer Klinik, dort hat sie auch nochmal Chemo bekommen. Blöderweise kam jetzt ein massiver Infekt. Sie ist schlapp, sie ist teilweise desorientiert, die Luft wird immer weniger, die Angst natürlich immer größer. Ein Ende ist abzusehen, aber wie es werden wird, ist fraglich, eventuell recht grausam.

Natürlich möchte man seinen Eltern helfen, ein würdiges Ende zu haben. Aber leider sind uns, auch wenn es der Kranke möchte, die Hände gebunden. Es ist und bleibt halt einfach eine Straftat.

Es gibt auch keine Pille aus der Schweiz, die man hier nehmen kann, sondern man muß sich mit dieser Organisation in Verbindung setzen, die entscheiden. Danach muß man als Kranker in die Schweiz, dort wird einem bei der Selbsttötung geholfen.

Als wirkliche Alternative sehe ich für so kranke Menschen ein Hospiz. Auch wenn es eine endgültige Lösung ist - die Mitarbeiter dort wissen, was zu tun ist, um einem Kranken den Abschied würdig zu gestalten. Dort wird auch mit Mitteln gearbeitet, die einem Kranken ein grausames Ersticken ersparen.

Sprich doch mal mit einer Hospizbewegung, vielleicht wäre das eine Alternative für Deine Mutter. Leute, die sich mit Sterbenden auskennen, die alles Menschenmögliche tun, um den Abschied human zu gestalten.

LG

Astrid
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  #3  
Alt 06.06.2007, 19:43
alex_35LM alex_35LM ist offline
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Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo Astrid - vielen Dank für Deine Antwort....

....Du hast mir schon sehr geholfen - dachte bisher, wenn der Kranke sich an "Exit" wendet kann ihm die Pille "per Post" gesendet werden - bin da wahrscheinlich zu naiv für und denke JEDEM sollte das Recht zustehen seinem Leben/Leiden ein Ende zu bereiten, wenn man es möchte....

Tja, Hospiz ist genau das was meiner Mutter gern erspart werden würde - sie möchte nicht langsam ersticken und dahin vegetieren, sondern zu dem Zeitpunkt, wenn SIE es nicht mehr lebenswert findet gehen dürfen....

Aber Du hast mir mit Deinen Worten schon mehr geholfen als die "kompetenten Ärzte" im Krankenhaus..... "also aus medizinischer Sicht haben wir alles getan".....

Werde mich weiter informieren, wie ich meiner Mutter den letzten Wunsch erfüllen kann......
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  #4  
Alt 06.06.2007, 21:20
Schnucki Schnucki ist offline
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Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo Alex,

wenn Deine Mutter wirklich selbst den Wunsch hat, gehen zu dürfen, dann würde ich mich an Exit (ich vermute mal, dasselbe ist Dignitas) wenden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Pillen per Post gibt, denn hier in D ist auch die Beihilfe zur Selbsttötung eine Straftat. Deshalb muß der Kranke auch in die Schweiz.

Diese Lösung hatte ich meiner Mutter auch unterbreitet, ihr davon erzählt, wenn sie es irgendwann einmal möchte, werde ich es in die Wege leiten. Sie neigt ja auch dazu, nicht pflegebedürftig werden zu wollen und hadert mit dem Schicksal, dass sie im September, als sie beim Arzt einen Atemstillstand hatte, wieder aufgeweckt wurde.

Gibt es bei Euch keine Palliativstationen? Auch hier wird Deine Mutter gut betreut.

LG

Astrid
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  #5  
Alt 07.06.2007, 18:18
alex_35LM alex_35LM ist offline
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Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo Astrid und sonnige Grüße von der Lahn.....

....jetzt bin ich Dank Deiner Hilfe schon ein paar Schritte weiter :-) Klar gibt es auch bei uns eine PalliativKlinik, aber meine Mutter hat ihr Schicksal akzeptiert und sieht, daß es nicht besser werden wird und möchte einfach für den Fall, daß sie IHR Leben nicht mehr als lebenswert empfindet die Möglichkeit haben selber entscheiden zu können wann es für sie der Zeitpunkt ist zu gehen....und nicht in einer Klinik "begleitet" werden bis sie endlich erlöst wird.....

...je länger ich mich mit dem Thema beschäftige um so mehr erkenne ich, daß unsere Gesellschaft anscheinend für dies Thema doch nicht offen genug ist....schade, denn für mein Empfinden sollte der "mündige Bürger" sein Leben beenden dürfen - ....ich habe vor 10 Jahren schon erleben müssen wie es ist den Vater mit Hirntumor zu verlieren und weiß wie "würdevoll" dieser Abgang war......jeder wartet nur noch auf die Erlösung für den geliebten Menschen - - warum wird einem dies so schwer gemacht ???
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  #6  
Alt 07.06.2007, 20:37
Benutzerbild von rezzan
rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo Alex,
lies mal diesen Thread: http://www.krebs-kompass.org/Forum/s...175#post398175


Wünsche euch alles Gute und viel Kraft,
Rezzan
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  #7  
Alt 08.06.2007, 08:25
alex_35LM alex_35LM ist offline
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Ort: Limburg
Beiträge: 4
Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Guten Morgen Rezzan....

...vielen Dank für Deinen Hinweis - werde den Thread mal in aller Ruhe lesen und sehen was ich für UNS als Anregung herausfischen kann...

Merci...
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  #8  
Alt 08.06.2007, 08:28
lindi1966 lindi1966 ist offline
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Standard AW: Hilferuf - Lebensqualität contra Selbsttötung

Hallo Alex,

mein Vater erkrankte im Februar 2004 an LK. Es war vom Tag der Diagnose an klar das er sterben wird. Auch er wollte unbedingt "würdig" sterben, am liebsten natürlich garnicht.
Meine Mum hatte ihm versprochen das er zu Hause sterben darf, das sie alles tun wird um ihm dies zu ermöglichen.
Trotzdem hatten wir das Thema Hospiz besprochen. Meinem vater war es sehr sehr wichtig immer an seine beiden Frauen (MUM und mich) zu denken. Und ihm war klar das es eine Zeit geben kann in der es uns eben nicht mehr möglich ist ihn zu Hause zu pflegen.

Und genau das ist auch eingetreten. Ab Anfang Oktober 2004 ging es ihm zunehmend schlechter. Er wurde immer unruhiger, hat oft haluziniert. Es musste ständig jemand bei ihm bleiben. Ich musste ja arbeiten, so das ich nur bedingt für die Betreuung zur Verfügung stand.
Mitte November war mir klar das es so nicht mehr weitergehen kann. Paps versuchte so wenig Mühe zu machen wie es ging, dadurch wurde er nur noch verkrampfter und unruhiger und so schaukelte sich die Situation immer mehr auf und meine Mum kroch auf dem Zahnfleisch.
Ich hab dann für die Beiden die Entscheidung getroffen das es nicht mehr ging und habe mich das Hospiz gewendet. Eine Woche später kam dann der Anruf das wir meinen Vater am nächsten Tag bringen durften.
Oh Gott, noch nie ist mir etwas so schwer gefallen als dies meinem Vater zu sagen.
Er war aber einverstanden und hat diese Entscheidung mitgetragen.

Am ersten Tag im Hospiz, meine Mutter regelte die Aufnahmeformalitäten,hat er mir den Vorwurf gemacht: Jaja, es ist ja so einfach gewesen mich hier anzumelden und herzubringen.
Ich hab hab mich nciht entschuldigt sondern ihm nur gesagt das es meine Entscheidung war, das es eben nciht einfach war und er so etwas bitte nie zu meiner Mutter sagen sollte, diesen Vorwurf würde sie nie verkraften.
Wenn er gesehen hätte wie meine Mutter zunächst unter ihrem "Versagen" das Versprechen zu halten gelitten hat.........

Aber nach der ersten Nacht der Eingewöhnung war mein Vater dankbar !!! das wir ihn dorthin gebracht hatten. Er hatte festgestellt das er selber viel viel ruhiger geworden war, er bekam jederzeit Hilfe wenn er sie benötigte ohne das Gefühl zu haben jemendem zur Last zu fallen. Er hat sich dort wirklich wohl gefühlt. Als dann die Scherzen richtig einsetzten, vorher war er ausreichend eingestellt aber als es mit dem Schlucken nicht mehr richtig ging, da wars zu Hause ein Problem, da brauchte er nur zu klingeln und innerhalb von wenigen Augenblicken war jemend da und die Hilfe kam sofort.
Auch fand er dort die Möglichkeit mit Menschen über seine gefühle zu reden, die er mt seine beiden Frauen wohl nicht besprechen konnte. Manchmal sind neutrale Personen besser dafür da als die Angehörigen.

Mein Vater war genau drei Wochen im Hospiz bis er am 17.12 dann starb. Und er ist ganz ruhig gegangen. Mum und ich waren dabei und er ist in unseren Armen gegangen. Er war so gut medizinisch versorgt das er nicht ersticken musste, sondern friedlich einschlafen durfte.

Ich kann dir nur raten, informier dich zum Thema Hospiz, Palliativstation und hab keine Angst davor. Gerade dort wir deiner Mum ein würdevoller Tod ermöglicht!
Gerade jetzt häufen sich die Berichte das mit diesen Sterbegeschichten in der Schweiz eine Reihe von Menschen ganz elendig gestorben sind, da die Medikamente falsch dosiert waren, aufgrund von Wechselwirkungen und ähnlichem nicht gewirkt haben oder ähnliches. Wenn das passiert, dann hat das sterben vermutlich nichts mehr würdevoll zu tun, oder?

Ich wünsche euch für das Kommende alle Kraft dieser Welt.
Wenn ihr es könnt, redet miteinander, damit deine Mum und du die richtigen Entscheidungen treffen könnt.

Ach ja, wenn man meine Mutter nach dem Tod meines Vaters gefragt hat ob Sie es bereut hat ihn nicht bis zum Schluss zu Hause gepflegt zu haben: nein hat sie nicht, im nachhinein war genau die Entscheidung fürs Hospiz für uns alle drei die beste Lösung. ja auch für meine Vater !
AUch ich bereue es bis heute nicht die Entscheidung getroffen zu haben. Meine Mutter hätte diese nie alleine getroffen. Ich weiß nicht was ohne das Hospiz passiert wäre, aber ich denke e wäre nie so friedlich und fast schmerzfrei für meinen vater abgegangen.

Alles Gute für euch
Bianca
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