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  #1  
Alt 29.01.2010, 09:30
Veranda Veranda ist offline
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Registriert seit: 29.01.2010
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Standard Kein Idiot sein und nicht nerven

- wie geht das?

Hi all,

eine sehr enge Freundin hat eine schlimme Diagnose bekommen, so schlimm, dass sie es uns noch nicht mal genau sagen kann. Anscheinend Lebermetastasen. Wies halt so geht, aus heiterem Himmel.
Wir (Frau und ich) sind nun sehr aufgeregt, und sofort fallen uns 32000 Sachen ein, die wir tun, schenken und vor allem SAGEN koennen.
Ich hab aber Angst, Muell zu reden. Will sie natuerlich missionieren mit "positivem Denken", autogenem Training und meinen fernoestlichen Weisheiten.
Ausserdem denken meine Frau und ich, dass die Kranke - sie ist schon lang exxxtrem unter Stress - an ihrer Einstellung was aendern sollt, sich mehr um sich kuemmern und so.
Ihr merkt vielleicht, was ich will: ich brauch Ideen fuer Sachen, die (seelisch) echt helfen, und ich will sie auf keinen Fall NERVEN. Ich wuerd alles tun, was ihr wirklich was bringt - ich wuerd sogar meine Klappe halten.

Kann mir jemand aus eigener Erfahrung Beispiele sagen, wie man sich als Freund verhaelt, so dass es HILFT?!? Will mit meinem Betroffenheits-Helfer-Syndrom ja nicht mich selber besser fuehlen, sondern der Kranken nuetzlihc sein.

Gruesse
Veranda
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  #2  
Alt 29.01.2010, 10:33
PetraK PetraK ist offline
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Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Hallo Veranda,

als Krebskranker weiß man die erste Zeit meistens selbst nicht, was man eigentlich will. Da gibt es Tage, da geht man nicht mal ans Telefon, weil man einfach mit niemandem reden will und jede Frage oder Hilfe nur nervt und schon am nächsten Tag ist man vielleicht tödlich beleidigt, weil sich keiner meldet (so ging es mir jedenfalls). Am schlimmsten fand ich persönlich die (sicher gutgemeinten) Phrasen:"du schaffst das, wird schon wieder, du mußt nur wollen" etc. Familie und Freunde konnten mir am besten damit helfen, dass sie mir zu verstehen gaben, dass sie da sind, wenn ich sie brauche, aber dass ich ihnen das dann auch zu verstehen muß, weil sie konnten natürlich nicht hellsehen........Klar ist es richtig, dass es nicht gut ist, wenn eure Bekannte stressige Lebensumstände hat, aber so kurz nach der Diagnose ist man gar nicht fähig, da was zu ändern. Aber auch das wird später sicher möglich sein....Macht ihr klar, dass ihr für sie da seid, aber erdrückt sie nicht mit Hilfe, sondern bittet sie, euch Zeichen zu geben......

Liebe Grüße

Petra
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  #3  
Alt 29.01.2010, 10:50
Veranda Veranda ist offline
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Ort: Ravensburg
Beiträge: 17
Standard Du schaffst das schon

Hi Petra,

th@nxx erstmal fuer die Antwort!
Ich hab die halbe Nacht im Web gewuehlt, und ueberall steht halt: man muss positiv denken usw.
Ich dacht mir aber schon, dass das so Phrasen sind. Nur: MIR selber haben manche "Psycho-Techniken" bei Depression tierisch heftig geholfen, aber ich weiss, dass gutgemeintes Geschwaetz immer problematisch ist (Ratschlaege sind auch Schlaege...); aber man will halt was machen und weiss nicht was...

Erstmal DANKE fuer Deine offenen Worte. Ich werd versuchen, erstmal ueber die nexten Tage und Wochen dauernd zu zeigen, dass ich echt fuer sie da bin. Nur: WIE man das am besten zeigt, darueber bin ich mir nicht klar...

Wenn sich schon die Hilflosigkeit als Freund so uebel anfuehlt, wie uebel muss es erst fuer sie sein, Dreck verdammter...

Gruss & Danke,
Veranda
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  #4  
Alt 29.01.2010, 11:29
Sunni Sunni ist offline
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Beiträge: 32
Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Hallo Veranda,

ich kann dich sehr gut verstehen, ich hatte das gleiche Problem mit meinem Vater. Ich wollte helfen, ich wollte, dass er alles tut und habe recherchiert und recherchiert, bin bei Ärzten herumgerannt und vieles mehr. Mein Vater hat jegliche Behandlungen abgelejnt und ich dachte, vielleicht kann ich ihn zu Alternativen überzeugen.
Allerdings bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass ich gar nichts zu wollen habe. Also lasse ich ihn tun (auch wenn ich manchmal denke, ich drehe durch) und signalisiere ihm immer wieder, dass ich seine Entscheidungen akzeptiere, aber jederzeit für ihn da bin, egal wofür er sich noch entscheidet. Für diese Erkenntnis hätte ich fast selber einen Psychiater gebraucht.
Und wie schon gesagt wurde. sage deiner Freundin, was du weißt, und dann lasse sie selbst entscheiden. Das wichtigste ist doch, dass sie weiß, dass du jederzeit für sie da bist, auch wenn sie nicht auf deine Vorschläge eingeht.
Ich denke auch, dass man sich in dieser Situation als Betroffener sammeln muß und da ist es gut, sich an jemanden wenden zu können, aber auch seine Ruhe zu haben, wenn man das Bedürfnis verspürt.
Alles Gute
Sunni
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  #5  
Alt 29.01.2010, 11:35
gilda2007 gilda2007 ist offline
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Beiträge: 1.911
Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Wenn man hier im Forum ist, merkt man, dass jeder anders tickt, daher ist es mit Patentrezepten zu schwierig. Einige beschweren sich, dass die Umwelt nicht richtig auf sie eingeht, andere möchten so "normal" wie möglich behandelt werden.

Ich hatte auch tierischen Stress, als ich die Diagnose bekam, todkranke Mutter, Job in Gefahr, Beziehung fast am Ende. Mich nervten Tipps zur Therapie. Danach fragte ich selbst, da wollte ich nicht die Adressen von 1000 Heilpraktikern und Heilern. Irgendwann macht man sich dann auf den Weg, der äußerst lang ist.

Mir hat es geholfen, wenn die Leute sich merkten, wann ich Chemo hatte. Meine Freunde richteten sich nach meinem Rythmus - in der Chemowoche nur Telefonate, die zweite Woche mal sehen, die dritte Woche nette Verabredungen. Dann gings von vorne los. Meine Freunde hörten zu, aber erhielten meinen Alltag auch aufrecht, indem sie mich weiter selbst entscheiden ließen, was ich machen kann/will und was nicht. Verstehst du, was ich meine?

So nach und nach - auch mit Hilfe einer Psychologin - beseitigte ich eine Baustelle nach der anderen. Meine Mutter hat (fast ein Wunder) überlebt, ich habe den Job verloren und bin glücklich darüber und meine kaputte Beziehung endete in einer glücklichen Ehe. Das geschah in den letzten drei Jahren, aber der Krebs ist natürlich weiter präsent.

Was mir nicht geholfen hätte: Zwanghaft positiv zu denken. Positiv denkt man, weil man glücklich ist, nicht weil man "muss". Es gibt übrigens Untersuchungen, dass die Einstellung recht wenig mit dem Verlauf der Krankheit zu tun hat. Viel Glück, es ist klasse, wenn man tolle Freunde hat. Sie waren und sind mein Fels in der Brandung
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  #6  
Alt 29.01.2010, 11:56
Sunni Sunni ist offline
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Beiträge: 32
Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Liebe Gilda,

das hast du gut beschrieben. Vor allem, was das positive Denken betrifft, kann ich dir nur zustimmen.
Nach langem Hadern mit mir selbst was meinen Vater betrifft (und das ging von Tränen und Wutausbrüchen im stillen Kämmerlein bis zur Depression) ist mir nämlich bewußt geworden,dass ICH mich besser gefühlt hätte, wenn mein Vater irgendetwas unternommen hätte und gleichzeitig natürlich, dass es nicht darum geht, wie ich mich fühle, sondern wie mein Vater sich fühlt. Und er kommt mit seinem Entschluß sehr gut zurecht. Das ist das allerwichtigste. Kein Angehöriger hat das recht, dem Betroffenen die Verantwortung abzunehmen. Bedingungslos für den Betroffenen nach seinen Wünschen da zu sein, ist vermutlich die richtige Lösung. Dazu gehört halt auch oft, sich zurückzuhalten.
Alles Gute
Sunni
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  #7  
Alt 29.01.2010, 12:13
Benutzerbild von Barbara_vP
Barbara_vP Barbara_vP ist offline
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Standard AW: Kein Idiot sein und nicht nerven

Huhu
als ich damals 2003 meine Diagnose bekam, konnte ich die Ratschläge nicht hören und mir war es oft einfach wichtig jemanden zu haben mit dem ich wie vor der Diagnose über alltägliche Dinge reden zu können und nicht über Krankheit.
Ich bin selbst auf die Leute zugegangen, wenn ich es wollte. Fragen "wie geht es dir" konnte ich zum Beispiel nicht hören. das Angebot "du kannst jederzeit anrufen, wenn du mich brauchst" war sehr hilfreich.

Alles Gute für euch und eure Freundin

Barbaar
__________________
Liebe Grüße
Barbara
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  #8  
Alt 29.01.2010, 12:25
Veranda Veranda ist offline
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Registriert seit: 29.01.2010
Ort: Ravensburg
Beiträge: 17
Standard Gottseidank hab ich gefragt

Hi all,

die ersten Postings jetzt haben mich schon weiter gebracht.
Ich geb unserer Freundin erstmal bloss die Info, dass es das Forum hier ueberhaupt gibt (sie is eh noch im Krankenhaus).
Dann werd ich einfach Besuch anbieten, so oft es geht, und regelmaessig telefoniern. Ne konkrete Hilfsmoeglichkeit (Kinderbetreuung) machen wir auch.
Bin Euch sehr dankbar fuer Eure Tipps. Bin natuerlich selber kein Heiliger, in der kommenden Zeit verlieren wir hier bei uns sicher alle mal die Nerven, aber das plan ich einfach mit ein.

Ich les grad das Forum rauf und runter: ich find, wenig Leute hier schreiben, was sie sich von ihrer Umgebung wirklich wuenschen. Weil die Situation fuer uns - auch fuer die Kranke - so neu ist, ist das das volle Minenfeld.

Noch ein paar Fragen: so Selbsthilfe-Buecher, soll man die schenken? Ich weiss auch nicht, ob ich zeigen soll, wie schlimm ich das finde (macht ihr vielleicht Angst)...

Gruesse, th@nxxx fuer jeden Hinweis,
Veranda
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