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  #1  
Alt 21.06.2011, 12:05
EllaK EllaK ist offline
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Standard Mein Opa

hat seit 07/10 ein diagnostiziertes Plattenepithelkarzinom mit Lebermetastasen.
Ein Lymphknoten war ebenfalls befallen. keine Op sondern Chemo bis Januar 11.
Anfangs reagierten die Tumoren gut darauf, wurden deutlich kleiner, aber von November an, wuchsen sie wieder, drum stellte der Onkologe ihn auf Tarceva um. Im März 11 hatte mein Opa starke Rückenschmerzen, Diagnose Fraktur an der LWS, wurde "zementiert" und danach ging es ihm wieder sehr gut(15 Bestrahlungen).
Ende April dann Bluthusten. Der Tumor in der Lunge fing zu bluten an, die Ärzte konnten die Blutung stillen, sagten uns aber,wenn er zu bluten anfängt, könnten sie ihm nicht mehr helfen.Tarceva wurde abgesetzt...keine Chemo, keine Bestrahlungen mehr!
Er war dann noch eine Woche in Urlaub und vor zwei Wochen hatte er einen Tag extreme Rückenschmerzen, Hausarzt wiegelte ab, verschrieb Valoron und meinte, wenns nicht besser wird, muss er halt ins KH.
Am nächsten Tag waren die Schmerzen weg, dafür spürte er sein re. Bein nicht mehr, und er konnte seinen Stuhlgang nicht mehr halten. Notaufnahme! Diagnose: 2 path. Frakturen LWS. Wurde am nächsten Tag operiert und wieder mit Zement stabilisiert.
Wir haben gleich darauf per Eilantrag eine Pflegestufe beantragt, damit meine Mutter zuhause bleiben kann, und ihn dann pflegen bzw. betreuen kann.
Hilfsmittel sind zumindest zum Teil organisiert. Das mit dem Stuhlgang hat sich wieder gegeben, gehen kann er noch mit Begleitung und Rollator.
Alles wäre einigermaßen ertragbar, wenn....
ja wenn er nicht solche starken Schmerzen hätte. Seit 9 Tagen ist er jetzt operiert und seit gestern hat er sehr starke Schmerzen beim Liegen. Der Krankengmnast hat massiert und mein Opa lag wie ein weinendes, hilfloses Kind im Bett und hat vor Schmerzen geschrieen. Der Schmerzdoc kam zum Glück gerade in diesem Augenblick rein und hat ihn gleich mitgenommen für eine Infusion.
Daraufhin gings besser aber nach ein paar Stunden fingen die Schmerzen wieder an. Die Rö Kontrolle war wohl nicht auffällig und der Oberarzt meinte, er sähe keinen Grund, den Schmerz derzeit operativ zu beseitigen, weil er ja schon vorher Schmerzen gehabt hätte(was er aber nie so schlimm hatte).
Nachdem ich ihm die Schmerzsituation erläutert hatte, machen sie jetzt ein Kernspin und verlegen ihn wohl zum Bestrahlen auf Strahlenstation, da ich sagte, dass er mit den Schmerzen zuhause nicht zurecktkommen würde.
Wir würden ihn am liebsten sofort heimholen, aber schmerzmäßig würde er es zuhause nicht aushalten...der Hausarzt ist im Urlaub und auch er würde ihn bei Schmerzen sofort wieder einweisen.
Hat jemand Erfahrungen, oder Ideen von was genau die Schmerzen kommen könnten(er hat anscheinend auch eine Metastase im Hirn, wurde letzte Woche festgestellt und er ist oft auch ärgerlich oder aggressiv....aber sooo wie jetzt?!?!) was können wir als Angehörige tun? Ich brauch dringend ein paar Ideen, was wir tun, bzw. organisieren können. Bei uns im KH gäbe es eine Palliativstation, wäre das eine Alternative? Was machen die da?Schmerzmittel einstellen?? Er kriegt ja schon Morphium und andere Sachen, die helfen alle nicht sonderlich gut! Dass er bald sterben kann, wissen wir, aber muss er bis dahin so starke Schmerzen erleiden??? Das ist unmenschlich, in meinen Augen!!!!

Danke fürs lesen, wer bis hier hin durchgehalten hat
LG Micha
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  #2  
Alt 21.06.2011, 13:25
paula2007 paula2007 ist offline
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Beiträge: 839
Standard AW: Mein Opa

hallo,

die schmerzen kommen sicherlich von den gebrochenen knochen...mein papa hatte ebenfalls knochenmetas und dadurch ein gebrochenes kreuzbein. er hatte höllische schmerzen und es dauerte lange bis der doc sie in den griff bekommen hat. es wurde einiges ausprobiert, aber linderung brachte letztendlich nur eine morphiumpumpe. zusätzlich hatte man die möglichkeit sogenannte boli ("extraportionen morphium") über die pumpe zu verabreichen wenn es mal wieder besonders schlimm war. mach dich einfach mal beim behandelnden onkologen schlau, damit deinem opa schnell geholfen werden kann!

Ich wünsche dir weiterhin viel kraft!

lg, nicole
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  #3  
Alt 23.06.2011, 23:38
EllaK EllaK ist offline
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Beiträge: 10
Standard AW: Mein Opa

so...mein Opa ist jetzt einigermaßen schmerzfrei. Die ganze Geschichte, Streiterei, Diskussionen mit den Ärzten spar ich mir jetzt. Das Resultat zählt
Er darf Samstag nach Hause kommen.Erst mal keine Bestrahlung mehr!
Bett und Rollstuhl hab ich gestern nachmittag, auch nach langen Telefonaten ohne Rezept bekommen. Muss ich dann Montag nachreichen, weil da erst der Hausarzt wieder da ist.
Der Arzt meinte, wir könnten ihn frühestens in 8 Wochen auf Palliativ bringen, falls nötig, früher wäre kein Platz frei?!?!?
NAchdem ich mit dem behandelten OA von der Onko tel. hatte, könnte er jetzt bei Bedarf, wenn die Schmerzen zuhause nicht mehr therapierbar wären, kurzfristig ein Bett auf Palliativ bekommen!

Jetzt muss ich nur meine Mutter noch "aufklären". Sie weiß zwar theoretisch, dass es meinem Opa schlecht geht, aber "begriffen" hat sie es noch nicht!

Heute hatten wir eine Diskussion, dass mein Opa in seiner alten Wohnung im Haus meiner Mutter nicht mehr allein schlafen kann weil er 1. Hilfe beim Aufstehen(Toilette etc) braucht und 2. immer noch nachts Schmerzen etc bekommen kann. Sie würde nichts mitkriegen. Sie sagte heute noch zu mir, dass die Metastasen ja vielleicht zurückgehen, und er wieder so gut beieinander ist, wie vor ein paar Wochen.
Ich bin selbst Krankenschwester, sehe vielleicht einiges zu nüchtern, aber ich muss ihr oft die aktuelle Situation vor Augen führen. Sie redet auch nicht mit den Ärzten, wills nicht hören, aber leider wird das, wovor sie Angst hat, irgendwann passieren!
Mein Opa ist sich seiner Situation auch nur wenig bewusst(oder verdrängt vieles) aber ihm kann ich diesen Traum lassen!

Aber die Erde dreht sich trotzdem weiter.....
egal, was für Sorgen, Ängste und Befürchtungen wir haben....
irgendwann ist das zu Ende...und die Erde dreht sich immer noch...
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  #4  
Alt 22.07.2011, 14:36
EllaK EllaK ist offline
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Standard AW: Mein Opa

Hier ist wieder einiges passiert, was ich mir mal von der Seele schreiben muss. Zuhause gings mit Opa erstmal ganz gut. Anfang Juli hatte er mehrere Anfälle im Brustbereich. Er kam mit dem Notarzt in ein benachbartes Krankenhaus. Dort war der Chefarzt sehr nett, es kam dann raus, dass es epileptische Anfälle waren, die vom Unterbauch ausgingen. Das CT vom Schädel war negativ auf Metas. Eine Ärztin sprach allein mit meinem Opa und brachte ihm sehr schonungslos bei, was wir ja schon vorher wussten, dass er wohl die nächsten Monate nicht überleben würde. Er war anfangs sehr erschüttert, sie war die erste Ärtzin, die ihm das so direkt gesagt hatte, aber so richtig "verstanden" hat er es nicht. Danach gins ein paar Tage gut, bis er vergangene Woche erst erbrochen hatte, und dann innerhalb Stunden rapide abbaute. Er schlief fast nur noch, wenn er wach war halluzinierte er, es kamen starke Muskelzuckungen hinzu, er konnte nicht mal mehr ein Glas halten.
Er bekam gleich einen Platz auf der Palliativstation, dort bekam er Infusionen und die Ärztin vermutete, dass die Niere insuffizient arbeitet und das Morphium überdosiert wäre. Er bekommt jetzt andere Schmerzpflaster, ist nicht mehr ganz so verwirrt und hätte eigentlich nach Hause gedurft, wenn...ja wenn er gestern im EEG keine Auffälligkeiten gehabt hätte. Es lief gestern noch ein MRT und jetzt haben wir den Befund. Metastase in der Großhirnrinde. Er bleibt jetzt noch auf Station und bekommt wohl nächste Woche ca. 5 Bestrahlungen, damit die Zuckungen besser werden.
Gestern und heute war er sehr aggressiv mir gegenüber, obwohl ich mir sage, nimms nicht persönlich...treffen tut es mich doch.. Er ist zeitweise arg verwirrt und ich schaffe kaum noch den Spagat zwischen meiner Familie, Haushalt, Kindern, Terminen und meinem Opa. Momentan fahre ich morgens gleich nachdem ich die Kids an der Schule und Kiga abgeliefert habe los, etwa 45 Minuten ins Krankenhaus, bleibe solange bis ich die Kids dann wieder holen muss. Nachmittags kommt dann meine Mutter zu ihm ins Krankenhaus. Jedes Mal wenn ich ihm sage, dass ich jetzt wieder los muss, ist er mir beleidigt und schimpft mich....einerseits verstehe ich, dass er sich einsam fühlt, aber ich kann mich ja nicht vierteilen:-(

Was mach ich denn, wenn bald Ferien sind???
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  #5  
Alt 22.07.2011, 15:25
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Mein Opa

Liebe/r Micha,

es ist schlimm, was bei Dir im Moment passiert. Das kostet unheimlich viel Kraft und wie Du schon sagst, Du kannst Dich ja nicht vierteilen. Das mit den
Agressionen kann ich gut verstehen. Mein Papa hat seit 6 Jahren krebs und hat sich in letzter Zeit auch sehr verändert. Er macht uns das Leben sehr schwer, ist verbal immer sehr agressiv. Leider wissen wir über seinen Zustand übrhaupt nicht bescheid, da er nichts erzählt und auch den Ärzten untersagt hat, etwas zu sagen. Ich habe schon überlegt, ihn in einem Tageshospiz anzumelden, weiss aber nicht, wie das wieder ankommt. Eigentlich kann es nur falsch ankommen, ihm ist nichts recht.

Gibt es diese Möglichkeit vielleicht bei Euch auch? Óder vielleicht könnt ihr einen Pflegedienst beauftragen, der ein paar Mal am Tag Deine Mama unterstützen kann, dass sie sich nicht übernimmt. Denn einen Menschen zu pflegen ist sehr sehr schwer. Ich weiss das aus eigener Erfahrung. Wir haben meine Oma auch ca. 1 Jahr gepflegt, sie litt an Demenz.

Hast Du vielleicht die Möglichkeit dein Kids in den Ferien zum Hort anzumelden? Bei uns bieten die sowas in den Schulen an, weil man ja soviel Urlaub gar nicht hat. Dann könntest Du deinen Opa auch eine Weile besuchen. Sie müssen ja nicht den ganzen Tag da sein, sie möchten ja auch was von ihrer Mama/Papa haben. Wenn es Deinem Opa so schlecht geht, würde ich sie nicht damit konfrontieren. Wenn er dann so schimpft o.ä. sind sie bestimmt doll traurig, da sie es ja nicht verstehen können.

Ich wünsch Dir viel Kraft.

Liebe Grüße
Jäcky
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  #6  
Alt 22.07.2011, 17:41
EllaK EllaK ist offline
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Standard AW: Mein Opa

Warum will dein Vater nicht, dass ihr wisst wie es ihm geht? V.a. wenn er sich psychisch verändert solltest du mit dem behandelnden Arzt sprechen. Mein Opa hat diese Verwirrtheit seit Mai immer mal wieder gehabt, auch diese Aggressionen, damals hatte ich schon an Metas gedacht, aber da konnten die Ärzte im CT nichts finden.

Hospiz gibt es bei uns in der Gegend leider nicht. Die Palliativ ist schon ein Segen für uns. Pflegerisch gings bis jetzt noch. Vormittags hab ich ihn unterstützt, nachmittags, nachts sorgte meine Mutter für ihn. Zweimal die Woche kam bis jetzt der Pflegedienst, aber das wird sicherlich mehr werden, wenn er wieder von Palliativ nach Hause kommt, wenn.....

Auch für die Kids gibts hier nichts. In den Sommerferien ist alles zu..ländlich eben.
Die Große (8) weiß dass es ihrem Uropa nicht gut geht, und vielleicht auch bald sterben wird, der Kleine (4) bekommt es noch nicht so mit. Aber sie mögen ihn auch nicht so gern besuchen. Und ich will sie auch nicht dazu zwingen.
Mein Mann sitzt grad noch an seiner Uni Abschluss-Arbeit, hat daher auch wenig Freiraum, aber evtl. springen seine Eltern in den Ferien ein!
Hab grad noch telefoniert, am Montag bekommt er die erste von warscheinlich 5 Bestrahlungen.

Da müssen wir eben durch.....es kommt wie es kommt
Danke für deine tröstenden Worte
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  #7  
Alt 22.07.2011, 22:03
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Mein Opa

Liebe EllaK,

Zitat:
Da müssen wir eben durch, es kommt wie es kommt
Ja das ist genau das, was mein leider nicht beeinflussen kann und was so unendlich weh tut.

Es tut mir leid, das es bei Euch nix weiter gibt. Find ich schade, bei uns gibt es so einiges und wir leben auch in einer ländlichen Gegend. Tut mir leid für Euch. Dann der Stress der noch dazu kommt.

Warum mein Paps nicht will, dass wir wissen, wie es um ihn steht, tja das ist eine gute Frage, er meinte zu seinem Arzt er will uns schonen. Eine wirklich gute Schonung nenn ich das. Er bewirkt das genaue Gegenteil damit. Mir hat heut schon einmal jemand geraten mit dem Arzt zu sprechen. Ist es denn möglich das er eine Hirn-Meta hat, ohne das auf dem CT was zu sehen ist. Ich habe davon nicht so viel Ahnung, entschuldige meine Unwissenheit.

Ich wünsch Dir viel Kraft

Liebe Grüße
Jäcky
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  #8  
Alt 22.07.2011, 22:40
EllaK EllaK ist offline
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Standard AW: Mein Opa

Hm, bei meinem Opa ist es wohl so...
Er bekam Anfang Juni und Anfang Juli je ein Schädel CT mit Kontrastmittel. Da hieß es zwar Verdacht auf Metastase, stellte sich allerdings als Gefäßanomalie heraus. Das EEG wurde jetzt auf der Palliativ eigentlich nur gemacht, weil die Ärtzin sich nicht 100% sicher war, ob die Zuckungen wirklich vom Morphium kamen. Im EEG hatte er dann Auffälligkeiten und im MRT, also Kernspin hat man dann die Metastase entdeckt.
Ich hab deinen Thread zu deinem Papa entdeckt, den werd ich mal durchlesen
Ich bin selbst Krankenschwester und weiß aus Erfahrung, dass jeder die Diagnose Krebs anders aufnimmt und damit umgeht, wenn er natürlich alles mit sich ausmacht, dann fällt es ihm schwerer, weil er mit niemandem so richtig darüber reden kann, und euch fällts schwer, weil ihr hilflos daneben steht und ihm letztendlich auch nicht helfen könnt.
Ich würde wirklich die Situation mit seinem behandelnden Arzt besprechen, vielleicht hat er Einfluss auf die Entscheidung deines Vaters.

LG Micha
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  #9  
Alt 06.08.2011, 06:57
EllaK EllaK ist offline
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Beiträge: 10
Standard AW: Mein Opa

Mein Opa hat es gestern abend geschafft....und muss nie wieder Schmerzen haben.
Er wurde noch 5mal bestrahlt und konnte in einigermaßen gutem Zustand am Freitag letzter Woche nach Hause. Er schlief zwar fast den ganzen Tag, aber sonst ging es ihm ganz gut. Am Sonntag hatte er plötzlich kalte Beine und Hände. Wir wärmten ihn mit Wärmflaschen, 2. Bettdecke, Heizung an und es wurde auch wieder besser. Am Montag war er plötzlich sehr gut drauf, er wollte unbedingt mit meinen Kindern einen Spaziergang machen und war überhaupt nicht verwirrt..
Die Nacht von Montag auf Dienstag war er total verwirrt. Meine Mutter fand ihn nachts sitzend auf der Toilette...wie er allein ohne Hilfe dorthin kam...keine Ahnung! Dienstag ging es ihm schlecht. Er schlief viel, hatte nicht die Kraft aufzustehen, war sehr verwirrt. Ich bat den Hausarzt, ihm einen Katheder zu legen, damit er nicht aufstehen musste, wurde knallhart abserviert...im Krankenhaus würden sie ihm einen legen. Wir sollen abwarten....
Abends eskalierte die Situation. Wir weckten meinen Opa und wollten ihm auf die Toilette helfen. Auf dem Weg dorthin wurde er plötzlich so wütend. Er schrie uns an, schlug nach mir und meiner Mutter, warf mit seinem Rollator um sich...Meine Mutter wollte ihm noch eine neue Hose anziehen, weil er sich eingenässt hatte, er wehrte sich mit allen Kräften dagegen.
Ich versuchte ihn, mit einer Tavor zu beruhigen, aber er spuckte die Tbl wieder aus. Wir ließen ihn erstmal im Bad sitzen und ich telefonierte mit der Palliativ, der Arzt riet mir zur Einweisung. Während wir noch auf die Sanis warteten, versuchte mein Opa alleine wieder ins Bett zu kommen, ohne Rollator hatte er keine Kraft, die Strecke zu meistern, aber er wollte sich nicht helfen lassen...wir hielten ihn so gut es ging, er schlug uns verzweifelt zur Seite, rutschte aus und landete auf dem Boden.
Er jammerte, wollte sich aber auch da nicht helfen lassen. Ich versuchte ihn zu beruhigen, hatte ihn sogar schon so weit, dass ich ihm wieder aufhelfen durfte, aber alleine schaffte ich es nicht. Er wollte aber von keinem anderen angefasst werden.
Kurz darauf kamen schon die Sanitäter, die ihn auf die Trage packten und ich fuhr zusammen mit ihm in die Klinik.
Auf Palliativ bekam er eine Infusion zwecks Flüssigkeit, das Morhiumpflaster kam wieder ab und er bekam eine Pumpe hingebaut.
Am Mittwoch ging es ihm wieder besser. Essen wollte er nur einen Joghurt, getrunken hat er wenig, aber er bekam ja Infusionen. Die Ärztin meinte, wir sollten uns überlegen, ob er doch in ein Hospiz sollte, sie meinte, alleine würden wir es mit ihm zuhause nicht schaffen..und er sähe nicht so aus, als ob es demnächst so weit sein würde.
Donnerstag gings ihm schlecht. Er saß morgens in einem Sessel und jammerte vor Schmerzen, ich solle ihm helfen, weinte er. Die Schwestern teilten mir mit, dass er schon mehrfach Schmerzmittel brauchte und sie die Dosis der Pumpe erhöhen wollen. Er schlief den ganzen Tag, kurz schreckte er wieder auf und hielt meine Hand ganz fest, dann döste er wieder weg. Seine Augen fixierten uns nicht mehr. Die Ärztin bei der Visite meinte, er sei wohl auf dem Weg...
Den ganzen Tag schlief er im Sessel, jammerte, wollte nicht ins Bett.Trinken und essen wollte er nicht mehr. Meine Mutter und ich blieben den ganzen Tag.
Am Freitag, also gestern hatten wir vormittags einen Termin in einem Hospiz. Wir fuhren also erst zu meinem Opa, dem es unverändert schlecht ging, er ließ den Pfleger den Mund nicht sauber machen, er hatte sehr viel Schleim im Mund, ich habs versucht und bei mir hat er nichts dagegen gehabt.
Wir fuhren dann ins nächste Hospiz und meldeten ihn an(zwar ewig zu fahren, aber wir fühlten uns dort gut aufgehoben) Mittags kamen wir wieder auf Palliativ, da ging es ihm noch schlechter. Er rasselte schlimm, war sehr unruhig. Die Ärztin hatte die Dosis nochmals erhöht und er hatte eine zusätzliche Pumpe mit einem Beruhigungmittel erhalten. Daraufhin war er nicht mehr so unruhig. Um vier Uhr nachmittag bin ich dann nach Hause gefahren, meine Mutter blieb.
Gegen 18 Uhr rief sie mich an und sagte mir, dass die Ärztin gerade da war, er würde evtl. heute noch sterben....er würde kämpfen, nicht loslassen wollen.
Ich fuhr sofort wieder hin..Das rasseln hörte zwischendurch auf, aber als die Schwestern ihn lagerten, fing er sofort wieder an. Danach war er auch unruhig, hatte Schweißperlen im Gesicht, die Schwester erhöte kurzfristig das Beruhigungsmedikament. Danach war er wieder ruhiger...atmete aber sehr schwer...rasselte..Sein Puls raste, sein Atem war sehr schnell...
Dann plötzlich...ich stand neben ihm, hielt ihm die Hand...plötzlich hustete er und spuckte ganz viel Schleim aus. Meine Mutter klingelte nach der Schwester, ich hob seinen Kopf an, damit er sich nicht stickt. Er schloss seinen Mund, er sah aus als ob er ganz zufrieden war, dass der Schleim endlich draußen war. Dann wurden seine Gesichtszüge ganz entspannt und er atmete nicht mehr.

Wir konnten uns noch verabschieden. Er bekam ein neues Hemd, eine Rose hielt er in den Händen, Blütenblätter wurden um ihn herum gestreut und er sah so friedlich aus.

Bei all den Stunden des Kampfes bleibt mir nur sein entspanntes zufriedenes Gesicht in Erinnerung. Das Sterben erinnerte mich so sehr an die Geburten meiner Kinder...man hat Wehen, man kann nicht mehr, muss trotzdem weitermachen und gestern ist ein Engel geboren.

Ich danke fürs zulesen ich hab bei Kummer, Fragen etc. immer gern andere Berichte durchgelesen und fühlte mich in meinen Sorgen und Nöten nicht allein

Micha
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  #10  
Alt 06.08.2011, 07:58
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Billchen Billchen ist offline
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Ort: bei Kaiserslautern-Pfalz
Beiträge: 357
Standard AW: Mein Opa

Liebe Micha,..
Still nehme ich dich in die Arme und drücke dich fest....es tut mir sehr leid daß dein Opa eingeschlafen ist .....für dich und deine Familie ist es sehr schlimm.....für deinen Opa freue ich mich....er hat genug gelitten.....WARUM muß ein Mensch auf seinem letzten Weg auch noch sich quälen.....
Viel Kraft für die nun kommenden schweren Tage... Wochen ...Monate...

Wenn die Zeit im Leben eines Menschen gekommen ist ...
und der Kreis sich schließt...
bleiben wir zurück und trauern....
in der Dunkelheit dieser nun lichtlosen Tage...
__________________
Ganz liebe Grüße
Billchen
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