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Alt 23.02.2017, 13:28
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 561
Standard Ma´s Sonne ist untergegangen

Seit Sonntag bin ich nun auch Hinterbliebene.
Meine Ma hat sich ganz still davongemacht.
Wir waren den ganzen Morgen bei ihr, mein Papa, mein Bruder und ich.
Mittags kam noch ihre Freundin aus Schulzeiten, die immer wieder da war.
Am Donnerstag saß sie noch lange auf der Bettkante bei der Physiotherapie.
Danach hat sie noch etwas gefrühstückt, aber sie kam mit dem Brötchen nicht mehr klar, so dass sie schließlich meine Scheibe Weißbrot aß.
Wir hatten das Mittagessen schon seit ein paar Tagen als Passiertes bestellt.
Danach war sie müde und schlief lange. Abends hat sie dann das zurückgestellte Mittagessen komplett gegessen.
Am nächsten Morgen, freitags, hat mein Papa mich abgefangen, als ich kam. Die Oberärztin hatte ihm gerade gesagt, dass es nun nicht mehr lange dauern würde.
Da wäre nachts Blut im Stuhl gewesen, das wäre ein untrügliches Zeichen.
Wir hatten dann vereinbart, dass wir das Antibiotikum absetzen würden und nur noch das Novalgin als Flüssigkeitszufuhr halten würden.
Nachdem wir uns beruhigt hatten, sind wir dann zu ihr gegangen, aber sie schlief. Die Atmung war schon röchelnd, die Atemzüge sehr tief.
Zwischendurch war sie immer mal wach, hat auch leise geantwortet, aber sehr schwach. Die Schwester brachte uns eine kleine Sprühflasche, in die wir alles reintun könnten, was sie gerne hatte, Tee, Saft, Bier, ganz egal.
Also wurde mein Bruder angerufen, Bier zu bringen. Er hatte sich zwei Tage Urlaub genommen und räumte gerade Omas Wohnung leer. Das Bier kam sehr gut an, da hat sie nochmal richtig den Mund aufgemacht, obwohl Essen und Trinken ja nur noch widerwillig ging.
Ab dieser Nacht blieb mein Papa Tag und Nacht bei ihr, ich löste ihn morgens zum Duschen ab und dann kam er wieder.
Am Samstag war sie fast gar nicht ansprechbar. Die Schwestern sagten, sie würden sie weitgehend in Ruhe lassen, nur das nötigste machen. Die Urinausscheidung war von Freitag auf Samstag nur bei 400ml, aber von der Hautfarbe her sah sie noch gut aus, sie war ein rotbrauner Typ, den konnte kaum etwas entstellen...
Am Sonntag hatte sie dann ein Munddreieck und war insgesamt grauer im
Gesicht. Als Papa duschen vor, krabbelte ich ihr die Waden, das hatte sie so gern. Wir hatten ein Massageöl bekommen, so dass sich das Ganze schließlich zu einer Lymphdrainage entwickelte, denn sie hatte dicke Knöchel von der fehlenden Ausscheidung, und hinterher konnte man die Knöchel ihrer ansonsten schmalen Fesseln wieder erkennen.
Die Schwester fragte nach Grundpflege, und wir wuschen sie dann und zogen ihr ein sauberes Oberteil an. Die Windel liessen wir am Samstag schon aus und legten sie stattdessen auf zwei große Unterlagen, die sich im Fall der Fälle schnell hätten entfernen lassen.
Ich wollte sie nicht in einen Herzchenschlafanzug stecken und zog ihr stattdessen ein taubenblaues Oberteill an.
Als ich mittgas ging, ging ihre Freundin mit mir und sie fragte mich dann nach meiner Einschätzung. Ich sagte ihr, momentan sähe sie noch stabil aus aber das wird sich sicherlich innerhalb der nächsten zwei, drei Tage ändern.
Es sollten nur noch zwei Stunden sein...
Mein Bruder war noch etwa eine halbe Stunde länger geblieben.
Um 13.45 kam der Anruf von meinem Bruder, Papa habe angerufen, es geht zu Ende, er führe jetzt hin.
Bei uns im Dorf war Karneval, und so standen mein Sohn und ich gerade gestiefelt und gespornt im Flur, als das Handy schellte.
Mein Mann kam direkt an und übernahm, während ich meinem Sohn erklärte, dass ich zu meiner Mama fahren muss, wenn es ihr schlecht geht und dass ich hoffe, dass er das auch einmal machen würde, wenn es seiner Mama, nämlich mir, nicht gut geht. Da war die Szene, die er mir machen wollte, vergessen, er drückte mich kurz und sagte, ich solle dann jetzt fahren.
Der Weg war sehr zäh, er dauert einfach eine halbe Stunde, egal wie sehr du drängelst.
Als ich die Tür zur Palliativstation öffnete, sah ich schon die Kerzen vor Zimmer 11 brennen. Es konnte kein anderes Zimmer sein. Im Flur hatte ich schon die Jacke aus. Im Zimmer schmiss ich alles nur noch hin.
Sie hatten sie bereits gebettet, es brannten Kerzen auf dem Nachttisch und auch auf dem Beistelltisch und es waren Rosenblätter um sie herum verteilt.
Sie war so friedlich, das angestrengte Röcheln war weg.
Wir blieben dann noch zwei Stunden bei ihr. Die Schwesten sagten, wir könnten so lange bleiben, wie wir wollten an dem Tag.
Dann sind wir zu Papa gefahren. An dem Tag war ich erst spät Zuhause, normalerweise habe ich nur die Vormittage dort verbracht.
Warum?
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