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  #1  
Alt 20.04.2014, 20:20
Sophie18 Sophie18 ist offline
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Registriert seit: 20.04.2014
Beiträge: 2
Standard Oma hat bösartigen Hirntumor

Guten Abend. Ich bin durch Zufall auf dieser Seite gelandet und habe mich hier angemeldet in der Hoffnung, hier Leute zu finden, die vielleicht ähnliches erlebt haben und mir vielleicht Tipps/Ratschläge geben oder mir ihre Erfahrungen mitteilen können.

Nun zum eigentlichen Thema:
Heute vor genau fünf Monaten bekam ich (18) die schockierende Nachricht, dass meine Oma (78) mütterlicherseits an einem bösartigen Hirntumir, Glioblastom, erkrankt war. In der ersten Woche nach dieser Nachricht schien meine Welt in Scherben zu liegen. Meine Oma ist einer der liebsten Menschen, die ich kenne, sie ist wie eine 2. Mutter für mich, weil sie auch früher viel mit mir gemacht hat, wenn meine Eltern wegen viel Arbeit mal kaum bis gar keine Zeit hatten. Die Vorstellung, sie nicht mehr lange zu haben, ist, als würde jemand mir Stück für Stück das Herz zerdrücken. Die Ärzte haben ihr eine ungefähre Lebenserwartung von noch 3 bis 9 Monaten gegeben. Ich sehe sie so oft, wie es mir nur möglich ist (sie wohnt eine Stunde Autofahrt von mir und meinen Eltern entfernt). Meistens dann, wenn meine Mutter hin fährt.
Ich erlebe und erfahre auch von meiner Mutter, wie es meiner Oma Schritt für Schritt, immer schlechter geht. Chemo und Bestrahlung hat sie beides gemacht, doch die Chemo musste schließlich abgebrochen werden. Und ob die Bestrahlung etwas gebracht hat, kann uns leider auch niemand genau sagen. Auch das Sprechen fällt ihr immer schwerer. Jetzt kommt zwar auch immer wieder eine Logopädin und ein Physchologe zu ihr, aber wie viel das hilft, weiß ich leider auch nicht.
Ich gebe mein Bestes, meiner Mutter beizustehen, wenn sie wegen ihrer kranken Mutter so traurig ist. Und oft schaffe ich es auch, meinen gewöhnlichen Alltag beizubehalten. Aber dennoch habe ich auch immer wieder solche Momente, wie jetzt, wo ich total wütend und verzweifelt wegen dem allen bin und am liebsten alles kurz und klein schlagen würde, wenn das etwas helfen würde.
Neben meiner Familie habe ich natürlich auch meine Freunde, die mich in dieser schweren Zeit möglichst unterstützen. Doch z. B. mein bester Freund meinte erst vor kurzem, dass es ihm nun des öfteren schwer fällt, mich irgendwie aufzumuntern, dass ich es abblocken würde und ihn das etwas traurig macht. Das habe ich gar nicht so wirklich mitbekommen. Da sieht man, wie mein Leben doch so manchmal an mir vorbei zu ziehen scheint. Dazu kommt noch, dass ich meinen besten Freund und meine anderen Freunde leider nicht mehr allzu oft sehen kann, da ich vor zweieinhalb Wochen umgezogen bin und nun zu denen 2 Stunden Zugfahrt entfernt wohne.
Ich versuche, die Zeit, die ich noch mit meiner Oma habe, so gut auszunutzen wie nur irgendwie möglich. Ich rechne zwar fast jeden Tag mit einer Todesnachricht, einfach, weil sowas ja beängstigend schnell gehen kann, aber dennoch fürchte ich mich davor. Auch leide ich hin und wieder unter Alpträumen, wo ich mit meiner Oma auf ihrem Bett sitze, mich mit ihr unterhalte und sie dann ganz plötzlich in meinen Armen stirbt...
Ich habe auch Angst, dass nach ihrem Tod die Welt für mich stehen bleibt, und ich dann vielleicht gar nicht mehr voran komme, auf nichts und niemanden mehr Lust habe. Aber am meisten Angst habe ich davor, dass der Schmerz über ihren baldigen Verlust nie mehr weg geht, dass er auf ewig da bleibt...

Ich weiß, das war echt viel Text, aber vielleicht haben ihn sich einige ja doch durchgelesen und können mir etwas dazu sagen? Das wäre total lieb von euch.

Freue mich auf eure Antworten!

Liebe Grüße,
Sophie18
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  #2  
Alt 21.04.2014, 00:24
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Ort: Lüneburg
Beiträge: 919
Standard AW: Oma hat bösartigen Hirntumor

Hallo Sophie,

es tut mir leid, dass Deine Oma diesen fiesen Tumor hat.

Ja, es ist schlimm - auch wenn Deine Oma schon 78 ist ...
Dennoch ist es auch ein Segen, dass sie erst jetzt ein Glioblastom
bekommen hat - denn viele erkranken in sehr viel jüngerem Alter
daran (die, die ich kenne/kannte waren noch unter 50 oder knapp
darüber, als sie starben)

Ich weiß, dass Dich das wahrscheinlich nicht tröstet ...

Hast Du Dir noch niemals früher Gedanken darüber gemacht,
dass Deine Oma eines Tages, so, wie jeder Mensch,
auch einmal sterben wird? Denn dass wir irgendwann sterben,
ist ja schon im Moment unserer Zeugung ganz klar - nur wissen wir alle
eben nicht den genauen Zeitpunkt.

Du sagst, Du leidest zB unter dem Alptraum, dass Deine Oma
in Deinen Armen stirbt ...

Wärest Du 20 Jahre älter älter, dann würdest Du das vermutlich anders
sehen und formulieren - denn dass jemand in den Armen eines anderen stirbt,
ist von dessen Seite ein großer Vertrauenbeweis, denn er vertraut demjenigen
die letzte Sekunde seines Lebens an.

Aber ich weiß, was Du meinst.

Du hast Angst, all dem nicht gewachsen zu sein.

Ich möchte Dir etwas Mut machen:
sterben bedeutet, dass das Herz aufhört zu schlagen
und die Atmung nicht mehr stattfindet und auch die Organe aufhören zu arbeiten ...
aber: der Mensch bleibt trotzdem der Mensch, der er ist.

Wahrscheinlich wird es so sein, wie Du schreibst: für Dich bleibt erstmal die Welt stehen -
und es tut auch weh, wenn man bemerkt, dass sie NUR für einen selbst stehen bleibt.
Als meine Mutter 1996 starb, hatte ich das Gefühl auch und es war schlimm für mich zu
sehen, dass da draußen die Welt ganz normal weiterging, wie immer. Die Autos fuhren, Kinder spielten ...
Doch für mein Gefühl war es so, als müsse die ganze den Atem anhalten.

Ich hatte eine Zeit lang zu nichts mehr Lust, war besonders abends, wenn die Kinder im
Bett waren, tieftraurig und habe geheult ohne Ende ... bis ich irgendwann begriff:
das Lebensbuch meiner Mutter war an seiner letzten Seite angekommen - aber nicht das
meine, ich war damals 31.

Und ja, der Schmerz bleibt - aber er verändert sich.

Zuerst war es ganz ganz schlimm und ich dachte, ich halte das nicht aus.

Mit dem Vergehen der Zeit bemerkte ich dann irgendwann, dass ich nicht mehr stundenlang
weinte, sondern manchmal nur noch 1 Stunde am Tag und zwischendurch immer mal kurz
und dass die emotionalen Tiefpunkte nicht mehr ganz so tief waren wie am Anfang und auch
nicht mehr ganz so lang andauerten.

Irgendwann dann war ich total geschockt, weil ich mich erwischte:
ich habe gelacht ... und dann hatte ich Schuldgefühle und dachte: was bin ich für eine schreckliche
Tochter, ich darf doch nicht lachen - meine Mama ist schließlich tot.

Doch - heute weiß ich: das alles hat seine Berechtigung gehabt, es regelt sich so, wie es sich
regeln muss, damit man wieder ins Leben zurückfindet!

Irgendwann war es dann so, dass ich an meine Mama denken konnte, ohne ganz traurig zu sein,
bekam einen Kloß im Hals und manchmal auch Tränen in die Augen.

Heute ist es so, dass ich liebevoll an sie zurück denke und ganz manchmal, ja dann ist es auch
so, dass mir die Tränen nochmal kommen.

Aber: ich habe längst gelernt, zu akzeptieren, dass ihr Leben zuende ist.

Trauer ist ein Prozess und eines Tages ist sie so verändert, dass man sie tragen kann.
Man muss loslassen lernen und das Unabänderliche akzeptieren.

Wenn Du es schaffst und Dir erlaubst, dann kannst Du JETZT mit Deiner Oma noch viele
intensive Momente erleben - die irgendwann zu schönen Erinnerungen für Dich werden können.

Traurigkeit, Wut und Verzweiflung - das ist alles erlaubt, weil es seine Berechtigung hat.

Ich wünsche Dir von Herzen viel Kraft
und dass Deine Oma, wenn es soweit ist,
sich ganz friedlich "auf den Weg" machen kann.

Von Herzen,
Angie
__________________
... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


... I`ll see you when the sun sets!!!
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  #3  
Alt 01.09.2014, 12:32
Sophie18 Sophie18 ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 20.04.2014
Beiträge: 2
Standard AW: Oma hat bösartigen Hirntumor

Vielen Dank für deine Antwort. Sie hat mir damals wirklich etwas geholfen.
Doch nun ist es Fünf Wochen her, dass meine Oma an ihrem Hirntumor gestorben ist. Sie war genau 20 Tage im Hospiz, bevor sie dann am 28.07, genau an ihrem 79. Geburtstag, gestorben ist. Die Beerdigung war die Woche darauf.
Ich glaube, dass ich immer noch in der Leugnungsphase bin ... Denn sobald sie in meine Gedanken kommt, schiebe ich es weg, verdränge es und konzentriere mich auf was anderes. Es ist so, als würde ich Angst davor haben, die Trauer zuzulassen ... Obwohl ich meine Familie habe ist es schwierig, hier mit jemanden darüber zu reden. Ich kann natürlich jederzeit mit meinen Freunden aus meinem alten Heimatort telefonieren - aber da wir eben so entfernt voneinander wohnen, ist es leider nicht mehr mit einfach mal vorbeikommen um zu trösten ...Und in der neuen Stadt habe ich noch nicht wirklich jemanden, dem ich mich in einer solchen Situation anvertrauen könnte. Ich fühle mich oft ziemlich alleine gelassen.

Ja, das wollte ich nun gerne noch erzählen.
Wie gesagt, vielen lieben Dank für deine Antwort und ich wünsche noch eine schöne Woche.

LG,
Sophie18
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Stichworte
angst, hirntumor, oma


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