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  #1  
Alt 24.09.2010, 18:03
Norma-D. Norma-D. ist offline
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Registriert seit: 24.09.2010
Ort: Im Norden Deutschlands
Beiträge: 3
Standard Schwarzer Freitag...

Hallo liebes Forum,

ich möchte mich kurz vorstellen und mich heute durchs Schreiben ein wenig „befreien“


Mein Mann hat am Osterdienstag vor drei Jahren mit nur 39 Jahren aus heiterem Himmel die Diagnose „Darmkrebs“ bekommen.

Wir vermuteten eigentlich, der spürbare „Knubbel“ in der Leistengegend wäre ein Leistenbruch, aber es stellte sich als Darmtumor,der bereits durch die Darmwand gebrochen war , heraus.
Metastasen am Blasendach, Leber und Lunge machten das Desaster komplett.

Es folgten drei Jahre voller Operationen, Chemotherapien und Verzweiflungen aber auch Zeiten in denen wir durch die Krankheit sehr, sehr nahe zusammenrückten und das Leben in jedem Moment zu genießen versuchten.
Am Anfang der Erkrankung waren wir noch selbstständig und finanziell abgesichert, so dass wir nach Mallorca und nach Las Vegas gereist sind, einfach um uns zu erholen und/oder lang gehegte Träume zu erfüllen.
Die Reisen waren, trotz körperlicher Einschränkungen, wirklich traumhaft und haben uns immer wieder Mut & Hoffnung gegeben und auch jetzt zehren wir noch von den Erinnerungen daran.

Mittlerweile jedoch gewinnt die Krankheit leider immer mehr die Oberhand…



Im Mai wurden großflächig Metastasen in der Lunge, dem Rippenfell und auch mehrere Rippen entfernt.

Nur 8 Wochen später dann wieder eine OP, wieder Rippen heraus, wieder Metastasen entfernt und ein kompletter Lungenflügel abgeschält.

Seit dieser Operation jedoch verschliesst sich die Lunge nicht mehr und mein Mann trägt dauerhaft eine Pumpe und eine Drainage.

Vor etwa 4 Wochen dann die Gewissheit: Die Metastasen sind wieder in beiden Lungenflügeln und jetzt ist eine OP einfach nicht mehr sinnvoll oder geschweige denn überhaupt machbar.

Eine Chemotherapie Folfiri die diese Wochen begonnen wurde, soll das Wachstum stoppen.

Zur Zeit sieht es so aus, das erst einmal drei Zyklen gemacht werden sollen und dann wieder Kontrolle der Metastasen, sollte das Wachstum nicht gestoppt werden, bestünde noch die Möglichkeit der Antikörperbehandlung (hier allerdings sind die Nebenwirkungen aufgrund der besonderen „Lungensituation“ sehr, sehr schwerwiegend)


Die Infektionsgefahr ist durch das „Loch“ in der Brust sowie Wasser in und um die Lunge riesig, aber die Chemo noch länger heraus zuschieben und doch noch zu hoffen, das die Lunge sich verschliesst oder erholt wäre einfach fahrlässig (die multiplen Metastasen sind zwar klein, aber innerhalb von nur 4 Wochen um 80% gewachsen…)

Ich versuche wirklich tapfer zu sein, aber als unser Onkologe und vor ein paar Tagen sagte, das mein Mann besser alle noch zu erledigenden Ziele in den nächsten Monaten in Angriff nehmen soll, riss es mir einfach die Beine weg (theoretisch WUSSTE ich natürlich, das dieser Tag einmal kommen würde, aber praktisch habe ich mich schlicht dagegen gewehrt)

Mein Mann und ich sprechen viel über den Tod, aber das macht es nicht wirklich besser…

Dazu kommt, das er rapide an Gewicht verliert (ca.12 kg in 2 Monaten) und körperlich immer schwächer wird.
Schon vor der Chemo hat er viel geschlafen, aber jetzt haut es ihn quasi um und er läuft nach eigenen Aussagen „nur noch auf 10%“

Gestern und heute sieht er doppelt (ich hoffe sehr, das ist „nur“ eine Nebenwirkung der Chemo und nicht der nächste Hammer und ist in den wenigen „Wachphasen“ echt aggressiv & genervt und unruhig (etwas das ich aus den vorherigen Chemos so gar nicht von ihm kenne)…

Ich möchte so gerne voller Hoffnung sein und an eine „Spontanheilung“ oder zumindest an einen Stillstand der Krankheit glauben, aber heute fühle ich mich wie in einem tiefen schwarzen Loch…. und habe nur schreckliche Angst.

Angst um meinen Mann, Angst vor dem Tod, Angst dass er Schmerzen haben wird, aber auch Angst vor meinen Schmerzen und meiner Trauer, wenn er stirbt und Angst vor der Zukunft ohne ihn (ich weiss wirklich nicht wie ich das schaffen soll….)


Habt Ihr Ratschläge oder Erfahrungen?
Wie kommt Ihr aus solchen „Löchern“
Habt Ihr Tipps wie man sich wieder „auf die Spur“ bringt??
Schliesslich möchte ich meinen Mann liebevoll begleiten, aufmuntern und trösten und nicht auch noch eine Last sein oder der „Schwarzmaler“


Ich wäre sehr, sehr dankbar für jede Art von Erfahrungsbericht oder Hilfe, möchte in diesem Forum aber auch selbst eine Hilfe sein, wenn ich keinen so schwarzen Tag habe !

Herzlichst

Norma ( 38 Jahre alt, 2 Kinder 16/17 Jahre)
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  #2  
Alt 24.09.2010, 19:49
Benutzerbild von ange
ange ange ist offline
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Registriert seit: 23.12.2009
Beiträge: 505
Standard AW: Schwarzer Freitag...

Liebe Norma,

erstmal tut es mir leid, was ihr alles durchmachen müsst und immer wieder diese Rückschläge erfahrt... Es hilft hier zu schreiben, einfach mal alles los werden. Alleine das holt einen schon ein klein wenig aus diesem loch raus.
Uns hier, meinem Mann und mir, hilft es einfach mal seinen Hobby´s wieder nachgehen um sich abzulenken, oder mal wieder richtig feiern zu gehen. hört sich blöd an, aber auch unser leben geht weiter naja, und unser kleiner Sohn (2) der ist natürlich ein riesengrosser lichtblick in dieser zeit. Nun ist das bei dir ja noch etwas anderes. bei mir ist meine schwiegermutter betroffen, lungenkrebs im endstadium mit Knochen-, Leber-. Nieren- und Kopfmetastasen. Aber wenn mein Schwiegervater sich auch mal ablenken muss, er geht schwimmen um sich mal auszupowern, oder er geht auch mal ins theater, dann sind wir da und kümmern uns um sie. Hast du denn auch mal Zeit für dich, wirklich nur für dich?? ohne die Krankheit? oder auch ohne mal nur darüber zu sprechen?
aber am ende muss jeder für sich eine art entscheidung treffen, wie man am besten kraft tankt um wieder da zu sein. ich wünsche dir, das du deinen weg findest, ohne ein schlechtes gewissen zu haben, das du dich vielleicht amüsierst, oder auch lachst. Denn das ist das letzte was unsere lieben wollen. sie wollen ja auch das wir uns nicht vergraben und unser leben weiterleben. aber halt auch für sie da sind, sie liebevoll begleiten.
Wie gehen deine kinder damit um?
so viel wollte ich gar nciht schreiben
ganz viel kraft und liebe grüsse
ange
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  #3  
Alt 25.09.2010, 09:49
Norma-D. Norma-D. ist offline
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Registriert seit: 24.09.2010
Ort: Im Norden Deutschlands
Beiträge: 3
Standard AW: Schwarzer Freitag...

Guten Morgen liebe Ange,

herzlichen Dank für Deine netten Zeilen....

Zeit für mich? Nun, in den vergangenen drei Jahren habe ich es mit allerhand versucht..
Und an manchen Tagen hat es auch funktioniert.. momentan aber sind mir die Stunden zu kostbar und ich versuche eigentlich 24 Stunden bei meinem Schatz zu sein...
Ich glaube zwar, das das nicht wirklich gut ist, weil die Krankheit durch die vielen,vielen "Kleinigkeiten " immer im Vordergrund steht, aber ich habe Angst etwas zu verpassen....

Unsere Jungs sind großartig! Der Große macht gerade eine Ausbildung und der Kleine geht im vorletzten Jahr zur Schule.Beide leben zwar auch ihr eigenes Leben,treffen sich mit Freunden, machen Sport, gehen aus usw. sind aber immer für uns da wenn "Not" am Mann ist ( also die beiden kümmern sich um "Praktische" Sachen...)
Für viele mag es nur eine Selbstverständlichkeit sein, aber ich bin momentan froh darüber wenn ich mich darauf verlassen kann das der Müll an Abholtagen auch wirklich an der Strasse steht oder das jemand die Wäsche aus der Machine genommen hat, wenn mein Schatz und ich den ganzen Tag im Krankenhaus zugebracht hatten.. tja und da sind meine Kinder immer zur Stelle....
Ich bin sehr,sehr stolz auf sie, möchte sie aber auf keinen Fall als "seelische Ablagestelle" nutzen....

Mein Mann möchte auf keinen Fall das ich mich vergrabe... wenn ich ihn lassen würde, würde er am liebsten mein ganzes Leben nach dem Tag "X" schon so für mich planen, das es mich so wenig wie möglich belastet...
Aber dann werd ich immer ganz böse , weil ich einfach nicht über die Zeit "dannach" nachdenken will...

Heute aber scheint ein guter Tag zu werden und den werd ich jetzt mit meinem Schatz geniessen
Ich wünsche Dir ein wunderschönes,sonniges Wochenende

LG
Norma
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  #4  
Alt 25.09.2010, 14:08
Kamuffel Kamuffel ist offline
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Registriert seit: 14.05.2010
Beiträge: 289
Standard AW: Schwarzer Freitag...

Liebe Norma

ich kann Dir sehr gut nachfühlen. Denn mein Mann und ich haben auch drei Jahre lang gekämpft (Lungenkrebs). Bis zuletzt haben wir gekämpft um jede Sekunde und Minute. Leider verlor mein Mann seinen Kampf am 14.08.2010. Ich habe das Glück gehabt ihn zu begleiten bis zum letzten Atemzug. Bin bei ihm gesessen Tag für Tag. Nur da gesessen. Große Streicheleinheiten oder Reden über seine Krankheit, das kam für meinem Mann überhaupt nicht in Frage. Er wollte nicht darüber sprechen. Hat überhaupt seine Krankheit negiert. Trotz das ihm die Luft buchstäblich weggeblieben ist. Nun. Wenn Du Hilfe brauchst schreibe ins Forum. Alles was dir auf der Seele liegt. Schreib es. Es hilft. Denn in deiner Not bis du zuhause alleine. Hier im Forum kann man mitfühlen und vielleicht auch einige Tipps geben. Auch ich habe viele Tipps hier bekommen um meinem Mann Erleichterung zu bringen. Wenn Du möchtest schreibe über PN mich an.
Ganz viele Kraftpakete und lass dich umarmen Ilonka
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  #5  
Alt 27.09.2010, 19:54
Norma-D. Norma-D. ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 24.09.2010
Ort: Im Norden Deutschlands
Beiträge: 3
Standard AW: Schwarzer Freitag...

Liebe Kamuffel,

vielen lieben Dank für Deine Zeilen...

Ich habe Deine Geschichte hier im Forum verfolgt und Du hast mein tiefstes Mitgefühl , aber auch meinen größten Respekt für Deine Stärke!

Der einzige , wenn auch schwache Trost ist, das man nicht alleine ist, sondern das sowiele Angehörige hier kämpfen,trauern, Rat geben oder trösten!

Nach einem wirklich schönen Wochenende ist heute ist die Dauerdrainage der Lunge verrutscht und nur mit viel Aufwand wieder "versenkt" worden....seufz...

Aber dadurch bleibt meinem Mann ständig die Luft weg und dazu kommt kalter Schweiss und frösteln...

Der nächste Termin in der Lungechirugie ist erst am Donnerstag, aber wir überlegen schon, ob wir nicht, wieder einmal, einen "Außerplanmässigen" Krankenhausaufenthalt "einschieben"

Das nach und nach ein "normales "Leben immer seltener wird und die Tage wo es ihm schlechtgeht, etwas "schiefläuft", "dazwischenkommt " oder erschüttert immer mehr werden, ist für mich das schlimmste....

Ich hätte so gerne einmal nur ein paar Wochen (oder wenigstens eine Woche) zum durchatmen & erholen und eben "Zeit miteinander" geniessen...seufz

LG und einen schönen Abend!

Geändert von Norma-D. (27.09.2010 um 19:57 Uhr)
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